Der Schlächter von Simmering (eBook)
248 Seiten
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99110-242-7 (ISBN)
Geboren in Graz und aufgewachsen in der dunklen und geheimnisvollen Weststeiermark, kam er schon früh mit den düsteren Seiten des Daseins in Kontakt. Schon als Kind entdeckte er seine Liebe zu Comics - besonders zu den Gespenster Geschichten. Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis er wahre literarische Klassiker wie Larry Brent, Dämonenkiller, Damona King und Der Hexer zu verschlingen begann. Schließlich verfasste er dann auch eigene Werke, um die Welt das Grauen zu lehren.
Thomas hatte sich bereits nach kurzer Zeit aus dem Testosteron-geschwängerten und nach Schweiß riechenden Hauptsaal geschlichen und blickte sich im Foyer um. Hinter dem Kassabereich befand sich die Bar, daneben eine vor roten Vorhängen platzierte Sitzgarnitur in Dunkelblau. Eine mattgrüne Pflanzentapete verzierte die Wände. Sie war teilweise verdreckt und abgerissen und eigentlich alles andere als geschmackvoll. Alles wirkte abgewetzt und schäbig, also genau so, wie sich Thomas so ein Pornokino immer vorgestellt hatte. Auf den WC-Türen waren Karikaturen von einem Mann beziehungsweise einer Frau zu sehen, die ganz dringend diesen Ort aufsuchen mussten. Diese Holzschnitzereien wirkten alt, vermutlich hingen sie da schon, als im Kino noch Heimatfilme und Western gezeigt worden waren. Erst, als das große Kinosterben begann, da die Zuschauer lieber vor dem Fernsehgerät hocken blieben, als sich auf die große Leinwand einzulassen, verwandelten sich manche der liebgewordenen Lichtspielorte zu Sexkinos, um überleben zu können.
Die gerade gesehenen Bilder schwirrten noch im Kopf des Magiers herum, als er die schwarze Tür, auf der „Privat“ stand, betrachtete. Die stöhnenden, gutgebauten Leiber, die im Liebesspiel vertieft waren, hatten wirklich Eindrücke hinterlassen. Er musste sich echt konzentrieren, um hier auch nur ein wenig mehr als ein normaler Mensch entdecken zu können. Er wusste, ihm blieb nicht viel Zeit, den in wenigen Minuten würde Petra auch aus dem Saal kommen und danach sollte er irgendwelche neuen Spuren haben.
Nachdem er sich nach intensiver Begutachtung der Polster auf der Sitzgarnitur niedergelassen hatte, begann er sich auf die Aura des Ortes einzuschwingen. Sie fühlte sich verdorben, schmutzig und zugleich spannend an. Als würde man hier die geheimsten Wünsche ausleben können. Thomas war natürlich sofort bewusst, dass es sich dabei nicht rein um das Betrachten filmisch festgehaltener Geschlechtsakte handeln konnte.
„War dir der Film zu hart?“ Die Stimme des Kassiers, der gelangweilt zur Bar geschlichen war, riss Thomas aus seinen Gedanken.
„Zu hart? Blödsinn!“ antwortete Thomas schlagfertig. Vielleicht brauchte er gar keine Magie, um hier was herauszufinden. „Ich hörte, hier sollen sich richtig wilde Sachen abspielen, aber was ich zu sehen bekam, war ziemlich lahm.“
„Bursche“, sagte der Kassier extrem langsam betont und blickte ihn mit scharfem Blick an. „Hättest das gleich gesagt und nicht nur nach einem Ticket gefragt. Ich sehe, du bist reif für einen richtig guten Fick. Wenn dein Mädl mitmacht, kann ich euch ein spannendes Angebot machen. Es wird euren Horizont erweitern.“
„Erzähl einmal …“
Als einige Minuten später Petra mit einem breiten Grinsen und den Worten „Wusste gar nicht, dass das geht!“ aus dem Kinosaal kam, wartete Thomas schon mit einem roten Ticket auf sie.
Hinter den roten Vorhängen verbarg sich eine Tür, die nun für Petra und Thomas geöffnet wurde. Dazu musste nur das richtige Ticket gelöst und die alte Sitzgarnitur in Blau zur Seite geschoben werden. Dahinter führte eine Treppe in die Tiefe, an deren Ende eine neue Welt der Begierde auf die beiden warten würde. „Mittwoch, Freitag und Samstag gibt es hier ganz spezielle Partys“ hatte ihm der alte Kassier geheimnisvoll zugeflüstert, „Da wird der Lust und allem Fleischlichen gehuldigt.“
Worte, die ernst gemeint waren. Thomas hätte die Lüge gespürt, denn schließlich hatte er seinen magischen Detektor schon angeworfen.
Ein Mann von riesenhafter Gestalt, ganz elegant in dunklem Blau gekleidet, erwartete sie am unteren Ende der Stiege. Nachdem er die Tickets mit stoischer Ruhe abgerissen hatte, öffnete er die dunkelrote Holztür an seiner Seite und hieß die neuen Gäste willkommen.
Eine Woge aus Hitze und würzigen Gerüchen wallte Thomas und Petra aus dem dahinter befindlichen Ballraum der Gelüste entgegen. Das von einer nur leicht bekleideten dunkelhaarigen Schönheit gespielte Saxofon der Livemusik umarmte die Neuankömmlinge auf eine magische, laszive Art.
