Die Mission der sieben Templer (eBook)
448 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-1830-8 (ISBN)
Kann ein Katharer die Templer retten? Frankreich, im 14. Jahrhundert: Der eigenwillige Ritter Rémy St. Clair kennt nur ein Ziel: Er möchte den Templerorden, der einst vom französischen König vernichtet wurde, wieder zum Leben erwecken. Doch zuvor gilt es für ihn und seine Kameraden, das Vermächtnis eines verstorbenen Ordensbruders zu erfüllen. Sie sollen einen Katharer finden, der angeblich weiß, wo das verschollene Archiv der Templer sowie ein Artefakt aus dem Orient zu finden ist. An der Seite der Templer: die Heilerin Prisca, die aber, weil sie Jüdin ist, stets in besonderer Gefahr schwebt ... Hochspannend und nach wahren Begebenheiten erzählt - der neue Bestseller über das Vermächtnis der Templer.
Guido Dieckmann, Jahrgang 1969, hat Geschichte und Anglistik studiert und lebt in der Pfalz. Er hat bisher mehrere sehr erfolgreiche historische Romane vorgelegt, unter anderem den Bestseller 'Luther'. Zuletzt veröffentlichte er im Aufbau Taschenbuch: 'Das Geheimnis des Poeten' sowie 'Der Fluch der Kartenlegerin'. Aus der Templer-Serie sind bisher erschienen: 'Die sieben Templer' sowie 'Der Pakt der sieben Templer'.
Prolog
ÄGYPTEN, ALTSTADT VON KAIRO,
SOMMER 1307
Matteo stolperte hilflos abwärts.
Mit jedem Schritt, den er auf der Treppe zurücklegte, schien er dem fauligen Herz der Hölle näher zu kommen. Er überlegte, ob er vielleicht längst tot war. Ja, womöglich hatte er sich, stur wie eh und je, nur noch nicht eingestanden, dass sein Leben vorbei war. Angst und Verzweiflung ließen ihn mit den Tränen kämpfen. Nicht einmal die Beichte hatte er ablegen können, denn an diesem Ort gab es keine Priester. Aber Tote, so war es ihm von Kindesbeinen an beigebracht worden, spürten keinen Schmerz mehr. Sie waren beneidenswerterweise von allem irdischen Leid erlöst. Demzufolge konnte Matteo nicht tot sein, denn in seinem Schädel brummte es wie in einem Bienenkorb. Seine Lippen waren rau vor Durst, und seine Handgelenke taten so weh, dass jede Bewegung ihn aufstöhnen ließ.
Die Männer, die ihn und seine Mitreisenden am Hafen vom Schiff getrieben hatten, hatten ihm einen Sack über den Kopf gestülpt und die Hände auf den Rücken gefesselt. Das war gegen Mittag gewesen. Matteo erinnerte sich, dass die Sonne fast senkrecht über ihm gestanden war. Dann, nach einer Ewigkeit des Wartens, hatte ein krächzender Grobian ihn mit Fußtritten zum Aufstehen gezwungen und durch das Getümmel stadteinwärts getrieben. Dass Matteo zu Tode erschöpft war und alle paar Schritte stolperte, weil er durch den Sackstoff nicht mehr als vage Umrisse erkennen konnte, hatte den Mann nicht dazu bewogen, langsamer zu gehen. Im Gegenteil, er schien es eilig zu haben. Mitleidlos bugsierte er seinen Gefangenen durch die Menge. Matteo hörte höhnisches Gelächter, Beschimpfungen in Sprachen, die ihm fremd in den Ohren klangen, Kamelgebrüll und Schafsblöken. Offenbar führte der Weg mitten durch den Basar der alten Stadt Kairo.
»Stehen bleiben!«
Der Befehl klang schneidend wie ein Peitschenhieb, aber wenigstens verstand ihn Matteo. Es folgten Schritte auf den Fliesen. Schlüssel klapperten. Jemand stieß einen Pfiff aus.
Die Stimme des Ankömmlings, der Matteo zur Begrüßung mit dem Ellenbogen in die Seite stieß, klang barsch. Dem Mann schien Matteos Anwesenheit in seinem Haus nicht zu behagen. Sogleich begann ein Wortwechsel. Die beiden Männer fauchten sich in arabischer Sprache an, und obgleich Matteo keine Silbe davon verstand, beschlich ihn das bedrückende Gefühl, dass es hierbei um sein weiteres Schicksal ging.
