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Die Chroniken von Alice - Dunkelheit im Spiegelland (eBook)

Kurzgeschichten

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021
368 Seiten
Penhaligon Verlag
978-3-641-27428-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Chroniken von Alice - Dunkelheit im Spiegelland - Christina Henry
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Ein unverzichtbares Buch für alle Fans von »Die Chroniken von Alice«: Brutal, düster, originell!
Alice und der Axtmörder Hatcher haben in Christina Henrys finsterem Wunderland schrecklichen Gefahren getrotzt - jetzt erfahren die Fans, wie es mit den beiden weitergeht, und sie dürfen zudem tief in das Innerste von Henrys beliebtesten Figuren blicken: In einer von vier Kurzgeschichten berichtet Hatcher aus der Zeit, als er selbst noch Nicholas hieß und der beste Kämpfer der Alten Stadt war. In zwei anderen erzählt Alice von einer gruseligen Nacht in einem Schloss sowie von einem dunklen Geheimnis, das sie sogar vor Hatcher geheimhält. Und der Leser lernt Alice' Schwester Elizabeth kennen, die sich vom Jabberwock finstere Gedanken einflüstern lässt ... Ein unverzichtbares Buch für alle »Alice«-Fans!
Nichts für schwache Nerven: Henrys Neuerzählung von »Alice im Wunderland« ist brutal - gleichzeitig aber unglaublich packend.

Alle Bücher von Christina Henry:
Die Chroniken von Alice - Finsternis im Wunderland
Die Chroniken von Alice - Die Schwarze Königin
Die Chroniken von Alice - Dunkelheit im Spiegelland
Die Chroniken von Peter Pan - Albtraum im Nimmerland
Die Chroniken der Meerjungfrau - Der Fluch der Wellen
Die Chroniken von Rotkäppchen - Allein im tiefen, tiefen Wald

Die Bände (außer Alice) sind unabhängig voneinander lesbar.

Die Amerikanerin Christina Henry ist als Fantasy-Autorin bekannt für ihre finsteren Neuerzählungen von literarischen Klassikern wie »Alice im Wunderland«, »Peter Pan« oder »Die kleine Meerjungfrau«. Im deutschsprachigen Raum wurden diese unter dem Titel »Die Dunklen Chroniken« bekannt und gehören zu den erfolgreichsten Fantasy-Büchern der letzten Jahre. Die SPIEGEL-Bestsellerautorin liebt Langstreckenläufe, Bücher sowie Samurai- und Zombiefilme. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Chicago.

Mädchen
in Bernstein


Alice erwachte. Es war, als hätte sie geträumt, aber der Traum hatte sich so real angefühlt wie eine Erinnerung. Sie wusste, dass es nichts dergleichen gewesen war. Ihr war, als hätte sie mit einem kleinen Mädchen gesprochen, einem Mädchen, das beinahe genauso ausgesehen hatte wie sie in diesem Alter. Dieses Mädchen war in schrecklicher Gefahr gewesen, und Alice hatte ihr irgendwie geholfen.

Die Erinnerung an den Traum verblasste bereits wie zerrissene Spinnweben, die in dem schwachen Sonnenlicht, das durch Bäume drang, zu Boden sanken. Hatcher war fort, auch wenn die Decken noch warm waren, wo er geschlafen hatte. Vielleicht hatte er sie geweckt, als er aufgestanden war, auch wenn er das sicher vollkommen lautlos getan hatte. Selbst im Schlaf wusste sie immer ganz genau, ob er in der Nähe war oder nicht.

Alice hätte ihn jetzt gern bei sich gehabt, um ihm von dem kleinen Mädchen zu erzählen, das ihr so ähnlich sah. Nicht dass sie sich Rat oder irgendeine Weisheit von ihm zu dem Thema erhoffte. Hatcher war selbst zu seinen besten Zeiten nicht besonders redselig. Aber es tröstete sie, sein ernstes Gesicht auf der anderen Seite des Feuers zu sehen, mit dieser Intensität im Blick, die ihr sagte, dass er aufmerksam zuhörte und nicht nur auf eine Gelegenheit wartete, selbst zu sprechen.

Nach diesem Muster liefen doch die meisten Gespräche ab: Die Leute hörten nicht wirklich zu, sondern warteten nur auf eine Gelegenheit, selbst das Wort zu ergreifen – so zumindest Alice’ Erfahrung. Nicht dass sie so viel Erfahrung in Gesprächen mit Menschen hatte, nicht wirklich. Den größten Teil ihres erwachsenen Lebens hatte sie in einem Krankenhaus verbracht, mit einer Mauer zwischen sich und ihrem einzigen Gesprächspartner. Aber seit Hatcher und sie die Alte Stadt verlassen hatten, hatte sie beobachtet, wie die Menschen in all den puppenstubenkleinen Dörfchen miteinander umgingen, und einige interessante Eindrücke zusammengetragen.

