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Mein Mann, der Rentner, auf Tour statt Kur (eBook)

Das geheime Reisetagebuch einer Ehefrau

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019
368 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-23872-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mein Mann, der Rentner, auf Tour statt Kur - Rosa Schmidt
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Zwei Rentner wollen mehr: die Schmidts auf großer Fahrt
Die Schmidts sind im Ruhestand - und nun packt sie das Fernweh. Doch ihre Vorstellungen, wie ein perfekter Urlaub aussieht, gehen komplett auseinander. Während Günther von einem Campingurlaub träumt, will sich Rosa an Bord eines Kreuzfahrtschiffes verwöhnen lassen. Beide beharren auf ihrem lang ersehnten Traumurlaub - bis Tochter Julia die rettende Idee hat und eine Urlaubswette vorschlägt: Erst geht's im Wohnmobil an den Gardasee, danach mit der Queen Mary auf Kreuzfahrt. Und am Ende entscheiden sie, auf welcher Reise sie mehr Spaß hatten. Dosenravioli treffen auf Galadinner - auf ins Abenteuer!

Rosa Schmidt gibt es wirklich, auch wenn sie anders heißt. Sie ist seit 42 Jahren mit Günther Schmidt verheiratet und lebt in einer Kleinstadt.

Aufgezeichnet wurde Rosas geheimes Tagebuch von Anne Hansen. Die Journalistin und Schriftstellerin absolvierte die Kölner Journalistenschule und studierte Politik und VWL in Köln und Potsdam. Heute lebt sie in Berlin und schreibt unter anderem für stern, DIE ZEIT, Brigitte Woman und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Sie hat bereits mehrere Romane veröffentlicht und landete 2014 mit dem Buch Mein Mann, der Rentner einen Spiegel-Bestseller.

Montag, 5. März


Die Grippe sitzt uns immer noch in den Knochen. Dabei war es nur eine Grippe! Permanent muss ich seitdem denken: Carpe diem, nutze den Tag!

Waren gestern Abend bei Ute und Wolfgang zum Essen eingeladen, und als wir beim Themenkomplex »Krankheiten« angekommen waren (so nach etwa fünf Minuten), sagte Ute: »Na klar, die Einschläge kommen näher.«

»Denkst du auch gerade an den Oberschenkelhalsbruch von Doris?«, fragte Wolfgang.

Ute nickte.

»Wer ist Doris?«, fragte ich.

»Doris ist die Schwester von Wolfgangs Schulfreund Erwin. Ist die Treppe runtergestürzt, muss jetzt operiert werden und darf dann nur liegen. Albtraum!«

»Oder Uwe«, sagte Wolfgang. »Grauer Star. Kunstlinse geht wohl nicht einmal mehr.«

»Wer ist Uwe?«, fragte ich.

»Angeheirateter Schwager meiner Cousine.«

»Oder Gerda«, sagte Ute. »Hat die Arthrose jetzt auch in den Knien. Der Knorpel ist wohl vollständig im Eimer.«

»Wer ist Gerda?«, fragte ich.

»Nachbarin meiner Schwester.«

»Oder Reinhardt,« sagte Wolfgang. »Wirbel angebrochen, schon zum dritten Mal. Darf nichts mehr heben.«

»Wer ist Reinhardt?«, fragte ich.

»Mann von Gerda.«

Wie bei einem Tischtennisspiel drehten Günther und ich die Köpfe hin und her. Wahrscheinlich ist Krankheiten-Pingpong der Dorfklatsch für die Generation 60 plus. Mit jedem Richtungswechsel bekam ich schlechtere Laune. Zugegeben, Günther und ich kannten niemanden davon, aber uns wurde noch mal klar, dass viele um uns herum gerade krank waren. Gut, eine banale Erkenntnis. Bei 80 Millionen Deutschen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass just in diesem Moment Tausende krank sind, ach was, Millionen! Aber irgendwie ist man ja emotional ganz anders dabei, wenn die anonyme Masse plötzlich Namen bekommt.

»Das ist ja schon blöd für Gerda und die anderen«, hörte ich mich bedröppelt sagen.

Zum Glück verhinderte Ute, die nach eigenen Angaben bei der Geburt in einen Kessel Pragmatismus gefallen sein muss, dass es ein Wir-sind-typische-Rentner-und-reden-nur-über-Krankheiten-Abend wurde.