Wenige Augenblicke später wurde ihm mit einem Ruck der Sack vom Kopf gerissen.
»Den Lumpen brauchen wir nicht mehr! Willkommen in deinem neuen Reich, Fremder!« Der Heisere lachte höhnisch auf, verstummte aber sogleich, als Matteos Augenlider unkontrolliert zu zucken begannen. Die Flammen einer Fackel, welche wie eine Horde feixender Dämonen über das rötliche Mauerwerk tanzten, blendeten seine Augen so sehr, dass Ströme von Tränen ihm die Wangen hinabliefen. Voller Verachtung verschränkte sein Bewacher die Arme vor der Brust und starrte ihn an. Vermutlich hielt er Matteo für einen zartbesaiteten Schwächling, der wie eine Küchenmagd heulte. Erst nach einer Weile gelang es Matteo, die unwillkommenen Tränen fortzublinzeln und sich verstohlen umzusehen. Sein Blick fiel auf die Treppenstufen, die in die Freiheit hinaufführten. Diese schienen ohne Handlauf und in einem Abstand von fast einer Elle von der Wand entfernt förmlich in der Luft zu schweben. Matteo schluckte. Ein falscher Tritt und er hätte unterwegs den Halt verloren und wäre in die Tiefe gestürzt.
Der scharfe Geruch nach fauligem Stroh und Exkrementen deutete an, dass er sich in einem Kerker befand, der sich tief unter den Basaren Kairos durch finstere, verwinkelte Schächte und Gänge zog. Es war ein Grab oder würde zumindest bald eines sein. Sein Grab. Wie lächerlich, ihm das Gesicht zu verhüllen, fand Matteo. Er würde auch sehenden Auges nicht wieder hier herausfinden.
Dass der Heisere einem Wärter kurz darauf die Anweisung gab, Matteo etwas zu essen und zu trinken zu bringen, ließ ihn aufatmen. Wenn er gefüttert wurde, so hatte man nicht vor, ihn sofort zu töten.
»Ihr wollt Lösegeld erpressen, nicht wahr?«
Der Heisere lachte. »Hältst du mich für einen Narren, der nicht längst erraten hat, dass du kein Matrose bist, sondern aus wohlhabendem Haus stammst? Das Schiff, auf dem du gesegelt bist, trägt das Wappen der Genueser Kaufmannssippe Zaccaria.« Er deutete auf das Emblem mit dem Kopf einer Taube, das Matteos silberne Gürtelschnalle schmückte. Jedes Mitglied des Handelshauses trug so einen Gürtel, und Matteo hätte sich ohrfeigen können, weil er während des Überfalls auf sein Schiff nicht auf die Idee gekommen war, ihn abzulegen. Andererseits wäre er womöglich wie die Seeleute erschlagen worden, wenn er es getan hätte.
»Du bist einer der Söhne des alten Kaufmanns, nicht wahr?« Wieder lachte der Heisere sein raues, kehliges Lachen, dann legte er jäh einen Finger über die Lippen und funkelte Matteo an. In seinem Blick lagen Kälte und Gier. »Aber das wird unser Geheimnis bleiben, verstanden? Gehorchst du, wirst du vielleicht freigelassen, wenn nicht …« Er sprach nicht weiter, sondern deutete auf den Dolch in seinem Gürtel. Matteo erkannte ihn sofort. Er hatte dem Kapitän gehört, der seit vielen Jahren die Waren seines Vaters durch den Mittelmeerraum beförderte. Und der nun tot war. Der Heisere hatte ihn noch an Bord mit seinem eigenen Dolch niedergestochen und in seinem Blut liegen gelassen. Eine unmissverständliche Warnung, dass er auch Matteo die Kehle durchschneiden würde, falls der sich einfallen ließe, Widerstand zu leisten.
Matteo presste fest die Lippen zusammen. Also deshalb hatte der Mann es so eilig gehabt, ihn von seinen Mitgefangenen zu trennen und sein Gesicht zu verbergen. Er wollte nicht, dass Matteo als Angehöriger des berühmten Handelshauses Zaccaria erkannt wurde, weil er sein eigenes Geschäft mit Matteo im Sinn hatte, und dieses Geschäft gedachte er allein zu machen. Oder wenigstens fast allein, denn allem Anschein nach hatte es sich nicht vermeiden lassen, den Kerkermeister einzuweihen. Vermutlich war der mit einem Anteil an der Lösegeldsumme geködert worden.
