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Die Störung (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
384 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491259-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Störung -  Brandon Q. Morris
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Ein Blick auf den Anfang des Universums: »Die Störung« ist der neue, harte Science-Fiction-Roman von Brandon Q. Morris. Weiter als die vier Astronauten der Shepherd-1 ist noch nie jemand ins All vorgestoßen. Das Ziel ihrer Mission: die Entstehung des Kosmos zu beobachten. Ein Schwarm von Sonden soll so ausgerichtet werden, dass mithilfe der Sonne als Linse der Moment des Urknalls sichtbar wird. Für die Astronomin Christine geht damit ein Traum in Erfüllung. Um so größer ist die Enttäuschung, als über den ersten Bildern ein Schleier liegt, der jede Erkenntnis verhindert. Wie besessen arbeitet sie an einer Lösung, doch als es ihr tatsächlich gelingt, den Schleier zu lüften, sieht sie etwas, das besser verborgen geblieben wäre ... Ein realistischer Space-Thriller für Leser von Andreas Brandhorst, Andreas Eschbach, Andy Weir, Cixin Liu und Phillip P. Peterson.

Brandon Q. Morris ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit Weltraum-Themen. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten. Was seinen Besuch im All betrifft: Er arbeitet daran.

Brandon Q. Morris ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit Weltraum-Themen. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten. Was seinen Besuch im All betrifft: Er arbeitet daran.

Man spürt bei der Lektüre förmlich die Begeisterung des Autors, neue technische Möglichkeiten und wissenschaftliche Erkenntnisse einfließen zu lassen [...].

Dieser Roman ist ein Volltreffer.

ein Weltraumkrimi der Extraklasse.

Dieser Roman ist ein Volltreffer

Shepherd-1


14. März 2094

»Hast du ihn?«

Aaron hält den Finger über den Auslöser.

»Moment. Er torkelt. Das Triebwerk ist wohl dezentriert«, erklärt Benjamin. »Ich bekomme kein Target Lock.«

»Ein Meteoritentreffer?«

»Asteroiden. Erst in der Erdatmosphäre werden sie zu Meteoriten. Wie oft soll ich dir das noch erklären?«

»Du hast es mir noch nie erklärt, Ben.«

»Benjamin. Mann, so viel Zeit muss sein.«

Benjamin spricht seinen Namen französisch aus. Warum belässt er es nicht einfach bei Ben? Es wäre so viel einfacher.

»Hab ihn jetzt im Fadenkreuz«, sagt Benjamin. »Feuer.«

Aaron drückt den Knopf. Aus dem Bug der von Benjamin ferngesteuerten Dog-Sonde schießt unsichtbar ein Laserstrahl, der hoffentlich die Sonnensegel von Sheep-23 treffen und so den Kurs des Sorgenkindes korrigieren wird. Normalerweise übernehmen die Dogs solche Aufgaben autonom, aber mit dem Torkeln sind sie offenbar nicht zurechtgekommen.

»Sieht gut aus«, sagt Benjamin. »Zielkoordinaten wandern in die richtige Richtung.«

»Hoffen wir mal, dass wir nicht überkompensiert haben«, sagt Aaron.

»Das Risiko liegt bei 23 Prozent.«

»Optimistisch wie immer.«

Benjamin antwortet nicht. Aaron lehnt sich zurück, verschränkt die Arme hinterm Kopf und beobachtet ihr Sorgenkind Sheep-23. Die Sonde besteht aus einem etwa drei Meter langen Aluminiumgerüst mit quadratischem Querschnitt von knappen zehn Zentimetern Kantenlänge. Nach allen Seiten stehen mit Solarzellen belegte Sonnensegel ab, die Aaron an Blätter erinnern. Aus der Ferne und bei flüchtigem Hinsehen könnte man die Sonde für den abgerissenen Ast eines exotischen Baums halten. Die Segel können den Strahlungsdruck der Sonne nutzen, um die Sonde zu beschleunigen. Zumindest wenn es eine nennenswerte Sonnenstrahlung gäbe. Hier draußen ist ihr Heimatstern längst einer von vielen und nicht einmal mehr das hellste Objekt am schwarzen Himmel.

Langsam rotiert Sheep-23 um sich selbst. Das Torkeln scheint aufgehört zu haben. Sicherheitshalber ruft Aaron die Daten des Lagesensors der Sonde ab.

»Ha, wir hatten Erfolg«, sagt er dann.

»Du hast ja bloß den Knopf gedrückt«, antwortet Benjamin per Funk.

