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Zu kalt im Wald -  Joachim Kühn

Zu kalt im Wald (eBook)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
404 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7526-1617-0 (ISBN)
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Dieses tierische Abenteuer hat charmante Protagonisten, wie Dennys, den freundlichen Waschbären und seinen Freund Kasimir, den übergewichtigen schwarzen Kater. Sie leben mit ihren Freunden im Wald, oben in den Bergen. Es steht ihnen eine spannende Reise bevor, auf der sie tiefe Schluchten, reißende Flüsse und fiese Schurken überwinden müssen. Und es gibt die heimlichen Helden. Tillmann, ein starker Bär ohne jedes Selbstvertrauen und Caruso, ein tapferes Wildschwein mit einem künstlerischen Talent. Die Situationskomik dieser Beiden sorgt für verzücktes Schmunzeln und herzhaftes Lachen.

Für Joachim Kühn war es schon immer ein Bedürfnis, den Menschen eine fröhliche Zeit zu schenken - ob als Theaterschauspieler, Jazz'n'Soul-Musiker oder Schriftsteller von lustigen Kurzgeschichten. 2004 wurde er von einem Schriftstellerkollegen ermutigt, aus einer dieser Kurzgeschichten ein Buch zu schreiben. "Zu kalt im Wald" ist sein erster Roman und seiner Natur entsprechend geht es um Freundschaft, Kreativität, Spannung und Frohsinn mit herzhaften Lachern. Eines seiner literarischen Vorbilder ist Cornelia Funke und Inspiration sind die unzähligen Tiergeschichten von Walt Disney.

2. Das freche Schaf


Nach einer sternenklaren und für diese Jahreszeit viel zu kühlen Nacht begann der Tag für Dennys dem Waschbären wie all die anderen Tage davor – mit einem verschlafenen Gähnen, dem Strecken der müden Knochen und Gelenke und der Suche nach einem Frühstück. Auf dem Weg zurück zur Lichtung sah er Caruso im Schlamm liegen. Caruso ist ein freundliches Wildschwein, das sich von allen anderen Tieren der Waldgemeinschaft unterscheidet. Er meint, ein musikalisches Talent zu haben und legt zuweilen ein tuntiges Gehabe an den Tag. Worin sein musikalisches Talent besteht, haben die Tiere noch nicht herausgefunden. Aber sie gewähren ihm sein ›Talent‹ und nennen ihn daher Caruso. Er lag auf der Seite, den Kopf im Nacken und schnarchte so laut, dass der Boden unter ihm vibrierte. Sein Körper hob und senkte sich, begleitet von gelegentlichem Strampeln mit den Vorderpfoten. Wahrscheinlich träumte er vom Fressen und lockerte den imaginären Boden mit seinen klobigen Füßen, um seine schmutzige Nase darin zu vergraben. Dennys schmunzelte über diesen Anblick, schüttelte leicht den Kopf und setzte seinen Weg fort.

Am Rand der Lichtung stehend, ließ er seinen Blick über die von Morgentau bedeckte Wiese schweifen. Das Gras stand hoch und die Wiesenblumen in voller Blüte. Die Lichtung schien leer zu sein, denn es war im ersten Moment niemand zu sehen. Er wusste erst nicht, in welche Richtung er gehen sollte. Am Waldrand entlang war es ihm zu schattig und er verspürte den Wunsch, sich die noch wärmenden Sonnenstrahlen auf den Pelz scheinen zu lassen. Also schlenderte er leicht verschlafen mitten auf die Wiese, um sich sein Frühstück zu suchen. Nach ein paar Metern blieb er abrupt stehen, weil sich in seinem Blickwinkel etwas bewegt hatte. Er drehte seinen Kopf, sah aber niemanden. Er entschied, etwas vorsichtiger zu sein. Wahrscheinlich war da nur jemand aus ihrer Waldgemeinschaft, der sich auf der Wiese satt fressen wollte, aber man kann ja nie wissen, ob es nicht doch ein fremdes Tier ist, das einem gefährlich werden könnte. Er reckte seinen Kopf in die Höhe, um besser über das hohe Gras sehen zu können. Plötzlich sah er, was dort war. Es stand ziemlich genau in der Mitte der Lichtung, hatte seinen Kopf gesenkt, zupfte mit den Lippen das Gras und kaute genüsslich darauf herum. Er hatte dieses Tier noch nie vorher in diesem Teil des Waldes gesehen. Seine Anspannung wich einer Erleichterung, denn es war kein gefährlicher Zeitgenosse, den Dennys da entdeckt hatte, sondern ein friedliches Schaf. Dass er sich mit diesem Eindruck gründlich täuschen sollte, kam ihm nicht in den Sinn.

