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Die einzige Zeugin (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
507 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-7411-7 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
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Beckomberga, Stockholm: Hier lag einst eine der größten psychiatrischen Anstalten Europas. Inzwischen ist auf dem Gelände eine exklusive Wohngegend entstanden. Hierhin zieht auch Svante Levander mit seiner neuen Liebe. Als er auf dem Heimweg hinterrücks ermordet wird, fällt der Verdacht auf seine Ex-Frau. Sie wird verhaftet. Aber ist sie schuldig? Nur eine Person könnte bezeugen, was wirklich vorgefallen ist: eine Frau, die in unmittelbarer Nähe saß und bettelte. Doch die ist spurlos verschwunden.



Tove Alsterdal, 1960 in Malmö geboren, lebt heute in Stockholm. Sie hat lange als Journalistin gearbeitet. 2009 veröffentlichte sie ihr Debüt TÖDLICHE HOFFNUNG, das in Schweden ein Bestseller wurde. DIE VERSCHWUNDENEN VON JAKOBSBERG, ihr dritter Kriminalroman, wurde als Bester Schwedischer Krimi des Jahres ausgezeichnet. Ihre Krimis erscheinen mittlerweile in zwölf Ländern.

Tove Alsterdal, 1960 in Malmö geboren, lebt heute in Stockholm. Sie hat lange als Journalistin gearbeitet. 2009 veröffentlichte sie ihr Debüt TÖDLICHE HOFFNUNG, das in Schweden ein Bestseller wurde. DIE VERSCHWUNDENEN VON JAKOBSBERG, ihr dritter Kriminalroman, wurde als Bester Schwedischer Krimi des Jahres ausgezeichnet. Ihre Krimis erscheinen mittlerweile in zwölf Ländern.

Eva Levander-Olofsson war sich gar nicht bewusst gewesen, wie sehr sich die Grenzen in ihrem Innern verschoben hatten, bis sie eines Abends spät im August von einem der asphaltierten Fußwege in das Wäldchen hinter seinem Haus abbog.

Es brannte Licht, im vierten Reihenhaus.

Im Schutze eines Felsblocks blieb sie stehen. Noch waren die frisch gepflanzten Bäume dicht belaubt, sodass sie sie vollständig verbargen. Der Abend war rasch hereingebrochen, wie so oft im Spätsommer, doch die Wärme hielt sich noch. Sie sah rosa Löwenmäulchen und Stockrosen in den Beeten, die letzten Blüten, ehe der Herbst hereinbrach.

Im Haus war keine Menschenseele zu sehen, doch in einem der Schlafzimmer im oberen Stockwerk brannte Licht, es war das einzige Zimmer, in dem schon Vorhänge angebracht waren. Von der Küche her huschte ein Schatten an der Wohnzimmerwand entlang. Sie waren also zu Hause. Von Bauzeichnungen wusste Eva, wie die Zimmer angeordnet waren. Diese Reihenhäuser gehörten zu den exklusivsten, die in der Gegend errichtet worden waren, aus grauem Ziegel, leicht britischer Stil, mit gebrochenem Dach und großen Fenstern, die mehr preisgaben, als man im Grunde genommen wissen wollte.

Ein weißes Ecksofa sowie ein Tisch aus Marmor und Eiche, eine riesige Deckenlampe, die frei in dem beinahe sieben Meter hohen Raum zu schweben schien. Auf dem Fensterbrett standen weiße Orchideen, aufgestellt in etwas steifer Eleganz, seht her, hier wohnen wir! Ihr erschien das Ganze entweder sehr schick oder sehr gewollt, und ihr wurde ein wenig schwindlig, als sie begriff, dass sie tatsächlich hier stand und es betrachtete.

In den Nachbarhäusern sah sie ähnliche Pflanzen, als gäbe es eine Vereinbarung, ausgerechnet Orchideen ins Fenster zu stellen. Lichtflimmern, Farben und laute Musik strömten über die Wiese, im Nachbarhaus saß ein Junge vor dem Fernseher, in einem anderen trat eine junge Frau ans Fenster. Eva zog sich wieder hinter den Stein zurück. Ob man von drinnen sehen konnte, wer sich in dem Wäldchen verbarg? Eine Gestalt in Sportkleidung, die nicht hierhergehörte, ein Gesicht, ein Albtraum? Vermutlich sah die Frau nur ihr eigenes Spiegelbild in der Scheibe, zumindest schien sie nicht zu reagieren. Es war so hell dort drinnen, so verdammt weiß gestrichen, alles von Spots und Lämpchen erleuchtet, dass keiner merken würde, wenn die Welt draußen unterginge, dort, wo Eva zwischen Baumstämmen und uralten Felsblöcken stand, versteckt in einem Wäldchen aus jungen Pflanzentrieben.