Sie erhob ihr Glas und toastete in die Runde: »Ich sag immer: Früher Kribbeln im Bauch, heute Knacken im Knie. Auf das Alter! Und darauf, dass ihr zwei jetzt eine schöne Reise macht. Das habt ihr euch nach den letzten Wochen aber auch verdient!« Plötzlich fing sie an zu kichern und prustete: »Rentner auf Tour – statt Kur!«

Es wurde ein später und vor allem essensreicher Abend. Ute hatte viel zu viel gekocht und brachte mit den Worten »Ich weiß auch nicht, aber irgendwie hat mein Körper immer noch das Gefühl, etwas aufholen zu müssen« eine Schüssel nach der anderen herein. Wahrscheinlich wird sie in zwanzig Jahren immer noch sagen: »Wissen Sie, mit Mitte 60 hatte ich eine Magen-Darm-Grippe, da konnte ich gaaaaar nichts essen. Furchtbar. So, jetzt her mit dem Nachschlag!«

Was ich aber eigentlich sagen will: Die vier Ws sind in unser Leben getreten.

WIR WOLLEN WIRKLICH WEG!

Dienstag, 6. März


Streng genommen sind es fünf Ws.

Denn: WOHIN???

Montag, 12. März


Viele Paare nähern sich ja mit den Jahren – oder Jahrzehnten – immer weiter an. Wie sagt Ute immer? »Irgendwann siehst du entweder dem Hund ähnlich oder dem Mann.«

Unsere Nachbarn Brigitte und Hans zum Beispiel (Hans ist der Mann, nicht der Hund, hihi): das doppelte Lottchen in Reinstform. Sie tragen die gleichen Jacken, fahren das gleiche Fahrrad und reden ausschließlich in der Wir-Form. Wenn die uns mit ihren blauen Jack-Wolfskin-Jacken entgegenkommen, zucken wir immer für einen kurzen Moment zusammen, weil wir denken, zwei Polizisten laufen Streife. Partnerlook hat ja auch immer etwas von Einsatztruppe. Es sieht eben schnell offiziell aus. Aber die beiden ziehen das durch. Sobald Tchibo das gleiche Teil für Männer und Frauen hat, schlägt Brigitte zu. Der größte Liebesbeweis sei ihr zufolge, dass Hans die Wäsche im Garten exakt so aufhänge wie sie selbst. Vorne die Handtücher, dann die Oberteile, dahinter die Hosen, dann die Unterwäsche, dann die Socken, und bei jedem Teil: Etiketten nach oben. Einmal habe Oliver (ihr Sohn) die Wäsche aufgehängt, und alles war durcheinander. »Der hängt ja komplett ohne System«, stöhnte Brigitte. Sie habe im Wintergarten gesessen und versucht, das Chaos auszuhalten. Es ging nicht. Nach einer Stunde hilflosem Starren auf die verkehrte Welt – nicht einmal Socken hatte Oliver paarweise sortiert – sei sie rausgestürmt und habe alles umgehängt. Sie konnte einfach nicht anders. Im ganzen Körper habe es gekribbelt.

Der Partnerlook der beiden macht auch vor der Wahlkabine nicht halt. Neulich sprachen wir nur im Nebensatz über die Wahl (ich finde es immer so schade, wenn die Politiker auf den Plakaten so schlecht getroffen sind), da sagte Brigitte doch glatt (Hans war nicht dabei): »Wir wählen ja die CDU.«

O Gott, jetzt hab ich ausgeplappert, was Brigitte und Hans wählen. Bitte schnell vergessen. Was ich eigentlich sagen wollte: Neben den siamesischen Zwillingspaaren gibt es Paare wie Günther und mich. Fragen Sie nicht, wie wir uns gefunden haben. Denn vom Partnerlook sind wir so weit entfernt wie von einer Reise nach Patagonien, um mal beim Thema zu bleiben. Orangenmarmelade (ich) trifft auf Harzer Roller (Günther), Inga Lindström (ich) auf SOKO (Günther), Meer (ich) auf Berge (Günther), Kaffee (ich) auf Tee (Günther), ständig frieren (ich) auf schnell schwitzen (Günther), malen (ich) auf rechnen (Günther), Romane (ich) auf Sachbücher (Günther). Kurz: Da ist nix mit Partnerlook, innerlich wie äußerlich.

Bei der Urlaubswahl ist es eigentlich genau dasselbe. Wenn Günther frei entscheiden könnte, würde er wahrscheinlich mit Pickel und Eishammer über die Alpen wandern (sofern sein Knie es mitmacht) oder irgendwo vor einem Zelt ein Lagerfeuer machen.

Wenn ich dagegen an Urlaub denke, sehe ich mich irgendwo auf einer Bastmatte rumliegen, während ein Masseur meinen Rücken durchwalkt. Im Hintergrund läuft leise Musik, und im Anschluss wird mir ein Cocktail gereicht. Vielleicht gönne ich mir danach noch eine Gesichtsbehandlung, um abends schön essen zu gehen.