Neugierig schlenderte er ihr entgegen und bewegte sich so geräuschvoll wie möglich, damit sie ihn schon frühzeitig bemerken konnte und sich nicht unnötig erschrecken sollte. Er kam ihr immer näher, aber sie bemerkte ihn nicht. War sie vielleicht taub? Oder blind? Oder geistig umnachtet? Dann jedoch hob sie langsam ihren Kopf und blickte kauend in seine Richtung. Plötzlich zuckte sie zusammen, sprang mit einem Satz mit allen Vieren gleichzeitig einen Meter nach hinten und schaute den Waschbären so entgeistert an, als ob sie nie und nimmer damit gerechnet hatte, dass es auf einer saftigen Spätsommerwiese noch andere Tiere geben könnte, die frühstücken wollen.

»Guten Morgen«, sagte Dennys freundlich, »schöner Tag heute, oder?«

Keine Antwort.

»Wir kennen uns noch nicht«, startete er einen neuen Versuch, ein Gespräch mit ihr zu beginnen. »Du bist neu hier, oder? Wer bist du?«

»Wer ich bin?«, antwortete das Schaf patzig, »wonach sieht es denn aus? Nach einem zusammengerollten Heuhaufen auf vier Beinen? Ich bin ein frühstückendes Schaf und würde es begrüßen, wenn Du Dich nicht so an mich heranschleichst.«

Das hatte gesessen. Dennys stand da, wie vom Donner gerührt. Das war nun nicht die Antwort, die er erwartet hatte.

»Hey«, begann er trotz der patzigen Antwort um Freundlichkeit bemüht, »ich wollte Dich nur nett begrüßen und nicht ausfragen oder belästigen.«

Keine Reaktion.

»Ist alles okay mit Dir?«, fragte er, obwohl es ihm mittlerweile egal war, wie es ihr ging.

»Lass’ mich in Ruhe!«, schrie sie ihn plötzlich an. Und nun war es der Waschbär, der erschrocken einen Satz nach hinten machte.

»Bist Du so blöd oder tust Du nur so?«, blökte sie ihn weiter an. »Kapierst wohl gar nichts. Ich frühstücke hier, Du schleichst Dich an mich heran und willst mich voll labern. Ich habe aber keine Lust auf Dein fröhliches Gequatsche von wegen schöner Morgen und wir sind alle nett zueinander, sondern will meine Ruhe haben. Und jetzt mach Dich vom Acker und lass’ mich endlich frühstücken!«, schrie sie mit einem hochroten Kopf und sich aufblähenden Adern an ihrem Hals.

Das war zu viel für Dennys, denn ihn so grundlos anzuzicken ging weit über seine Schmerzgrenze.

»Sag mal, spinnst Du, Dich hier so aufzuführen? Was soll denn das, hier so ein Theater zu machen für nichts und wieder nichts«, erhob er seine Stimme und war bemüht, nicht zu schreien, weil er sich nicht auf ihr Niveau herablassen wollte. »Meine Güte, ich sollte Dir mal kräftig in Deinen Hintern beißen …«

»In den Hintern beißen willst Du mir?«, fiel sie ihm schreiend ins Wort, »in den Hintern beißen? Na bitte!« Sie drehte sich blitzschnell um und trat mit ihren Hinterbeinen nach ihm. »Dann versuch es doch mal, mir in den Hintern zu beißen«, schrie sie und tat wie ein junges Pferd, das versucht, seinen Reiter abzuwerfen. Dennys sprang noch weiter zurück, bis er weit genug entfernt war, um nicht von ihr getroffen zu werden. Fassungslos und wütend über so viel Frechheit und Dummdreistigkeit sah er sich dieses Spektakel an. Kopfschüttelnd trat er den Rückzug an. Als er schon ein gutes Stück weiter weg war, drehte er sich noch mal um und sah, wie sie sich wieder beruhigt hatte und sich mit gesenktem Kopf ihrem Frühstück widmete.