Der Heisere zerrte Matteo einen Gang entlang bis zu einer Tür. Sein Kerkermeister tastete nach den Schlüsseln, zögerte aber, sie zu gebrauchen.
»Worauf wartest du? Dieses Loch ist doch ideal für den Burschen. Die größeren Zellen sind vollgestopft mit Dieben und Mördern und werden auch noch regelmäßig von den Männern des Statthalters kontrolliert. Hierher verirrt sich keiner, der neugierige Fragen stellen könnte.«
Der Kerkermeister blickte unbehaglich drein, es vergingen einige Augenblicke, bevor er sich zu einer Antwort durchrang. »Aber … hinter dieser Tür haust einer dieser Teufel von Aruad.«
»Was sagst du da?« Der Heisere schüttelte ungläubig den Kopf. »Das ist unmöglich, du musst dich irren! Von den Männern lebt schon seit Jahren keiner mehr. Sie sind schweigend zur Hölle gefahren! So wurde es jedenfalls dem Statthalter berichtet.« Er trat ein paar Schritte auf den Kerkermeister zu und bedrohte ihn mit seinem Dolch.
»Willst du etwa behaupten, dies sei nur eine Lüge gewesen?«
Erschrocken wiegelte der Kerkermeister ab. »Gewiss nicht, Herr! Das würde ich nie wagen! Diese Teufel sind tot, darauf könnt Ihr Euch verlassen. Ihnen wurde auf allerhöchsten Befehl die Wahl gelassen: Unterwerfung oder Verhungern. Nur ein Einziger ist übrig geblieben, und der klammert sich mithilfe der bösen Dämonen von Aruad an sein elendes Dasein. Aber er steht schon mit einem Bein im Grab, glaubt mir. Redet kein Wort. Starrt nur vor sich hin und brütet. Von dem geht keine Gefahr mehr aus.«
»Hm!« Der Heisere legte die Stirn in Falten; er schien nachzudenken.
Matteo verstand von dem Getuschel der Männer kaum mehr als ein paar Bruchstücke, doch ein Wort hörte er heraus: Aruad. Hieß so nicht eine mächtige Burg, die auf einer Insel vor der Küste Syriens lag? Soweit Matteo sich erinnerte, war die Festung von einer Anzahl christlicher Ordensritter gehalten, dann aber vor ein paar Jahren unter mysteriösen Umständen verlassen worden. Was aus den Rittern geworden war, wusste niemand.
Ohne Vorwarnung packte der Heisere Matteo am Kragen, wobei er ihn zornig anstarrte. »Wir können dich nur hier einsperren, bis das Lösegeld bezahlt wurde. Aber ich warne dich, Bursche! Richtest du auch nur ein einziges Wort an den Mann hinter der Tür, werde ich davon erfahren. Dann bist du tot, verstanden?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, stieß er Matteo ins Innere der Zelle, wo ihn tintenschwarze Dunkelheit erwartete. Die Tür fiel krachend ins Schloss.
Warum der Kerker von den Männern als Loch bezeichnet worden war, fand Matteo heraus, als er plötzlich ins Leere trat, den Halt verlor und etwa zehn Fuß in die Tiefe stürzte. Dass er sich dabei nicht die Knochen brach, verdankte er einem Haufen Stroh, der seinen Aufprall auf die massigen Quadersteine abmilderte. Stöhnend kämpfte der junge Mann sich auf die Beine und tastete sich dann mit wild klopfendem Herzen durch die Finsternis. Sofort stieß er gegen Mauerwerk. Es war feucht, schmierig und roch nach Moos. Verzweifelt sank er vor der Wand zu Boden und vergrub seinen Kopf zwischen beiden Armen. Nie hatte er sich hilfloser gefühlt als jetzt. Er würde hier unten sterben, egal was der Heisere versprach. Der würde das Geld einstreichen und ihn dann sich selbst überlassen.
Matteo hob den Blick; seine Augen suchten ein Stück Himmel. Hoch über seinem Kopf...
Erscheint lt. Verlag | 13.9.2019 |
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Reihe/Serie | Die Templer-Saga | Die Templer-Saga |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Historische Kriminalromane | |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Archiv • Frankreich • Großmeister • Historischer Roman • Jacques de Molay • Katharer • Ordensbrüder • Speyer • Templerorden • Untergang der Templer |
ISBN-10 | 3-8412-1830-X / 384121830X |
ISBN-13 | 978-3-8412-1830-8 / 9783841218308 |
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