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Andromeda - Die Evolution (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2021
384 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-26513-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Andromeda - Die Evolution - Michael Crichton, Daniel H. Wilson
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1967 stürzte eine unbemannte US-Raumsonde über Arizona ab. An Bord befand sich ein außerirdischer Mikroorganismus, der jeden getötet hat, der damit in Kontakt kam. Ein Team aus den besten Wissenschaftlern schaffte es, die Verbreitung des Organismus, den sie Andromeda getauft hatten, zu verhindern. In der Fairchild Air Force Base wacht seither das Project Eternal Vigilance über die Erde: Es soll beim geringsten Anzeichen eines Andromeda-Ausbruchs losschlagen können. Jetzt, nach Jahrzehnten ohne einen Zwischenfall, steht die Task Force kurz vor dem Aus. Da entdeckt eine Drohne mitten im brasilianischen Dschungel die chemische Signatur Andromedas. Doch der extraterrestrische Organismus hat sich weiterentwickelt - zu einer noch tödlicheren Gefahr für die Menschheit ...

Michael Crichton wurde 1942 in Chicago geboren und studierte in Harvard Medizin; seine Romane, übersetzt in mehr als 36 Sprachen, verkauften sich über 200 Millionen Mal, dreizehn davon wurden verfilmt. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen »Next«, »Timeline« und »Jurassic Park«. Crichton ist bis heute der einzige Künstler, der es schaffte, mit Film, Fernsehserie und Roman gleichzeitig die ersten Plätze der Charts zu belegen. Im November 2008 starb Michael Crichton im Alter von 66 Jahren.

Daniel H. Wilson ist der Autor des internationalen Bestsellerromans »Robopocalypse«. Er hat zahlreiche weitere Romane und Comics geschrieben, hält einen Doktortitel in Robotik und hat über ein Dutzend wissenschaftliche Aufsätze publiziert. Daniel H. Wilson lebt in Portland, Oregon.

TAG 1
TERRA INDIGENA


Gewisse Probleme können, wenn sie erst einmal in der Welt sind, nicht zufriedenstellend gelöst werden.

Michael Crichton

Ausweichmanöver


Dr. Sophie Kline schwebte in einer Höhe von vierhundert Kilometern in der Stille des Alls. Ihr langes blondes Haar umgab sie dabei wie ein Heiligenschein. Es war erst sechs Uhr morgens, nach Koordinierter Weltzeit (UTC), der offiziellen Zeitzone der Internationalen Raumstation – ein Kompromiss zwischen den Kontrollstationen in Houston und Moskau –, aber ihre blaugrauen Augen waren weit geöffnet und aufmerksam. Die beiden anderen Astronauten schliefen noch, die Beobachtungskuppel war dunkel und leer, die Außenjalousien geschlossen. Das einzige Geräusch war das leise Surren des Ventilationssystems im Tranquility-Modul.

Dies war Klines Lieblingstageszeit.

Sie drückte einen leuchtenden Knopf, und die Außenhülle der Raumstation gab ein wimmerndes Geräusch von sich, während sich die Jalousien der Kuppel öffneten. Das sanfte Leuchten der Erdoberfläche erhellte das Innere des Moduls, und Kline hatte wie immer bei diesem Anblick Schmetterlinge im Bauch. Sie genoss das Gefühl, allein und losgelöst von weit oben auf den Blauen Planeten herabzublicken. Es gab ihr ein Gefühl der Überlegenheit, als wäre alles unter ihr ihre eigene Schöpfung.

Dieses kleine Morgenritual (das sie ihrem persönlichen Flugtagebuch anvertraute, welches nach dem Zwischenfall geborgen werden konnte) mag ein wenig arrogant klingen, war aber eigentlich nur der Ausdruck ihres Traums von Freiheit.

Kline schwebte in der Kuppel. Ihre gelähmten Beine wurden mit Klettband fest zusammengehalten, damit sie ihr nicht im Weg waren. In diesen ruhigen Momenten der Schwerelosigkeit spürte sie die Krämpfe in ihren degenerierten Muskeln kaum.

Sophie Kline konnte seit ihrem sechsten Lebensjahr nicht mehr gehen. Also hatte sie fliegen gelernt. Sie war trotz ihrer Behinderung von hochgewachsener Statur, und während sie aus dem Fenster der Kuppel blickte, verliehen ihr die markanten Augenbrauen und eingefallen Wangen ein geradezu raubtierhaftes Aussehen, das nur durch die Sommersprossen auf Nase und Stirn gemildert wurde.

