Das Planeten-Netz 8: Psyborgs und Maschinenträume (eBook)
180 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-3725-1 (ISBN)
Die Maschine der tödlichen Träume
1
Oliver Seaton hörte hinter sich die Befehle des Indioführers. Eine lautstarke Debatte. Die Stimmen blieben hinter ihm zurück.
Das Dach aus Blättern und Zweigen dämpfte das Licht. Aber Oliver Seaton sah genug. Er schaute aufmerksam umher. Irgendwo lauerte der schwarze Panther. Das wußte er.
Immer weiter ging er. Von den eingeborenen Trägern war nichts mehr zu hören.
Ursprünglich hatte Oliver Seaton mit dem Gleiter zur Jagd gehen wollen. Ohne fand er es aber besser. Aus der Luft gingen einem zuviel Details verloren, und ein Bodenfahrzeug verursachte zuviel Krawall. Der schwarze Panther sollte nicht gewarnt werden.
Nein, Oliver Seaton wollte nicht denselben Fehler seiner Vorgänger machen.
Plötzlich stieg ihm ein unangenehmer Geruch in die Nase - Aas.
Diesem Geruch ging er nach.
Und dann stand er vor den kärglichen Überresten eines gerissenen Wildes.
Zweifelsohne hatte sich der schwarze Panther vor einiger Zeit hier aufgehalten. Vorgestern - oder gestern.
Oliver Seaton steckte das Buschmesser weg und ergriff die Flinte. Mit dem Daumen entsicherte er.
»Komm nur, ich warte auf dich!« murmelte er, um sich Mut zu machen.
Seine Nerven waren aufgepeitscht. Langsam drehte er sich um die eigene Achse.
Und dann sah er ihn.
Der schwarze Panther verbarg sich im Schatten eines Urwaldriesen. Nur seine glühenden Augen verrieten ihn.
Oliver Seaton riß die Schußwaffe an die Schulter, sein Zeigefinger stach durch.
Aber wo sich der Panther eben noch befunden hatte, war der Platz plötzlich leer.
Der Schuß fuhr in den Baum, ließ die Rinde splittern.
Ein Fauchen irgendwo im Dickicht. Es klang aggressiv, mordlüstern. Oliver Seaton konnte nichts sehen
Er behielt die Schußwaffe oben und den Finger am Abzug.
Wieder drehte er sich, seine Sinne aufs äußerste angespannt.
Und da war der schwarze Panther wieder.
Hätte er die Hand ausgestreckt, wäre es ihm möglich gewesen, über das matt schimmernde Fell zu streicheln.
Oliver Seaton wollte schießen, doch besaß er plötzlich kein Gewehr mehr.
Die Katze fauchte triumphierend.
Oliver Seaton riß die Augen auf.
Die Umgebung verschwamm und machte der vertrauten Einrichtung des Wohnzimmers Platz. Doch nein - ein Ding war alles andere als vertraut: Oliver Seaton hatte aus seinem gesteuerten Traum einen Besucher mitgebracht!
Vor ihm kauerte der Panther! Mitten im Wohnzimmer!
Noch zögerte das Tier, als würde es seine überlegene Position auskosten.
Dann griff es an.
Abwehrend hob Oliver Seaton die Arme. Eine völlig sinnlose Geste.
*
Die drei Gatespringer wider Willen hatten bereits einiges erlebt, seit sie der Stationscomputer von Vetusta auf die Reise durch das Prupper-Imperium gezwungen hatte. Positives war kaum dabei gewesen. Kein Wunder, wenn sie neugierig waren.
Sie lösten sich vom Anblick der Reklame mit dem Hinweis auf die Traummaschinen und gingen weiter. Rechts und links der Bandstraßen befanden sich Fußgängerstreifen. Von hier aus wurden die Bänder betreten, die sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit bewegten.
Cora, Petro und John waren erst seit zwei Stunden hier. Das gigantische Gebäude nahm sie auf - ohne jegliche Kontrolle. Fasziniert schauten sie sich um. Alles war anscheinend haargenau ausgeklügelt und organisiert. Nur den Verkehr hatte man offensichtlich nicht so recht im Griff. Es herrschte das reinste Chaos.
Außer dem Hinweis auf die Traummaschinen fanden sie keine Reklame. Ohne Zweifel arbeiteten die Herstellerfirmen für die Traummaschinen mit der Obrigkeit zusammen. Deshalb konnten sie hier eine Ausnahme bilden. Ansonsten war Reklame verboten, wie es schien.
Innerhalb der nächsten Minuten flaute der Verkehr ab.
In diesem Augenblick geschah es. Linkerhand öffnete sich eine Tür zu einer der ungezählten Wohnungen.
Ein Mann wurde sichtbar, blutüberströmt. Direkt vor den Gatespringern sank er zu Boden.
Petro fing ihn reflexartig auf.
»Er stirbt!« konstatierte er erschrocken - und ohne etwas tun zu können, denn ein einziger Blick genügte, um die tödlichen Verletzungen zu überschauen, denen der Mann in seinen Armen erlag.
Cora und John sprangen hinzu.
Und da spürten sie es: Es löste sich aus dem Körper des Sterbenden, unsichtbar, aber deutlich: Die Seele des Sterbenden!
Die Seele?
Sie spürten sie zwischen sich. Die Seele wunderte sich, nahm erstaunt die nähere Umgebung wahr. Plötzlich die Erkenntnis: Sie »sah« den Körper, den sie verlassen hatte. Erschrecken folgte. Es war so tiefgreifend, daß die drei Gatereisenden unwillkürlich zusammenzuckten und Petro die Leiche fallenließ.
