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Die Kunst, einen Elefanten zum Tanzen zu bringen (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
304 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-45793-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Kunst, einen Elefanten zum Tanzen zu bringen -  Magne Hovden
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Nostalgisch, anrührend und ein kleines bisschen weise: Willkommen im fabelhaften Zirkus Fandango - Manege frei für einen wunderbaren Wohlfühl-Roman aus Norwegen! Seit dem Tod ihres geliebten Herrchens, des Zirkus-Direktors Hilmar Fandango, weigert sich Elefantendame Lucille, die Manege zu betreten. Ein Problem, das die toughe Geschäftsfrau Lise schnellstens lösen muss: Sie hat den Zirkus Fandango geerbt und will ihn zu Geld machen - zuvor muss sie laut Testament allerdings fünf Vorstellungen als Direktorin leiten, und Lucille ist nun mal die Hauptattraktion. Eine ganze Nacht lang setzt Lise sich zu der trauernden Elefantendame und erzählt ihr Dinge, die sie noch nie jemandem anvertraut hat. Bald kommen Lise erste Zweifel an ihrer Entscheidung. Und dann steht ihr Zirkus plötzlich vor einer ernsthaften Bedrohung ... Mit dem Zirkus Fandango, seinen Artisten, die wie eine Familie zusammenhalten, und besonders der rührenden Elefantendame Lucille lässt der norwegische Autor Magne Hovden eine Welt lebendig werden, die beinahe verschwunden ist. Tauchen Sie ein in die wunderbar nostalgische Atmosphäre dieses Wohlfühl-Romans und lassen Sie sich noch einmal von einer Zirkus-Vorstellung verzaubern.

Magne Hovden (geb. 1974) ist in Norwegen als humoristischer Autor und Verfasser von Kinderbüchern bekannt, schreibt aber auch für Film und Fernsehen. Er lebt in Kirkenes im äußersten Nordosten des Landes. Seinen Durchbruch hatte er 2010 mit dem Roman »Sameland«. Nun meldet er sich mit einer Art modernem Märchen zurück.

Magne Hovden (geb. 1974) ist in Norwegen als humoristischer Autor und Verfasser von Kinderbüchern bekannt, schreibt aber auch für Film und Fernsehen. Er lebt in Kirkenes im äußersten Nordosten des Landes. Seinen Durchbruch hatte er 2010 mit dem Roman »Sameland«. Nun meldet er sich mit einer Art modernem Märchen zurück.

1


Only one thing can challenge a dragon’s dominance: another dragon«, kommentierte David Attenboroughs Stimme am Rand einer Grasfläche in Indonesien, während er zwei Komodowarane filmte, die aufeinander zugingen.

Auf der anderen Seite der Erdkugel, auf einem Sofa in Oslo, stellte Lise Gundersen den Fernseher lauter und beobachtete, wie der Naturforscher langsam zurückwich. Die Tiere musterten einander, stellten sich auf die Hinterbeine und tänzelten abwartend hin und her, ehe es ernst wurde. Mit ihren scharfen Zähnen rissen sie blutige Wunden in Bauch, Beine und Rücken des Gegners, bis einer die Niederlage eingestand und sich aus dem Staub machte.

Am Tag darauf fühlte sie sich wie der einzige Komodowaran weit und breit. Der über fünfzigjährige Mann auf der anderen Seite des Konferenztisches hatte den Kampf längst verloren. Die übliche halbe Minute verstrich, jene dreißig Sekunden peinliches Schweigen zwischen den Höflichkeitsphrasen und dem ernsten Teil. Sie musterte ihn, er klappte einen Laptop auf. Die Falten auf seiner Stirn wurden tiefer, dann sah er sie an und rang sich ein Lächeln ab.

»Wie Sie sehen, bin ich heute alleine gekommen. Keine Anwälte.«

»Gut.« Vor ihr stand nur eine Tasse. Der Dampf des heißen Kaffees ließ sie lächeln. »Kennen Sie den mit dem Mann, der zur Hölle fährt? Zwischen den schreienden Sündern in den Flammen erblickt er plötzlich seinen Anwalt in den Armen einer schönen Frau. Das ist ungerecht!, beschwert er sich beim Teufel.«

Lises Finnmarksdialekt schimmerte durch, der Mann in dem Witz klang wie ein nordnorwegischer Kutterfischer. Zu ihrem Verdruss widerfuhr ihr dies oft im Eifer des Gefechts, als wäre sie von einer Art Finnmarksdämon besessen, dessen Ziel es war, ihre Gefühle zu verraten. Sie atmete tief ein, um den Dämon zum Schweigen zu bringen, und fuhr fort: »Ich muss in alle Ewigkeit leiden, und dieser Anwalt amüsiert sich mit einer schönen Frau. Der Teufel schüttelte nur den Kopf, zog den Mann fort und sagte: Du hast ja keine Ahnung, was die Frau getan hat. Sie verdient diese Strafe wirklich

Der Mann gegenüber schien verärgert, aber er unterdrückte seinen Missmut und drehte den Laptop zu Lise. »Unser hundertjähriges Jubiläum.« Auf dem Bild standen fünfzig lächelnde Menschen jeden Alters vor einer Fabrik. Er stand in der Mitte und hielt stolz einen Kuchen in die Höhe. »Ich bin hier, um die neuen Besitzer davon zu überzeugen, dass die Firma Holmen Verpackung noch weitere hundert Jahre gewinnbringend produzieren kann. Mindestens. Und der Grund dafür sind diese Menschen.«

Lise erwiderte seinen Blick, ohne das Bild anzusehen.

