Raumschiff Rubikon 38 Das letzte Zeitalter (eBook)
240 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
9783738924640 (ISBN)
1.
»Ich messe ein mit Hypergeschwindigkeit heranrasendes, energetisches Phänomen an. Sein Vernichtungspotenzial kann nicht beziffert werden, aber möglicherweise wird es alles zerstören, was ihm in die Quere kommt. Es gibt nicht den Ausgangspunkt – und es zielt auch nicht auf unsere jetzige Position. Es scheint aus allen Richtungen zugleich zu kommen und dabei alles zu überrollen...«
Die Worte der Schiffs-KI hallten noch in Jarvis nach, als die Welle auch schon da war, über das Angksystem und alles, was sich darin befand, hinwegrollte wie ein schwerer Brecher auf hoher See, der eine Nussschale unter sich begrub.
Der Vergleich hinkte. Weil das, was die RUBIKON traf, schlichtweg mit nichts vergleichbar war, was dieses Universum jemals zuvor hervorgebracht hatte. Im Moment des Kontaktes mit der dunklen Kraft, die den Kosmos durchraste, setzten Jarvis’ kybernetische Systeme aus. Ein Blackout verschlang sein Bewusstsein, und als er wieder zu sich kam, um sich blickte, wusste er im ersten Moment nicht, ob Sekunden, Stunden oder Tage verstrichen waren.
Noch vor jedem anderen Empfinden war er einfach nur verblüfft, überhaupt noch zu existieren. Seine letzte Wahrnehmung und Erinnerung bezog sich auf den Einschlag der unbekannten Kraft, die die Bordsysteme hatten heranrasen sehen, aber offenbar nicht einmal in enger Kopplung mit der KI in der Lage gewesen waren, daraus noch einen Nutzen und wirksamen Schutz für das Schiff aufzubauen.
Und nun…
… treibe ich im All! Entweder ist mir die RUBIKON unter dem Hintern weggebrochen und ich wurde herausgeschleudert, oder…
Dieses Oder hielt den Funken Hoffnung am Leben, den er brauchte, um überhaupt aktiv werden zu können, denn seine erste Regung nach dem Erwachen war gewesen: Warum ich? Warum musste ausgerechnet ich davon kommen, während alle anderen –
Aber wäre die RUBIKON tatsächlich zerstört worden, hätten dann nicht Trümmerteile durch die Umgebung treiben müssen? Eine Umgebung, die Jarvis so über die Maßen entsetzte, dass die Coolness, die ihn sonst auszeichnete, in den ersten Minuten nach seiner Rückkehr ins Bewusstsein chancenlos und schlichtweg nicht existent war.
Seine optischen Module fingen das Licht einer fernen Sonne auf, bei der es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht um das Zentralgestirn des Angksystems handelte. Das Lichtspektrum unterschied sich so stark davon, dass die einzig logische Schlussfolgerung daraus lauten musste: Ich bin transitiert .
Wahrscheinlich hatte sein Unterbewusstsein den Sprung ausgelöst, weil es die Kraft, von der die RUBIKON getroffen worden war, als so furchtbar eingestuft hatte, dass es keine andere Rettung mehr sah.
Jarvis spürte noch immer den Nachhall dessen, was auch ihn getroffen hatte – und was sich wie ein echter Tod angefühlt hatte, ähnlich wie damals, als er durch die Hand eines Foronen-Oberhaupts gestorben war und lediglich sein Bewusstsein hatte bewahrt werden können. Es war in die Cyberhülle gepflanzt worden, in der es sich bis heute aufhielt. Die Hülle, die in jüngster Zeit dank der Hilfe des Pseudo-Bractonen Rogar so hatte präpariert werden können, dass sie sich nicht nur für Außenstehende lebendig – wie aus Fleisch und Blut – anfühlte (obwohl sie ihre kybernetische Substanz nicht verloren hatte), sondern auch für Jarvis selbst. Das, was anfänglich reine Maskerade gewesen war, holografische Schminke, hatte einen so radikalen Wandel erfahren, dass Jarvis jederzeit in der Lage war, zwischen zwei Arten von Sinneswahrnehmungen zu wählen: den technisch-nüchternen seiner Sensoren oder dem, was er aus seinem früheren Leben kannte und was über Rezeptoren begreif- und spürbar gemacht wurde, die die Sinnesorgane eines lebendigen Menschen simulierten. So perfekt simulierten, dass es Jarvis wie ein Wunder erschien.
Und so hatte sein erster Reflex, nach dem Realisieren der veränderten Umgebung, auch darin bestanden, die bioneuronalen Empfindungen umgehend auszublenden, weil die Weltraumbedingungen, in denen er sich wiederfand, jeden organischen Körper, der ihnen schutzlos ausgesetzt war, zerrissen und schockgefrostet hätten.
In dieser Reihenfolge.
Vermutlich.