»Was für ein irres Schaf«, sagte er zu sich selbst und ging zurück in den Wald, ohne auch nur einen Happen gefressen zu haben.

Caruso lag immer noch im Schlamm und schlief. Aber diesmal lag er auf dem Rücken, seinen Körper gebogen wie ein Hufeisen, alle vier Beine gegen den Himmel gestreckt und schnarchte weiterhin, was das Zeug hielt. Dennys lief an ihm vorbei ohne ihn wirklich anzusehen.

»Guten Morgen«, sagte jemand neben ihm, aber der Waschbär ging mit hängendem Kopf weiter.

»Gu … ten Mor … gen. Hast Du was an den Ohren oder ist Dir eine Laus über die Leber gelaufen?«, klang es nun energischer.

»Nein, keine Laus, sondern ein Schaf«, sagte Dennys leise zu sich, blieb stehen, drehte seinen Kopf und sah Kasimir auf einem Baumstumpf sitzen. Er saß mit einem Katzenbuckel auf seinem Hintern und stützte seinen massigen Körper mit seinen beiden Vorderpfoten. Seine grünen Augen stachen aus seinem pechschwarzen Fell hervor und sahen ihn freundlich an. Kasimir sah satt und zufrieden aus und hatte wohl in der vergangenen Nacht eine reiche Beute gemacht.

»Ja, Guten Morgen«, brummte Dennys mürrisch zurück. Er hatte keine Lust, mit ihm zu plaudern oder ihm gar von seinem peinlichen Treffen auf der Wiese zu erzählen. Er wollte im Moment mit niemanden reden und wandte sich ab um weiter zu gehen.

»Halt, halt, halt, mein Freund. Was ist denn los?«, fragte der Kater. »Keine Lust auf einen morgendlichen Plausch? So kenn’ ich Dich ja gar nicht. Du wirkst so betrübt. Sitzt Dir der gestrige Abend noch im Kopf? Komm schon, so schlimm war es ja nun auch wieder nicht, da hatten wir schon anstrengendere Diskussionen mit den alljährlichen Nörglern. Also, ich fand es gestern okay und soll ich Dir was sagen? Nachdem sich die Versammlung aufgelöst hatte, war es hier futtertechnisch wie leergefegt. Da habe ich mir gedacht, na ja, mach doch mal einen kleinen Ausflug in Richtung Tal. Einfach mal sehen, was da so abgeht. Du musst jetzt nicht denken, dass die Geschichte von Walter irgendeinen Einfluss …« Kasimir brach abrupt ab. Er riss seine Augen auf und hob seine Augenbrauen. »Ist was mit Walter? Hat er diesmal vielleicht wirklich…«

»Nein«, fiel Dennys ihm barsch ins Wort. »Nein, es ist nichts mit Walter … also ich weiß nicht … ich habe ihn noch nicht gesehen.«

»Nun«, sagte Kasimir sichtlich amüsiert, »ich dachte schon, er hätte jetzt Alzheimer Blähungen – er frisst zu viel und vergisst zu pupsen.« Die letzten Worte waren vor Lachen kaum noch deutlich zu verstehen. Er konnte sich nicht mehr halten, fiel zur Seite und hatte wohl vergessen, dass er auf einem Baumstumpf saß. In der Sekunde des Absturzes suchte er mit seinen Vorderpfoten und den ausgefahrenen Krallen vergeblich nach Halt am Holz und plumpste mit einem dumpfen Stoß auf den weichen Waldboden. Kasimir kullerte einmal um die eigene...

Erscheint lt. Verlag 19.10.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7526-1617-2 / 3752616172
ISBN-13 978-3-7526-1617-0 / 9783752616170
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