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Wilde Schimpansen (eBook)

Verhaltensforschung am Gombe-Strom

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
400 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-00650-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wilde Schimpansen -  Jane Goodall
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Jane Goodall hat unsere Vorstellungen von der Verbindung zwischen Mensch und Schimpanse für immer verändert. Die berühmte Verhaltensforscherin hat Schimpansen als Erste als Individuen betrachtet und revolutionierte so ihr Fachgebiet. Es ist Goodall zu verdanken, dass wir heute wissen, dass Schimpansen Werkzeuge benutzen und komplexe soziale Hierarchien bilden. Die Neuauflage ihres 1971 erstmals erschienenen Buchs erzählt von den Anfängen ihrer Feldstudien im Gombe-Nationalpark in Tansania und ist in seinem Einsatz für Umwelt- und Artenschutz so aktuell wie eh und je.

Jane Goodall wurde am 3. April 1934 in England geboren. 1957 reiste sie zum ersten Mal nach Afrika und begann ab 1960, das Verhalten wildlebender Schimpansen im Gombe-Nationalpark in Tansania zu untersuchen. 1965 promovierte sie an der Universität in Cambridge zum Thema Verhaltensbiologie. Für ihre bahnbrechenden Erkenntnisse über das Leben der Schimpansen erhielt sie viele Preise und Orden, wurde 2004 von der Queen geadelt und ist UN-Friedensbotschafterin. Sie ist Gründerin des Jane Goodall Institute, einer internationalen Tier- und Umweltschutzorganisation, und begeistert mit dem 'Roots & Shoots'-Programm auch Kinder und Jugendliche für ein ökologisches Engagement. Ihre Bücher über Verhaltensforschung und und ihre Kinderbücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Wenn sie nicht auf Vortragsreisen ist, lebt Jane Goodall heute im englischen Bournemouth.

Jane Goodall wurde am 3. April 1934 in England geboren. 1957 reiste sie zum ersten Mal nach Afrika und begann ab 1960, das Verhalten wildlebender Schimpansen im Gombe-Nationalpark in Tansania zu untersuchen. 1965 promovierte sie an der Universität in Cambridge zum Thema Verhaltensbiologie. Für ihre bahnbrechenden Erkenntnisse über das Leben der Schimpansen erhielt sie viele Preise und Orden, wurde 2004 von der Queen geadelt und ist UN-Friedensbotschafterin. Sie ist Gründerin des Jane Goodall Institute, einer internationalen Tier- und Umweltschutzorganisation, und begeistert mit dem "Roots & Shoots"-Programm auch Kinder und Jugendliche für ein ökologisches Engagement. Ihre Bücher über Verhaltensforschung und und ihre Kinderbücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Wenn sie nicht auf Vortragsreisen ist, lebt Jane Goodall heute im englischen Bournemouth.

Die Anfänge


Während der ganzen Fahrt über die achtzehn Kilometer von Kigoma bis zu unserem Zeltplatz im Gombe Stream Reserve hatte ich das seltsame Gefühl, in einer Traumwelt zu leben. Wir befanden uns mitten in der Trockenzeit, und das kongolesische Ufer an der Westseite des langgestreckten, schmalen Tanganjikasees war, obwohl nur dreißig Kilometer entfernt, nicht einmal andeutungsweise zu erkennen. Die frische Brise und das tiefe Blau des Wassers, das von kleinen Wellen aufgeraut und von weißem Schaum gefleckt war, vermittelten uns das Gefühl, auf hoher See zu sein.

Ich richtete die Augen starr auf das Ostufer. Zwischen Kigoma und der Grenze des Schutzgebiets der Schimpansen sind die jähen Hänge des Steilabbruchs, die bis zu einer Höhe von 750 Metern über dem See aufragen, an vielen Stellen infolge jahrelanger Abholzung nackt und abgetragen. Dazwischen schmiegen sich kleine Waldflächen in Engtäler, durch die reißende Bergflüsse zum See hinunterrauschen. Die Uferlinie gliedert sich in eine Kette von länglichen Buchten, die häufig durch felsige Landzungen voneinander getrennt sind, die weit in den See hineinragen. Wir steuerten einen geraden Kurs, der uns von Landzunge zu Landzunge führte, aber wir sahen, dass die kleinen Kanus der Fischer sich dicht am Ufer hielten. David Anstey, der mit uns fuhr, um uns mit den afrikanischen Bewohnern des Gebietes bekannt zu machen, erklärte, dass der See manchmal ganz plötzlich zu toben beginnt; ein rauer Wind fährt dann durch die Täler herab und peitscht das Wasser zu gischtenden Wellen auf.

Überall am Ufer lehnten sich kleine Fischerdörfer an die Berghänge oder säumten die Mündungen der Täler. Ihre Bewohner lebten zumeist in einfachen Hütten aus Schlick und Gras, wenn wir auch schon damals hier und da größere Gebäude sahen, die mit glitzerndem Wellblech bedeckt waren – mit jenem Material, das für alle, die die Schönheit der Natur lieben, der Fluch der heutigen afrikanischen Landschaft ist.

