Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Im Krieg (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2019
384 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-24467-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Im Krieg - Adrian Tchaikovsky
Systemvoraussetzungen
11,99 inkl. MwSt
(CHF 11,70)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
»Mein Name ist Rex. Ich bin ein guter Hund.« Und das ist auch alles, was Rex, eine sogenannte technisch optimierte Bioform, in seinem Leben möchte - ein guter Hund sein und seinem Herrn gehorchen. Gemeinsam mit seinem Rudel kämpft Rex in einem seit Jahrzehnten andauernden Krieg, und wenn sein Herr sagt »Töte!«, dann tötet Rex. Wieder und wieder. Als sein Herr eines Tages vors Kriegsgericht gestellt wird, kommen Rex jedoch Zweifel. Was soll er tun, wenn er keinen Herrn mehr hat, der ihm befiehlt? War es möglicherweise falsch, blind zu gehorchen? Und haben er und die anderen Bioformen überhaupt ein Anrecht auf Freiheit und ein eigenes Leben?

Adrian Tchaikovsky wurde in Woodhall Spa, Lincolnshire, geboren, studierte Psychologie und Zoologie, schloss sein Studium schließlich in Rechtswissenschaften ab und war als Jurist in Reading und Leeds tätig. Für seinen Roman »Die Kinder der Zeit« wurde er mit dem Arthur C. Clarke Award ausgezeichnet. Er lebt mit seiner Familie in Leeds.

1


REX


Mein Name ist Rex. Ich bin ein guter Hund.

Das ist Rex. Schau, wie er läuft. Lauft, Feinde, lauft. Ein Scherz von Herrchen.

Mein Trupp besteht aus Dragon, Honey und Bees. Sie sind ein Multiform-Angriffsrudel. Das heißt, sie sind keine guten Hunde.

Ich nähere mich jetzt den Feinden. Ich komme von der windabgewandten Seite. Ich kann sie riechen – mindestens dreißig Menschen in ihrem Lager. Ich rieche Schusswaffen. Ich rieche keine Sprengstoffe. Ich rieche keine anderen Hunde und auch keine Bioform-Züchtungen, nur Menschen, die Feinde sind.

Ich spreche mit meinen Geschützen. Sie teilen mir mit, dass sie einsatzbereit sind. Alle Systeme optimal, Rex, erklären sie mir. Guter Hund, gut, dass du daran gedacht hast, sagt mein Feedback-Chip.

Sie heißen Big Dogs, meine Geschütze. Das ist ein Scherz der Leute, die sie mir gegeben haben. Sie sitzen auf meinen Schultern und werden schießen, wenn ich mit ihnen rede, denn meine Hände brauche ich für andere Dinge, als auf Abzüge zu drücken. Sie heißen Big Dogs, weil Menschen zu klein sind, um sie zu benutzen, ohne sich dabei zu verletzen.

Die Vorstellung, dass Menschen sich verletzen, gefällt mir nicht. Böser Hund!, kommt der Gedanke. Ich mag Menschen. Menschen haben mich gemacht.

Bei Feinden sieht die Sache anders aus.

Ich rede mit meinem Trupp. Dragon antwortet nicht, aber sein Feedback-Signal zeigt, dass er am Leben ist und noch nicht kämpft. Dragon ist schwierig. Dragon hat seine eigene Art, Dinge zu erledigen, und er gerät dabei oft in Konflikt mit den Anweisungen, die Herrchen mir erteilt hat. Herrchen sagt: »Dragon erzielt Resultate«, also kann ich ihm nicht befehlen, nicht mehr Dragon zu sein, aber ich bin auch nicht glücklich darüber, dass er Dragon ist. Dragon sorgt dafür, dass ich mich unwohl fühle.

Honey spricht mit mir. Sie ist mit der Elefantenbüchse in Position. Dieser Name ist ebenfalls ein Scherz. Wie die anderen Scherze verstehe ich auch diesen nicht. Honey ist kein Elefant.

Bees spricht mit mir. Sie meldet 99 Prozent Integrität. Bees hat keine Schusswaffe und braucht auch keine. Bees ist bereit. Honey ist bereit. Dragon sollte auch lieber bereit sein, sonst beiße ich ihn, selbst wenn ich dann ein böser Hund bin.

Ich spreche mit Herrchen, auf unserem verschlüsselten Kanal. Herrchen sagt, ich bin ein guter Hund. Ich bin in Position, und nichts deutet darauf hin, dass der Feind etwas von meiner Anwesenheit weiß.

