Braut wider Willen (eBook)
320 Seiten
Gerth Medien (Verlag)
978-3-96122-324-4 (ISBN)
Jen Turano steht für humorvolle Geschichten mit skurrilen Charakteren und spannenden Verwicklungen. In den USA hat sie sich damit bereits einen Namen gemacht. Sie lebt mit ihrer Familie in Denver, Colorado.
Jen Turano steht für humorvolle Geschichten mit skurrilen Charakteren und spannenden Verwicklungen. In den USA hat sie sich damit bereits einen Namen gemacht. Sie lebt mit ihrer Familie in Denver, Colorado.
1
Oktober 1882 – New York City
Entschuldigen Sie, Miss Plum, aber draußen ist ein Mann, der Sie unbedingt sprechen will. Er behauptet, er sei Ihr Vater.“
Miss Lucetta Plum, die ihren abendlichen Bühnenauftritt beendet hatte und gerade dabei war, sich abzuschminken, hielt inne. Verwirrt drehte sie sich zu Skukman herum. Der einschüchternd wirkende riesige Mann, den sie angestellt hatte, damit er sie vor aufdringlichen Bewunderern schützte, stand im Türrahmen ihrer Garderobe. „Das ist ja interessant, Mr Skukman. Mein Vater ist schon vor Jahren gestorben.“
Skukman zog eine seiner dunklen Augenbrauen hoch. „Das ist tatsächlich interessant.“ Mit diesen Worten ließ er sie wieder allein und zog die Tür hinter sich zu. Einige Sekunden später hörte sie durch die geschlossene Tür, dass es draußen ein Handgemenge gab.
„Das ist wirklich unerhört!“, schimpfte eine Männerstimme. „Ich verlange, dass Sie mich augenblicklich loslassen!“
Lucetta erkannte die Stimme sofort. Sie erhob sich langsam von ihrem gepolsterten roten Schminkhocker und bahnte sich einen Weg durch das Chaos in ihrer Garderobe. Sie schritt über ein Paar hochhackige Schuhe, die sie von ihren Füßen geschleudert hatte, sobald der Beifall des Publikums verklungen war, atmete tief ein und öffnete die Tür.
Abneigung begleitet von einer großen Portion Wut regte sich in ihr, als ihr Blick auf den Mann fiel, den Skukman jetzt gewaltsam durch den engen Flur Richtung Ausgang schob.
Da sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, diese unerfreuliche Begegnung hinauszuzögern, hob Lucetta das Kinn. „Sie können ihn loslassen, Mr Skukman.“
Der Angesprochene blieb abrupt stehen und warf ihr einen raschen Blick zu. Dann stieß er ein Knurren aus, das ausgesprochen bedrohlich klang.
Lucetta zuckte kaum mit der Wimper. Sie hatte Skukman zwar wegen seines einschüchternden Auftretens und seiner Ausstrahlung eingestellt, bei der erwachsene Männer vor Angst erzitterten, aber sie wusste mittlerweile, dass sich hinter dem bedrohlichen Äußeren ein charmanter und einfühlsamer Mann verbarg. Dieser Mann las gern romantische Gedichte und rezitierte sie in einem sanften, aber trotzdem theatralischen Tonfall, wenn er glaubte, niemand würde ihn hören.
„Verzeihen Sie, Miss Plum, aber ich denke nicht, dass es gut für Sie wäre, wenn ich diesen Mann loslasse“, warf Skukman ein. „Er ist ein ausgesprochen unangenehmer Zeitgenosse, und ich weiß, dass Sie mit unangenehmen Männern so wenig wie möglich zu tun haben wollen.“
„Da haben Sie recht. Er ist wirklich sehr unangenehm, Mr Skukman, aber –“
„Ich bin dein Vater!“, schrie der Mann jetzt.
