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Vampire wollen dein Blut -  Rolf Michael

Vampire wollen dein Blut (eBook)

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
120 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-4493-8 (ISBN)
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Karl Seibert stieß einen gellenden Schrei aus. Er merkte, daß der Boden unter ihm wegsackte. Der mit rostbrauner Erde aufgehäufte Spaten entfiel der schwieligen Hand. Andere Männer mit entblößten, braungebrannten Oberkörpern, von denen der Schweiß in Bächen herabrann, wirbelten herum. Sie sahen die gedrungene Gestalt ihres Vorarbeiters mit den Händen in der Luft herumrudern, während seine Beine schon knietief in der lehmigen Erde eingesunken waren. Das Grauen in seinen Schreien ließ den Männern die Härchen im Nacken kribbeln. »Die Toten! Die Toten holen ihn!« hörte man ringsum brüllen. »Er hat die Toten gelästert, als er hier graben ließ. Jetzt rächen sie sich!« Die Männer, die über den alten Gottesacker den Schacht für ein Fernmeldekabel zu ziehen hatten, waren vor Schrecken starr. Niemand hatte den Mut, dem Vorarbeiter zu Hilfe zu eilen. Und Karl Seibert sank weiter ein...

Vampire wollen dein Blut


Rolf Michael


Karl Seibert stieß einen gellenden Schrei aus. Er merkte, daß der Boden unter ihm wegsackte. Der mit rostbrauner Erde aufgehäufte Spaten entfiel der schwieligen Hand.

Andere Männer mit entblößten, braungebrannten Oberkörpern, von denen der Schweiß in Bächen herabrann, wirbelten herum. Sie sahen die gedrungene Gestalt ihres Vorarbeiters mit den Händen in der Luft herumrudern, während seine Beine schon knietief in der lehmigen Erde eingesunken waren. Das Grauen in seinen Schreien ließ den Männern die Härchen im Nacken kribbeln.
»Die Toten! Die Toten holen ihn!« hörte man ringsum brüllen. »Er hat die Toten gelästert, als er hier graben ließ. Jetzt rächen sie sich!«
Die Männer, die über den alten Gottesacker den Schacht für ein Fernmeldekabel zu ziehen hatten, waren vor Schrecken starr. Niemand hatte den Mut, dem Vorarbeiter zu Hilfe zu eilen.
Und Karl Seibert sank weiter ein…
***

