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Commissaire Le Floch und das Gift der Liebe (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2019
Karl Blessing Verlag
978-3-641-23764-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Commissaire Le Floch und das Gift der Liebe - Jean-François Parot
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Der vierte Roman in der Commissaire-Le-Floch-Reihe.

An einem Januarabend 1774 fährt Nicolas Le Floch in einer Kutsche zu einem Festessen, das seine Geliebte Julie de Lastérieux gibt. Nicolas tritt in freudiger Erwartung ein, muss aber miterleben, wie Julie vor seinen Augen mit einem jungen Adeligen kokettiert. Empört verlässt der Commissaire die Szenerie und sucht im Theater Ablenkung. Danach begibt er sich noch einmal zu seiner Geliebten, die ihn aber wieder nicht beachtet.

Wutentbrannt flüchtet er zu seinen Freunden, die ihm am nächsten Morgen eine schreckliche Nachricht überbringen: Julie de Lastérieux ist in der Nacht gestorben. Die Umstände deuten auf einen Giftmord hin. Und da es viele Zeugen seiner Eifersucht gibt, ist Commissaire Le Floch selbst der Hauptverdächtige.

Jean-François Parot, 1946 geboren, studierte an der Sorbonne in Paris Geschichte und Ethnologie, absolvierte eine Ausbildung als Ägyptologe und spezialisierte sich auf das 18. Jahrhundert. Nach dem Militärdienst schlug er die diplomatische Laufbahn ein. Seine Romanreihe um Commissaire Le Floch wurde nicht nur in Frankreich, sondern auch in vielen anderen Ländern ein großer Erfolg. Jean-François Parot verstarb am 23. Mai 2018.

I

Nipptide

Seine Hand, der Zwietracht Fackel entflammend,

Markierte mit hundert Kämpfen sein neues Reich

Sie schürte den Zorn …

VOLTAIRE

Donnerstag, den 6. Januar 1774

Die Kutsche verfehlte ihn knapp, der Satz, den er machte, um ihr auszuweichen, ließ ihn mit geschlossenen Füßen in einer Pfütze aus Schlamm und geschmolzenem Schnee landen. Die widerliche Mischung spritzte bis zu seinem Dreispitz hinauf, von dem sie herabzutropfen begann. Er fluchte leise. Ein weiterer Regenumhang aus guter Wolle, den er in die Reinigung bringen musste.

Nicolas Le Floch, Polizeikommissar im Châtelet, hatte sich aus seiner Jugend in der Bretagne die Gewohnheit bewahrt, praktische Kleidung zu tragen. In Paris hatte sich mittlerweile der Gehrock eingebürgert. Der schwere und warme Mantel, den er bevorzugte, wurde nur noch von Kavalleriesoldaten oder fliegenden Händlern getragen. Mâitre Vachon, sein und Monsieur de Sartines angestammter Schneider, den diese hartnäckige Treue zu den alten Gewohnheiten zur Verzweiflung brachte, hatte ihn immerhin überreden können, ein paar modische Extravaganzen zu dulden: einen besonderen Schnitt mit Kragen und einen weiteren Volant ohne Futter. Der Schneider hoffte, ohne allzu sehr daran zu glauben, dass Nicolas, der sowohl in der Stadt als auch bei Hof verkehrte, auf diese Weise helfen würde, eine neue Mode durchzusetzen.

Das Kleidungsstück würde die Demütigungen unerbittlicher Reinigungsbemühungen über sich ergehen lassen müssen; er konnte sich glücklich schätzen, wenn der ätzende Schlamm im Stoff keine unauslöschlichen Spuren hinterlassen hatte. Sachkundigen zufolge besaß er unglaubliche Haftungskräfte. Wenn er es recht überlegte, wäre es besser, ihn der sorgfältigen und liebevollen Pflege von Catherine und Marion, den beiden Schutzengeln des Hôtel de Noblecourt, anzuvertrauen. Wehmütig dachte er bei sich, dass Marion, vom Rheumatismus geplagt, nur noch symbolisch die Arbeiten im Haushalt leitete und alle sich bemühten, sie in dem Glauben zu wiegen, ihr Beitrag, so gering er auch sein mochte, sei immer noch für das reibungslose Funktionieren des Haushalts unentbehrlich.