Der Morgen war kalt, kalt genug, dass sich ihre Gesichtshaut rau anfühlte. Im letzten Dorf, durch das sie gekommen waren, hatte es einen Wintermarkt gegeben, und Alice hatte eine dicke Strickmütze aus grauer Wolle und einen dazu passenden Pullover gekauft. Hatcher hatte sich auf einen Pullover eingelassen, von einer Mütze aber nichts wissen wollen. Er behauptete, sie würde sein Gehör beeinträchtigen, weil sie über die Ohren ging, und er bräuchte sein Gehör.

Die Frau, die die Strickwaren verkaufte, hatte ihn misstrauisch beäugt, sodass Alice schnell bezahlt und Hatcher weitergeschoben hatte, bevor er noch anfing, davon zu reden, dass er sich in einen Wolf verwandelte. Nicht dass er eine Strickmütze trug, wenn er ein Wolf war, aber sein Gehör war wesentlich schärfer als früher, auch wenn er als Mensch herumlief, und er mochte es nicht, wenn seine Sinne durch irgendetwas beeinträchtigt wurden.

Dass er sich in einen Wolf verwandelte, war kein Thema, das Alice gegenüber gewöhnlichen Menschen gern ansprach. Es machte sie nervös, weil sie Hatcher für verrückt hielten (was er auch war, aber auch das war kein Thema, mit dem Alice gern hausieren ging), oder sie glaubten an Werwölfe, und dieser Glaube jagte ihnen eine Heidenangst ein.

Falls es Letzteres war, kamen schneller, als ihnen lieb sein konnte, Schießgewehre und kalte Blicke zum Vorschein, und dann wurden sie aus dem Dorf gejagt, und natürlich wollte Alice auch das nicht. Es war ziemlich schwierig, wenn sie fliehen mussten (es war erst einmal passiert, aber die Gerüchte hatten sie noch drei Dörfer weiter eingeholt, und in der Folge war es schwierig gewesen, Lebensmittel einzukaufen), und es war nie ganz unkompliziert, Hatcher davon abzuhalten, irgendjemanden einfach zu erschlagen, der Alice bedrohte.

Also war es wirklich besser, wenn Hatcher in Gesellschaft anderer Menschen so wenig wie möglich redete. Er konnte sich einfach nicht gut verstellen, nicht einmal, wenn es nur zu seinem Besten war.

Ihr Weg hatte sie weiter nach Norden geführt, und je weiter sie nach Norden kamen, desto kälter wurde es. Dazu kam noch der normale Wechsel der Jahreszeiten. Alice machte sich ständig Sorgen über das Wetter, eine nagende Sorge, störend wie eine Erbse unter der Matratze. Sie wollte einen Platz zum Überwintern finden, an dem sie ein paar Monate gut geschützt leben konnten, um nicht ständig auf die Jagd nach Nahrung, Wärme und Zuflucht gehen zu müssen.

Hatcher schien es nichts auszumachen, im Freien zu schlafen oder ständig auf Wanderschaft zu sein, aber Alice fand es zunehmend anstrengend. Sie war nicht so wild wie er, keine kaum gebändigte Naturgewalt. Alice zog ein weiches Bett jederzeit einem dicken Ast vor, und sie mochte es, wenn ihr Essen auf Tellern angerichtet wurde.

Eines Tages bekomme ich mein kleines Häuschen am See (das, von dem ich immer geträumt habe, das, nach dem ich immer noch suche), und meine Matratze wird unvorstellbar weich sein, so weich, dass ich so tief darin einsinke, dass man mich von außen gar nicht mehr sehen kann. Und dann decke ich mich mit der dicksten und wärmsten Decke zu und schlafe und schlafe und schlafe so viel, wie ich will, und muss nie wieder Angst vor irgendwelchen Fremden haben, die sich in der Nacht an mich heranschleichen.

Alice blieb noch ein Weilchen liegen und stellte sich dieses Gefühl der Sicherheit, das man bekam, wenn man von vier Wänden umgeben war, ganz genau vor. Das war etwas, das sie lange Zeit für selbstverständlich genommen hatte.

Dass mich jemand einsperrt, möchte ich allerdings nicht noch einmal. Das hatte sie im Krankenhaus zur Genüge erlebt. Wenn irgendjemand künftig irgendetwas abschloss, dann würde sie es sein, und zwar von innen.

Ihr wurde von Augenblick zu Augenblick kälter, die Kälte kroch vom Boden herauf, jetzt, wo Hatcher nicht mehr da war, um sie zu wärmen.

»Mir wird wieder warm, wenn ich mich bewege«, murmelte sie und zwang sich, aufzustehen, ihre Schuhe anzuziehen, herumzulaufen und mit den Füßen zu stampfen, bis das Blut in Fluss kam und alles weniger steif war.