Herrchen sagt, ich kann angreifen. Herrchen hofft, ich mache meine Sache gut. Mir liegt sehr viel daran, dass Herrchen stolz auf mich ist.

Ich sage Honey, dass sie loslegen soll. Vom Lager der Feinde aus gesehen, steht sie quer zum Wind. Ich kann Honey riechen, aber sie können es nicht. Sie spricht mit ihrem Zielerfassungssystem, und ich höre mit, wie es Gelegenheitsziele identifiziert. Honey ist einverstanden. Aus einer Entfernung von vierhundert Metern schicken sie elf Sprenggranaten ins Lager, mit dem Ziel, den größtmöglichen Schaden anzurichten. Sobald die elfte unterwegs ist und noch während die erste einschlägt, rücke ich vor.

Ich sehe das Feuer. Ich höre menschliche Stimmen, schrill über den Explosionen. Lauft, Feinde, lauft.

Bees sammelt ihre Kräfte und greift an, schwärmt durchs Lager, wirbelt vom Feuer weg und sticht jeden, den sie stechen kann. Ihre Einheiten sterben nicht, wenn sie stechen, obwohl ihnen irgendwann das Gift ausgeht. Heute setzt sie jenes Gift ein, das den Feinden den Verstand raubt und sie dazu bringt, sich gegenseitig zu bekämpfen. Das ist ihr Lieblingsgift.

Ich weiß immer noch nicht, wo Dragon ist. Ich spreche mit ihm, aber er will es mir nicht sagen.

Honey erklärt mir, dass sie nicht mehr weit entfernt ist und gleich zum Nahkampf übergeht. Ich bin schon da. Menschen laufen auf mich zu – ich habe mir eine ihrer Straßen als Zugangsweg ausgesucht. Einige von ihnen haben Schusswaffen. Die meisten haben keine. Ich laufe auf allen vieren, aber ich spreche mit meinen Big Dogs. Wir suchen uns gemeinsam Ziele aus, und ich fange an, Feinde zu töten – mit Dreiersalven, wie es die Dienstvorschrift vorsieht. Die Big Dogs arbeiten hart, um meine Bewegungen auszugleichen. Manchmal schießen sie daneben, aber meistens treffen sie mit mindestens einer Kugel pro Salve. Gute Waffen, sage ich zu ihnen. Guter Hund, sagt mein Feedback-Chip.

Einer der Feinde schießt auf mich. Ich spüre, wie seine Kugeln mich an der Schulter und der Brust treffen, als würde er mich mit seinen kleinen Fäusten schlagen. Meine Weste macht die Kugeln unschädlich, bevor sie sich an meiner Haut und meinen Muskeln platt quetschen können. Ich spreche mit meiner Datenbank und setze meine Schadenstoleranzen in Beziehung zu seinem Kaliber und seiner Mündungsgeschwindigkeit. Er müsste mich schon ins Auge oder in den Gaumen treffen, um mich zu töten, obwohl ich vielleicht ein paar Tage brauchen würde, um wieder gesund zu werden, wenn er mich in den Bauch träfe. Deshalb trage ich immer meine Weste, wie ich es tun soll. Dragon trägt seine Weste nie.

Jetzt bin ich bei den Feinden, und ich richte mich auf zwei Beine auf, um meine Hände zu benutzen. Die Feinde sind klein. Einige von ihnen reichen mir bis zu den Schultern, manche aber auch bloß bis zur Taille. Sie schreien, und ich rieche ihre Angst. Ich weiß, ich wurde unter anderem gemacht, um Feinden Angst einzujagen. Das gelingt mir. Guter Hund, sagt mein Feedback-Chip. Ich bin sehr glücklich.

Ich ergreife sie und reiße sie auf. Die Kleinen packe ich mit den Zähnen und schüttele sie, bis sie zerbrechen, weil sich das gut anfühlt. Ich kann ihr Blut, ihre Exkremente und ihre Angst riechen. Das ist alles gut.

Honey ist jetzt im Lager. Sie hat ihre Elefantenbüchse auf Automatik gestellt und setzt Sperrfeuer ein, um die Feinde an Ort und Stelle festzuhalten, bis ich bei ihr bin. Bees meldet 81 Prozent Integrität, aber nur 47 Prozent Giftreserven und sagt, sie evakuiert ihre leeren Einheiten, weil diese den Angriff nicht länger unterstützen können. Sie schätzt, dass sie 34 Prozent der feindlichen Population ihre Gifte injiziert hat, und meldet, dass keine Gegenmittel eingesetzt wurden.