»Hier war mal im vorigen Jahrhundert ein Friedhof!« klang in Karl Seiberts Innerem die Stimme Bruno Jäckels nach. Bruno Jäckel wurde von den Kollegen immer gehänselt, weil er als total abergläubisch galt und schon beim Anblick eines schwarzen Katers in Panik geriet.
»Es ist nicht gut, die Toten in ihrer Ruhe zu stören!« hatte Jäckel noch hinzugesetzt. »Wir können das Kabel auch etwas anders verlegen, um nicht die Rache der Geister… !«
Ein dröhnendes Gelächter der Männer der Tiefbaukolonne war die Folge gewesen. Niemand glaubte daran, daß es den vermodernden Gebeinen noch etwas ausmachen könnte, wenn die Zivilisation über ihre letzte Ruhestätte hinwegglitt.
»Denen da unten tut kein Zahn mehr weh!« beendete Karl Seibert seine hohnvolle Rede, in deren Verlauf Bruno Jäckel immer mehr in sich zusammensackte. »Und der Teufel soll mich holen, wenn einer von den alten Knochen da unten was dagegen hat! Ansonsten sollen sie sich beim Bundespostminister beschweren. Oder bei mir direkt. Denen werde ich was erzählen.«
Und nun entstand offenbar die Situation, daß Karl Seibert seine höhnischen Worte wahr machen konnte.
Denn mit weit aufgerissenen Augen sahen die Männer des Bautrupps, daß ihr Vorarbeiter schon bis zur Brust eingesunken war.
In Seiberts Gesicht lag nur noch hündische Angst vor dem Sterben. Sein Brüllen war zu einem überschnappenden Kreischen geworden.
In diesem Augenblick gab sich Bruno Jäckel einen Ruck. Was es auch immer war, was hier sein Wesen trieb; er durfte den Vorarbeiter nicht hilflos versacken lassen. Das klare Denken und die würgende Angst gewaltsam ausschaltend, stürmte er vor. Ausrufe der Überraschung wurden laut, als sich ausgerechnet Jäckel, den jedermann als Feigling ansah, ein Herz faßte.
Karl Seibert ergriff die Hände seines Untergebenen, wie ein Ertrinkender nach einem Rettungsring schnappt. Bruno Jäckel starrte in ein Gesicht, das von Todesgrauen verzerrt war.
»Zieh mich raus… bitte!« bebten die Lippen des Vorarbeiters. »Laß mich hier nicht krepieren… !«
»Faßt mal mit an!« rief Jäckel statt einer Antwort in die Runde. »Er ist schwer… verdammt schwer!«
Durch Jäckels Beispiel wurden die anderen mutig. Drei kräftige Männer sprangen hinzu. Mit glasigen Augen nahm Seibert wahr, daß ihn die Kollegen nicht im Stich ließen. Kräftige Hände packten ihn. Und Seibert spürte, wie er Zentimeter um Zentimeter nach oben gezogen wurde.
»Noch einmal - alle zusammen!« keuchte einer der Männer. »Dann haben wir ihn draußen. Hau… !«
»…ruck!« kam es aus den rauhen Kehlen der anderen Männer. Alle ihre Kräfte legten sie in diesen Gewaltakt.
Karl Seibert wurde förmlich aus der Erde gerissen. Die Männer taumelten zurück.
Und dann wurde Werner Süßenbach, der Stärkste der Kolonne, grau im Gesicht. Die Pupillen seiner Augen weiteten sich unnatürlich.
»Da… da…!« stammelte es aus seinem Mund, während der ausgestreckte Zeigefinger seiner rechten Hand die Richtung wies.
Und dann sahen es alle. Es hatte nach Karl Seibert gegriffen… Um das Gelenk seines linken Fuße? krallte sich eine Knochenhand…
***
VERGANGENHEIT!
Tobias Fürchtegott Heinleyn bemerkte den auf ihn zurasenden Schatten erst, als er dicht vor ihm war. Abwehrend hob seine Hand den knotigen Wanderstock.
Was mochte das sein? Eine Eule oder sonst ein Nachtgetier? Eine Fledermaus vielleicht, ein lautloser Jäger der Nacht?
Der ungefähr zwanzigjährige Mann mit dem in Nacken zum Zopf geflochtenen Blondhaar, dem schwarzen Radmantel und den silberbeschlagenen Schnallenschuhen war nicht der Typ, der sich vor etwas fürchtete. Wurde auch sonst über die ehrbare Zunft der Schneider hinter vorgehaltener Hand gelästert; niemand der ihn genauer kannte, würde Tobias Fürchtegott Heinleyn einen Feigling nennen.
Als er die Gefahr bemerkt hatte, war es zu spät. Das Geschöpf der Nacht dehnte sich unnatürlich aus. Dem Schneidergesellen, der seit mehr als zwei Jahren auf der Wanderschaft war und noch vor einigen Tagen bei einem Schneidermeister in Cochem in Lohn und Brot stand, fiel auf, daß das Wesen menschliche Konturen annahm.