Dann sammelte sie etwas Holz für ein Feuer, zündete es an und setzte Wasser für den Tee auf. Sie hatten nur Blechbecher und keine richtige Teekanne, aber Alice begann den Tag nicht ohne eine Tasse Tee. Zu gern hätte sie ein Stück Bienenwabe oder etwas Zucker gehabt, aber es war nicht so einfach, das alles mit sich herumzutragen, und abgesehen davon war Zucker so weit von der Stadt entfernt auch sehr teuer.

Elizabeth mag auch gern Zucker im Tee, dachte Alice, während sie ein Stück Brot über dem Feuer röstete. Und dann legte sie den Kopf schief, weil sie nicht genau wusste, wer Elizabeth sein sollte, aber doch das Gefühl hatte, sie irgendwie zu kennen.

Vielleicht jemand, den ich als Kind kannte und dann vergessen habe. Alice hatte häufig solche Erinnerungen, unvollständige, fragmentierte Fetzen, die in ihrem Kopf herumschwirrten, Puzzleteilchen, die nicht ins größere Bild passten. Normalerweise machte es ihr nichts aus, weil es einfach zu viele waren, um sich über ein einzelnes Gedanken zu machen. Aber dieses hier beschäftigte sie. Es löste einen kleinen Schmerz in ihrem Herzen aus, als hätte sie dieses Mädchen nicht vergessen dürfen.

Hatcher kehrte zurück, als Alice gerade ihr zweites Stück Brot aß und an dem zu heißen, sehr bitteren schwarzen Tee nippte. Sein Haar war nass, und sein Gesicht glänzte.

»Warst du schwimmen?«, fragte Alice.

Er nickte und hielt die Hände übers Feuer. »Ich wollte mich waschen.«

Das bedeutete: Ich habe etwas Großes und Blutiges getötet und wollte nicht mit den Spuren davon auf meinem Gesicht zurückkommen.

Alice bestätigte das, indem sie fragte: »Toast?«, und ein Kopfschütteln zur Antwort bekam. Möglicherweise hatte er ein ganzes Reh gefressen, zuzutrauen war es ihm. Manchmal brachte er ein paar Stücke Fleisch für sie mit, die sie sich über dem Feuer braten konnte, aber heute gab es nichts.

»Ich hab nachgedacht«, sagte sie.

Er sah sie an und wartete.

»Ich würde gern ein Haus finden, wo wir – oder zumindest ich – für die nächsten Monate bleiben können.«

Er nickte. »Daran habe ich auch schon gedacht. Der Winter wird zu hart für dich, wenn wir weiter draußen schlafen.«

»Aber wenn wir in einem Dorf bleiben, wird dir das nicht allzu gut bekommen, es sei denn, du könntest …« Sie ließ den Satz unbeendet ausklingen, weil sie es für unhöflich hielt zu sagen, »dich zusammenreißen.«

Er grinste. »Es vermeiden, die Dorfbewohner aufzufressen?«

»Du frisst keine Dorfbewohner«, sagte Alice. »Auch wenn du vielleicht einen Arm ausreißen würdest, wenn dich jemand beleidigt.«

»Nur wenn jemand dich beleidigt«, sagte er. »Mir macht es nichts aus, beleidigt zu werden, das halte ich aus. Aber nicht, wenn sie dich beleidigen.«

»Na ja«, sagte Alice etwas barsch und versuchte, keine allzu große Genugtuung darüber zu empfinden. Sie sollte ihn nicht zur Gewalt ermutigen, die bei ihm immer knapp unter der Oberfläche brodelte. »Glaubst du, du könntest es ein paar Monate lang vermeiden, Dorfbewohner zu fressen? Oder ihnen mit deiner Axt Angst einzujagen?«

Hatcher rieb sich über das Gesicht und dachte ernsthaft darüber nach. Eine Weile lang hatte er sich rasiert, aber seit die Luft kälter geworden war, ließ er den Bart wieder wachsen. Er war dick und überwiegend grau mit ein paar schwarzen Flecken darin, im Gegensatz zu seinem Haar, das immer noch fast vollständig schwarz war mit nur wenigen...

Erscheint lt. Verlag 19.4.2021
Reihe/Serie Die Dunklen Chroniken
Die Dunklen Chroniken
Übersetzer Sigrun Zühlke
Sprache deutsch
Original-Titel Looking Glass
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Alice im Wunderland • Axtmörder • Dark Fantasy • das weiße Kaninchen • Die Chroniken der Meerjungfrau • Die Chroniken von Peter Pan • Die Chroniken von Rotkäppchen • Dystopie • eBooks • Fantasy • Gewalt • Horror • horrortok • jabberwock • Lewis Carroll • Märchenbuch • slashersummer • Spiegel-Bestseller-Autorin • summerhorror • Tim Burton
ISBN-10 3-641-27428-1 / 3641274281
ISBN-13 978-3-641-27428-3 / 9783641274283
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