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Die Gartenvilla (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020
288 Seiten
Blanvalet Taschenbuch Verlag
978-3-641-24166-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Gartenvilla - Cristina Caboni
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Eine geheimnisvolle Villa voller Spiegel. Eine Frau, die auf rätselhafte Weise verschwindet. Und eine unbeirrbare Heldin, die Jahre später alles ans Licht bringt ...
In den 50er Jahren träumt die junge Eva von einer Karriere als Schauspielerin im verheißungsvollen Amerika. Doch als Glanz und Ruhm ausbleiben und sie sich in den gutaussehenden Michele verliebt, bricht sie alle Zelte ab und folgt ihm in seine Heimat Italien, in eine Villa ans glitzernde Meer, wo sie eine Familie gründet. Das Leben könnte süßer nicht sein - bis eine verhängnisvolle Begegnung alles verändert ...
Positano in der Gegenwart: Die zwanzigjährige Milena wächst bei ihrem Großvater Michele auf. Ihre Großmutter Eva, die vor Jahrzehnten auf geheimnisvolle Weise verschwand, hat sie nie kennengelernt, doch als im Garten ein vergrabener Leichnam gefunden wird und alle vor einem Rätsel stehen, begibt sie sich auf Spurensuche ...

Cristina Caboni lebt mit ihrer Familie auf Sardinien, wo sie Bienen und Rosen züchtet. Ihr Debütroman Die Rosenfrauen verzauberte die Leser weltweit und stand in Deutschland wochenlang auf der Bestsellerliste. Ihr zweiter Roman Die Honigtöchter, der auf ihrer Heimatinsel spielt, und Die Oleanderschwestern waren ebenfalls große Erfolge. Der Zauber zwischen den Seiten ist nun Cristina Cabonis viertes Buch, das in der faszinierenden Welt der Bücher spielt.

1


Die Welle war gewaltig, furchteinflößend und schaurig schön, rollte auf sie zu und brach. Milena wusste, dass sie sie verschlingen würde, wenn sie nicht zurückwich.

In diesem Augenblick dachte sie an ihren Großvater, der sie vor der Gefahr der spitzen Felsen im Meer gewarnt hatte, damals, als er ihr das Schwimmen beibrachte.

Sie schloss einen Moment die Augen und öffnete sie wieder, nahm dann allen Mut zusammen und schwamm der näher kommenden Welle entgegen, spürte schon ihre bedrohliche Kraft. In einer Sekunde wäre sie bei ihr, würde sie mit sich reißen und unter Wasser ziehen. Es war der letzte Moment zur Umkehr. Kraftvoll und entschlossen änderte sie die Richtung und entfernte sich von ihr, bis sie eine ruhige Stelle erreicht hatte, die so blau war, wie es nur das Meer sein konnte.

Als sie das Ufer erreichte, brannte das Salz in ihrer Kehle, und ihr Herz raste. Sie hatte es geschafft, hatte richtig reagiert. So wie es ihr vom Großvater beigebracht worden war.

Schaudernd, dabei voller Stolz, stieg sie aus dem Wasser und streifte sich das dünne Kleid über den Badeanzug, drehte die tropfenden schwarzen Haare, die ihr über die Schultern fielen, zu einem Knoten. Dabei merkte sie, dass sie zitterte. Lag es am Wind oder an den Gedanken an das, was hätte passieren können? Sie wusste schließlich, wie gefährlich die Felsküste war, und hatte es dennoch getan. Weil sie mit einem Mal erkannte, bewusst nach der Herausforderung gesucht zu haben.

Eine unbezwingbare Energie schien tief in ihr zu stecken, sie zu zwingen, einem solchen Drängen nachzugeben. Wenngleich der Vergleich hinkte, kam sie sich vor wie eine Ballerina, die sich geradezu zwanghaft von der Musik treiben ließ.

Bevor sie sich auf den Heimweg machte, schaute sie hinauf zu den mächtigen Felsen, die sich über der malerischen Bucht erhoben und sie mit ihrer majestätischen Pracht einen Moment lang von allen anderen Gedanken ablenkten.

An diesem Morgen waren lediglich wenige Besucher an den Strand von Torre Sponda gekommen. Er verdankte seinen Namen einem mittelalterlichen Turm, der dort stand und als Sehenswürdigkeit galt. Den Touristen war der Himmel offenbar zu wolkenverhangen. Für Milena hingegen war es ein perfekter Tag, schließlich wusste sie, wie schnell die Septembersonne durchbrach. Lächelnd nickte sie ein paar vorbeigehenden Einwohnern Positanos zu.

