Wer alkoholfreies Radler trinkt, hat sich schon aufgegeben (eBook)
208 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-45702-3 (ISBN)
Volker Keidel arbeitet als Sortiments-Manager im Hugendubel Buchvertrieb, war viele Jahre Marketing-Abteilungsleiter einer Hugendubel-Filiale in München, ist Autor und regelmäßiger Teilnehmer der Münchner Lesebühne 'Westend ist Kiez'. Von ihm bereits erschienen sind die Bücher 'Mein Ditmar Jakobsweg: 857 km für den HSV', 'Massenbierhaltung: Die Freuden des einfachen Mannes', 'Das Wunder von Bernd: Geschichten von der Ersatzbank' und 'Bierquälerei: Zum Feiern zu alt, zum sterben zu jung' sowie die Lesung 'Hopfen & Malz & Hrubesch & Kaltz: Die wahrscheinlich besten HSV-Geschichten der Welt'. Volker Keidel lebt in Puchheim
Volker Keidel arbeitet als Sortiments-Manager im Hugendubel Buchvertrieb, war viele Jahre Marketing-Abteilungsleiter einer Hugendubel-Filiale in München, ist Autor und regelmäßiger Teilnehmer der Münchner Lesebühne "Westend ist Kiez". Von ihm bereits erschienen sind die Bücher "Mein Ditmar Jakobsweg: 857 km für den HSV", "Massenbierhaltung: Die Freuden des einfachen Mannes", "Das Wunder von Bernd: Geschichten von der Ersatzbank" und "Bierquälerei: Zum Feiern zu alt, zum sterben zu jung" sowie die Lesung "Hopfen & Malz & Hrubesch & Kaltz: Die wahrscheinlich besten HSV-Geschichten der Welt". Volker Keidel lebt in Puchheim
Meister Yoga
Endlich ist es so weit. Endlich habe ich Cathy gefunden, die sich bereit erklärt hat, mit mir zum Yoga zu gehen. Wochenlang habe ich jemand gesucht, aber entweder haben sich die Leute gesträubt, oder sie wohnen zu weit weg.
Meine Ex-Freundin Tanja dagegen schrieb, sie würde sogar extra aus Würzburg nach München kommen, um mir beim Yoga zusehen zu können. Dabei weiß sie nicht einmal, wie unbeweglich ich geworden bin. Als ich mit Anfang zwanzig mit ihr zusammen war, hatte ich noch sensationelle Moves drauf. Das kann sie unmöglich vergessen haben.
Detti geht in Gröbenzell zum Yoga. Da mitzukommen wäre die einfachste Option gewesen. Leider weigerte er sich vehement: »Ich werde den Teufel tun und da einen Wallraff einschleusen. Ich traue dir nicht.«
Und so etwas nach zwanzig Jahren Freundschaft. Warum denken manche Menschen so schlecht von mir?
Ich würde mich doch niemals über jemand lustig machen, der es nicht verdient. Auch Yoga an sich respektiere ich als Sportart oder zumindest als Hobby, solange ich es nicht ausprobiert habe. Vielleicht würde ich nach der Probestunde mehrmals die Woche in dieses Studio gehen. Mit eigener Yogamatte, witziger Batik-Schlabberhose und allem Pipapo.
Wer bin ich, dass ich mich über etwas erheben könnte, was ich nicht kenne? Außer über alkoholfreies Radler.
Cathy nimmt mich also mit. Sie ist eine tapfere Frau. Genau genommen geht es zum Body Balance. Sie meint, das würde auch bei Anfängern schon gut aussehen und sei eine Mischung aus Yoga, Tai Chi und Pilates.
Ich glaube nicht, dass es bei jedem Anfänger gut aussieht, aber ein wenig Körperbeherrschung, Schattenboxen und ein paar Kraftübungen – alles im Einklang mit dem Geist – traue ich mir zu.
Das rede ich mir zumindest ein, in Wahrheit habe ich große Angst.
Cathy beruhigt mich sofort, als sie mir im Studio ins Gesicht blickt. Ihr Humor ist großartig, sie würde mir die Stunde so angenehm wie möglich machen.
Trotzdem will ich nach Hause.
»Ich kann nicht mitmachen, ich habe mein Handtuch vergessen!«
Leider komme ich aus der Nummer nicht mehr raus. Cathy schickt mich zur Theke, wo ich mich zur Probestunde anmelden und mir ein Handtuch ausleihen soll. Mist, beides geht glatt.
Auf dem Weg zum Schafott werfe ich dem Getränkeautomaten einen sehnsüchtigen Blick zu. Außer ein paar Flaschen Wasser befinden sich darin ausschließlich ungesunde Sachen. Red Bull, Cola und Powerade. Ganz ehrlich, da geht mir das Herz auf.
