John Sinclair Sonder-Edition 98 (eBook)
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-7659-3 (ISBN)
Tödlicher Puppenzauber
von Jason Dark
Eine Spur des Grauens durchzog die gesamte Stadt.
Vier Tote in einem Monat. Viermal dieselben Spuren winziger Finger an den Hälsen.
Wer waren der oder die unheimlichen Mörder?
Wir standen vor einem Rätsel, bis wir Mr. Bing kennenlernten, den Puppenmacher. Er liebte Puppen, den Teufel und den perfekten Mord ...
Das Angeln im Winter nahm Dean Drakeman als passionierter Sportfischer ja noch hin, aber Schmetterlinge im Januar? Wo gab es das denn? Im Prinzip nicht und von der Natur nicht so gewollt, trotzdem huschte der bunte Schmetterling in einem Zickzack-Kurs vor seinem Gesicht hin und her und machte ihn nervös.
Drakeman wurde wütend. Er verlor etwas von seiner Anglerruhe und bewegte sich derart heftig, dass sein Boot schwankte und er sich festhalten musste. Auch die Schnur der am Heck festgestellten Angel peitschte hin und her.
»Bullshit!«, fluchte Dean. Er zog den Schirm der grauen Mütze tiefer. Auf dem kleinen See war er der einzige Angler. Die winterlich gefärbte Uferregion lag etwa hundert Yards entfernt. Dort drängten sich hinter dem winzigen Kieselsteinstrand blattlose Büsche zusammen.
Das Wasser sah schmutzig aus. An einigen Stellen schimmerten verrottende Algenteppiche.
Wieder flog der Schmetterling herbei. Diesmal kam er von links. Ein Schatten in der Luft, der abermals vor den Augen des Mannes erschien und seine Flügel heftig bewegte.
Sie waren ein Kunstwerk der Natur und von Farben durchzogen, die nicht künstlich hergestellt werden konnten.
Dean schlug nach dem Schmetterling, der jedoch blitzschnell auswich. Wieder schaukelte der alte Kahn. Die Thermosflasche am Heck kippte um. Ihr Verschluss saß nicht richtig fest, und die braune Brühe lief aus.
Da sah Drakeman den zweiten Schmetterling. Er huschte dicht über die dunkle Fläche des Sees hinweg, als wollte er auf der Oberfläche landen. Dann stieg er in die Höhe und flog Kreise über Drakemans Kopf.
»Wo kommt ihr her?«, fragte er, drehte sich um und sah den ausgelaufenen Kaffee.
Wieder fluchte er, drehte den Verschluss der Kanne fest und sah auch den dritten Schmetterling. Er war auf seiner Angel gelandet und hatte es sich dort bequem gemacht.
»Hier muss ein Nest sein«, flüsterte er und begann zu lachen. »Schmetterlinge im Januar, das ist fast so selten wie ein Wal in der Themse.« Er hatte beschlossen, sich nicht mehr zu ärgern und nahm wieder seinen Platz ein. Noch hatte er nichts gefangen. Die Fische schienen ihn ebenso auf den Arm nehmen zu wollen wie die Schmetterlinge. Es war ein verdammt schlechter Tag. Vielleicht lag es auch am Wetter. Seit Wochen schon war es viel zu warm für diese Jahreszeit. Nieselregen, tiefe Wolken, nur selten ein freier Himmel.
Auch an diesem Tag hingen die Wolken tief. Zum Glück hatte es aufgehört zu regnen. Allerdings wehte kaum Wind. Der See lag ruhig da.
Neben dem Kahn, nicht weit vom Heck entfernt, kräuselte sich das Wasser.
Ringe entstanden, aus deren Mitte sich etwas hervordrückte. Ein schmaler Gegenstand, kaum erkennbar, dann aber zu sehen.
Eine Hand.
Sehr klein, vergleichbar mit der eines Babys. Die Finger schienen nach irgendetwas greifen zu wollen.
Drakeman sah es nicht. Er konzentrierte sich auf seine Angelei. Das war dem Wesen in der Tiefe des Sees nur recht. Es hatte darauf gewartet und drückte sich hoch.