Sie lehnte sich gegen den rauen Stein und roch Moos und Verwesung. Zu ihren Füßen lagen, halb im Boden versunken, Bierdosen und Plastikmüll. Von einer der Terrassen wehte Grillgeruch herüber, dort gab man sich noch immer sommerlichen Vergnügungen hin.

Geh nach Hause, sagte sie zu sich selbst, lass es hinter dir, verarbeite es, tu, was die anderen dir sagen, auch wenn du weißt, dass sie unrecht haben, dass niemand mit Sicherheit sagen kann, was genau in einem anderen Menschen vorgeht. Und vielleicht muss man Liebe ja auch nicht immer verstehen, sondern einfach versuchen, in ihr zu verweilen.

Das war ein Wort, das ständig wiederkehrte, verweilen.

Der Mond verschwand hinter den Wolken. Dann nahm sie auf der Treppe eine Bewegung wahr.

Svante trug seine Zimmermannshose, das war das Erste, was sie sah. Dieselbe, die er immer anhatte, mit Farbflecken aus einer anderen Zeit, Flecken, die beim Waschen niemals herausgegangen waren. Sie hatten die Wände im Schlafzimmer damals zartgrün gestrichen.

Seine Hände auf dem geschwungenen Geländer, die Schultern verspannt. Er müsste Sport machen, dachte Eva, oder zur Massage gehen. Es war eher ein Gefühl als eine Wahrnehmung, etwas, das man sieht, wenn der Körper eines anderen Menschen als physische Erinnerung im eigenen fortlebt.

Sie spürte noch immer, wie sich seine Haut unter ihren Händen anfühlte. Die ein wenig raue, feste Oberfläche und die Muskeln darunter. Die Verspannung in seinen Schultern, wenn sie sie massierte, die Linie, wo sein Hals weicher wurde.

Eva schluckte, als sie sah, wie er das Messer aus der Scheide an seinem Gürtel zog. Ein Lederfutteral, der Schaft aus gemasertem Birkenholz – nichts, was man aus dieser Entfernung hätte erkennen können, doch sie wusste es auch so. Sie selbst hatte es ihm einst zu Weihnachten geschenkt.

An den Wänden entlang stapelten sich flache braune Kartons, ein Zeichen, dass es noch nicht zu spät war. Auch ein paar Umzugskisten standen herum, möglicherweise enthielten sie seine geliebten Schallplatten oder die vielen Bücher über Bunker und die Schlachten des Zweiten Weltkriegs, vielleicht aber auch Sachen von seiner Freundin, die bald die Zimmer füllen würden und bald – dies konnte jeden Tag geschehen – die Illusion von einem Zuhause perfekt machen würden.

Svante schlitzte eines der länglichen Pakete auf und legte es auf den Boden. Ein weiteres Bücherregal. Er las die Anleitung und drehte die Spanplatten hin und her, so etwas hatte er noch nie gut gekonnt, auch wenn er es selbst nicht zugegeben hätte. Einfache handwerkliche Tätigkeiten langweilten ihn, er mochte es nicht, Anweisungen zu befolgen. Lieber entwarf er große Visionen, als zusammenzusetzen, was andere sich ausgedacht hatten. Eva erinnerte sich, wie sie immer wieder verlorene Schrauben hatte suchen müssen. Am Ende hatte Svante Ikea jedes Mal verflucht, weil sie nie die richtigen Sachen schickten, und dann hatte Eva die Schrauben doch noch entdeckt, eingewickelt in Plastikfolie in irgendeiner Ecke.

Sie sah Bruchstücke dessen, was einst ihres gewesen war: ein abstraktes Gemälde über dem Flurtisch, das in ihrem gemeinsamen Schlafzimmer in Vasastan gehangen hatte, seine Hände. Den Sessel, den sie zusammen in einem Antiquitätenladen am Odenplan gekauft hatten. Inzwischen war er weiß bezogen. Nach der Scheidung hatte sie ihn Svante überlassen, Eva hing nicht an den Dingen, er hatte alles bekommen, was er wollte. Sie war großzügig gewesen, um ihm zu zeigen, dass sie nicht wütend auf ihn war, obwohl sie manchmal am liebsten wild um sich geschlagen hätte, vielleicht auch, um ihre Schuld abzutragen, weil sie es gewesen war, die sich von ihm hatte trennen müssen. Wenn es nach seinem Umzug genauso aussah wie zuvor, würde er den Unterschied vielleicht nicht so sehr spüren, würde er aufhören, ihr die Schuld zu geben, würde seine Verbitterung schneller nachlassen. Behalte, was du brauchst, hatte sie gesagt, Dinge sind für mich nicht wichtig.