Vorbildlicherweise habe ich Leitungswasser dabei, abgefüllt in eine leere Spezi-Flasche. Für das Gefühl.
Cathy stellt mich der Trainerin Hannah vor.
»Ah, schön, ein Mann«, begrüßt sie mich. »Versuch einfach, nur die Dinge zu tun, bei denen du dich wohlfühlst. Auch wenn dir zwanzig Frauen dabei zuschauen.«
Ich spare mir den Witz, dass ich dann besser im Biergarten auf Cathy warten möchte. Mir ist nicht nach Lachen zumute.
Die Stunde findet in einem ehemaligen Squash-Court statt. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals in einem Squash-Court etwas schlechter können würde, als Squash zu spielen. Heute besteht die Gefahr.
Ich überrede Cathy, sich mit mir in die letzte Ecke zu verkriechen.
Obwohl sie doch verstehen müsste, dass ich nicht auffallen will, versucht sie, das zu verhindern.
Warum, merke ich, als wir uns zum Aufwärmen mit Tai-Chi-Übungen zum Spiegel drehen. Ich stehe jetzt quasi in erster Reihe und alle schauen mir zu. Zu den erwähnten zwanzig Frauen ein sehr sportlicher Mann, der noch dazu gut aussieht. Wenn wenigstens außer mir ein zweites Opfer hier wäre. Cathy gluckst vor Schadenfreude.
Zu allem Übel macht Hannah auch noch Musik an.
»Keine Angst«, flüstert mir Cathy zu, »die Musik dient eher der Untermalung. Du musst dich nicht im Takt bewegen.«
Sie sagt das, denn SIE HAT MICH, sie hat mich tanzen gesehen.
Schon die Grundstellung überfordert mich dermaßen, dass ich mir wünsche, stattdessen einfach lostanzen zu können.
Ich soll leicht in die Grätsche gehen und das rechte Knie über den Fuß nach außen schieben. Es tut sehr weh, aber alle anderen tun so, als wäre es das Normalste der Welt.
Im Spiegel sehe ich außerdem, dass alle im Flow sind und sich synchron bewegen. Gerade so wie in den Schulungsvideos auf YouTube, die ich mir im Vorfeld natürlich NICHT angeschaut habe.
Ich dagegen bewege mich wie ein dicker, 50-jähriger Ex-Fußballer, der gerade acht Wochen im Gipsbett gelegen hat.
Erschöpft greife ich das erste Mal zum Handtuch und setze die Brille ab, weil sie beschlägt. Überall runde Bewegungen, dazwischen, verloren, ein runder Körper.
Jetzt geht die Post ab. Mal sollen wir in den Vierfüßlerstand, dann in die Froschstellung. Jetzt kurz in den Liegestütz springen, dann ein Bein nach vorne bugsieren, eine Hand nach oben, den Hintern in die Höhe strecken, mit den Füßen in Richtung der Hände trippeln.
»Wer mag, kann jetzt ein Bein anheben«, sagt Hannah.
Immer wenn es krass wird, fügt sie ein »wer mag« hinzu. Vielleicht auch nur für mich. Damit ich in Würde sterben kann.
Ich mag eigentlich das Bein anheben, bezweifle aber, dass das anatomisch möglich ist. Gerade als ich sicher bin, dass es unmöglich ist, machen es alle anderen.
Es gibt viele Übungen, bei denen man stehend mit gestreckten Beinen die Handflächen auf den Boden legen soll. Anfangs komme ich nur bis zum Knie, tatsächlich geht es nach jedem Ausatmen etwas tiefer.
Allerdings wird auch die Schweißlache am Boden immer größer. Ich wische sie unauffällig weg und rubble beiläufig meine Haare ab.
Das Handtuch riecht nach Fitnessstudio, dennoch bin ich heilfroh, danach gefragt zu haben. Ich versuche, es genau unter meinem Kopf zu platzieren, um weniger wischen zu müssen.
Wir sollen uns auf ein Bein stellen. Hört sich leicht an, und tatsächlich stehen alle, sogar der Strebermann, plötzlich wie Statuen im Raum.
Oberkörper nach vorne, eine Hand Richtung Decke, eine Hand Richtung Zehenspitzen. Mir dagegen zeigt der fiese Spiegel, dass ich mich als Einziger bewege. Wobei bewegen vielleicht das falsche Wort ist. Ich zittere, als würde man mich mit einem Elektroschocker bearbeiten. Das nähme ich gerne in Kauf, würden mich im Gegenzug nicht mehr alle beobachten.
Ich lache, als die Schleiferin wieder etwas anbietet für alle, die es mögen. Ob sie mit Nachnamen Magath heißt?