Honey bestätigt, dass viele der Feinde sich nun gegenseitig bekämpfen und umbringen, und gratuliert Bees zu ihrer guten Arbeit. Obwohl ich Anführer bin und das meine Aufgabe ist, habe ich nichts dagegen, wenn Honey so etwas sagt. Honey ist die Klügste von uns.

Ich laufe ins Lager und fahre fort, die Feinde zu töten. Einige von ihnen töte ich mit meinen Big Dogs, aber die meisten zerreiße ich, weil das ökonomisch ist. Ich spare Munition. Guter Hund, sagt mein Feedback-Chip.

Jetzt gibt es jedoch keine Feinde mit Schusswaffen mehr, die auf mich schießen. Bees hat sich die bewaffneten Feinde als erste vorgenommen, sodass die meisten von ihnen ihre Waffen schon aufeinander gerichtet und leer geschossen haben.

Einige Feinde versuchen zu entkommen, aber sie sind nicht sehr schnell, und wenn die großen Feinde zurückkommen, um den kleinen zu helfen, bremst sie das noch mehr. Ich bin sehr schnell. Ich laufe um sie herum und treibe sie ins Lager zurück. Auch bei so etwas fühle ich mich gut, sogar ohne den Feedback-Chip.

Honey spricht mit mir. Wo sind die anderen?

Ich sage, dass ich sie nicht verstehe.

Honeys Kanal: Kein nennenswerter bewaffneter Widerstand. Das sind keine Rebellenkämpfer. Das sind Zivilisten.

Das sind Feinde, erkläre ich ihr. Wir führen dieses Gespräch, während wir sie töten.

Honeys Kanal: In unseren Instruktionen hieß es, wir würden auf den bewaffneten Widerstand von Rebellenkämpfern treffen. Sind wir im falschen Lager?

Ich packe einen weiteren kleinen Feind mit den Zähnen, und er zappelt und schreit. Einer der großen Feinde schlägt mit winzigen Fäusten auf mich ein. Herrchen hat gesagt, wir sollen angreifen, sende ich an Honey.

Honeys Kanal: Rex, das ist nicht das Lager, um das es in unseren Instruktionen ging.

Bees’ Kanal: Integrität bei 74 %. Giftvorrat 31 %. Geschätzte Giftaufnahme 42 % insgesamt; 19 % überlebende Feinde.

Dragons Kanal: Ziel erfasst.

Ich frage Dragon. Der kleine Feind steckt noch zwischen meinen Zähnen, aber ich habe ihn weder geschüttelt noch zerquetscht. Ich bin unglücklich. Was Honey sagt, gefällt mir nicht. Etwas in ihren Worten löst bei mir das Gefühl aus, dass ich ein böser Hund bin. Das kommt nicht vom Feedback-Chip, sondern aus meinem Innern, woher die anderen Gefühle kommen.

Dragons Kanal: Peng! Ziel neutralisiert.

Ich möchte wissen, welches Ziel. Der größere Feind schlägt noch immer auf mich ein, damit ich das Maul öffne, aber der menschliche Körper besitzt nicht genug Kraft, um das zu erreichen.

Dragon erklärt mir, dass Herrchen ihm den geheimen Auftrag erteilt hat, einen bestimmten Feind zu töten. Dragon klingt sehr selbstzufrieden. Vielleicht sagt sein Feedback-Chip Guter Dragon zu ihm, weil er den speziellen Feind gefunden und neutralisiert hat.

»Neutralisiert« ist ein Wort, das Dragon nur für spezielle Feinde benutzt. Andere Feinde werden einfach getötet.

Honey hat aufgehört zu schießen. Ich frage sie, weshalb, und sie sendet, ich mache mir Sorgen, dass die Daten unzureichend sein könnten, Rex. Ich möchte Kontakt mit Herrchen...

Erscheint lt. Verlag 12.8.2019
Übersetzer Peter Robert
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Dogs of War
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Bioengineering • eBooks • Gehorsam • Genmanipulation • Hunde • Krieg in der Zukunft • Moral • Preisgekrönter Autor • USA
ISBN-10 3-641-24467-6 / 3641244676
ISBN-13 978-3-641-24467-5 / 9783641244675
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,1 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich

von Jo Koren

eBook Download (2024)
Lehmanns Media (Verlag)
CHF 9,75

von Jo Koren

eBook Download (2024)
Lehmanns Media (Verlag)
CHF 9,75