Dieser kleine Vorfall, wie er sich häufig in den Straßen der Hauptstadt ereignete, hatte ihn für einen kurzen Augenblick aus unangenehmen Überlegungen gerissen. Jetzt grübelte er erneut über die Gründe für seinen Ärger, der fast schon in Wut umschlug. Er hielt es für besser, jetzt gleich darüber nachzudenken und es nicht auf später zu verschieben, wenn er versuchen würde einzuschlafen. Was für ein Jahresende! Seit Tagen quälte ihn eine unbestimmte Angst. Er hatte sich daran gewöhnt, doch alles schien sich verschworen zu haben, um ihm den Jahreswechsel zu vergällen, den er schon immer gefürchtet hatte und der ihm stets Bauchschmerzen bereitete. Das Jahr 1774 hatte begonnen, und er erinnerte sich, dass man an diesem Donnerstag das Fest der Heiligen Drei Könige feierte, doch dieses Detail machte seine Verstimmung nur noch schlimmer.

Die Krise mit Madame de Lastérieux schwelte schon seit Langem, aber die Wahrheit ist eine Frucht, die nur reif gepflückt wird. In seiner Wut stampfte er mit dem rechten Fuß auf und bespritzte sich erneut. Seine Nase juckte, und er nieste mehrmals, während ihm ein Schauer über den Rücken lief. Es fehlte noch, dass er sich den Tod holte, indem er durch den geschmolzenen Schnee lief!

Er rief sich die Ereignisse des Abends in Erinnerung … Alles deutete darauf hin, dass diese Liaison keine Zukunft hatte. Auf seiner recht langen Fahrt hatte das Schiff der Leidenschaft in seinem Kielwasser alle Unvereinbarkeiten und Irritationen beiseitegeschoben, die das Einverständnis der Sinne lange kaschiert hatte. Ein ungetrübter Beginn hatte rasch ein Einvernehmen geschaffen, das die junge Frau in den Augen ihres Anbeters verklärt hatte.

Er sah wieder diesen Abend im Februar 1773 vor sich. Monsieur Balbastre, Organist von Notre-Dame, den er vor mehr als zehn Jahren über Monsieur de Noblecourt, der ein großer Musikliebhaber war, kennengelernt hatte, hatte ihn zum Abendessen eingeladen. Ihrer ersten, für den damals noch jungen Mann demütigenden Begegnung waren weitere gefolgt, bei denen die Liebe zur Musik und eine Art Verehrung für den großen Rameau sie einander angenähert hatten, trotz des sarkastischen Tons, den der Virtuose so liebte. Die Gäste, die in seinem Salon verkehrten, gerieten ins Schwärmen, wenn er auf einem Ruckers-Cembalo spielte, das der ganze Stolz des Hausherrn war. Das Instrument war auf allen Seiten innen wie außen mit einer solchen Sorgfalt bemalt, als hätte es sich um die Karosse oder die Tabakdose des Vertreters eines Königshauses gehandelt. Die Geburt der Venus schmückte die Außenseite, und auf der Innenseite des Deckels war die Geschichte von Castor und Pollux dargestellt, das Thema der berühmtesten Oper von Rameau. Die Erde, die Hölle und das Elysium waren abgebildet, und in Letzterem thronte der berühmte Komponist auf einer Bank, die Lyra in der Hand. Nicolas, der Rameau einige Zeit vor seinem Tod in den Tuilerien begegnet war, hatte gefunden, dass das Porträt ihm sehr ähnlich war.

An einer Wand des Salons stand eine große Pedalorgel. Balbastre spielte eine Fuge, wobei er den plärrenden Klang des Instruments und die Geräusche beklagte, die die Tasten beim Anschlag machten. Aber er brauche es für seine Übungen, zum Leidwesen – er lachte hämisch – seiner Nachbarn. Eine junge Frau mit flammendem Haar, das ein feines, ausdrucksvolles Gesicht rahmte, welches von der grau-schwarzen Kleidung einer im Dienstleistungsgewerbe tätigen Frau oder Witwe noch betont wurde, bewunderte lautstark die Virtuosität des Organisten. Als Freundin des Hauses wurde sie eingeladen, das Cembalo auszuprobieren. Sie spielte mit viel Gefühl eine ausgesprochen schwierige Sonate. Der Gastgeber setzte sich wieder ans Instrument, um eine Melodie von Grétry zu variieren. Der Klang des Instruments kam Nicolas eher zart als mächtig vor. Er wechselte ein paar Sätze mit der jungen Frau, die ihn aus goldbraunen Augen anblickte. Sie erklärte ihm, dass der Anschlag wegen der Vogelfederkiele sehr leicht sei. Sie setzten ihr Gespräch fort und fanden sich auf der Straße wieder. Nicolas bot ihr an, sie in seiner Dienstkutsche nach Hause zu bringen. Als sie in die Rue de Verneuil kamen, in der sie eine große Wohnung besaß, war es bereits zu einer ersten Annäherung gekommen und Nicolas schon ein glücklicher Mann. Die Augenblicke, die auf die Einladung, ein Fortepiano zu bewundern, folgten, besiegelten ihr Einvernehmen. Die folgenden Wochen waren ein einziger Rausch sehnsuchtsvoller Umarmungen, unterbrochen von langen Perioden der Abwesenheit und Ungeduld. Nichts schien dem unstillbaren Verlangen, das sie vereinte, ein Ende setzen zu wollen.