„Du bist nicht mein Vater, Nigel“, widersprach Lucetta ihm und hob die Hand, als der Angesprochene den Mund öffnete und augenscheinlich weiter darüber diskutieren wollte. „Du bist zwar offiziell mein Stiefvater, aber seit du versucht hast, mich im Alter von sechzehn Jahren zu zwingen, dir bei deinen schändlichen Betrügereien zu helfen, bist du für mich nicht länger Teil meiner Familie. Du bist lediglich ein unangenehmer Mensch, den meine Mutter dummerweise geheiratet hat.“
Nigel Wolfe befreite sich aus Skukmans eisernem Griff und zog die Jacke über seinen vorstehenden Bauch. Obwohl er früher einmal einen jungenhaften Charme besessen und attraktiv gewesen war, hatten durchzechte Nächte mit zu viel Alkohol und reichhaltiges Essen inzwischen deutliche Spuren hinterlassen. Nigels fleischige Wangen hingen herab und er hatte eine eher teigige Gesichtsfarbe. Die dunklen Säcke unter seinen Augen verrieten, dass er offensichtlich seit Tagen nicht richtig geschlafen hatte. Seine braunen Haare, die jetzt mit grauen Strähnen durchzogen waren, waren zerzaust, und sein insgesamt ungepflegtes Aussehen konnte nur eines bedeuten:
Er hatte wieder gespielt.
„Ich muss unter vier Augen mit dir sprechen. Es geht um eine Sache von sehr großer Dringlichkeit“, erklärte Nigel.
Lucetta verkniff sich ein Seufzen. „Natürlich.“ Sie nickte Skukman zu und tat, als bemerke sie den ungläubigen Blick nicht, mit dem ihr Leibwächter sie bedachte. Dann drehte sie sich auf ihrem bestrumpften Fuß um und kehrte wieder in ihre Garderobe zurück. Sie setzte sich auf den Schminkhocker und beobachtete Nigel im Spiegel, während Skukman die Tür anlehnte und dann davor Stellung bezog.
Ein galliger Geschmack erfüllte ihren Mund, als Nigel durch den Raum schritt, sich auf ein Sofa fallen ließ und dabei die Perücke zerdrückte, die sie kurz zuvor abgenommen hatte. Er begann sofort, sich neugierig umzusehen.
„Über welche Sache von großer Dringlichkeit willst du mit mir sprechen?“, war sie schließlich gezwungen zu fragen, da Nigel vergessen zu haben schien, warum er gekommen war, und weiterhin den Raum musterte.
„Sind das echte Diamanten?“ Er deutete mit dem Kopf zu einer Halskette, die an ihrem Spiegel hing.
Sie nahm eine Cremedose, tauchte einen Finger hinein und tupfte die Creme kräftiger als nötig unter ein Auge. Als sie sich dabei unabsichtlich kratzte, verzog sie das Gesicht. „Ich denke schon, aber da Mr Skukman diese Kette noch heute Abend einem gewissen Mr Dover zurückgeben wird, spielt das keine Rolle.“
„Du gibst die Kette zurück?!“
„Da ich nicht die Absicht habe, den Preis zu zahlen, den Mr Dover zweifelsohne erwartet, falls ich dieses Zeichen seiner Zuneigung behalte, gebe ich sie selbstverständlich zurück.“ Lucetta nahm ein Taschentuch und begann, das Auge zu betupfen, das jetzt zu tränen begonnen hatte.
„Das ist unglaublich dumm von dir, meine Liebe. Damit lässt du dir eine erstklassige Gelegenheit entgehen, dir ein Vermögen zu sichern.“
Lucetta legte das Taschentuch weg und fuhr herum. „Ich kann mir zwar nichts Reizvolleres vorstellen, als mit dir über meine Verehrer und ihre unangebrachten Geschenke und Erwartungen zu sprechen, aber sag mir lieber, was du in New York machst. Und wo ist Mutter?“
„Sie ist zu Hause in Virginia auf Plum Hill und mit den Vorbereitungen für eine Abendgesellschaft beschäftigt, die sie morgen gibt.“
„Weiß sie, dass du hier bist?“
„Wer, glaubst du, hat darauf bestanden, dass ich dich aufsuche, nachdem ich in eine etwas peinliche Lage geraten bin?“
Etwas, das sich verdächtig nach Schmerz und Verletztheit anfühlte, regte sich in Lucetta. Sie hatte nie eine enge Beziehung zu ihrer Mutter gehabt, da sie ihrem Vater schon immer ähnlicher gewesen war, aber –
„Wenn du einfach so freundlich wärst, mir die Eigentumsurkunde für Plum Hill auszuhändigen, lasse ich dich wieder in Ruhe.“
Der Schmerz verflog schlagartig.