Und nun stand dort ihr alter Sessel in seinem neuen Kleid.

Svante erhob sich und ging in die Küche. Sie wusste, dass die beiden sich dort treffen würden und aus zwei Schatten einer werden würde.

Obwohl es noch immer sommerlich warm war und eine beinahe tropische Luftfeuchtigkeit herrschte, wurde ihr kalt, weil sie sich nicht bewegte. Der Rücken tat ihr weh. Wieder dachte sie, dass sie gehen sollte, doch irgendetwas war mit diesem Regal. Vielleicht war es das Letzte, das noch fehlte, das es endgültig machen würde.

Svante kehrte zurück, eine Schüssel in der Hand, in die er alle Schrauben und Dübel hineinschüttete. Eva meinte, Müdigkeit in seinen Bewegungen zu erkennen, zugleich aber auch einen Eifer, als wollte er rasch fertig werden, obwohl ihm die Energie dazu fehlte. Er war ja inzwischen auch nicht mehr der Jüngste. Eva fragte sich, ob ihn das beschäftigte. Ob seine Anspannung vielleicht daher rührte, dass er den Ansprüchen einer wesentlich jüngeren Partnerin genügen musste, die im Übrigen gerade im Durchgang zum Wohnzimmer erschien, in einem grünen, flatternden Kleid, das ihre schlanke Figur betonte. Jannike hieß sie. Der Nachname tat anscheinend nichts zur Sache. Das Haar trug sie betont nachlässig hochgebunden, an den richtigen Stellen hatten sich ein paar Strähnen gelöst.

Natürlich konnte Eva nicht hören, was sie sagten. Sie war Zuschauerin in einem Stummfilm mit verhaltenen Bewegungen, vager Mimik, deren Bedeutung sie nur erahnen konnte. Waren das Lächeln und die Hand, die sachte über Svantes Arm strich, tatsächlich Jannikes Art, ihm ihre Liebe zu bekunden? Oder dienten sie nur dazu, ihn zu manipulieren?

Glaubte er wirklich selbst daran?

Die Seitenwände des Regals standen, ebenso das Oberteil und der Sockel. Svante stand auf und sah auf die Uhr. Er fischte eine Snus-Dose aus seiner Brusttasche. Schüttelte sie und verzog das Gesicht, sagte etwas, das nicht zu hören war, doch Eva verstand es trotzdem. Es war eine einfache Scharade, die möglicherweise alles ändern konnte.

Er steckte das Messer zurück in die Scheide und ging in den Flur, Richtung Haustür. Jannike suchte die Kartons zusammen und drückte ihm eine Papiertüte voll Müll in die Hand, dann küsste sie ihn auf die Wange.

Zum Glück nur auf die Wange.

Doch dann küsste Svante sie richtig, und Eva wandte sich ab.

Es war beinahe still im Park. Von Ferne Verkehrslärm, das Motorengeräusch eines Flugzeuges im Anflug auf Bromma. Musik irgendwo aus einem geöffneten Fenster. Sie würde es hören, wenn Svante den Motor anließ. Er nahm immer den Audi, selbst wenn er nur hundert Meter weit gehen musste, doch es war nichts zu hören. Stattdessen sah sie, wie er an einer der Häuserreihen entlangging. Eva versteckte sich erneut hinter dem Felsen, bis er an ihr vorbeigegangen war.

Dann setzte sie ihre Kapuze auf und folgte ihm in einigem Abstand.

Ein Taxi fuhr vorbei, jemand stand auf seiner Terrasse und rauchte. Weiter weg sah sie ein paar Mädchen, die auf dem Fußweg Skateboard fuhren. Die neuen Häuser hatten sich nach und nach in den Park hineingefressen und...

Erscheint lt. Verlag 30.8.2019
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Original-Titel Vänd dig inte om
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 20. - 21. Jahrhundert • Beckomberga • Bester schwedischer Krimi • Bettler • Die verschwundenen von Jakobsberg • Europa • Globalisierung • Kriminalroman • Krimipreis • Krimis • Leiche • Malin Persson Giolito • Milieu • Milieuschilderung • Mord • Neureiche • Psychiatrische Anstalt • Rumänien • Schweden • Schwedenkrimi • Schwedischer Krimipreis • Spannung • Stand-Alone • Stockholm • Svante Leander • Swedish Crime Award • Tödliche Hoffnung • Tödliches Schweigen
ISBN-10 3-7325-7411-3 / 3732574113
ISBN-13 978-3-7325-7411-7 / 9783732574117
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