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Ein Schotte kommt selten allein (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020
480 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-24019-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Schotte kommt selten allein - Karin Müller
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Witzig, warmherzig und einfach wunderbar - eine Busreise zum Verlieben!
Zu ihrem vierzigsten Geburtstag bekommt Janne von ihren Freundinnen eine Busreise nach Schottland geschenkt. Der absolute Albtraum! Denn obwohl Janne Schottland liebt, findet sie, dass eine Busreise höchstens etwas für Senioren und Langweiler ist. Und spätestens als sie eingeklemmt zwischen dem überkorrekten Reiseleiter und lauthals singenden Outlander-Fans sitzt, ist sie sich sicher: NIE WIEDER Busreise! Doch dann schaut Janne beim Whisky-Tasting etwas zu tief ins Glas und landet prompt im falschen Bus: neben dem unglaublich netten Schotten Alex. Und plötzlich findet Janne Busfahren gar nicht mehr so furchtbar ...

Karin Müller arbeitete nach dem Studium und einer journalistischen Ausbildung beim Hörfunk jahrelang als Redakteurin. Obwohl sie die schottische Landschaft, die Serie »Outlander« und die Gastfreundlichkeit der Schotten liebt, ist sie kein Fan von Busreisen. Ausprobiert hat sie es natürlich trotzdem und schrieb danach ihr wunderbares Romandebüt »Ein Schotte kommt selten allein«. Die Autorin lebt mit ihrer Familie bei Hannover.

2


Ein Freund, ein guter Freund …

Zehn Minuten später sitze ich eingequetscht zwischen meinen Lieblingsmenschen, Luftballons und Papierschlangen, mit zusammengepressten Knien und hängenden Schultern auf meinem Lieblingssofa. Dafür, dass ich allein sein wollte, ist es ganz schön eng hier.

Imme hat wirklich alle zusammengetrommelt. Alle außer Susa. Die Glückliche liegt mit Grippe und vierzig Grad Fieber im Bett, und ich würde auf der Stelle mit ihr tauschen. Meine Freundinnen sehen mich an und erwarten, dass ich mich freue. Und das tue ich natürlich auch. Ehrlich! Aber ich bin noch immer in diesen Klamotten gefangen. Ich konnte gerade noch den blöden Reißverschluss wieder hochziehen. Nicht mal ein klitzekleines Löffelchen Tiramisu konnte ich mir stibitzen. Aus meinem eigenen Kühlschrank!

»Ach, Süße, sag mal, weinst du etwa?« Imme steht vor mir, beugt sich gerührt zu mir herunter und hält mir ein Sektglas hin.

»Deine Augen sind ganz rot«, bestätigt Mareike, die neben mir sitzt und ein zerknittertes Taschentuch zückt, um mir damit den Augenwinkel zu betupfen. Fehlt nur noch, dass sie reinspuckt wie bei Klein Elsa.

»Nein«, widerspreche ich heiser. Meine Augen brennen verdächtig. Aber die Ursache dafür ist nicht meine Rührung über diese Überraschungsparty zu meinem Vierzigsten, nicht einmal die Erschöpfung nach vierzehn, teils sehr nassen Stunden im Job. Ich fühle mich gerade einfach nur komplett überfordert von so viel … Liebe.

Sieben Augenpaare kleben an mir: die energischen meiner künstlerisch hochbegabten Freundin Dana, die leicht glasigen von Merle, meiner immer gut gelaunten Haustierärztin. Die grünen Augen gehören meiner Ex-Kollegin Saida, dem Technik-All-Star mit dem beneidenswert sportlichen Traumbody. Mareikes braune Augen mustern mich jungmütterlich müde und besorgt. Marie fixiert mich nachbarschaftlich liebevoll in Eisblau. Die Luchsaugen mit den Falten drum herum gehören der Hundebesitzerin Leonie, die meine Filmleidenschaft und mein Faible für funktionsorientierte Klamotten teilt. Und dann sind da noch die stark geschminkten Augen mit Rändern darunter, die noch dunkler sind als die von Mareike – die gehören Imme. Moment mal, Schwesterchen, hast du dich schon wieder mit diesem verheirateten Typen getroffen? Inquisitorisch scanne ich ihr sommersprossiges Gesicht. Imme bläht nur kurz die Nasenflügel und trötet gut gelaunt in eine dieser aufgerollten Papierpfeifen, die einem eine lange Nase machen und dabei klingen wie ein Alleinunterhalter auf Klebstoff.