Als wir ungefähr zehn Kilometer gefahren waren, deutete David auf den mächtigen Felsvorsprung, der die Südgrenze des Schimpansenreservats markiert. Sobald wir diese Grenzlinie passiert hatten, merkten wir, dass die Landschaft sich unvermittelt und dramatisch veränderte: Die Berge waren jetzt dicht bewachsen, und die Täler waren mit tropischen Wäldern bedeckt. Selbst hier sahen wir immer wieder Fischerhütten, die vereinzelt am weißen Strand standen. David erklärte uns, dass sie nur zeitweilig bewohnt seien. Die Afrikaner hatten die Erlaubnis, während der Trockenzeit zu fischen und ihren Fang an dem zum Reservat gehörenden Ufer zu trocknen. Wenn die Regenzeit begann, kehrten die Fischer in ihre Heimatdörfer außerhalb des Schimpansenreservats zurück. Diese Männer waren es, zwischen denen es kurz zuvor zu Streitigkeiten gekommen war; die Fischer zweier Dörfer hatten sich nicht einigen können, wer von ihnen das Recht auf einen bestimmten Strandabschnitt hatte.

Ich habe mich oft gefragt, was ich während dieser Bootsfahrt gefühlt haben mag, als ich wie gebannt die wilde Landschaft betrachtete, in der ich so bald schon umherstreifen sollte. Vanne gab später zu, dass der Anblick der steilen Hänge und der schier undurchdringlichen Wälder in den Tälern sie insgeheim zutiefst erschreckt habe, und David Anstey verriet mir ein paar Monate später, er sei völlig überzeugt gewesen, dass ich nach spätestens sechs Wochen aufgeben würde. Ich erinnere mich, dass ich weder Erregung noch Angst verspürte, sondern ein seltsames Gefühl der Gleichgültigkeit. Was hatte ich, das Mädchen, das da in Jeans auf dem Motorboot der Regierung stand, zu tun mit dem Mädchen, das wenige Tage später auf ebendiesen Bergen nach wilden Schimpansen suchen würde? Doch als ich mich in jener Nacht schlafen legte, hatte sich die Verwandlung bereits vollzogen.

Nach zweistündiger Fahrt ging das Motorboot in Kasakela, wo die beiden Game Scouts der Regierung ihr Standquartier hatten, vor Anker. David Anstey hatte uns geraten, dass wir wenigstens so lange, bis uns das Gebiet vertraut sei, unser Camp in der Nähe ihrer Hütten aufschlagen sollten. Als unser Dingi sich dem weißen Sandstrand näherte, sahen wir, dass sich eine ansehnliche Gruppe von Menschen versammelt hatte, um unsere Ankunft zu beobachten: die beiden Scouts, die wenigen Afrikaner, die die Erlaubnis hatten, ständig im Reservat zu leben, damit die Scouts nicht völlig isoliert waren, und einige Fischer aus den nahegelegenen Hütten. Wir wateten durch das seichte Wasser mit seinen glitzernden kleinen Wellen an Land und wurden zuerst von den Scouts und dann mit großem Zeremoniell von dem Ehrenhäuptling des Dorfes, dem alten Iddi Matata, begrüßt. Mit seinem roten Turban, seinem roten, europäisch geschnittenen Rock, den er über einem fließenden weißen Gewand trug, seinen Holzschuhen und seinem weißen Bart bot er einen farbenprächtigen Anblick. Er hielt eine lange Willkommensrede in Kisuaheli, von der ich nur Bruchstücke verstand, und wir übergaben ihm ein kleines Geschenk, das wir, auf Davids Anraten, für ihn gekauft hatten.

Als die Formalitäten vorüber waren, folgten Vanne und ich David auf einem schmalen Pfad von etwa dreißig Schritt Länge, der vom Strand durch ein Dickicht zu einer natürlichen Lichtung führte. Mit Unterstützung Davids und der afrikanischen Scouts hatten wir das große Zelt, das für Vanne und mich bestimmt war, in kurzer Zeit aufgeschlagen. Hinter dem Zelt floss ein kleiner gurgelnder Bach vorbei, und hohe Ölpalmen spendeten Schatten. Es war ein idealer Zeltplatz. Etwa fünfzig Schritt entfernt, unter ein paar Bäumen am Strand, schlugen wir ein zweites, kleineres Zelt auf, das unserem Koch Dominic, den wir vor unserer Abfahrt aus Kigoma angeheuert hatten, als Unterkunft dienen sollte.

Als unser Camp eingerichtet war, machte ich mich auf einen Erkundigungsgang. Das hohe Gras auf den unteren Hängen war kurz zuvor einem Buschfeuer zum Opfer gefallen, und die Aschenschicht, die sich dabei gebildet hatte, machte den Boden schlüpfrig. Es war ungefähr vier Uhr, aber die Sonne brannte immer noch erbarmungslos herab, und ich war schweißbedeckt, als ich endlich hoch genug gestiegen war, um den See und das breite Tal überblicken zu können, das sich üppig und grün von dem geschwärzten Berghang abhob, auf dem ich stand.

