Spohr (eBook)
106 Seiten
Null Papier Verlag
978-3-96281-736-7 (ISBN)
Ludwig Nohl (1831-1885) war ein deutscher Musikwissenschaftler und Musikschriftsteller.
Ludwig Nohl (1831–1885) war ein deutscher Musikwissenschaftler und Musikschriftsteller.
Vorwort
1. Die Lehrzeit
2. Erste Erfolge
3. Allerlei Erlebungen
4. In Wien
5. In Italien
6. In London
7. In Paris
8. Jessonda
9. Wachsende Erfolge
10. Der fliegende Holländer
11. Das Ende des Gerechten
1. Die Lehrzeit
(1784-1803.)
»Da ging mir die Herrlichkeit der Mozartschen Musik auf.«
Spohr ward am 5. April 1784 zu Braunschweig als Sohn eines Arztes geboren; doch war väterlicher- wie mütterlicherseits die Familie dem Predigerstande zugehörig gewesen und schon früh wurde der Vater nach Seesen versetzt, das am Fuße des gespenstigen Brocken liegt. Die Eltern waren musikalisch, der Vater blies nach damaliger Neigung Flöte, welche Neigung manchmal so groß war, dass das Instrument im Spazierstocke verborgen war, damit an landschaftlich schönen Stellen auch die sentimentalen Empfindungen sich nicht gehemmt fanden. Die Mutter war Schülerin desselben Kapellmeisters Schwaneberger, der als Schüler Salieris bei der Nachricht, dass Mozart ein Opfer des Neides der Italiener geworden sei, den sonderbaren Ausruf tat: »Narrheit! Er hat nichts getan, um diese Ehre zu verdienen!« Sie sang demgemäß die italienischen Bravourarien jener Tage, die sie sich zum Klaviere sehr fertig begleitete. So war Musik ein Lebenselement des Hauses und der Knabe durfte schon im fünften Jahre in Duetten mit der Mutter an den Abendmusiken teilnehmen. Zugleich kaufte ihm der Vater nach seinem Wunsch auf dem Jahrmarkte eine Geige, auf der er nun die Melodien wiedersuchte, während die Mutter ihm begleitete.
Etwa um 1791 kam nach Seesen ein Emigrant Dufour, der ein fertiger Dilettant war. Der Knabe war bis zu Tränen gerührt, als er den fremden Mann so schön spielen hörte, und ließ den Eltern keine Ruhe, als bis er Unterricht bei ihm erhielt. Dieser entdeckte trotz seines bloßen Dilettantismus so sicher des Schülers Begabung, dass er darauf drang, denselben Musiker werden zu lassen. Bald wurden auch bereits Kompositionsversuche gemacht, Duetten für zwei Geigen, und ein schmucker neuer Anzug war der Lohn. Ja sogar an ein Singspiel wagte er sich, natürlich von Weiße, dem Begründer der Gattung in Deutschland, und in der Musik waren Hillers »Jagd« und »Lottchen am Hofe« Vorbild, jedoch nur nach dem oft durchgesungenen Klavierauszuge, denn das kleine Seesen hatte kein Theater. Die Formen und der Ton dieser deutschen Werke sind denn auch zeitlebens für Spohr maßgebend und bannend zugleich geblieben.
Bald kam der Knabe, der nun wirklich Musiker werden sollte, zur Confirmation zu seinem Großvater in das Hildesheimische und erhielt dort guten Unterricht. Doch die Musik musste in dem nahen Städtchen weiter betrieben werden. Auf dem beschwerlichen Wege dorthin war er einmal bei Regenguss in einer einsamen Mühle untergestanden und hatte dabei die Gunst der Müllerin so sehr gewonnen, dass er von da an stets vorsprechen musste und mit guten Sachen gelabt ward. Zum Dank fantasierte er ihr dann jedes Mal etwas vor und setzte sie einst durch Variierung des Liedes »Du bist liederlich« von Wranitzky, in der all die Kunststückchen vorkamen, durch die später Paganini die Welt entzückte, so außer sich, dass sie ihn an dem Tage gar nicht wieder von sich ließ. So ward die Sprache der Musik zumal auf seiner Geige schon früh seine Muttersprache und die Welt weiß, wie viele der edelsten Schüler er in dem langen Laufe seines Lebens gerade auf diesem Instrumente zu derselben herangebildet hat.