Ihr Angebot hört sich für mich etwa so an: »Wer mag, kann sich noch eine 100-Kilo-Hantel auf die nach oben gestreckte Fußsohle legen und dann auf einem Bein Kniebeugen machen.«
Um die Blicke von mir abzulenken, wische ich mir mit dem Handtuch eineinhalb Liter Schweiß aus dem Gesicht. Als ich wieder aufblicke, haben alle ein Bein senkrecht nach oben gestreckt.
»Ah, die Biellmann-Pirouette«, sage ich und freue mich über meinen Witz, aber natürlich kennt hier niemand außer mir eine Eiskunstläuferin aus den Achtzigern.
Noch mehr freue ich mich, als wir uns auf den Boden setzen dürfen. Blöderweise sollen wir dabei die Beine absurd verknoten.
»Wer mag, kann jetzt ein Bein über das andere stellen, den Oberkörper verdrehen, das Knie mit dem Ellbogen nach außen drücken und dazu Let it be pfeifen.«
Das mit dem Pfeifen stelle ich mir nur vor. Genau wie die zwei Sanitäter, die mich langsam auf die Trage hieven und rausbugsieren, während zwanzig Mädels und ein Strebermann ein Spalier bilden und klatschen. Genau das würde passieren, würde ich es auch nur einmal wagen, eine Wer-mag-Option auszuprobieren.
»Legt euch auf den Rücken.«
Ich bin echt gerührt, vor allem, weil mir für ein paar Momente niemand zusehen kann.
Dann sollen wir die Ellbogen abwechselnd zum gegenüberliegenden Knie führen, also quasi fiese, krumme Sit-ups machen, wie ich es nennen würde.
»Nur wer mag?«, frage ich nach.
»Nein, alle.«
Nach ein paar Sekunden brennt mein Bauch, doch es soll noch zwei Minuten lang so weitergehen. Beine ganz in die Höhe, Scherenschlag, wieder nach unten, natürlich ohne abzusetzen, das Gleiche noch mal. Und noch einmal. Ein letztes Mal. Nein, noch einmal. Es tut so weh, dass ich nicht ausschließen kann, mit einem Sixpack wieder aufzustehen.
Leider ist dem nicht so, aber ungefähr drei Kilo sind schon runter beziehungsweise im Handtuch. Es fällt mir schwer, es hochzuheben. Egal. Ich werde sowieso nicht mehr trockener, wenn ich es benutze.
Trotzdem fühle ich mich schon viel wohler. Bei jedem Blickkontakt werde ich wohlwollend angelächelt. Vielleicht werden wir alle Freunde. Beckenbodenfreunde.
Der Unterarmstand beamt mich wieder in die Realität. Cool, den mache ich zu Hause ab und zu. Na gut, nicht auf diese Weise.
»Wer mag, hebt ein Bein und einen Arm hoch!« Verdammt.
Kurze Zeit später schlägt meine große Stunde. Wir sollen uns auf den Bauch legen und mit einer Hand an den Spann des Fußes fassen. Yes, das kann ich!
Ich bin sehr stolz, versuche durch Räuspern auf mich aufmerksam zu machen.
»Wer mag, kann mit der zweiten Hand an den anderen Fuß fassen und in die Wippe gehen.«
Ich schaffe auch das mühelos. Mein Räuspern übertönt jetzt sogar die Musik. Cathy lobt mich und macht ein Foto von mir, selbst Hannah nickt mir anerkennend zu.
Wo kann man noch mal diese Fototapeten machen lassen?
Es ist ein kurzes Glück, die nächsten Übungen machen mich wieder demütig.
Gerade als ich aus Angst, mein Oberschenkelmuskel könnte reißen, mein Gesicht zu einer hässlichen Fratze verziehe, höre ich Hannah...
Erscheint lt. Verlag | 27.3.2020 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Comic / Humor / Manga ► Humor / Satire |
Schlagworte | Absurd • Alltag • Bierkonsum • Bierquälerei • Für Männer • Geschenk bester Freund • Geschenke für Männer • geschenk humor • Geschenk Mann • Geschenk Männer • Geschenk Papa • Geschenk Vater • geschenk väter • Hopfen & Malz & Hrubesch & Kaltz • Humor • humorvolle Bücher • humorvolle bücher für männer • hygge • Keidel • Lustige Bücher • lustige bücher für erwachsene • lustige bücher für männer • lustige Erzählungen • lustige Geschenke • lustige Geschichten • Männer-Alltag • Männerschnupfen • Massenbierhaltung • Meditation • Mein Ditmar Jakobsweg • Satire • Vereinsheim Schwabing • Volker • Wahre Geschichten • Wunder von Bernd |
ISBN-10 | 3-426-45702-4 / 3426457024 |
ISBN-13 | 978-3-426-45702-3 / 9783426457023 |
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