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Turm des Ordens (eBook)

Die Beschwörer 2
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
496 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-99496-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Turm des Ordens -  Alexey Pehov,  Elena Bychkova,  Natalya Turchaninova
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Nachdem die Geisterbeschwörer Ray, Grizzly und Sayunaro nur knapp einem Hinterhalt entkommen sind, wurden ihre Wege getrennt. In der entlegenen Provinz Agosima kämpft Sayunaro unter Anleitung seines alten Meisters Hyeon gegen den Geist, der sich in seinem Körper eingenistet hat. Währenddessen ziehen Grizzly und Ray, der einen verhängnisvollen Handel mit einem Dämon eingehen musste, wieder durch das Land. Doch der Orden der Beschwörer ist gespalten und der Status des Turms, des traditionellen Stützpunkts des Ordens, ist hart umkämpft. Als ein uraltes Artefakt auftaucht, weckt es Begehrlichkeiten bei allen Beschwörern. Schnell wird klar: Es könnte die Zukunft des Ordens für immer verändern.

Alexey Pehov, geboren 1978 in Moskau, studierte Medizin. Seine wahre Leidenschaft gilt jedoch dem Schreiben von Fantasy- und Science-Fiction-Romanen. Er ist neben Sergej Lukianenko der erfolgreichste phantastische Schriftsteller Russlands. »Die Chroniken von Siala« wurden zu millionenfach verkauften, mit mehreren Preisen ausgezeichneten Bestsellern. Zuletzt erschien seine epische Fantasyreihe »Die Beschwörer«. Gemeinsam mit seiner Ehefrau, die ebenfalls Schriftstellerin ist, lebt Pehov in Moskau.

Alexey Pehov, geboren 1978 in Moskau, studierte Medizin. Seine wahre Leidenschaft gilt jedoch dem Schreiben von Fantasy- und Science-Fiction-Romanen. Er ist neben Sergej Lukianenko der erfolgreichste phantastische Schriftsteller Russlands. "Die Chroniken von Siala" wurden zu millionenfach verkauften, mit mehreren Preisen ausgezeichneten Bestsellern. Zuletzt erschien seine epische Fantasyreihe "Die Beschwörer". Gemeinsam mit seiner Ehefrau, die ebenfalls Schriftstellerin ist, lebt Pehov in Moskau.

2 – Schmerz, der ewige Begleiter


Bislang war ihm nicht klar gewesen, wie viel Blut im Körper eines Menschen floss.

Das warme Nass hatte seine gesamte Kleidung getränkt, mittlerweile eine braune Schorfkruste gebildet und ihm das Haar an die Stirn geklebt. Seine Haut brannte. Das Stroh, auf dem er schlief, musste jeden Tag gewechselt werden. Der alte Beschwörer in einem roten Gewand, der das frische brachte, achtete strikt darauf, ihm nicht zu nahe zu kommen. Er stellte ihm bloß rasch etwas zu essen hin, klaubte das blutgetränkte Stroh zusammen und eilte wieder davon.

Der neue Schüler des Meisters verhielt sich jedoch stets friedlich. Schweigend saß er da und beobachtete den Mann durch die von Blut verkrusteten Strähnen des Stirnhaares, die ihm wirr vor die Augen fielen. Allerdings loderte in diesen ein hungriges Feuer.

Sobald sich der Gefangene auf dem frischen Stroh ausstreckte, stieg ihm der Geruch von trockenem Gras, heißem Wind und aufgelockertem Boden in die Nase. Vor nicht allzu langer Zeit waren diese Gerüche für ihn noch das Natürlichste der Welt gewesen. Jetzt kamen ihm die Bilder, die sich damit verbanden, völlig unvertraut vor.

Irgendwann schloss erneut jemand die Tür auf. Licht fiel herein, das Geräusch schwerer Schritte drang an sein Ohr.

»Nun, mein Freund«, erklang die tiefe Stimme Ruams. »Wie fühlst du dich?«

Der Spott war unverkennbar. Eine Öllampe entriss dem Dunkel einen hochgewachsenen Mann in einem leuchtend roten Gewand. Über seine braun gebrannte Stirn zog sich ein weißer Streifen, im schwarzen Bart schimmerten einige graue Strähnen. Er musterte den Mann, der sich in der Ecke zusammengekauert hatte, mit unverhohlener Neugier.

Auf dem Weg zur Pritsche stieß er gegen eine Schüssel. Er hob sie auf, starrte auf das rohe Fleisch, das in Blut trieb, und schnupperte kurz.

»Warum isst du nichts?«

»Weil ich keinen Hunger habe.«

»Ist die Speise nicht nach deinem Geschmack?«, erkundigte sich der Mann und schob die Schüssel schwungvoll über den Boden zu dem Gefangenen.

Dieser schnappte sich den Napf mit einer derart schnellen Bewegung, dass sie kaum auszumachen war, und schleuderte ihn gegen die Wand. Der Inhalt sickerte langsam am Gemäuer herab.