Ihr Weg zu den Sternen war in einem geradezu Borel’schen Ausmaß unwahrscheinlich gewesen. Als Kline im Alter von vier Jahren hingefallen war und sich den rechten Arm brach, nahmen ihre Eltern an, dass sie einfach ungeschickt oder ein Pechvogel war. Nur eines davon stimmte. Im Krankenhaus fiel einem aufmerksamen Kinderarzt auf, dass das kleine Mädchen einen besorgniserregenden Tremor hatte.

Mit fünf wurde bei der kleinen Sophie, die gerade laufen gelernt hatte, eine äußerst ungewöhnliche juvenile Form von Amyotropher Lateralsklerose (JALS) diagnostiziert. Die Krankheit sorgte dafür, dass sie seit ihrer Kindheit im Rollstuhl saß – aber sie hatte keinerlei Bedürfnis, auch darin alt zu werden. Mit beinahe übermenschlicher Entschlossenheit – vor allem für ein Kind – hatte sie ihren genialen Verstand und eisernen Willen daran gesetzt, der Gravitation und den damit einhergehenden Beschränkungen zu entkommen.

Und sie hatte damit Erfolg gehabt.

Kein seriöser Arzt hatte geglaubt, dass sie älter als zwanzig werden würde. Aber sie hatte durchgehalten, jede medizinische Neuerung zu ihrem Vorteil genutzt und war schließlich eine Wissenschaftlerin von Weltrang und Astronautin geworden.

In einer Mikrogravitationsumgebung verschwanden ihre chronischen Schmerzen fast komplett, und ihre körperliche Beeinträchtigung war weitaus weniger hinderlich als auf der Erde. Unter den Bedingungen einer gleichmäßigen Beschleunigung aller Massen ohne Einfluss weiterer Kräfte war sie den anderen Astronauten körperlich ebenbürtig. Sie hatte hier sogar einen kleinen Vorteil, weil sie sich keine Sorgen um den Muskelschwund in der Schwerelosigkeit zu machen brauchte.

Nur mithilfe ihrer Arme drehte sich Kline zum Bullauge im Zentrum der Kuppel um. Um dieses Bullauge herum waren sechs trapezförmige Glasflächen angeordnet, zusammen bildeten sie das größte Fenster, das es jemals im Weltraum gegeben hatte. Und hinter diesem Fenster zog die Erde überraschend nah an ihnen vorbei. In diesem Moment blickte sie auf eine riesige Dschungelfläche. Die dicht an dicht stehenden Bäume wurden nur ab und zu von glitzernden Flüssen durchbrochen, die für Sophie wie zuckende Nervenzellen aussahen.

Eigentlich hätte sie hier gerade eine ganz andere Aussicht vor Augen haben sollen. Deswegen ging Sophie davon aus, dass sich während der Schlafphase etwas Außergewöhnliches ereignet haben musste.

Internes Videomaterial zeigt Sophie Kline, wie sie ungläubig vor sich hinmurmelnd hektisch zu den verschiedenen ringsum in der Kuppel angebrachten Monitoren blickt. Die Aufzeichnung der physiologischen Parameter zeigt einen schnelleren Herzschlag, während sie nach zwei schlanken blauen Handläufen greift und sich dann näher an das Bullauge heranzieht, bis ihr Gesicht nur noch wenige Zentimeter davon entfernt ist. Das Terrain, das unter ihr vorbeizieht, war der erfahrenen Astronautin völlig unbekannt.

An Klines Körper befanden sich, wie auch bei den anderen beiden Astronauten auf der ISS, zahllose drahtlose physiologische Sensoren. Doch anders als ihre Teamkollegen trug Kline noch einen weiteren Sensor – und dieser Sensor las im Sekundenrhythmus ihre Gedanken. Schon als Teenager war ihr auf eigenen Wunsch hin ein Kinetics-V-Gehirn-Computer-Interface (BCI) implantiert worden. Mithilfe dieser Schnittstelle im Gehirn und eines entsprechenden Rechners war es ihr möglich gewesen, das Studium am College fortzusetzen, obwohl sich ihre Krankheit weiter im Nervensystem ausbreitete.

Das BCI bestand aus einem goldenen Gitter mit vielen tausend Drähten. Ein biokompatibler Überzug, der in der gallertartigen Oberfläche von Klines Motorcortex steckte, verhinderte, dass es vom Körper abgestoßen wurde, und es ließ sich über Funk updaten. Zur aktuellen Software-Version gehörte auch ein Deep-Learning-Algorithmus, der die elektronische Aktivität der Nervenzellen in Sophies Gehirn noch besser in reale Handlungen umsetzen konnte. Diese außergewöhnliche Schnittstelle vernetzte Kline gedanklich – man könnte es fast telepathisch nennen – mit dem Computersystem der ISS.