Aus unerfindlichen Gründen haben die Ingenieure die Fernsteuerung der Satelliten und das Auslösen der auf ihnen installierten Laser und Teleskope voneinander getrennt. Wie paranoid muss man sein, um zu befürchten, dass einer von ihnen durchdreht und die anderen mit dem Laser beschießt? Wer eine so lange Reise auf sich nimmt, würde das Projekt niemals gefährden. Heimlich einen ersten neugierigen Blick durch die Teleskope zu werfen, das würde er sich und seinen Mitreisenden schon eher zutrauen. Nützen würde es ihnen allerdings nichts, weil das eigentliche Bild erst in stundenlanger Arbeit berechnet werden muss.

Aaron ist allein in seiner Kabine. Hier fühlt er sich am wohlsten. Sie sind nun fast zwanzig Jahre lang gemeinsam unterwegs. Da muss man sich nicht mehr jeden Tag sehen. Vermutlich streiten sie deshalb so selten. Die Psychologen auf der Erde haben wirklich gute Arbeit geleistet. Benjamin nervt ihn zwar manchmal mit seinem Pessimismus, den er Realismus nennt, aber das erdet ihn auch. Denn er ist aus Prinzip optimistisch.

Er unterdrückt ein Gähnen und schließt den Hosenknopf. Vielleicht sollte er sich doch mal wieder mit jemandem verabreden. Er wird sonst noch ganz unsozial.

»Sollen wir uns zum Essen treffen?«, fragt er deshalb Benjamin.

»Gib mir zwanzig Minuten. Ich muss Sheep-23 noch drehen, damit wir ihn wieder in die Matrix aufnehmen können.«

***

Der Aufstieg in die Zentrale bringt Aaron ins Schwitzen. Die von der Rotation der Shepherd-1 verursachte Schein-Schwerkraft wirkt nach außen. Die Zentrale in der Mitte liegt für ihn deshalb am Ende eines knapp hundert Meter hohen Anstiegs. Denn so groß ist der Durchmesser des Rings, auf dem die vier Kabinen und das Astronomielabor liegen.

Er sieht nach oben. Der schmale Gang scheint heute gar kein Ende zu nehmen. Sprosse für Sprosse zieht er sich hinauf. Die Kraft, die an ihm zerrt, wird zwar von Schritt zu Schritt geringer, doch auch die Luft scheint dünner zu werden. Bildet er sich das nur ein, oder haben sich die Ingenieure hier eine Fehlkonstruktion geleistet? Und warum fällt ihm das erst jetzt auf?

Ein grün leuchtender Ring, der sich einmal um den ganzen Gang zieht, zeigt an, dass er es geschafft hat. Über ihm ist eine Klappe, die er zur Seite schieben muss. Sie lässt sich sehr leicht bewegen. Aaron klettert die restlichen Stufen nach oben und zieht sich schließlich ins Freie. Er schwebt, denn hier herrscht Schwerelosigkeit, in einem flachen, indirekt beleuchteten Raum, der seltsam verzerrt wirkt. Das liegt wohl daran, dass Decke und Boden deutlich gekrümmt sind. Er befindet sich in einer Kugelschale, die den Kern des Schiffes umgibt. Auf dieser Ebene befinden sich die drei Gemeinschaftsräume, die Küche und die Werkstatt. Es riecht nach Essen. Vielleicht haben David oder Christine etwas gekocht? Das Wasser läuft ihm im Mund zusammen. Plötzlich hat er richtigen Appetit. Er kann sich an das Gefühl gar nicht mehr erinnern.

Aaron betrachtet das Loch, durch das er eben ausgestiegen ist. Es sieht völlig schwarz aus und wirkt so klein, als würde er gar nicht hindurchpassen. In dieser Umgebung verliert man schnell alle Maßstäbe. Er stellt sich vor, wie ein Wurm durch das Loch kriecht. Vor Ekel richten sich ihm die Nackenhärchen auf. Schnell schiebt er die Klappe wieder zu. Sie verschwindet nahtlos im Boden, als hätte es hier nie ein Loch gegeben. Gäbe es die Leuchtstreifen auf dem Boden nicht, die zum Einstieg führen, wüsste er nicht, wie er zurück in seine Kapsel finden sollte.

»Zur Küche«, sagt er.

Auf dem Boden leuchtet ein blauer Pfeil auf. Aaron hätte geschworen, dass er nach rechts gehen muss, doch das Schiff führt ihn nach links. Vermutlich ist seine Orientierung gestört, weil er das Loch im Boden nicht mehr sieht. Aaron wendet sich nach links und fliegt mit großen Schritten los. Der Pfeil bleibt immer ein paar Schritte vor ihm, als würde er seine Bewegung vorherahnen. So oft hat er diesen Weg schon genommen! Und doch kommt er ihm heute seltsam vor. Er bewegt sich bergab und gleichzeitig bergauf. Das sind die Tücken der Relativität. Aaron stellt sich die kugelförmige Zentrale von außen vor. So kommt er besser zurecht.