Jetzt kam er nach Braunschweig, wo der Erbprinz Karl Ferdinand ein bescheidenes französisches Theater nebst Kapelle hielt. Sein Lehrer ward ein Mitglied derselben, der Kammermusikus Kunisch, dem er viel verdankte, weil derselbe sehr gründlich war. Ebenso war es mit dem Harmonieunterrichte bei dem Organisten Hartung, der zwar wenig freundlich war, aber doch die beste Grundlage legte: denn er blieb der einzige Lehrer, den Spohr je in der Theorie seiner Kunst gehabt hat. Er half sich in der Folge mit gedruckten Werken und guten Partituren, die ihm Kunisch aus der Theaterbibliothek verschaffte. Bald bereiteten ihm seine kleinen Kompositionen denn auch Eintritt in die Konzerte der Stadt und er konnte seinen Eltern mit Stolz von eigenen Einnahmen melden. Dadurch kam er denn auch in das Theaterorchester und hörte viel gute Musik. Sein Lehrer ward dann der erste Geiger desselben, Konzertmeister Maucourt, und dieser bildete ihn bald zu einem so tüchtigen Solospieler heran, dass er ihm vorschlug, sein Glück als reisender Künstler zu suchen. Er schickte ihn nach Hamburg, den Vierzehnjährigen! Dass der Knabe darauf einging, beruhte auf den Überlieferungen des Vaters, der nach norddeutscher Wikingerart im höchsten Grade kühn und unternehmend gewesen war. Um einer Strafe zu entgehen, war derselbe von der Schule entflohen und hatte sich dann auf kümmerliche aber immer höchst selbstständige Weise zu seiner jetzigen ärztlichen Stellung emporgearbeitet. Dieser fand also in dem Unternehmen des Sohnes trotz der Mutter Kopfschütteln nichts Besonderes. Er empfahl ihn an einen alten Freund in Hamburg, allein derselbe empfing ihn mit den Worten: »Ihr Vater ist doch immer noch der Alte! Welche Tollheit, einen Knaben so auf gut Glück in die Welt zu senden!« Dann setzte er ihm die Schwierigkeit eines Konzertes in der großen von Künstlern überlaufenen Handelsstadt auseinander. Spohr wusste kaum die Tränen zurückzuhalten und rannte ohne nur die übrigen Empfehlungsbriefe abzugeben, voller Verzweiflung nach Hause. Ja bei seiner geringen Baarschaft sich, den großen schlanken Jungen, schon in den Händen jener Seelenverkäufer sehend, von denen ihm der Vater ein warnendes Bild entworfen hatte, wanderte er spornstreichs zu Fuße nach Braunschweig zurück.
In seiner Beschämung, namentlich dem energisch kühnen Vater gegenüber, sann und sann er auf Mittel, auf anderem Wege zu seinem Ziele der entsprechenden Ausbildung zu gelangen, und verfiel endlich zu seinem Glücke auf den Herzog Ferdinand, der selbst einst Violine gespielt hatte. »Er ist ein sehr angenehmer schöner freundlicher Herr«, schreibt Mozarts Vater nach einer Begegnung in Paris im Jahre 1766 über den damaligen Erbprinzen. Und der Encyklopädist Grimm sagt in einer Korrespondenz von dort über den zehnjährigen Knaben: »Das Unbegreiflichste ist jene tiefe Kenntnis der Harmonie und ihrer geheimsten Wege, die er im höchsten Grade besitzt und wovon der Erbprinz von Braunschweig, der gültigste Richter in dieser Sache sowie in vielen anderen, gesagt hat, dass viele in ihrer Kunst vollendete Kapellmeister stürben, ohne das gelernt zu...
Erscheint lt. Verlag | 12.12.2024 |
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Reihe/Serie | Musikerbiografien | Musikerbiografien |
Verlagsort | Neuss |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Schlagworte | Beethoven • Haydn • Klassische Musik • Liszt • Mozart • Musiker • Oper • Operette • Spohr • Wagner • Weber |
ISBN-10 | 3-96281-736-0 / 3962817360 |
ISBN-13 | 978-3-96281-736-7 / 9783962817367 |
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