Er fuhr fort: »Diese Menschen haben sich bereit erklärt, Lohnkürzungen zu akzeptieren, was eine beträchtliche Einsparung bedeuten würde. Und unsere Lieferanten sind ebenfalls bereit, neu zu verhandeln.«

»Das ändert leider nichts.« Lises gleichgültiger Tonfall gab dem »leider« wenig Gewicht. »Die Entscheidung ist bereits gefallen, da ist nichts mehr zu machen.«

»Schauen Sie hin!« Seine Stimme wurde härter, aber sie sah ihm weiter in die Augen. »Das können Sie wohl nicht? Dann würden Sie nämlich sehen, dass hier Menschen aus Fleisch und Blut betroffen sind. Dass hier Leben zerstört werden, während ihr euch an den Trümmern dumm und dämlich verdient.« Ein Kratzen auf Metall lenkte seine Aufmerksamkeit zum Fenster, wo eine Taube gelandet war und sie von außen beobachtete. »Das Schlimmste ist, dass Sie die Huldigung der Lokalzeitung gern entgegengenommen haben: OSLOER FIRMA RETTET VERPACKUNGSFABRIK.« Die Taube drehte ihnen den Rücken zu und flog davon. »Aber Sie wussten es schon damals. Sie wussten es, bevor Sie überhaupt ein Angebot gemacht hatten! Nachdem Ihre Raubvogelklauen den Computer heiß getippt hatten, um den Profit auszurechnen.«

»Die Voraussetzungen haben sich verändert seit dem Kauf. Die Schwingungen auf dem Markt, die Rohstoffpreise und der schlechte Kurs der Krone haben …«

Er unterbrach sie mit einer Handbewegung. »Ich hatte mir nicht wirklich Hoffnungen gemacht, Sie umzustimmen.« Die Plastikscharniere des Laptops knirschten, als er ihn zuklappte. »Eigentlich wollte ich nur wissen, ob Sie es über sich bringen, mir in die Augen zu sehen. Damit hatten Sie jedenfalls kein Problem.« Er stand auf, steckte den Laptop in den Rucksack und ging zur Tür. Bevor er sie öffnete, drehte er sich noch einmal um. »Wie lange arbeiten Sie schon hier?«

»Elf Jahre.«

»Dann sind Sie auf jeden Fall einundzwanzig Gramm leichter als vor elf Jahren.«

 

Lise blieb sitzen und schaute ihm fragend hinterher.

Kurz darauf tauchte ein grinsendes Gesicht im Türspalt auf. »Der Kartonheini sah nicht wirklich glücklich aus.« Die Falten um die Augen und auf der Stirn verrieten, dass Børge Høylund die fünfzig gerundet hatte, was sein graues, zurückgekämmtes Haar bestätigte. Er kam herein, setzte sich neben ihr auf den Tisch und verschränkte die Arme.

»Einundzwanzig Gramm.« Lise starrte noch immer zur Tür.

»Hä?«

»Das waren seine letzten Worte. Dass ich auf jeden Fall einundzwanzig Gramm leichter sei als damals, als ich hier anfing. Was meint er damit?«

»Deine Seele.« Børge grinste noch breiter. »Irgendein amerikanischer Arzt hat sterbende Patienten kurz vor und kurz nach ihrem Tod gewogen und kam zu dem Schluss, dass sie einundzwanzig Gramm verloren hatten.«

»Herrlich. Ich habe also keine Seele.«

»Aber dafür hast du verdammt viel Geld.«

Sie zuckte mit den Schultern. »Na ja. Jedenfalls lief es mit dem Kartontypen besser als mit dem Kerl von dem Hochgebirgshotel letzte Woche. Erwachsene Männer, die heulen und betteln … daran werde ich mich nie gewöhnen.«

»Man gewöhnt sich an alles. Glaub mir. Hör auf einen, der schon alles miterlebt hat. Hoffnungslosigkeit, Trauer, Wut und Verzweiflung. Zum Glück wurde ich mit einer Rüstung gegen so was geboren. Es prallt an mir ab.« Er tippte mit dem Zeigefinger an seine Brust. »Pjong, pjong!«

»Herrgott.« Sie stellte sich Baby-Børge im Kreißsaal mit Rüstung vor, und es lief ihr kalt den Rücken herunter.

