Stone Man. Die Rückkehr (eBook)
384 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-99842-0 (ISBN)
Luke Smitherd ist ein ehemaliger Musiker und Sänger und steht hinter dem Podcast »Are You Sure? With Smitherd und Shaw«, der sich zwischen philosophischer Diskussion und bitterbösem schwarzem Humor bewegt. Er hat bereits mehrere Romane geschrieben, darunter »Stone Man«, der in seiner britischen Heimat ursprünglich im Selfpublishing erschienen ist und binnen kürzester Zeit zum Amazonbestseller wurde.
Luke Smitherd ist ein ehemaliger Musiker und Sänger und steht hinter dem Podcast "Are You Sure? With Smitherd und Shaw", der sich zwischen philosophischer Diskussion und bitterbösem schwarzem Humor bewegt. Er hat bereits mehrere Romane geschrieben, darunter "Stone Man", der in seiner britischen Heimat ursprünglich im Selfpublishing erschienen ist. Mit 67.000 verkauften Exemplaren in Großbritannien wurde "Stone Man" zum "Hörbuch des Jahres 2015" nominiert. "Stone Man. Die Rückkehr" ist der zweite Band der Trilogie.
Prolog
Es war nur eine halbe Stunde. Trotzdem waren sich die Kinder bewusst, dass man sie früher abholte als sonst.
»Simon, deine Jacke. Ja, ich kümmere mich gleich darum, aber ihr alle müsst eure Jacken anziehen und euch auf den roten Teppich setzen. Okay? Die Jacken!«
Kleine Menschen mit aufgeregten oder ängstlichen Mienen – bei den meisten war es eine Mischung aus beidem – begaben sich zu der hüfthohen Garderobe neben der Klassenzimmertür. Dabei waren sie ungewöhnlich leise, was das stille Chaos des Augenblicks nur unterstrich. Maria tat ihr Bestes, die Anspannung aus ihrer Stimme zu halten, aber es gelang ihr nicht.
Etwas sehr, sehr Schlimmes war geschehen.
War da nicht schon vor dem Anruf, vor dem Nachrichten-Alarm auf ihrem Handy – verdammt, bevor der Tag überhaupt richtig angefangen hatte –, dieses Gefühl gewesen, dass etwas nicht stimmte? Eigentlich sogar schon die ganzen letzten Tage? Marcus, ihr Mann, war keine Hilfe gewesen. Subtil – also in Wirklichkeit alles andere als subtil – hatte er sie gefragt, ob ihre Hormone verrücktspielten. Und als sie ihn angefaucht hatte, dass das nicht der Fall sei, hatte sein Nicken, das deutlich besagte Wie du meinst, aber gerade hast du mir recht gegeben, ihre Anspannung nur noch vergrößert.
Und dann der Anruf. Natürlich über den Festnetzanschluss, weil ihr Handy plötzlich kein Signal mehr hatte, und als es wieder da war, konnte sie nicht telefonieren. Selbst die Festnetzverbindung war kaum zu verstehen gewesen. Anscheinend hatten sämtliche Netzwerke große Probleme.
Die Polizei war am Apparat gewesen.
Als sich Maria bereit erklärt hatte, bei Karens Nachmittagsbetreuung einzuspringen – Yogaunterricht war nicht besonders einträglich, und sie und Marcus hatten noch immer Kreditkartenschulden von ihrer Hochzeitsreise –, hatte sie nun wirklich keinen Anruf von der Polizei erwartet. Was der Beamte gesagt hatte, war Furcht einflößend gewesen, und zwar wegen dem, was er nicht gesagt hatte.
Ein Bus würde die Kinder abholen. Nicht ihre Eltern, sondern ein Bus. Man würde sie zu einer »Sammelstelle« bringen.
»Was ist passiert?«, hatte sie gefragt.