Ein Kopf erschien, auf dem lange Haare wuchsen, die mit einer hellroten Schleife geschmückt waren. Kalte blaue Augen leuchteten in einem Gesicht, dessen Haut so glatt war, dass sie schon künstlich wirken musste. Der Oberkörper wirkte gedrungen, steif. Arme und Beine hingen an Gelenken fest. Kein Mensch, eine Puppe war es …
Sie schwamm auf der Oberfläche und im Schatten der Außenbordwand. Das Haar lag angeklatscht an ihrem Schädel, das dunkle Kleid ebenfalls. Der dünne Stoff klebte, er war durchsichtig.
Wie weggeworfen wirkte die Puppe auf dem Wasser. Als hätte ein Kind sie nicht mehr gewollt.
Das täuschte. Die Puppe war nicht tot, sie war auch nicht weggeworfen worden. Und sie schwamm nicht ohne Grund auf dem See. Außerdem lebte sie.
Durch Kraulbewegungen erreichte sie die Bordwand, tickte dagegen, wurde zurückgetrieben und versuchte es erneut. Dann sprang sie.
Blitzartig und wie ein Pfeil so schnell jagte sie aus dem Wasser, verfolgt von einer Spur aus Tropfen. Sie landete auf der Bordwand, blieb dort stehen und kippte nach vorn.
Genau in dem Moment erhoben sich die drei Schmetterlinge und umflatterten den Kopf des Anglers, der einen wütenden Fluch ausstieß und wieder nach ihnen schlug.
Er verpasste sie, das Boot schaukelte. Eine dieser Bewegungen nutzte die Puppe aus und sprang auf die Sitzbank am Heck. Klatschnass war sie, aber in den kalten, wie künstlich wirkenden Augen veränderte sich etwas. Aus der Tiefe schien es hervorzustrahlen und drang langsam in die Pupillen hinein.
Ein kaltes, ein grausames Licht. Böse blickend. Ein schön geschwungener Mund, der zusammen mit den Augen einen grausamen Ausdruck bekam, wobei die Mundwinkel zuckten, als sich die rechte Hand der Puppe bewegte und unter der nassen Kleidung verschwand.
Sie holte dort etwas hervor. Einen kleinen Gegenstand, der aufblitzte, als sie ihn drehte.
Es war ein Messer!
Passend zur Puppe, nicht groß, aber mit einer verdammt spitzen und scharfen Klinge.
Das kleine Monster lächelte. Noch wandte ihm der Angler den Rücken zu. Die Schmetterlinge waren abermals unterwegs und umschwirrten ihn. Er kümmerte sich nicht mehr darum.
Leider hatte er auf dem Rücken keine Augen, so hätte er sehen können, wie die Puppe die rechte Hand mit dem Messer hob. Diesmal wirkten ihre Bewegungen überhaupt nicht stockend, sondern flüssig und glatt.
Drakeman war ahnungslos, bis er den scharfen Schmerz in seinem Nacken spürte und laut aufschrie. Er schlug mit der Hand gegen die getroffene Stelle. Ihn hielt auch nichts mehr auf dem Sitz. Er sprang in die Höhe, schaute sich die Hand an und sah das Blut, sein Blut.
Er konnte es nicht begreifen, dann drehte er sich langsam um. Ihm war bewusst geworden, dass er aus dem Hinterhalt attackiert worden war. Ein Schmetterling verließ seinen Platz und flog an ihm vorbei. Es war für Drakeman wie ein Zwang, dass er sich drehte, um den Flug des Insektes zu verfolgen. Automatisch sah er die Puppe.
Zuerst hielt er es für einen schlechten Witz, einen makabren Scherz. Doch es war eine Tatsache.
Der Schmetterling hatte einen neuen Landeplatz gefunden. Er hockte auf dem Kopf der Puppe. Sie war so nass, als wäre sie direkt aus dem Wasser gestiegen. Sogar das blonde Haar mitsamt der roten Schleife hing wie angeklatscht an ihrem Kopf.