Jarvis seufzte in den luftleeren Raum hinein. Die Reichweite seiner Cyberortung war nicht mit der eines Raumschiffs vergleichbar, betrug maximal rund eine Milliarde Kilometer. Und auf diesen Radius weitete er seinen Umgebungsscan sofort aus, in der vagen Hoffnung, dabei auf einen Blip zu stoßen, hinter dem sich die RUBIKON verbergen konnte – auch wenn der gesunde Menschen- und Maschinenverstand die Wahrscheinlichkeit, fündig zu werden, fast schon in den minusprozentualen Bereich verbannte.
Dass sein transitionsfähiger Robotkörper einen Verzweiflungssprung ausgeführt hatte, mochte noch nachvollziehbar sein. Dass die RUBIKON synchron dazu ihre eigene Transition durchgeführt hatte, die schlussendlich beide, ohne vorherige Abstimmung, in ein Gebiet gebracht haben sollten, das Jarvis ortungstechnisch erfassen konnte, war nicht zu erwarten. Trotzdem wollte er nichts unversucht lassen, um sich seinen Gefährten auf dem Rochenschiff bemerkbar zu machen. Parallel zu seinen Scanbemühungen setzte er deshalb einen breit gefächerten SOS-Funkruf ab.
Noch bevor an den Empfang einer möglichen Antwort zu denken war, gingen erste Ergebnisse seiner Umgebungssuche ein. Ein massereiches Objekt am Rande von Jarvis’ Erfassungsbereich, mutmaßlich ein Planet von ungefährer Erdgröße. Hinzu kam ein zweiter, verwaschenerer Blip , der keine tausend Kilometer von Jarvis’ derzeitiger Position auf ein weiteres Objekt hinwies, dessen Masse wesentlich kleiner war und sich aus mehreren Einzelkomponenten zusammenzusetzen schien. Genauere Werte erhielt Jarvis auch nicht, als er sich ausschließlich auf das kleinere Gebilde konzentrierte, von dem er nur annehmen konnte, dass es sich um ein Raumschiff handelte.
Tausend Kilometer schreckten ihn selbst in seiner aktuell lädierten Verfassung nicht. Er wartete noch eine Weile, ob eine Antwort auf seine Funksignale eintraf. Als dem nicht so war, transitierte er kurz entschlossen zu seinem angepeilten Ziel.
Der Sprung gelang, fühlte sich aber anders an als alle räumlichen Versetzungen davor. Jarvis kam es so vor, als arbeite er gegen einen Widerstand, der ihm ihn dieser Form bei früheren Transitionen noch nie begegnet war. Ob dieses Gefühl bloßer Einbildung entsprang oder einen realen Hintergrund hatte, konnte der ehemalige GenTec nicht stichhaltig belegen. Auf der Positivseite war jedenfalls zu verbuchen, dass die Rematerialisation ohne Abweichung von den zuvor programmierten Zielkoordinaten erfolgt zu sein schien.
Und dass seine optischen Systeme bereits genügten, um ihm einen ersten Eindruck von dem Technokonstrukt zu verschaffen, das scheinbar zum Greifen nah vor ihm im Samtschwarz des Alls trieb.
Jarvis erste Assoziation beim Anblick skelettartigen Quaders war: Der Aquakubus! Nur ohne Wasser…
Doch handelte es sich tatsächlich um die »ausgeschlachtete« Hinterlassenschaft der Foronen, die zu ihrer Glanzzeit Maßstäbe gesetzt hatte?
Während Jarvis sich immer noch erfolglos um eine Kontaktaufnahme mit der RUBIKON bemühte, bewegte er sich mit dosierten A-Grav-Schüben auf das bizarre Hightech-Gebilde zu.
Zur gleichen Zeit
Der Donnerschlag, der nicht nur die RUBIKON, sondern das Universum an sich bis in die Grundfesten erschüttert zu haben schien, hallte noch in John Cloud nach, als sich sein Bewusstsein mühsam den Weg zurück ans Licht bahnte. Die Dunkelheit, die ihn eben noch einzementiert hatte, als wollte sie ihn nie wieder freigeben, bröckelte ab, als würde sich ein Riese innerhalb einer tönernen, Laute und Helligkeit abschirmenden Hülle zu regen beginnen, in die er gesperrt worden war.
Es dauerte eine Weile, bis Cloud begriff, dass er sich innerhalb des geschlossenen Sarkophagsitzes befand; die Erinnerung daran, wie es zum Schließen des Gehäuses gekommen war (ob er selbst den Befehl dazu erteilt hatte oder Sesha tätig geworden war), fehlte auf ganzer Linie. Das Letzte, woran er sich entsann, war, dass die KI Hochalarm ausgelöst hatte, weil etwas von allen Seiten zugleich auf das Raumschiff zugerast war und eingedroschen hatte.
Nicht nur auf das Schiff, korrigierte er sich, auf das ganze hiesige Sonnensystem… mindestens!
Was dieses Etwas gewesen war, hatte sich in der kurzen Spanne...
| Erscheint lt. Verlag | 9.12.2018 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
| ISBN-13 | 9783738924640 / 9783738924640 |
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