Kline stellte fest, dass die ISS einen dramatischen Richtungswechsel vorgenommen hatte. Ein Vorkommnis, das nur auf eine ernsthafte Bedrohung hinweisen konnte – und somit einen Grund zur Aufregung darstellte. Und tatsächlich spiegelte Klines äußerliche Reaktion dazu passend Überraschung und sogar Schock wider. Allerdings zeigen die Daten der routinemäßigen Überwachung ihres Gehirns, dass sich ihre Alpha-Welle zwischen sieben und dreizehn Hertz bewegte, was für eine unaufgeregte, entspannte Aufmerksamkeit trotz einer möglichen Gefahrensituation stand.

Nur eine kleine Unstimmigkeit, die erst wesentlich später auffallen sollte.

Kline öffnete einen Kommunikationskanal zur Kontrollstation in Houston und forderte vom zuständigen Capsule Communicator (CAPCOM) Informationen an.

Zunächst erhielt sie als Antwort nur Rauschen.

Während der Schlafphase der Astronauten hatte sich eine Menge ereignet. Begonnen hatte es um exakt 23:35:10 UTC, als das Strategische Kommando der Vereinigten Staaten (USSTRATCOM) unter Führung von General Rand L. Stern der ISS-Kontrollstation in Houston einen Warnhinweis zukommen ließ.

USSTRATCOM informierte die Kontrollstation über mehrere Objekte, die mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit mit der ISS zu kollidieren drohten. Derartige Warnungen gab es öfter, da das Kontrollzentrum jedes Objekt im erdnahen Orbit mit einem Durchmesser von mindestens dreieinhalb Zentimetern überwachte.

Offiziell wurde die missglückte Aussetzung eines NSA-Satelliten als Quelle des Weltraumschrotts angegeben. Gleichzeitig wurde dem Bodenpersonal in Houston aber über vertrauliche Kanäle die Information zugespielt, dass der Schrott tatsächlich bei einem geheimen Angriff russischer Antisatellitenwaffen (ASAT) auf einen chinesischen Satelliten entstanden war.

In der Öffentlichkeit wurden derartige Kampfhandlungen im All von allen Seiten verdammt, weil sie den Weltraumschrott im erdnahen Orbit vermehrten. Es war aber ein offenes Geheimnis, dass jede Weltraumfahrernation seit den Sechzigerjahren im großen Stil mit ASAT-Technologie experimentierte – von einfachen Sprengköpfen, deren zerstörerische Kraft schlicht auf kinetischer Energie beruhte, bis hin zu ausgefeilteren Hohlladungssprengkörpern.

Die Attitude Determination And Control Officer (ADCO) der Kontrollstation, Vandi Chawla, ließ eine Simulation mit den Daten von USSTRATCOM laufen und kam zu dem Ergebnis, dass die ISS höchstwahrscheinlich auf ihrem Weg entlang der Umlaufbahn mit den Schrottteilen kollidieren würde. Da die Wahrscheinlichkeit einer Kollision als sehr hoch angesehen wurde, gab es für das weitere Vorgehen keinerlei Handlungsspielraum. Chawla autorisierte mit sofortiger Wirkung ein Ausweichmanöver (Emergency Debris Avoidance Maneuver oder EDAM). Diese Änderung der Flugbahn würde zur Folge haben, dass eine Reihe geplanter Versorgungsflüge in den nächsten Monaten gestrichen werden mussten – aber keiner davon sollte lebenswichtige Güter an Bord der ISS bringen.

Während die Astronauten schliefen, gab der Trajectory Operations Officer (TOPO) die notwendigen Kommandos für ein neununddreißigminütiges erweitertes Ausweichmanöver. Die vier jeweils zweihundertzwanzig Pfund schweren Gyroskope der ISS reagierten sofort. Die runden Schwungräder...

Erscheint lt. Verlag 13.4.2021
Übersetzer Kristof Kurz, Stefanie Adam
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Andromeda Evolution
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte action • Andromeda-Virus • eBooks • globale Katastrophe • Nahe Zukunft • Pandemie • Science-Thriller • The Andromeda Strain • Thriller • Wissenschaftsthriller
ISBN-10 3-641-26513-4 / 3641265134
ISBN-13 978-3-641-26513-7 / 9783641265137
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