Was hatte er sich eigentlich vorzuwerfen? Ihre Schönheit war nicht zu leugnen in einer Zeit, in der das lange verrufene ins Rötliche gehende Blond wieder in Mode kam. Die Haarfarbe der jungen Dauphine hatte den Ausschlag gegeben, trotz des vehementen Widerstands von Madame du Barry, der amtierenden Favoritin. Geistreich und unendlich elegant, bezauberte Julie de Lastérieux’ Konversation durch die Vielfalt ihrer Themen und die originellen Ansichten, mit denen sie sie spickte. Sie hatte, nachdem sie das Kloster verlassen hatte, sehr jung einen sehr viel älteren Marineintendanten geheiratet, der in Guadeloupe stationiert war. Die Berufung zum Conseiller-Secrétaire du Roi hatte Monsieur de Lastérieux geadelt, der so rücksichtsvoll gewesen war, fast sofort nach seiner Rückkehr von den Inseln zu sterben. Seine Witwe kam durch Erbschaft in den Genuss eines ansehnlichen Vermögens und zog nach Paris in Begleitung ihrer schwarzen Diener.

Auch wenn sie aufgrund ihres Charakters dazu neigte, auf alles Einfluss zu nehmen, achtete sie darauf, Nicolas gegenüber eine gewisse bewundernde Zurückhaltung zu üben, welche diesen stärker beeindruckte als ein fester Wille. Dennoch hatte es immer wieder Misstöne zwischen ihnen gegeben. Anfangs hatte die immer noch heftig lodernde Leidenschaft diese Zerwürfnisse beilegen können, indem sie ihre Liaison mit wundervollen Versöhnungen gewürzt hatte. Im Laufe der Zeit hatten diese wiederholten Geplänkel ihn ermüdet. Sie drehten sich immer um die gleichen Fragen. Ständig lag sie ihm mit dem Wunsch in den Ohren, mit ihm zusammenzuleben. Er weigerte sich, da er hinter diesem Ansinnen einen anderen nicht formulierten Wunsch witterte, den er nicht verstehen wollte. Bei jedem Streit musste er sich erneut die ewige Klage über seine Abwesenheiten und die Fron seines Berufs, die ihm kaum freie Zeit ließ, anhören. Hinzu kam, dass er sie immer wieder ermahnen musste, ihn bei gesellschaftlichen Anlässen nicht als Marquis de Ranreuil vorzustellen. Was er, das spät anerkannte uneheliche Kind, vonseiten des Königs und der Mitglieder der königlichen Familie als eine Ehre akzeptierte, lehnten sein Stolz und sein Sinn für das rechte Maß ab, wenn es von anderen kam. Er spürte sehr wohl, wie heftig das Verlangen an ihr nagte, bei Hofe zu erscheinen, und erkannte die Ambitionen, die Julies Interesse an ihm förderten, und das war ihm peinlich wie eine Ungehörigkeit oder ein Fauxpas. Und er verbarg auch nicht, wie sehr es ihn ärgerte, dass Julie immer wieder versuchte, ihn von seinen engsten Freunden fernzuhalten, mit Ausnahme von Monsieur de La Borde, dem Ersten Kammerdiener des Königs, den seine Nähe zum König und sein persönliches Ansehen in ihren Augen sehr wertvoll machten.

Ein Abendessen bei Monsieur de Noblecourt hatte ein katastrophales Ende genommen. Weder der alte Staatsanwalt noch Doktor Semacgus hatten...

Erscheint lt. Verlag 24.6.2019
Reihe/Serie Commissaire Le Floch-Serie
Commissaire Le Floch-Serie
Übersetzer Michael Killisch-Horn
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel L'Affaire Nicolas Le Floch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte 18. Jahrhundert • Aristokratie • Aufklärung • eBooks • Eifersucht • Frankreich • französische Küche • Georges Simenon • Giftmord • Historische Kriminalromane • Historischer Kriminalroman • Honoré de Balzac • Jean-Luc Bannalec • Kolonien • König Ludwig XVI. • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Maigret • Martin Walker • Mordverdacht • Paris • Urlaub
ISBN-10 3-641-23764-5 / 3641237645
ISBN-13 978-3-641-23764-6 / 9783641237646
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