Der einlullende Rhythmus der asiatischen Gitarristin und der Gesang der Frau im dunkelroten Negligee ließen augenblicklich die graue Realität außerhalb der Mauern vergessen. Die vollen, rot geschminkten Lippen der Sängerin verführten das Publikum sinnlich mit Weisen, die an das ekstatische Schnurren einer Katze erinnerten. Rote Lichter aus dezenten Scheinwerfern strichen über die Wände, als wollten sie das Ziegelwerk liebkosen. Dieser Ort war zwischen Schatten und Licht gefangen. Er griff einem an den Unterleib und befriedigte unbewusstes Verlangen, das man sich selbst noch nie wahrzunehmen erlaubt hatte.
Genauso bunt, verrückt und verführerisch war das hier unten versammelte Publikum. Eine Frau, ganz in Lack und auf hohen Stöckelschuhen schreitend, kam ihnen entgegen. An einer Hundekette zog sie einen nackten Mann mit einer schwarzer Kastenfrisur, auf dessen fülligen Bauch der Schweiß glänzte, hinter sich her. Ein paar der Anwesenden tanzten unter einer Discokugel, manche so nackt, wie sie auf diese Welt gekommen waren, andere in glitzernden, fantasievollen Outfits. An einem x-förmigen Kreuz war ein Mann angekettet, der gerade von einer zierlichen Frau mit heißem Wachs beträufelt wurde. Die Mimik des Gefesselten pendelte zwischen Lust und Schmerz, was nicht nur er, sondern auch seine Peinigerin andächtig genossen. Gleich daneben, als wäre es die Antwort auf die weibliche Dominanz, wurde eine andere, ebenfalls sehr schlanke und augenscheinlich sehr gelenkige Dame von einem maskierten Herrn mit Stricken zu einem handlichen Paket zusammengebunden.
„Seid willkommen!“ Die Stimme, die sich unvermittelt an Thomas und Petra richtete, riss die vom Geschehen Hypnotisierten aus dem Bann des Momentes.
Vor den von der Szenerie gefesselten Ermittlern war eine schillernde Persönlichkeit aufgetaucht. In einem geschlitzten rot-weißen Kleid, das gemeinsam mit den hohen Stöckelschuhen die glatten Beine betonte, stand sie da. Ihr langes, dunkles Haar und Goldglitzer um die Augen betonten ein ebenmäßiges, etwas zu stark geschminktes Gesicht.
„Ich bin Sunny“, stellte sie sich vor, „und möchte euch herzlich in unserem Club begrüßen.“
Thomas erwiderte das einladende Lächeln der außergewöhnlich attraktiven Erscheinung und ihm war sofort bewusst, dass es sich bei Sunny nicht um eine Frau im gängigen Sinne handelte. Der Adamsapfel und die etwas zu tiefe Stimme hatten „sie“ verraten. Oder war er weder das eine noch das andere? Egal! Thomas wollte auf keinen Fall erneut den prüden Vorstellungen seines Elternhauses verfallen, denn er fand Sunny vom ersten Moment an sympathisch und mutig. Er stellte sich als Karl und Petra als Vanessa vor.
„Neue Gesichter freuen mich immer“, sagte Sunny. „Ich leite diesen Club, der für uns alle wie ein großes, bequemes Wohnzimmer sein soll. Hier können wir unsere Tabus wie eine schäbig gewordene Haut abstreifen und endlich einmal sein, wonach uns verlangt. Wenn ihr wollt, würde ich euch ein wenig herumführen. Neben dem großen Raum haben wir auch intimere Bereiche, falls ihr einmal nur unter euch sein wollt. Oder in einer kleinen Gruppe. Wir sind alle Freunde hier. Falls ihr Freunde des lustvollen Schmerzes sein solltet … wir haben reichlich Spielzeug hier. Auch für die intimsten Untersuchungen. Falls ihr damit noch nie gespielt habt und Hilfe braucht: Einfach fragen. Irgendjemand ist sicher gerne behilflich. Ich zeig euch auch, wo ihr euch umziehen könnt, denn Straßenkleidung ist doch irgendwie unsexy, nicht wahr? Dort könnt ihr auch eure Kleidung lassen. Auch euer Geld. An der Bar wird angeschrieben, bezahlt wird beim Verlassen. Alles klar, meine Süßen?!“
„Es ist heiß hier“, flüsterte Petra, „Karli, lass uns doch in der Garderobe ein wenig Gewand ablegen.“ Bevor der Magier etwas sagen konnte, hatte sie sich bei ihm eingehängt und zog ihn in die gezeigte Richtung.
Sunny blieb mit einem Lächeln zurück. „Bezaubernd. Echt zum Vernaschen! Beide!“
Petra zog Thomas durch den Vorhang, hinter dem sich der beschriebene kleine Raum, der als Umkleide und Garderobe diente, befand. Dem Magier kroch die Sorge erneut in die Magengegend, denn die Leidenschaft, mit der seine Mitstreiterin mit ihm durch den Stoffwall gestürmt war, ließ ihn weniger an gemeinsame Detektivarbeit, als vielmehr an lüsterne Begierden, die nach Erfüllung drängten, denken. Er wich ein Stück von ihr, soweit es in der Enge der Kammer möglich war, bevor sie auf so abartige Dinge kam, wie ihn zu küssen oder noch einen Schritt weiter ging … Bilder von dem gerade gesehenen Film spukten durch seine Vorstellungen. Verlegen betrachtete er seine Umgebung. Da gab es nummerierte Kisten, in denen man das Gewand ablegen konnte. Eine Deckenkamera erfasste genau diesen...
Erscheint lt. Verlag | 3.6.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror | |
ISBN-10 | 3-99110-242-0 / 3991102420 |
ISBN-13 | 978-3-99110-242-7 / 9783991102427 |
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Größe: 6,6 MB
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