Ursprünglich hatte sie lediglich barfuß am Strand spazieren gehen wollen, erst beim Anblick der Wellen, die sich an den Felsen brachen, war das Verlangen, den Schaum und das Salz auf ihrer Haut zu spüren, übermächtig geworden und hatte sie ins Meer getrieben. Immer tiefer war sie hineingegangen, der Wind hatte ihre Haare zerzaust und die Strömung sie irgendwann mit sich gerissen, um ihre elementare Kraft und ihre Überlegenheit zu beweisen. Zunächst hatte sie Herzklopfen und musste ihre Angst überwinden, dann hatte sie den Wellen getrotzt und gewonnen.

Ein entscheidendes Ergebnis für sie, eine wichtige Bestätigung.

Immerhin war sie hierher zurückgekehrt, um ihren Mut und ihre Tatkraft wiederzufinden. Um zu verstehen. Sie schlang das Badetuch um ihre Schultern und lief auf die Treppe zu, die zur Villa führte, und stieg die Steinstufen hoch. Dabei versuchte sie an nichts anderes zu denken als an das Meer und die Sonne, sich einzig auf das zu konzentrieren, was sie vor sich sah.

Wie immer, wenn sie in Positano war, ging es ihr besser als in Rom, weil das immerwährende Rauschen des Meeres und der betörende Blumenduft ihre Seele umhüllten. Dieser magische Ort voller Farben, Düfte und Geräusche war ihr so vertraut, als wäre sie nie weg gewesen. Die salzige Meeresbrise gehörte ebenso dazu wie die bittersüßen Aromen der Zitronenbäume.

Hier fühlte sie sich wirklich zu Hause, bei ihrem Großvater, und nicht bei ihrem Vater im pulsierenden Rom. Positano war ihr Zufluchtsort.

Nicht zuletzt die silbernen Spiegel faszinierten sie. Es gefiel ihr, sich darin zu betrachten, ihr Gesicht, ihre Gestik, ihre Mimik. Es war fast, als würde sie vor sich selbst stehen und sich fragen, wer sie wirklich war. Diejenige, die in der Halle stand, oder eine der Gestalten in den zwölf Spiegeln. Wenn Milena an ihnen vorbeiging, hatte sie das Gefühl, ihre Seele zu sehen, in jedem Spiegel anders, mal ebenmäßig, mal verzerrt. Es war ein verwirrendes Spiel von Sein und Schein. Wer war sie wirklich?

Ihr Großvater hatte diese alten Spiegel nach dem Kauf des Hauses im Keller gefunden und neue Rahmen aus Silber geschmiedet, die er mit filigranen Ranken und Blättern sowie prachtvollen Rosenblüten und anderen Vorlagen aus der Natur versah. Milena fühlte sich beim Anblick dieser Meisterwerke wie in einer anderen, verzauberten Welt.

Wenn bloß alles anders gekommen wäre, schoss es ihr durch den Kopf, denn selbst hier war das Schicksal zeitweilig hart mit den Bewohnern umgesprungen. Sofort verdrängte sie diesen wehmütigen Gedanken wieder und dachte stattdessen an eine Lebensweisheit, die ihr der Großvater mitgegeben hatte.

Wenn und Hätte führt zu nichts. Etwas ist oder ist eben nicht, und damit muss man sich abfinden.

Am Ende der Treppe angekommen atmete sie tief durch und blickte fast ehrfürchtig auf das vertraute Gebäude. Wie an der Amalfiküste üblich, war die Villa auf einem Felsplateau errichtet. Arkaden auf einer in einem himmelblau und sonnengelben Karo gefliesten riesigen Veranda prägten ihre Architektur. Darunter lag ein terrassenförmig angelegter Garten mit einem Gewächshaus und einem Zitronenhain. Milenas Lieblingsplatz befand sich im Schutz der Bogengänge, von wo aus sie stundenlang auf das Meer blickte, bis die Dunkelheit alles verschluckte und ihr nicht mehr als eine süße Erinnerung blieb.

Sie ging durch die Terrassentür ins Haus, stieg die Treppe zu ihrem Zimmer im ersten Stock hoch und duschte. Danach zog sie ein einfaches T-Shirt und eine Hose an. Ihre Haare ließ sie feucht. Sie liebte es, wenn sie an der Luft trockneten und sich anschließend ganz leicht und locker anfühlten.

In Gedanken versunken, ging sie wieder nach unten und betrat die Veranda.

»Guten Morgen, Milena, du bist ja sehr früh auf.«

Überrascht schaute sie nach unten. Ihr Großvater stand unter einer prachtvollen, violett blühenden Bougainvillea. Lächelnd ging sie zu ihm.