Ich saß schwitzend auf einem großen flachen Felsen und konnte fühlen, wie ich, nach der Niedergeschlagenheit der Woche in Kigoma und dem trancehaften Zustand, in dem ich seit unserer Abfahrt gewesen war, wieder zum Leben erwachte. Eine Horde von etwa sechzig Pavianen, die den versengten Boden nach gebratenen Insekten absuchten, zog vorüber. Einige der Tiere kletterten auf Bäume, als sie mich sahen, und schüttelten die Zweige mit ruckartigen, drohenden Bewegungen; zwei der großen Männchen stießen ihren lauten, bellenden Warnruf aus. Im Großen und Ganzen jedoch fühlte sich die Horde wenig beunruhigt durch meine Gegenwart und zog, mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt, langsam weiter. Auch einen Buschbock sah ich, ein graziöses, kastanienbraunes Tier, kaum größer als eine Ziege, mit kräftigen, schraubig gedrehten Hörnern. Er sah mich regungslos an, machte dann plötzlich eine Wendung und sprang, den Wedel aufgestellt und wie ein Hund bellend, in weiten Sprüngen davon.

Ich blieb nicht länger als eine Dreiviertelstunde auf dem Berg, aber als ich – fast ebenso schwarz wie die Hänge, auf denen ich herumgekrochen war – zurückkehrte, fühlte ich mich nicht mehr wie ein Eindringling. In jener Nacht zog ich mein Feldbett ins Freie und schlief unter den Sternen, die durch die raschelnden Wedel einer Palme herabblinkten.

Am nächsten Morgen brannte ich natürlich darauf, mich auf die Suche nach Schimpansen zu machen, aber ich fand sehr bald heraus, dass ich, jedenfalls für den Anfang, keineswegs mein eigener Herr sein würde. David Anstey hatte mit einer Reihe von Afrikanern aus der Umgehung abgesprochen, dass sie kommen und Vanne und mich kennenlernen sollten. Er erklärte uns, dass sie alle besorgt und aufgebracht seien. Sie konnten einfach nicht glauben, dass ein junges Mädchen die lange Reise von England bis zu ihnen unternommen hatte, bloß um sich Affen anzuschauen, und so lief das Gerücht um, ich sei ein Spitzel der Regierung. Ich war David natürlich sehr dankbar dafür, dass er gleich zu Anfang alles für mich regelte, aber ich verlor mehr und mehr den Mut, als ich von den Plänen hörte, die er für mich gemacht hatte.

Zunächst kamen wir überein, dass der Sohn des Häuptlings von Mwamgongo, einem großen Fischerdorf im Norden des Schimpansenreservats, mich begleiten sollte. Seine Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass ich nicht in mein Buch schrieb, ich hätte zehn oder zwanzig Schimpansen gesehen, wenn es nur ein einziger gewesen war. Später begriff ich, dass die Afrikaner immer noch darauf hofften, die vierzig Quadratkilometer des Reservats wieder zurückzuerhalten. Wenn ich daher vorgab, mehr Schimpansen gesehen zu haben, als es in diesem Bereich tatsächlich gab, so lieferte ich damit nach Meinung der Afrikaner der Regierung Argumente, auf die sie sich berufen konnte, wenn sie das Gebiet auch künftig zum geschützten Reservat erklären wollte. Darüber hinaus war David der Ansicht, dass ich aus Prestigegründen einen Afrikaner anstellen sollte, der meine Provianttasche trug.

Da ich überzeugt war, dass es mir nur dann gelingen würde, einen Kontakt mit den scheuen Tieren herzustellen, wenn ich allein war, brachte mich der Gedanke, ständig von zwei Begleitern behelligt zu sein, ziemlich aus der Fassung. Aber das war noch nicht alles: Ich musste obendrein noch einen der Game Scouts mitnehmen. Ich...

Erscheint lt. Verlag 16.6.2020
Illustrationen Hugo Van Lawick
Mitarbeit Assistent: Christian Vogel
Übersetzer Mark W. Rien
Zusatzinfo Zahlr. s/w Abb.
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Affen • Afrika • Afrikanische Tierökologie • Afrikanische Wildtiere • Artenschutz • Erfahrungsbericht • Evolutionäre Anthropologie • Evolutionsbiologie • Expedition • Feldforschung • Feldstudien in Afrika • Gombe-Nationalpark • Hominiden-Forschung • Homo sapiens • Mensch • Natur • Naturschutz • Primaten • Primatenforschung • Schimpansen • Schimpansen Sozialverhalten • Schimpansen Verhalten • Tansania • Tiernaturschutz • Tierpsychologie • Tierschutz • Verhaltensbiologie • Verhaltensforschung • Verhaltensforschung an Schimpansen • Verhaltenswissenschaft • Wildtierschutz
ISBN-10 3-644-00650-4 / 3644006504
ISBN-13 978-3-644-00650-8 / 9783644006508
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