»Bisher waren frisches Blut und rohes Fleisch doch deine Leibspeise«, sagte Ruam, den die Flinkheit seines Gegenüber im Grunde entzückte. »Was hat sich geändert, mein guter Sayunaro?«

»Ich will hier raus!«

»Bist du dir da sicher? Nach allem, was beim letzten Mal geschehen ist?«

Sayunaro hatte keinen blassen Schimmer, worauf Ruam anspielte.

»Du stellst eine Gefahr dar«, erinnerte ihn dieser. »Sogar für dich selbst.«

»Ihr habt mir versprochen, mir beizubringen, den Shiisan in mir zu zügeln.«

»Das brächtest du längst zustande, wenn du dich meinen Bemühungen nicht widersetzen würdest.«

»Warum nimmt sich meiner nicht Meister Hyeon an?«

»Weil er dazu viel zu beschäftigt ist«, antwortete Ruam. »Obendrein versteht er weniger vom Umgang mit Shiisans als ich. Daher musst du mit mir vorliebnehmen. Und jetzt steh auf! Sofort!«

Sayunaro setzte sich mit Mühe auf, sackte aber gleich wieder gegen die Wand. Erst jetzt nahm er den Schatten in Ruams Rücken wahr. Dieser gewann immer mehr an Größe und Kontur. Die langen, seitlich ausgestreckten Arme waren klar zu erkennen, ebenso die Rippen, die aus dem ausgemergelten Körper herausstaken. Den flachen Kopf krönte ein dornenbesetzter Hahnenkamm, in dem länglichen Fischgesicht funkelten fahle Augen.

Sayunaro betrachtete den Shimaa völlig gelassen. Noch bis vor Kurzem war der Shiisan in ihm beim Anblick dieses Geistes in Aufruhr geraten. Da wollte er ihn auf der Stelle in Stücke reißen. Mittlerweile brachte er dem mit Ruam verschmolzenen Geschöpf nur noch Gleichgültigkeit entgegen. Nicht nur Sayunaro war müde, sondern auch der Shiisan in ihm.

»Greife den Shimaa an!«, befahl Ruam.

»Wozu?«

»Weil ich es sage«, erwiderte Ruam. »Du musst lernen, über deine Wut zu gebieten, damit du sie im Kampf gegen einen Gegner anfachen und danach wieder unterdrücken kannst. Und nun tu, was ich verlangt habe, Schüler!«

»Ich bin nicht dein Schüler«, zischte Sayunaro und sprang auf – allerdings nicht, um Ruams Befehl zu befolgen, sondern um diesen anzugreifen.

Der Mann aus Rumung wehrte die beinerne Schwerthand nur mit Mühe ab, packte Sayunaro dann bei der Kehle, würgte ihn und rammte ihn gegen die Wand.

»Wenn du das noch einmal wagst«, brüllte Ruam, »breche ich dir das Genick!«

»Das glaubst du doch selbst nicht«, stieß Sayunaro aus, während er gleichzeitig hustete und lachte. »Schließlich brauchst du den Shiisan in mir noch.«

Fluchend stapfte Ruam die Treppe hoch und verließ die Zelle. Sayunaro wirkte sofort einen Zauber. Ein winziges Licht schimmerte auf. Der Uddo kreiste durch die Luft, bis er auf einen in Gedanken ausgesprochenen Befehl hin zur Tür flog. Doch auch diesmal fand er keinen Weg hinaus. Mit voller Wucht schlug er gegen das Ebenholz und zerfiel zu Hunderten winziger Funken. Zischend sanken diese zu Boden und erloschen. Sayunaro starrte in ihrem versiegenden Licht auf die Wand seiner Zelle. Einundzwanzig Striche prangten dort.

»Jetzt bin ich schon drei Wochen hier«, flüsterte er. »Fast einen Monat ...«

Er sackte aufs Stroh und schloss die Augen.

Und ausgerechnet hier in Agosima hatte er auf Rettung gehofft. Verzweifelt dachte er an seine Ankunft zurück ...

 

Sayunaro lief in Begleitung von Meister Hyeon und Ruam durch den Zehngeistertempel. Die beiden zeigten ihm die Sammlung von alten Artefakten und Schriftrollen. In einer Galerie standen Statuen, die Geister darstellten, denen man in Warra oder Umgebung niemals begegnete.

Die Tempelanlage war riesig, besaß Dutzende von Gängen und Treppen. Sayunaro hatte bereits Pläne solcher Gebäude gesehen, allerdings ausschließlich in Büchern, die sich den Bauten widmeten, die es vor über tausend Jahren gegeben hatte. Den Kern bildete ein riesiger, von Säulen gesäumter Saal, an den sich Hunderte kleinerer Räume anschlossen, sodass diese Gebilde ein wenig an Waben erinnerten.