Die Seele »betrachtete« die drei Gatereisenden. So etwas wie Erkennen. Als wüßte die Seele auf einmal, wer sie drei waren - und woher sie stammten!
Die Seele kapselte sich prompt ab, und die drei bekamen nur noch mit, daß sie zunehmend ALLES begriff...
Und dann war es vorbei.
Es hatte nur Sekunden angedauert, aber es war so überdeutlich gewesen...
Ächzend sahen sich die drei an. Dann schauten sie auf den Leichnam.
Sie hatten es erlebt, wirklich erlebt! Etwas, was es doch nur in den Vorstellungen von Okkultisten gab...
»Die Seele löst sich vom Körper und kehrt zurück - in den Verbund der körperlosen Seelen, um wieder mit ihnen zu einer Einheit zu verschmelzen.«
Cora hatte es laut ausgesprochen - und schlug erschrocken die Hand vor den Mund. Ihr Blick irrte von einem zum anderen. Hatte sie bei jener wahrlich unglaublichen Begegnung mehr mitbekommen als die beiden Männer?
Aber sie schien selber nicht daran glauben zu wollen.
Das war ja auch kein Wunder, und nur die Tatsache, daß sie es alle drei wahrgenommen hatten, brachte sie dazu, nicht an ihrem Verstand zu zweifeln.
Und dann fiel ihnen endlich wieder die Todesursache des Mannes ein, der in den Armen von Petro gestorben war: Tödliche Verletzungen wie von einem wilden Tier!
John warf alarmiert einen Blick in die Wohnung, vor der sie sich befanden. Wenn die Gefahr nun noch bestand...? Unwillkürlich griff er nach seinem Paralyzer. Die anderen beiden taten es ihm gleich.
Nichts und niemand war zu sehen. Der Tote hatte sich mit letzter Kraft aus der Wohnung geschleppt.
Passanten blieben stehen. Sie waren nicht minder erschrocken und warfen den Gatespringern seltsame Blicke zu.
An der Decke des Straßentunnels, den man wegen seiner Größe und seiner Art kaum noch Stockwerksgang nennen konnte, waren Überwachungsaugen befestigt, die alles registrierten. So war es erklärlich, daß nicht einmal eine halbe Minute nach dem schrecklichen Zwischenfall aus der Ferne Sirenengeheul ertönte.
Drei Gleiter rasten heran. Sie bewegten sich dicht unter der Decke, von einem Magnetfeld gehalten, das hinter der Verkleidung produziert wurde.
»Nichts wie weg!« zischte John.
Das war ein guter Rat, denn sie waren Fremde - und würden auf die Fragen der Ordnungshüter wohl kaum befriedigende Antworten geben können.
Cora hielt ihn am Arm fest.
»Hat keinen Zweck mehr. Schau dir die Menschentraube an. Wenn wir Fersengeld geben, hält man uns auf. Möglich, daß uns einige des Mordes verdächtigen. Wir können nur hoffen, daß die Überwachungsaugen genau aufgepaßt haben. Sonst ergeht es uns schlecht.«
John schimpfte in Gedanken auf den unglücklichen Zufall, der ihnen solche Unannehmlichkeiten bescherte. Es sah so aus, als hätten sie das Anrecht auf Abenteuer gepachtet.
Sie blieben nie verschont, wenn sie einen weiteren Sprung auf ihrer Odyssee wagten. Ein Erlebnis war schillernder als das andere. Oftmals auch grausig. All dies entsprach ganz und gar nicht ihrem Wunschdenken. Sie hätten es lieber gemütlicher gehabt - und vor allem weniger rätselhaft!
Die drei Gleiter stoppten ihre rasende Fahrt und schwebten tiefer.
Die Randstreifen rechts und links der Bandstraßen waren breit genug, um eine Landung zu ermöglichen. Unterdessen gab es allerdings eine solche Menge von Gaffern, daß es den Gleiterinsassen unmöglich war, am Boden aufzusetzen.
Aber es war nicht notwendig.
Luken öffneten sich. Ein Uniformierter wurde mittels eines Robotarmes abgesetzt. Mehrere Androiden folgten. Die künstlichen Menschen waren nicht nur an den Plaketten und der Nummerierung am Schädel zu erkennen: Mit ihrer Verkleidung hatte man sich wenig Mühe gemacht.
Eine metallische Stimme schnarrte aus irgendeinem Lautsprecher:
»Bitte Platz machen!«
Die in den vordersten Reihen wären gern der Aufforderung nachgekommen, allein sie hatten keine Gelegenheit dazu. Immer stärker wurde das Drängen von hinten.
Leichte Elektroschläge wurden von den schwebenden Gleitern ausgeteilt. Das wirkte. Die Menge lichtete sich. Wenigstens einer der Gleiter fand Platz.
Der abgesetzte Uniformierte achtete überhaupt nicht auf die Gatespringer. Er betrachtete den Toten.
Zwei Androiden machten eine oberflächliche Untersuchung.
»Tot!«
Ein Diagnosegerät wurde angeschleppt. Auch damit kein anderes Ergebnis.
Erst jetzt betrachtete sich der Uniformierte die Gatespringer. Er salutierte lässig.
»Was...
Erscheint lt. Verlag | 9.2.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
ISBN-10 | 3-7389-3725-0 / 3738937250 |
ISBN-13 | 978-3-7389-3725-1 / 9783738937251 |
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