»Stimmt aber, es ist angeboren. Die Kunst, die Probleme anderer Leute an sich abprallen zu lassen. Du beherrschst diese Kunst, Lise. Du bist eiskalt. Deshalb habe ich dich angestellt.«

»Eiskalt und seelenlos. Vielleicht wird mir ja warm, wenn ich in die Hölle komme, mit all den Anwälten dort.«

Børge lachte. »Wenn schon, dann reist du wenigstens erste Klasse dorthin. Wie läuft es eigentlich mit der Wohnungssuche?«

»Ich habe die perfekte gefunden. Zweihundert Quadratmeter und Dachterrasse mit Whirlpool. Ein Palast, aber du bezahlst mir nicht genug.«

»Wenn du erst einmal Teilhaberin bist, kannst du …«

Ehe Børge ausreden konnte, stand ein junger Mann in der Tür.

»Lise, unten in der Rezeption steht ein Clown und wartet auf dich.«

 

Lise sah den jungen Mann ungläubig an. Der Finnmarksdämon rührte sich erneut, als sie sagte: »Hör zu, es ist ja okay, dass unter uns ein etwas rauer Ton herrscht, aber du kannst nicht einfach jeden Kunden einen Clown nennen. Ein bisschen mehr Respekt wäre …«

»Nein, es ist ein echter Clown.« Der junge Mann ging zu Lise und hielt ihr eine Visitenkarte unter die Nase. Auf orangem Hintergrund, zwischen bunten Luftballons und überdimensionierten Schuhen stand dort FILLIP DARIO – CLOWN und eine Handynummer.

Lise kniff verwirrt die Augen zusammen.

»Verdammt, Børge, dazu bin ich jetzt gar nicht in der Stimmung.«

Børge sah sie fragend an.

»Komm schon, lass dieses Keine-Ahnung-wovon-du-redest-Gesicht. Du hast den Clown bestellt, stimmt’s? Um mich nach der Sache mit dem Kartontypen aufzuheitern.«

»Ich hätte dir vielleicht einen Masseur bestellt. Oder einen Stripper, wie letzten Mai, als du diesen Vertrag gelandet hast. Aber ein Clown? Das ist nicht mein Stil, Lise.« Er sah den jungen Mann an. »Es sei denn, es wäre ein Strip-Clown. Könnte das sein?«

Der junge Mann zuckte mit den Schultern. »Er ist noch angezogen. Aber er trägt auch kein Clownkostüm.«

Lise wollte etwas sagen, doch stattdessen verließ sie kopfschüttelnd das Konferenzzimmer und ließ die beiden stehen.

 

Die blitzblanke Wandverkleidung im Aufzug war vor Kurzem von einer Karre lädiert worden, und Lise spiegelte sich genau in der Delle. Wenn sie sich seitlich bewegte, wurde ihre Taille breiter, und die weiße Bluse über der schwarzen Hose sah aus wie Zuckerglasur auf einem Muffin. Der Hüftspeck war das Resultat einer Reihe schlechter Gewohnheiten, meist Schokolade in irgendeiner Form. Damit belohnte sie sich für die langen, harten Arbeitstage, die fast immer in den Abend hineinreichten. Sie betrachtete sich und drückte die Muffinglasur mit den Fingern ein. Børge hatte ihr die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio zu Weihnachten geschenkt. Gesundheit sei wichtig, um gute Arbeit zu leisten, hatte er gesagt. Nicht für sie selbst, sondern um die Kunden zu überzeugen. »Dicken vertraut man nicht, Lise. Wie kann der Kunde glauben, dass er in guten Händen ist, wenn man sich selbst gehen lässt?«

Doch sie hasste das Fitnesstraining. Deshalb trug sie Kleidung, die den Hüftspeck gut verbarg. Dank ihres schmalen Gesichts mit den markanten Wangenknochen unter dem dunkelblonden Pony kam sie davon. Wie viel Schokolade sie auch aß, ihr Gesicht blieb schmal. Ihre Großmutter hatte beteuert, alle...

Erscheint lt. Verlag 27.8.2020
Übersetzer Frank Zuber
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Clown • Elefant • Elefantendame • Elefanten-Dame • Erbe • Familie • Fandango • Feelgood-Roman • Freundschaft • Gesellschaftskritischer Roman • Große Gefühle • Humor • humorvolle Romane • Liebe • Lucille • Norwegen • Norwegen Roman • Nostalgie • Romane für Frauen • Romane heiter • Romane mit Tieren • Testament • Unterhaltungsroman • Wohlfühlbuch • Wohlfühlroman • Wohlfühl-Roman • Zirkus • Zirkusdirektorin • Zirkus-Roman
ISBN-10 3-426-45793-8 / 3426457938
ISBN-13 978-3-426-45793-1 / 9783426457931
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