»Ich war in aller Herrgottsfrühe am Strand. Wie geht es dir heute?«

Michele sah sie einen Moment lang unschlüssig an. Gleich bei ihrer Ankunft war Milena aufgefallen, dass er neuerdings lange Pausen beim Sprechen machte – so als habe er Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und seine Gedanken in Worte zu fassen.

»Sehr gut, wie immer. Was die Ärzte sagen, vergessen wir lieber. Wenn die Leute weniger auf sie hören würden, wäre bestimmt die Hälfte aller Krankheiten auf der Welt verschwunden.«

War es wirklich so einfach, bezweifelte seine Enkelin, denn gestern beim Wiedersehen war sie sehr erschrocken gewesen, wie sehr er in kurzer Zeit gealtert war. Regelrecht geschrumpft. Sein sonst so fester Händedruck war zittrig geworden, das Hemd schlotterte ihm um den Körper. Und jetzt bei hellem Tageslicht bot er ein noch traurigeres Bild.

»Hast du schon gefrühstückt?«, fragte er und deutete hinauf zur Terrasse, wo der Tisch mit einem Milchkrug, frischem Brot, Butter, Zitronenmarmelade und Feigengelee gedeckt war.

»Ja, ich habe vor meinem Spaziergang gefrühstückt«, sagte Milena, die nach wie vor die fruchtig-würzigen Aromen der Zitronenzesten und des Kaffees im Mund spürte. »Rosaria hatte in weiser Voraussicht alles in der Küche vorbereitet. Soll ich dir jetzt Gesellschaft leisten?«

Michele nickte. Er aß gerne draußen, verbrachte seine Tage ohnehin am liebsten an der frischen Luft und werkelte im Garten, wenngleich seine Finger inzwischen von Arthritis verkrümmt waren und man sich kaum mehr vorzustellen vermochte, dass er einmal einer der berühmtesten Gold- und Silberschmiede Italiens war, vielleicht reichte sein Ruf damals sogar über die Landesgrenzen hinaus.

Zärtlich lächelte Milena ihn an und dachte an die ferne Zeit, als sie staunend neben ihm gestanden und seine Arbeiten bewundert hatte. Wie von Zauberhand war das Rohmaterial vor ihren Augen in prächtige Kunstwerke, in Ringe, Broschen, Armbänder und Ketten verwandelt worden. Von all den Schmuckstücken, die er ihr geschenkt hatte, mochte sie eines ganz besonders: ein ovales Medaillon aus Weiß- und Gelbgold. Drückte man es ganz sanft, klappte es auf, und ein Foto ihrer Mama mit ihr im Arm und dem Großvater dahinter kam zum Vorschein.

Es war ihr Glücksbringer, eine ständige Erinnerung an die Liebe ihrer Mutter und ihres Großvaters.

Inzwischen war aus ihm ein gebrechlicher Mann geworden. Trotzdem hielt er sich einigermaßen aufrecht, seine schlohweißen Haare fielen ihm, wie bei einem Künstler üblich, bis auf die Schultern, seine wettergegerbte Haut und die wissend dreinblickenden blauen Augen erzählten von einem langen, wechselhaften Leben.

»Warte, ich helfe dir«, sagte sie, als er sich anschickte, die Treppe nach oben hochzugehen.

»Lass mal, ich habe ja den Stock.«

Selbst wenn sie erkannte, wie schwer es ihm fiel, und fürchtete, er könnte stürzen, respektierte sie seinen Wunsch. Er war immer ein stolzer Mann gewesen, stolz auf sich, auf seine Arbeit, seinen Garten. Und auf sie, seine Enkelin.

Milena zwang sich zu einem Lächeln und versuchte, den Kloß in ihrem Hals herunterzuschlucken.

Dass er nicht mehr gesund war, darüber diskutierten die Ärzte schon länger. Er litt an Demenz, denn die Erinnerung an früher...

Erscheint lt. Verlag 15.6.2020
Übersetzer Ingrid Ickler
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel La Casa degli specchi
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Alte Villa • Cristina Campos • Die Honigtöchter • Die Rosenfrauen • eBooks • Familiengeheimnis • Frauenromane • Italien • Juwelier • kleine geschenke für frauen • Liebe • Liebesromane • Romane für Frauen • Romantik • Schauspieler • Sorrento • Spiegel-Besteller-Autorin • Spiegel-Bestseller-Autorin
ISBN-10 3-641-24166-9 / 3641241669
ISBN-13 978-3-641-24166-7 / 9783641241667
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