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Roter Rabe (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2018 | 2. Auflage
384 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-43506-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Roter Rabe -  Frank Goldammer
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Spion im eigenen Land Im Spätsommer 1951 kehrt Oberkommissar Heller mit seiner Familie aus dem staatlich genehmigten Ostseeurlaub nach Dresden zuru?ck. Fu?r seine Frau Karin geht die Fahrt gleich weiter, denn sie hat u?berraschend die Reiseerlaubnis in den Westen zu Sohn Erwin erhalten. Heller ist besorgt. Doch sein neuer Fall lässt ihm keine Zeit zum Gru?beln: Zwei unter Spionageverdacht stehende Männer, Zeugen Jehovas, sterben in ihren Gefängniszellen. Und es geschehen weitere mysteriöse Todesfälle. Bei einem der Opfer wird eine geheimnisvolle Botschaft gefunden: »Eine Flut wird kommen.« Heller beschleicht eine schreckliche Ahnung.

Frank Goldammer, Jahrgang 1975, ist gelernter Handwerksmeister und begann schon früh mit dem Schreiben. Die Bände seiner historischen Kriminalromanreihe über den Dresdner Kommissar Max Heller landen regelmäßig auf den Bestsellerlisten. Goldammer lebt mittlerweile als freier Autor in seiner Heimatstadt Dresden.

Frank Goldammer, Jahrgang 1975, ist gelernter Handwerksmeister und begann schon früh mit dem Schreiben. Die Bände seiner historischen Kriminalromanreihe über den Dresdner Kommissar Max Heller landen regelmäßig auf den Bestsellerlisten. Goldammer lebt mittlerweile als freier Autor in seiner Heimatstadt Dresden.

10. September 1951, Morgen


»Max!« Oldenbusch fuhr aus seinem Stuhl, kaum dass Heller die Tür zu seiner Schreibstube geöffnet hatte. Auch der junge Salbach erhob sich. Heller stellte die Aktentasche ab und hängte Schiebermütze und Jacke an die Garderobe.

»Max, war es schön? Du siehst ja aus wie ein Neger!«, rief Oldenbusch, nahm Hellers Hand und schüttelte sie ein wenig zu euphorisch, wie Heller feststellte. Auch Peter Salbach schien höchst erfreut zu sein, seinen Chef wiederzusehen. Der kürzlich zum Unterkommissar beförderte Kollege hatte sich erst mal zurückgehalten, doch nun schüttelte auch er Heller kräftig die Hand.

Ein klein wenig befremdet darüber nahm Heller seine Tasche und setzte sich an seinen Tisch.

In der Zwischenzeit hatten sie sich ein wenig professioneller eingerichtet in ihrem Kellerabteil. Die Beleuchtung war verbessert worden. Zwei Wochen lang hatte eine Elektrikerfirma Kabel gezogen und hell leuchtende Lampen montiert. Die alte Schreibtischlampe, die so lange als Provisorium diente, hatte er aber behalten.

»Erzähl doch mal, wie war es?«, fragte Oldenbusch. Wie Bittsteller standen die beiden vor Hellers Tisch. Heller lehnte sich zurück.

»Herrliches Wetter, ohne Ausnahme. Dabei sagten die Einheimischen, der ganze Sommer sei kühl und regnerisch gewesen. In einer richtigen Villa haben wir gewohnt. Die wurde beschlagnahmt und ist nun ein FDGB-Heim. Es ist wirklich herrlich da.«

Heller hatte lange darüber nachgedacht, ob es gerecht war, dass diese Häuser enteignet worden waren. Wiederum standen diese vielen Zimmer nun dem normalen Arbeiter zur Erholung zur Verfügung.

»Und Essen?«

»Essen gab es genug, allerdings immer nur Graubrot mit Margarine und Marmelade zum Frühstück und Muckefuck. Richtigen Kaffee habe ich nur einmal getrunken, da war Karin in einem Frisiersalon. Blaues Haus hieß das. Das ist da oben ganz berühmt. Die verkaufen auch Bücher. Dort ist ja eine Künstlersiedlung in Ahrenshoop. Sehr interessant, wirklich.«

Der allerletzte Abend fiel ihm ein, als sie nach dem Essen noch einmal allein am Strand gewesen waren. Nur Karin und er. Heller verstummte. Es war ihm ganz recht, dass er hier in seinem Büro war. Die Arbeit würde ihn davon abhalten, ständig an Karin denken zu müssen und darüber, ob sie schon heil angekommen war.

»Ich war letzten Dienstag bei Frau Marquart, wie du gebeten hattest. Sie wusste gar nicht mehr, wer ich bin, ich musste es ihr mehrmals erklären«, sagte Oldenbusch.