Kurz: Luxusentspannung (ich) trifft auf Naturerlebnis (Günther).

Deswegen endete die Frage »Wohin fahren wir?« bisher auch immer mit den Worten »Einigen wir uns auf …«. Wobei wir uns diese Frage streng genommen gar nicht so oft gestellt haben. Als Günther noch gearbeitet hat (Workaholic!), fanden wir irgendwie nie richtig Zeit für lange Auszeiten. Etwa alle fünf Jahre schoss uns durch den Kopf: Mensch, wir müssen doch mal wieder in den Urlaub fahren! Aber da wir so unterschiedliche Vorstellungen haben, kam eben immer ein Kompromiss dabei heraus. Ein seltener, nicht zufriedenstellender Kompromiss. Meistens haben wir uns den Urlaubskatalog der Bauwirtschaft geschnappt und eine Ferienwohnung gebucht. So richtig kam keiner von uns dabei auf seine Kosten. Irgendwie setzt mich die anstehende Urlaubsplanung inzwischen unter Druck. Ich meine, wir werden ja auch nicht jünger. Ute hat es mal wieder auf den Punkt gebracht. Als wir gestern im Café Gottschalk saßen und eine Schwarzwälder Kirschtorte verputzt haben, sagte sie, ohne eine Miene zu verziehen: »Ihr wart so lange nicht weg, dieser Urlaub muss jetzt sitzen.«

Ach ja, Kurt und Irene haben uns übrigens für übernächste Woche zu einem Fotoabend eingeladen. Drei (!) haben bereits stattgefunden, während wir krank waren. Nach den Nachbarn, Landfrauen und »Freunde I« sind wir jetzt in der »Freunde II«-Gruppe drin. Wenn das so weitergeht, gehen die beiden bald auf große Deutschland-Tournee.

Freitag, 16. März


10 Uhr


Günther will – O-Ton – »ergebnisoffen« Urlaubskataloge aus dem Reisebüro holen.

11.30 Uhr


Günther ist wieder zurück.

Seine Ausbeute:

»Wandern geführt«

»Trekkingtouren und sportliches Wandern«

»Wandern in Europa«

»Aktiv-Reisen: E-Bike und wandern«

»Wildniswandern«

»Campingführer Italien«

»Camping am Strand«

»Camping in den Bergen«

»Rent a Camper: Frankreich«

Ich glaube, wir verstehen unter dem Wort »ergebnisoffen« beide was anderes.

Sonntag, 18. März


Saß den ganzen Nachmittag mit Ute im Café. Herrje, jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich diesen Satz schon wieder schreibe. Aber was soll ich machen? Es ist doch Günther, der mich in die Arme der Kuchen treibt!

Das muss ich vielleicht kurz erklären: Als er in Rente gegangen ist, wusste er ja nicht so richtig, was er mit sich anfangen sollte. Und wenn er mit der neuen Situation überfordert war, war ich es auch. Es war ja nicht so, dass ich mich nicht gefreut habe, ganz im Gegenteil: Nach fast 40 Jahren harter Arbeit hatte er es sich redlich verdient, nach Belieben auszuschlafen, Stunden auf dem Sofa zu sitzen oder tagelang ohne Sinn und Verstand im Garten auf und ab zu gehen. Wirklich, all das gönnte ich ihm von Herzen. Wenn ich angesichts seiner Rente am Anfang eine Schnappatmung bekam, lag es allein daran, dass ich nicht wusste, wie es mit uns werden würde, wenn er ständig zu Hause ist. Schließlich war es für uns beide eine neue Situation. Und meine Rettung in der Not? Hieß Ute!

So wurde also das in den Telefonhörer geseufzte Wort »Günther« zum Codewort für »Wir müssen uns treffen«. Nachmittag für Nachmittag verbrachten wir zu der Zeit im Café. Und streng genommen haben wir nie damit aufgehört....

Erscheint lt. Verlag 8.4.2019
Reihe/Serie Die Rentner-Tagebücher
Die Rentner-Tagebücher
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte eBooks • Ellen Berg • Humor • kleine geschenke für frauen • Kreuzfahrt • lustig • Mein Mann nervt • Papa ante portas • Reise • Renate Bergmann • Rente • Rentner • Ruhestand • Senioren • Tagebuch • Urlaubslektüre
ISBN-10 3-641-23872-2 / 3641238722
ISBN-13 978-3-641-23872-8 / 9783641238728
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