Da ist auch schon die Küche. Sie ist durch eine dünne Wand abgetrennt. Der Pfeil erlischt, und eine Tür öffnet sich.

»Willkommen, Aaron«, sagt das Schiff.

Die Küche ist leer. Niemand hat hier gekocht. Entweder er hat sich den Geruch eingebildet, oder das Schiff hat ihn künstlich erzeugt.

Plötzlich hört er Schritte. Aaron dreht sich um. Es ist Benjamin. Er schwebt um 90 Grad versetzt an der Wand; es wirkt, als würde er an der Wand entlanglaufen. Der Ingenieur ist kleiner als er, aber genauso sportlich. Er hat dunkle, glatte Haare und einen ausgeprägten Seitenscheitel. Seine Augen sind von einem sanften Braun. Kuhaugen, hätten seine Kumpel in der Einheit gesagt.

Benjamin zieht hörbar die Luft ein.

»Riecht gut hier«, sagt er. »Hast du gekocht?«

Also hat er sich den Duft nicht eingebildet.

»Nein, sieht man doch, oder?«, fragt er zurück.

»Dann muss das Schiff den Geruch erzeugt haben.«

»Vielleicht, um uns Appetit zu machen. Regelmäßige Nahrungsaufnahme soll ja gesund sein.«

»Hallo, Jungs, habt ihr gekocht?«

Es ist Christine, die Astronomin. Sie taucht immer dann auf, wenn man sie am wenigsten erwartet.

»Nein, tut mir leid. Der Duft hat uns auch hergelockt«, sagt er.

»Dann kochen wir eben jetzt etwas«, sagt Christine leise, aber bestimmt.

Sie geht zu den hüfthohen Schränken an der Seite und öffnet eine Schublade nach der anderen.

»Hier haben wir Reis«, sagt sie, »und hier Nudeln.«

Dann läuft sie zum Kühlschrank. Als sie die Tür öffnet, dringen Nebelschwaden heraus, als sei der Kühlschrank mit flüssigem Stickstoff gefüllt.

»Oh, der Kühlschrank ist leer«, sagt Christine.

»Wie bitte?«, fragt Aaron.

Vorgestern war er noch voller frischem Gemüse gewesen. Er erinnert sich genau. Acht Möhren, vier Zucchini, mehrere Avocados und ein Rettich. Er hat sie selbst gezählt.

»Schiff, wo sind die Vorräte?«, fragt Christine.

»Es tut mir leid, es gab einen Zwischenfall im Kühlsystem, der auch die hydroponischen Gewächshäuser beeinträchtigt hat«, antwortet die Schiffsstimme aus einem in der Decke verborgenen Lautsprecher.

»Wann wird der Vorfall behoben sein?«

»Er ist schon behoben, aber alle frischen Lebensmittel wurden sicherheitshalber der Wiederverwertung zugeführt.«

»Wann wird es Nachschub geben?«

»Da die Gewächshäuser neu gestartet werden mussten, rechne ich in acht Wochen damit. Bis dahin stehen euch dehydrierte Vorratspackungen zur Verfügung.«

Na toll. Sie müssen also acht Wochen lang den Fertigfraß essen.

»Wir könnten trotzdem Nudeln kochen«, sagt Christine.

»Danke, mir ist der Appetit vergangen«, sagt Benjamin.

***

Aaron berührt vorsichtig die dünne Folie, zuckt aber gleich wieder zurück, weil sie so heiß ist. Zum Schutz schiebt er den Ärmel über die Finger und hält so die Schale fest. Dann sticht er mit dem Messer in der rechten Hand hinein. Er biegt die Folie nach oben, bläst kurz darauf und zieht sie dann ab.

Die Fertignahrung,...

Erscheint lt. Verlag 1.1.2021
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Deutsche Science Fiction • Einstein spukhafte Fernwirkung • Einsteins Spuk • Hard SF • Harte Science Fiction • High-Tech • Nasa • Quantentheorie • quantenverschränkung • Raumschiff • Schrödingers Katze • Science Fiction • science fiction bestseller • Science Fiction Novität 2020 • Urknall • wissenschaftliche Science Fiction
ISBN-10 3-10-491259-9 / 3104912599
ISBN-13 978-3-10-491259-2 / 9783104912592
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