Heller seufzte. Der Zustand der alten Dame machte ihm Sorgen. Sie noch einmal mehrere Tage allein zu lassen, war eigentlich nicht mehr möglich.

Heller blickte zu Oldenbusch hoch. »Und bei dir, Werner? Neuigkeiten?«

Oldenbusch schüttelte den Kopf. Heller beließ es dabei. Im Frühjahr hatte Werner sich mit einer jungen Frau verlobt, die in Moskau Maschinenbau studiert hatte. Vor zwei Wochen war sie plötzlich verschwunden, und es sah ganz so aus, als sei sie in den Westen gegangen. So verletzt Oldenbusch deshalb auch war, mehr Gedanken sollte er sich über die Reaktion seiner Partei machen. Der Verdacht des Verrates war heutzutage schnell ausgesprochen.

Oldenbusch aber tat so, als sei nichts. »Seid ihr auch mit dem Schiff gefahren? Ist das überhaupt erlaubt?«

»Werner, was ist los?«, fragte Heller eindringlich.

Oldenbusch atmete tief durch und warf einen raschen Blick zu Salbach.

»Es ist ein riesiger Schlamassel«, seufzte er dann.

Heller hob gespannt die Augenbrauen, beugte sich vor und langte nach Bleistift und Notizheft. »Ich höre.«

»Kaum warst du weg, kam eine Meldung, dass in der Verwaltung vom Friedhof in Tolkewitz eingebrochen wurde, auch im Krematorium. Die Einbrecher richteten einigen Schaden an, verwüsteten die Büros, und offenbar wurden einige Särge gestohlen, vermutlich wegen des Holzes. Und ein Leichenwagen kam weg. Wir haben eine Spurenaufnahme durchgeführt. Die nächsten Tage verliefen ganz ruhig. Letzten Freitag wurde ich dann zu Niesbach bestellt. Im Rahmen einer groß angelegten Aktion des Ministeriums für Staatssicherheit gab es eine erhebliche Anzahl von Verhaftungen.«

»War mein Sohn involviert?«, fragte Heller schnell dazwischen.

Oldenbusch zögerte. »Nicht dass ich wüsste, aber der ist doch sowieso in Potsdam, oder?«

Heller nickte knapp. Klaus besuchte die Schule des erst im Februar gegründeten Ministeriums. Zwischenzeitlich war er zu den Weltjugendfestspielen in Berlin beordert worden.

»Gegen wen richtete sich die Maßnahme? Wie lautete der Vorwurf?«

»Bei den Verhafteten handelt es sich um Mitglieder der Wachturmgesellschaft. Die Anklage lautet Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen und Spionage. Ihnen werden Kontakte zum amerikanischen Geheimdienst nachgesagt. Es gibt konkrete Hinweise, vor allem aus sowjetischen Geheimdienstkreisen und vom MGB

Heller legte seinen Stift nieder und klappte das Notizbuch zu, ohne etwas geschrieben zu haben.

»Die Zeugen Jehovas? Es hat doch im letzten Jahr schon Prozesse gegen Zeugen Jehovas gegeben. Hier, in Dresden. Ich meine mich zu erinnern, dass lange Zuchthausstrafen verhängt wurden.«

Oldenbusch nickte. »Sie hatten sogenannte Gebietskarten über ihr Büro in Magdeburg in den amerikanischen Sektor nach Wiesbaden-Dotzheim weitergeleitet, auf denen sie Adressen und Vorkommnisse notiert hatten. Offenbar war man bei dieser ersten Aushebung nicht konsequent genug gewesen.«

Heller sagte nichts und sah Salbach an, der außer einer Begrüßung noch nichts gesagt hatte. Salbach war ein guter Mann, aufmerksam und tüchtig. Heller selbst hatte ihn zum Dienst in der Kripo animiert und dafür gesorgt, dass er in seine Abteilung aufgenommen wurde. Doch gerade wegen ihm schwieg Heller jetzt. Er wollte weder sich noch Salbach in die Bredouille bringen, indem er Dinge sagte, die von eifrigen Staatsschützern falsch verstanden werden konnten. Aber die aufkommende Paranoia der Regierenden der DDR erinnerte ihn allzu sehr an die des untergegangenen Dritten Reiches. Niemand war vor Verdächtigungen sicher und die einzelnen Behörden versuchten sich durch besonders eilfertiges Handeln hervorzutun. Auch sein Sohn Klaus hatte das Weltjugendtreffen nicht zu seinem Vergnügen besucht, sondern um sich die Namen jener zu notieren, die trotz Verbotes heimlich Westberlin besucht hatten, Kontakt zu den aus der BRD angereisten Jugendlichen pflegten oder anderweitig auffällig wurden. Und verdächtig war im Prinzip jeder, der zu den Spielen delegiert worden war.