„Entschuldige, Nigel, aber du hast mich doch nicht wirklich um die Eigentumsurkunde für Plum Hill gebeten, oder?“
„Es schmerzt mich zwar zutiefst, dass ich dich darum bitten muss, da diese Urkunde im Grunde von vornherein in meinem Besitz hätte sein sollen, aber ja: Ich habe dich um die Eigentumsurkunde für Plum Hill gebeten. Und ich brauche sie noch heute Abend.“
„Sag jetzt nicht, dass du schon wieder versucht hast, die Plantage zu verspielen!?“
„Ich habe es nicht nur versucht, meine Liebe, leider ist es mir dieses Mal auch gelungen.“
„Falls ich dich daran erinnern muss: Plum Hill gehört dir nicht und du kannst die Plantage deshalb nicht verspielen.“
„Das ist mir sehr wohl bewusst, aber als ich die Eigentumsurkunde für Plum Hill als Einsatz beim Kartenspiel anbot, hatte ich nicht die Absicht zu verlieren. Ich war mir absolut sicher, dass ich mit dem Blatt, das ich auf der Hand hatte, gewinnen würde, aber …“
Nigel erschauerte leicht, dann zog er eine Taschenuhr heraus, warf einen Blick darauf und erschauerte erneut. „Ich stehe ein wenig unter Zeitdruck. Wenn du mir die Eigentumsurkunde also bitte einfach holen würdest, wäre ich dir sehr dankbar. Und auch deine Mutter, die mich, wie ich noch einmal betonen möchte, ermutigt hat, dich aufzusuchen.“
Lucetta kniff die Augen zusammen. „Wenn Mutter so erpicht darauf war, dich dazu zu ermutigen, sie obdachlos zu machen, warum hat sie dich dann auf deiner Fahrt nach New York nicht begleitet?“
Nigel begann, seine Taschenuhr zu inspizieren. „Ich habe dir doch gesagt, dass sie morgen eine Abendgesellschaft ausrichtet. Außerdem weißt du ganz genau, dass es Susannah nicht gefällt, mit der Tatsache konfrontiert zu werden, dass ihre Tochter ihren Lebensunterhalt als Theaterschauspielerin verdient.“
„Mutter gefällt es bestimmt auch nicht, mit der Tatsache konfrontiert zu werden, dass sie in ihrem eigenen Haus keine Abendgesellschaften mehr ausrichten kann. Da stellt sich doch die Frage, ob sie dich wirklich ermutigt hat, mich aufzusuchen.“
Nigels Kopf fuhr hoch. „Gibst du mir jetzt die Eigentumsurkunde oder nicht?“
„Nein, das werde ich nicht. Und das war dir wahrscheinlich von vornherein bewusst, aber selbst wenn ich völlig den Verstand verloren hätte und dir die Urkunde geben wollte, könnte ich es nicht, weil sie nicht länger in meinem Besitz ist.“
„Du hast Plum Hill verkauft, ohne dich vorher mit mir zu beraten?“
„Sei nicht lächerlich. Glaubst du wirklich, ihr könntet weiterhin auf Plum Hill wohnen, wenn ich die Plantage verkauft hätte? Wie du dich sicher erinnerst, habe ich meinem Vater auf dem Sterbebett...
Erscheint lt. Verlag | 18.6.2018 |
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Übersetzer | Silvia Lutz |
Verlagsort | Asslar |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Schlagworte | Braut • Historischer Roman • Liebesroman • Schloss |
ISBN-10 | 3-96122-324-6 / 3961223246 |
ISBN-13 | 978-3-96122-324-4 / 9783961223244 |
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