»Das wissen wir noch nicht«, hatte die Antwort gelautet, »und es steht uns nicht frei, darüber zu spekulieren. Bitte bereiten Sie die Kinder vor, ein Beamter kommt. Wir informieren die Eltern.«
Schockiert und verängstigt war ihr die Frage entschlüpft – die selbstsüchtige Frage, die sie in der Sekunde bereut hatte, in der sie ihr über die Lippen gekommen war: »Und was soll ich machen?«
»Wir raten Ihnen, in den Bus zur Sammelstelle einzusteigen oder sich selbst so schnell wie möglich dorthin zu begeben. Hier ist die Adresse, haben Sie einen Stift?«
Natürlich hatte sie – schließlich befand sie sich in einem Klassenzimmer –, und sie hatte alles aufgeschrieben. Dabei war ihr aufgefallen, dass sich die Sammelstelle außerhalb der Stadt befand; zugleich hatte sie über ihre emotionale Distanz gestaunt. Sie hatte Karen angerufen, war aber augenblicklich auf der Mailbox gelandet, also genau das, wovon Karen hoch und heilig versprochen hatte, dass es nicht passieren würde.
Ein Terrorangriff, hatte sie gedacht. Es gab einen Terrorangriff. Nahe genug, dass man alle in Sicherheit bringen will, die Kinder aus der Stadt schaffen will.
Der nächste Gedanke war gewesen: Moment mal! Es gab einen Terrorangriff in Coventry? Warum zum Teufel sollte jemand Cov angreifen?
Chloe, die andere Betreuerin, sah genauso verängstigt aus wie die Kinder, während sie wiederholt versuchte, ihren Freund zu erreichen – mit einundzwanzig war sie beinahe selbst noch ein Kind –, und auch wenn Maria sie mochte, befürchtete sie, sich auch noch um das krampfhaft hip aussehende Mädchen kümmern zu müssen. Kopfschmerzen meldeten sich an. Das war merkwürdig. Die bekam sie so gut wie nie.
»Chloe«, sagte sie freundlich, »ich habe hier alles unter Kontrolle. Warum gehst du nicht raus, vielleicht ist das Signal dort besser.« Das stimmte nicht, wie sie nur zu gut wusste. Das hatte sie bereits versucht.
»Ja. Ja, okay.« Chloe verschwand. So war es besser.
Auf dem roten Teppich saßen nun elf Kinder und redeten miteinander, während Maria nervös auf und ab schritt. Das zwölfte Kind stand noch immer vor der Garderobe, einen Arm in der Jacke, in der anderen Hand das Handy. Die Sorge war seinem Gesicht abzulesen. Es war Cecily, ein gemischtrassiges Mädchen mit wunderschönen dunklen Locken.
»Cecily«, sagte Maria leise. »Bitte zieh deine Jacke an und setz dich auf den roten Teppich.«
»Mein Handy«, erwiderte Cecily mit einer bebenden Stimme, die Maria das Herz brach. »Es geht nicht. Etwas stimmt nicht.« Maria wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Schließlich hatte das Kind völlig recht.
»Da ist nur das Signal gestört.« Sie versuchte, überzeugt zu klingen. »Das ist bald wieder in Ordnung. Versprochen.«
»Können Sie meine Eltern anrufen? Können Sie es versuchen?«
»Wenn du dich auf den Teppich setzt, ja. Ich versuche es über Festnetz. Okay? Gib mir die Nummer.«
Mürrisch gehorchte Cecily. Sie suchte Mummy im Adressbuch und gab Maria das Handy. Dann schleppte sie sich wie mit Bleischuhen an den Füßen zu ihren Klassenkameraden. Maria behielt die Gruppe der kleinen Menschen im Auge und wählte die Nummer. Die Mailbox, ebenso wie bei Daddy. Sie gab Cecily das Handy zurück. Die Sorge des Mädchens verstärkte sich. Das mit ansehen zu müssen, tat Maria weh.
»Ich bin auch nur auf der Mailbox gelandet«, sagte sie, »aber da hat bestimmt nur das Netz Probleme. Das ist okay, kein Grund zur Sorge.«
Eine Geschichte. Lies ihnen eine Geschichte vor, bis die Polizei kommt, das wird uns alle ablenken.
Das stimmte nur zur Hälfte. Sie konnte sich nicht ablenken, wurde völlig verrückt. Dabei ergab diese Unruhe nicht einmal Sinn. Natürlich waren Terroranschläge beunruhigend, aber das hier fühlte sich an wie etwas Persönliches. Der Gedanke war albern, traf es aber am besten. Sie zwang sich zu einem Lächeln und fühlte sich etwas besser, da es von zwölf sitzenden, erwartungsvollen Augenpaaren vor ihr erwidert wurde.
Wenn die Kinder die Nerven behalten konnten, konnte sie das verdammt noch mal auch.
»Alle bereit?«
Sie fing mit ihrer Geschichte an.