Heller fragte sich, welchen Schaden die recht kleine Gruppe gläubiger Menschen mit diesen Gebietskarten der DDR zugefügt haben sollten.

»Also, was ist geschehen?«

»Zwei der Festgenommenen brachte man aus Platzmangel in unserem Untersuchungsgefängnis unter. Oskar Machol und Julius Weichert, beide Mitte vierzig. Das war letzten Donnerstag, besser gesagt in der Nacht zum Freitag.«

»Also vom sechsten zum siebten September?«

»Ja, und am Freitagmorgen waren sie tot. Beide haben offenbar Selbstmord begangen.«

»Offenbar?«

Oldenbusch holte von seinem Schreibtisch ein Blatt und reichte es seinem Vorgesetzten. Heller las den Bericht, las ihn noch einmal und rieb sich dann mit der Hand im Genick, wo sich ein wenig Haut vom Sonnenbrand pellte.

»Peter, holen Sie zwei Stühle.« Salbach beeilte sich, seinen und Oldenbuschs Stuhl zu holen. Heller deutete ihnen an, sich ihm gegenüber hinzusetzen. »Also?«, fragte er dann. »Was hat das jetzt für uns zu bedeuten?«

»Seither geht es hier drunter und drüber. Die Sowjets machen uns große Vorwürfe. Sämtliche Wärter wurden schon zur Vernehmung gebracht. Niesbach wurde gleich in die Kommandantur bestellt. Alle sind hochgradig nervös und fangen an, sich gegenseitig zu beschuldigen.«

»Inwiefern?«, fragte Heller.

»Nicht richtig aufgepasst zu haben. Im besten Falle.« Oldenbusch zupfte sich an der Nase.

»Sie behaupten, dass jemand seine Hände im Spiel gehabt haben könnte? Jemand vom Personal?« Unwahrscheinlich, wenn sie eher zufällig in diesem Gefängnis untergebracht worden waren, dachte er sich.

»Wer hat denn die Verteilung der Festgenommenen bestimmt?«

Oldenbusch hob die Schultern. »Also, das weiß ich nicht.«

Werners Verhalten machte Heller langsam ungehalten. Es war fast, als sei dem Mann jegliche Selbstsicherheit abhandengekommen. Doch auf einmal verstand Heller.

»Du bist selbst verhört worden? Und Sie auch, Salbach?«

Beide nickten.

»Mensch, Max, die waren nicht gerade freundlich«, murmelte Oldenbusch. »Sechs Stunden haben sie mich dabehalten und Peter auch. Oben auf der Bautzner. Erst haben sie mich zwei Stunden in einer Zelle sitzen lassen. Dann haben sie mich vier Stunden lang immer wieder dasselbe gefragt und ich habe immer wieder dasselbe erzählt. Dabei hatten wir gar nichts damit zu tun gehabt. Aber die verdächtigen jeden hier. Du hast übrigens auch gleich einen Termin bei Niesbach. Der steht auf der Kippe, sag ich dir, den mögen die Russen sowieso nicht mehr.«

Heller hatte von Niesbachs Niedergang schon mitbekommen, obwohl dieser Erzkommunist war, Spanienkämpfer und jahrelang in der Emigration in Moskau. Doch offenbar galt auch das nichts mehr heutzutage. Sie trauten ihren eigenen Leuten nicht mehr. Paranoid war das.

»Und Niesbach wird von mir verlangen, dass ich was herausfinde?« Heller öffnete die Handflächen und sah seine Gegenüber fragend an.

»Wäre es Mord, müssten wir alle um unsere Posten fürchten«, sagte Salbach leise.

»Und um unsere Leben«, fügte Oldenbusch hinzu. »Die würden uns allesamt...

Erscheint lt. Verlag 21.12.2018
Reihe/Serie Max Heller
Max Heller
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 4. Fall • Atombombe • Band 4 • DDR • Deutschland • Deutschsprachige Krimis • Dresden • Geteiltes Deutschland • historischer Krimi • historischer Krimi Dresden • Historischer Kriminalroman • Historischer Roman • Kalter Krieg • KGB • Krimi • Krimireihe • Krimis Deutschland • Max Heller • Mord • Nachkriegszeit • Ostsee • Ost-West-Konflikt • Ost-West-Problematik • Regiokrimi Dresden • Republikflucht • Sachsen • Sowjetischer Geheimdienst • Spannung • Spionage • Stasi • Uranerzschmuggel • zerrissene Familie • Zeugen Jehovas
ISBN-10 3-423-43506-2 / 3423435062
ISBN-13 978-3-423-43506-2 / 9783423435062
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