Bereits als Kind hatten Sayunaro die Pläne solcher Bauwerke in ihren Bann geschlagen. Stundenlang konnte er über ihnen sitzen und versuchen, sich die Paläste und Tempel vorzustellen, die nach ihnen entstanden waren. Er hatte sogar seinen Vater gefragt, ob sie ihr Anwesen nicht entsprechend umbauen könnten. Dieser hatte jedoch gemeint, dafür sei das Klima in Yugora nicht geeignet. Obendrein wären die Ausgaben gewaltig, er aber habe nicht die Absicht, für einen solchen Irrsinn die Steuern zu erhöhen. Damit hatte er Sayunaros Eifer einen tüchtigen Dämpfer aufgesetzt.

Doch wer hätte damals geahnt, dass er eines Tages einen solchen alten Tempel mit eigenen Augen sehen würde?

Während Ruam ihn umherführte, sprach er von der Zeit, in der die einzelnen Teile der Anlage errichtet worden waren, und verwies immer wieder auf das geheime Wissen, das hier gepflegt wurde.

Sayunaro hörte ihm allerdings nur mit halbem Ohr zu. Eben erst hatten ihn seine beiden Freunde verlassen. Genauer gesagt, sein einziger Freund. Denn was Grizzly anging, machte er sich nichts vor, dieser vertraute ihm längst nicht mehr. Sayunaro verübelte ihm das nicht. Nur ein überheblicher Beschwörer würde jemandem trauen, in dem sich ein Shiisan eingenistet hatte.

»Unser Orden ist über fünftausend Jahre alt«, berichtete Ruam voller Stolz.

»Das stimmt doch nicht, der Orden ist erst vor zweitausend Jahren entstanden«, ereiferte sich Sayunaro. »Nachdem sich die Beschwörer zusammengeschlossen haben, um ...«

»Das gilt für den Orden in Warra«, bemerkte Ruam von oben herab. »Unser Orden bestand jedoch schon, als Akane noch nicht in Provinzen unterteilt war. Und vor jener Katastrophe, die einen Teil des Landes ins Wasser gerissen hat.«

»Von dieser Geschichte habe ich noch nie etwas gehört«, erwiderte Sayunaro und sah Meister Hyeon an.

»Deshalb wirst du bei uns ja auch endlich das wahre Wissen erlangen«, fuhr Ruam fort, öffnete eine schwere Tür und ließ den beiden anderen den Vortritt in einen großen Saal.

In diesem standen mehrere lange Tische aus weißem Marmor. Durch runde Öffnungen in der Decke bahnten sich die Sonnenstrahlen ihren Weg und warfen kugelrunde Flecken darauf. An den Wänden zogen sich hohe Regale hin, in denen sich Schriftrollen stapelten. An langen, mittlerweile grün angelaufenen Ketten hingen schwere Kerzenhalter von der Decke. Dies war die größte Bibliothek, die Sayunaro je gesehen hatte.

Doch noch ehe er alles in Ruhe bewundern konnte, traten mit raschen Schritten einige Beschwörer in roten Gewändern ein. Bis auf einen Mann mit langem schwarzen Haar, das in gertenartigen Strähnen herabhing, waren alle angeschlagen. Eine Frau musste sogar gestützt werden.

»Sie sind entkommen!«, brüllte der schwarzhaarige Mann. Auf seinem narbenzerfurchten Gesicht spiegelte sich nackte Wut. »Nicht einmal zwei nichtsnutzige Jungen können sie aufhalten! Und das, obwohl sie in der Überzahl waren! Sechs gegen zwei!«

»Was ist los?«, erkundigte sich Ruam.

»Sie hatten einen Schwarzen Kodsu dabei!«, stellte eine Frau mit schwarzer Mähne klar. Ihr Kleid war zerfetzt, sodass hier und da die glatte, braun gebrannte Haut durchschimmerte. »Er hat den einen von ihnen beschützt, als wäre es sein eigen Fleisch und Blut.«

»Hyeon!«, schrie der tobende Mann. »Warum hast du uns nicht gesagt, dass dein Schüler den Schutz des Schwarzen Kodsu genießt?!«

»Weil ich das nicht gewusst habe.«

»Was weißt du überhaupt?!«, fuhr ihn die Frau an. In dieser Sekunde entdeckte...

Erscheint lt. Verlag 1.10.2019
Reihe/Serie Die Beschwörer
Die Beschwörer
Übersetzer Christiane Pöhlmann
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte abgeschlossene Fantasy Reihe • Abschlussband • All Age • Buch • Bücher • Dämon • eBook • epische Fantasy • Fantasy Bücher • Fantasy für Erwachsene • Fantasy Reihe • Fantasy Serie • Geist • Geister • Geisterbeschwörer • Hara • High Fantasy • letzter Band der Reihe • neue Fantasy Serie • Neuerscheinung 2019 • Russische Fantasy • siala • Spannung
ISBN-10 3-492-99496-2 / 3492994962
ISBN-13 978-3-492-99496-5 / 9783492994965
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