Kurz darauf kam Chloe zurück und gab Bescheid, dass der Bus da war. Er war so schnell eingetroffen, dass sich ein paar der Kinder sogar darüber beschwerten, das Ende des Kapitels nicht mehr hören zu können. Zu Marias Überraschung wurde der Bus von einem Streifenwagen begleitet. Der Anblick munterte die Kinder auf – das war ja noch aufregender als ein Bus! –, aber Marias Anspannung verschlimmerte sich nur noch, genau wie die Kopfschmerzen.
Etwas stimmt nicht. Das fühlst du …
Sie atmete scharf ein und ermahnte sich, sich auf ihren Job zu konzentrieren. Sie führte die Kinder hinaus.
»Schön langsam, hört ihr?« Zusammen mit Chloe begleitete sie die Kinder über den Parkplatz. Die Bustür öffnete sich mit einem Zischen. »Es wird nicht gedrängelt. Und es läuft auch keiner. Stephanie, ich habe dich im Auge.« Sie täuschte eine finstere Miene vor, die Stephanie lächeln ließ. Aber das Lächeln wurde so schnell von Sorge ersetzt, dass Maria das Mädchen am liebsten in den Arm genommen hätte.
Normalerweise hätte sie zuerst mit den Polizisten gesprochen, um herauszufinden, was hier eigentlich los war. Aber heute würde sie keine Zeit verschwenden. Sie musste die Kinder in den Bus schaffen, damit sie hier wegkamen. Fragen mussten bis später warten. Das wusste sie instinktiv mit jeder Faser ihres Wesens. Wie sie das wissen konnte, konnte sie später ergründen.
Hier geschieht etwas Schreckliches. Etwas Schreckliches kommt.
Aber da wisperte nur der Teil ihres Gehirns, in dem der Affe lauerte, der wie gewöhnlich in Panik geriet und so vertraut wie ein alter Exfreund war, die Art, die immer nur dann auftauchte, wenn man verletzlich und einsam war und einfach nur reden wollte. Marcus hatte ihr vor langer Zeit geholfen, die Panikanfälle unter Kontrolle zu bekommen. Trotzdem wollte die Stimme in ihrem Kopf nicht verstummen.
Du musst die Kinder hier wegbringen, du musst hier weg. Du musst dich irgendwo in ein kleines Loch verkriechen …
Was ist das für ein Gefühl?
Anspannung.
Wo manifestiert sie sich in meinem Körper?
So wie immer. Brust. Magen. Nacken.
Okay. Der Gedanke, den ich habe, ist Anspannung.
Der Polizist war aus dem Wagen gestiegen und stand neben der Bustür, versuchte die Kinder freundlich anzulächeln, während sie in den Bus stiegen. Der Bus war leer. Maria hatte sich gefragt, ob er bereits gefüllt sein würde.
Ich akzeptiere, dass ich Anspannung fühle. Ich bin nicht der Gedanke. Er ist einfach nur gerade da.
Mehr brauchte es für gewöhnlich nicht. Dank der Übungen reichte das aus, um ihrem kreischenden Affenhirn eine Banane zu geben und es ins Bett zu schicken.
»Sind das alle, Miss?«, fragte der lächelnde Beamte, nachdem das letzte Kind im Bus war. Sie las Anspannung aus seinem Blick und seiner blassen Haut; er zwang sich zu seinem ruhigen Ausdruck. Er hatte Angst.
»Zwölf müssen es sein, und genauso viele habe ich gezählt«, erwiderte Maria und blieb auf der ersten Stufe stehen. »Hören Sie, mein Lieber«, flüsterte sie. »Was ist denn passiert?« Sie rechnete nicht mit einer Antwort, hatte aber gehofft, dass...
Erscheint lt. Verlag | 1.9.2021 |
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Reihe/Serie | Stone Man | Stone Man |
Übersetzer | Andreas Decker |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller | |
Schlagworte | Amazon Bestseller • Buch • Bücher • Bücher für Erwachsene • eBook • Fremde Wesen • Gegenwartsliteratur • Geschenk für Männer • Gesellschaftskritik • Neuerscheinung 2021 • Science Fiction • science fiction bücher • science fiction thriller • Spannung • Thriller • Urlaubslektüre |
ISBN-10 | 3-492-99842-9 / 3492998429 |
ISBN-13 | 978-3-492-99842-0 / 9783492998420 |
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