Erst wollte Drakeman noch lachen. Er tat es aus zwei Gründen nicht. Der Schmerz in seinem Hals wurde schlimmer, zum zweiten hatte er entdeckt, dass aus der Faust der Puppe die Klinge eines Messers ragte.
Nicht nur das schockte ihn. Die Tatsache, dass der Stahl eine rote, schlierenartige Färbung bekommen hatte, ließ ihn wissen, dass es sein Blut war. In Tropfen hatte es sich gesammelt, klatschte auf die Bootsplanken und zerplatzte dort.
Sein Blut an ihrem Messer!
Weshalb? Wie konnte so etwas überhaupt möglich sein? Er fand dafür keine Erklärung. Wie hypnotisiert starrte er die knapp fingerlange Klinge an. Sie musste seinen Nacken getroffen haben und zu Boden gefallen sein, als er sich so heftig erhoben hatte. Dann hatte dieses Wesen sein Messer aufgehoben, einfach so.
Drakeman bewegte den Mund, ohne etwas zu sagen. Er krümmte den linken Arm und tastete mit den Fingern nach der Wunde. Er fand sie sofort. Schmerz zuckte erneut durch seinen Hals, als er die winzige Wunde berührte.
Begreifen konnte der passionierte Angler den Vorgang nicht. Um etwas sagen zu können, suchte er nach den passenden Worten, während die Puppe vor ihm stand und ihr glattes Gesicht bewegte, sodass sich ein teuflisches Grinsen auf den Lippen zeigte.
»Du!«, keuchte er schließlich. »Du verdammtes kleines Monstrum. Du bist … du hast …«
Er ging vor, kletterte über die Sitzbank hinweg, und das Boot begann leicht zu schaukeln.
Die Puppe stand noch immer auf der Sitzbank am Heck. In ihren hellblauen Augen strahlte es auf, als sich ein weiterer Schmetterling erhob und den Kopf des Anglers umflatterte.
Der kümmerte sich nicht um das Tier. Er hatte die Sitzbank hinter sich gelassen, brauchte sich nur zu bücken, um das kleine Biest zu packen. Er dachte dabei an ein ferngelenktes Puppenmonstrum, denn in der heutigen Zeit schaffte die Elektronik Dinge, die früher nicht einmal denkbar gewesen wären.
»Du wirst sterben!«
Die Puppe sprach. Flüsternde Worte hatten ihn erreicht. Dean Drakeman erschreckte sich derart, dass er zurückzuckte und sich hütete, die Puppe anzufassen.
»Was sagst du?«
Das kleine Monstrum drehte die Hand. Jetzt zeigte die Klingenspitze genau auf ihn. »Sterben wirst du!«
»Nein, nein? Ich werde dich zerquetschen. Ich werde dir zeigen, was es heißt, mich mit dem Messer zu attackieren. Du wirst zertreten, du wirst auf die Planken genagelt, und ich werde mich freuen, wenn ich das Geräusch höre, mit dem dein Körper zerknackt.«
Er steckte voller Wut und Hass auf dieses Wesen, hob den rechten Fuß auch an – und schrie auf.
Etwas war in seinen Rücken gerammt. Dicht unter dem dritten Wirbel steckte es fest. Ein glühender Schmerz durchschnitt den hinteren Teil seines Körpers. Tränen schossen Dean in die Augen. Die Puppe vor ihm begann zu schwanken, weil auch das Boot durch seine heftigen Bewegungen schaukelte.
Trotz des doppelten Schmerzes konnte er noch klar denken und folgerte genau richtig. Er dachte daran, dass die verfluchte Puppe nicht allein gewesen war. Sie musste noch einen Helfer gehabt haben, der aus dem Wasser geklettert war.
Die erste Puppe interessierte ihn nicht. Dean...
Erscheint lt. Verlag | 5.3.2019 |
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Reihe/Serie | John Sinclair Sonder-Edition |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Tony-Ballard • Top • Walking Dead |
ISBN-10 | 3-7325-7659-0 / 3732576590 |
ISBN-13 | 978-3-7325-7659-3 / 9783732576593 |
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