Ich hebe mahnend die Augenbrauen, aber sie weicht meinem Blick einfach aus und wühlt so konzentriert in der Schale mit den Kartoffelchips, als ob auf deren Grund ein Diamant versteckt wäre. Imme ist definitiv die Leichtlebigere von uns beiden. Ich vermute, dass sie das mit ihrem notorischen Putzfimmel zu kompensieren versucht. Oder andersherum. Bevor sie meine gerahmten Landschaftsfotos und Schnappschüsse auf dem antiken Büffett mit Girlanden umrankt hat, hat sie erst mal überall Staub gewischt – darauf wette ich. Sie hasst meine Flohmarkteinrichtung. Ihre Wohnung sieht aus wie am Einzugstag, und zwar, bevor die Kartons mit der persönlichen Habe ausgepackt wurden. Bei mir wirkt es genau umgekehrt – wobei ich nicht besonders viel besitze, auch weil meine Ex-Freunde bei ihrem jeweiligen Auszug schleichend mein Inventar verschlankt haben. Imme hätte das längst hochwertig ersetzt, ich bummele lieber über einen Trödelmarkt, wenn ich etwas brauche, oder improvisiere. Mein Blick streift das ein oder andere in Umlauf befindliche Sektglas. Alle sind verschieden, und eins ist – oh – das Saftglas mit dem Pinguin. Wo hat sie das denn gefunden?

Eigentlich haben Imme und ich nur die dunkelblauen Augen und die schlanke Figur gemeinsam. Wir können futtern wie die Scheunendrescher und nehmen nie ein Gramm zu, leider auch nicht an den richtigen Stellen. Imme behauptet, ich hätte einen pathologischen Hang zum Grübeln, zu bildhaften Fantasien, Gedankensprüngen und Übertreibungen. Aber das brauche ich alles für meinen Job. Umgekehrt hätte Imme ohne mich wahrscheinlich schon vierzehn uneheliche Kinder und dazu fünf Hunde aus dem Tierschutz. Mit anderen Worten: Wir ergänzen uns prima und wissen, was wir aneinander haben.

Na warte!, funkele ich sie an. Wir sprechen uns noch! Jetzt gerade geht es allerdings schlecht, und das weiß sie genau.

Saida, Dana, Mareike und Leonie hat Imme mit ihrem Zweitschlüssel hereingeschleust. Marie hat einen eigenen Schlüssel. Als Nachbarinnen sind wir bestens vertraut mit den Gießgewohnheiten und der Post der anderen. Wir helfen einander, leihen uns gegenseitig Gläser, Eier und ein Ohr. Und in gemeinsamen Singlezeiten kochen wir mindestens dreimal wöchentlich zusammen. Meist kaufe ich ein, weil Marie chronisch klamm ist. Dafür putzt sie heimlich meine Fenster oder staubsaugt und glaubt, ich merke das nicht.

Merle, die Perle, trinkt aus dem zweiten Pinguinglas. Sie hat einen Riesentopf veganes Curry mitgebracht. Aber das ist für später, hat Imme bestimmt. Erst soll ich mein Geschenk auspacken. Und da wären wir also, genau jetzt, in diesem Moment, in dem ich in aufsteigender Verzweiflung versuche, mich in Luft aufzulösen. Zu viele Menschen auf zu engem Raum schauen mir zu und verströmen einen Erwartungsdruck, der noch dichter ist als ihre kumulierte Parfümwolke. Ich bin gefangen in den Tiefen meines durchgesessenen Lieblingssofas, und auch das Patchworkkissen vor meinem Bauch schützt mich nicht annähernd vor alldem.

Man könnte eine Katze atmen hören, so still ist es, als ich das überdimensionale Kuvert öffne, einen Blick auf die Karte werfe und verzweifelt versuche, cool zu bleiben. Ich habe ein ganz mieses Gefühl. Du hast da was falsch verstanden, Janne. Es ist bestimmt nicht das, wonach es aussieht. Oder es ist ein Scherz. Es muss ein Scherz sein!

Zunehmend verzweifelt drehe ich diesen riesigen, wattierten Umschlag in den Händen. Darauf prangt eine Vierzig. Vier. Null. Gibt es denn keine anderen Zahlen mehr auf dieser Welt? Anscheinend nicht. Damit ich mein stolzes Alter auch bloß nicht vergesse, hat Imme meine komplette Wohnung damit zugebastelt. Auf Luftschlangen, Ballons, Servietten, Untersetzern, der Torte, selbst auf dem Toilettenpapier schreit mich meine persönliche Schreckenszahl an. Aber das sind alles Nebenkriegsschauplätze.