Aus der Schwärze der Nacht schoß es auf ihn zu. Heinleyn sah nur noch ein totenblasses, verschrumpeltes Gesicht, aus dem alle Bosheit der Welt zu sprühen schien. Ein Greis. Ganz offensichtlich ein alter Mann. Was mochte der wollen?
»Was ist Euer Begehr, Gevatter?« fragte der Schneidergeselle, während seine Rechte den Knotenstock schwang.
»Blut!« zischte es ihm aus zusammengepreßten Lippen entgegen.
»Dein Blut…!«
Dann war das Wesen aus der Finsternis heran. Heinleyn fühlte, wie Hände nach ihm griffen, in denen die Kraft von Schraubstöcken zu wohnen schien. Wie die Krallen eines großen Greifvogels wurden sie in die Kleidung des jungen Mannes geschlagen.
Für den Bruchteil einer Sekunde standen sie sich Auge in Auge gegenüber. Wie der Strahl eines dämonischen Banns legte es sich über Heinleyns Gemüt. Aus dem Gesicht des Greises sprach eine ungestillte Begierde.
Zusammengepreßte, blutleere Lippen öffneten sich. Im bleichen Schimmer des Vollmondes glänzten zwei Reihen blendend weißer Zähne. Aber es war nicht das Gebiß eines normalen Menschen! Das, was Heinleyn hier sehen mußte, sprach dem greisenhaften Alter des Angreifers Hohn.
Alle Kraft wich aus dem Körper des Schneidergesellen. Die Hand mit dem Knotenstock sank herab. Denn das Gebiß hätte mit jedem Raubtier wetteifern können.
Die stark ausgeprägten Eckzähne glichen geschliffenen Dolchen. Der Schreck ließ Tobias Fürchtegott Heinleyn vor Grauen die Augen schließen.
Rasender Schmerz brachte ihn wieder zu sich. Heinleyn verspürte zwei Einstiche an seiner Halsschlagader und daran ein seltsames Ziehen. Das Geschöpf aus dem Dunkel hatte ihn gebissen. Und saugte jetzt sein Blut aus. Sollte das ein solcher »Vampyr« sein, von denen die Mägde sich in den Spinnstuben gruselige Geschichten erzählten?
Was immer es war, es würde ihn töten, wenn es ihm den Lebenssaft weiter entzog. Allen Willen,, alle Kraft legte Tobias Fürchtegott Heinleyn in seinen rechten Arm.
Er ließ den Knotenstock, an dem sein Reisebündel hing, erst einmal durch die Luft wirbeln. Dann schlug er zu.
Der Aufprall warf den Angreifer sofort zurück. Haß sprühte aus seinen Augen. Aus den Mundwinkeln flossen zwei rote Blutfäden. Kaum hatte sich die Gestalt gefangen, duckte sie sich zusammen wie eine Katze, die springen will.
Tobias Fürchtegott Heinleyn sah ihn nur noch wie durch purpurne Nebel, die vor ihm auf und nieder wallten. Er war seiner selbst nicht mehr mächtig, als er noch einmal den Knotenstock schwang.
Der Hieb traf den Angreifer, als er mit einem unartikulierten Schrei erneut auf sein Opfer zusprang. Die Gestalt aus der Finsternis wurde voll getroffen und zurückgeschleudert. Die Arme des Schwarzen ruderten in der Luft herum, als suche er irgendwo Halt.
Dann stürzte er in den Graben neben der Landstraße. Mit einem Sprung war Heinleyn heran. Aber erschrocken prallte er zurück.
Aus dem schwarzen Körper des Gegners schien Dampf zu dringen.
Und das vorher schon greisenhafte Gesicht verfiel zusehends. Zwei Herzschläge später glich die Haut nur noch einem ledrigen Überzug, der sich über einen bleichen Totenschädel spannte. Aus dem Mund kam ein Stöhnen wie von einer Folterbank. Knirschend mahlte das schreckliche Gebiß aufeinander.
Mit weit aufgerissenen Augen mußte Tobias Fürchtegott Heinleyn sehen, wie der Leib seines Gegners vor seinen Augen verfiel.
»Ein Vampyr!« murmelte er und wischte mit seinem Taschentuch das im Bruchteil von Sekunden geronnene Blut von seinem Hals. »Wirklich das muß ein Vampyr sein…!«
Aufkommender Herbstwind verwehte nicht nur die Blätter der an der Straße wachsenden Silberpappeln, sondern auch den zerfallenden Leib. Von fern hörte Heinleyn die Glocken des Domes zu Trier die Mitternachtsstunde läuten. Geisterstunde! Die...

Erscheint lt. Verlag 9.9.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7389-4493-1 / 3738944931
ISBN-13 978-3-7389-4493-8 / 9783738944938
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