Mein Problem ist dieses wirklich wahnsinnige Geschenk!

Mir ist schlecht. Ich sehe die Bilder auf der aufwendig gestalteten Karte, betrachte die Buchstaben, setze das alles im Kopf zu einer unmissverständlichen Botschaft zusammen – und möchte dringender denn je auf einen anderen Planeten.

Imme ignoriert meinen flatternden Augenaufschlag, und zwar sehr genüsslich, wie ich finde. Sie legt die Kindertröte beiseite, um sich eine Handvoll Kartoffelchips in den Mund zu schieben.

»Jetzt sag doch was!«, fordert sie mit vollem Mund.

Es dauert einen Moment, bis ich begreife. Ach, verdammt. Die warten immer noch alle.

Sieben Augenpaare sind nach wie vor auf mich gerichtet, die Lippen dicht über den Sektgläsern, aber niemand trinkt.

»Das ist nicht euer Ernst, oder?«, piepse ich.

Doch, ist es.

Die dazugehörigen Köpfe nicken.

»Wow!«, presse ich heraus und lächle nervös. »Ja, also … das ist äh … Hammer!«

Ich lasse meine Hand mit dem geöffneten Umschlag sinken und flüchte mich noch einmal ins intensive Studium der Geburtstagskarte mit dem selbst gebastelten Gutschein. Meine Freundin Dana ist Grafikdesignerin. Wir haben uns in der Redaktion kennengelernt, bevor sie sich selbstständig gemacht hat. Ihre Bastelleidenschaft ist legendär, und mit der Karte hat sie sich selbst übertroffen. Im aufgeklappten Zustand poppt eine hügelige Landschaft auf. Wie die Kulisse vom Schlaraffenland wird sie durchzogen von Schienen, Straßen und einem See. Nicht eins, sondern gleich drei Springteufelchen federn mir entgegen: eine Dampflokomotive, ein Seeungeheuer und ein Reisebus. Und alle drei lachen zuckersüß buntstiftig.

Sie haben sich so viel Mühe gemacht. Verreisen soll ich. Nach Schottland, Nessie finden und sogar den berühmten Harry-Potter-Zug sehen. Das wäre eigentlich verlockend. Aber dieser Reisebus macht mir Angst. Vielleicht gibt es eine ganz harmlose Erklärung, und sie wollen einfach nur alle mitkommen? Dann passen wir natürlich nicht in ein Auto, aber … Nein, ich fürchte, das ist es nicht: Saida hasst Wind und Kälte, Imme hat eine Outdoor-Allergie, und Mareike würde weder mit noch ohne Klein Elsa in einen Flieger steigen. Ich ahne Schreckliches. Da stehen außerdem Worte in blau-weißer Schönschrift, und auf die Rückseite ist ein Flyer geklebt, aber ich will und will es nicht wahrhaben.

Ich nehme die Brille ab und fange an, die Gläser mit einem Zipfel meiner Bluse zu putzen. Das tue ich immer, wenn ich nervös bin. Oder mir Zeit verschaffen muss, um nachzudenken. Ich habe eine schnelle Auffassungsgabe und kein Pokerface, und ich ringe panisch um Fassung. Ja. Ich will seit Jahren unbedingt nach Schottland. Das ist mein Traum, und natürlich wissen sie das. Aber doch nicht im Schleuderprogramm einer Vollbespaßungszwangsanimationspauschaltour!

In den unendlichen Nanosekunden, bis mein Blick sich wieder heben muss, bastele ich selige Überraschung in den Faltenwurf meiner Mimik. Zumindest hoffe ich, dass es so rüberkommt. Vielleicht noch ein entwaffnend nervöses Lächeln dazu? Tu so, als ob, Janne! Du kannst das! Sie haben sich so angestrengt, und billig war dieses Geschenk ganz sicher nicht! Nee, ganz und gar nicht, irre teuer war das. Irre! Sind! Die!

»Yay!«, presse ich...

Erscheint lt. Verlag 11.5.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 40. Geburtstag • Busreise • Dora Heldt • eBooks • Frauenromane • Gisa Pauly • Große Liebe • Gruppenreise • kleine geschenke für frauen • Liebesromane • Outlander • Reisen • Romane für Frauen • Schottenrock • Schottland • Whisky
ISBN-10 3-641-24019-0 / 3641240190
ISBN-13 978-3-641-24019-6 / 9783641240196
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