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Der Clewiston-Test (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018
Heyne Verlag
978-3-641-23140-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Clewiston-Test - Kate Wilhelm
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Der Preis des Fortschritts
Die junge Anna Clewiston forscht an etwas, das unsere Welt für immer verändern könnte: einem Mittel, mit dem man den Schmerz für immer besiegen könnte. Sie steht kurz vor dem Durchbruch - und ihre Ehe kurz vor dem Ende, denn die unermüdliche Forschungsarbeit stellt Anna und ihren Ehemann Clark, der ebenfalls an dem Projekt arbeitet, auf die Probe. Als mit den Schimpansen, die Anna als Labortiere benutzt, etwas nicht zu stimmen scheint, wird der Druck, unter dem die Forschergruppe steht, offenbar. Das Serum an Menschen zu testen ist nicht mehr vertretbar, doch die Firma braucht dringend einen Erfolg. Anna muss eine Entscheidung treffen, die sie am Ende nicht nur ihren Job, sondern auch ihre Ehe kosten könnte ...

Kate Gertrude Meredith wurde am 8. Juni 1928 in Toledo, Ohio geboren. Nach ihrem Highschool-Abschluss arbeitete sie zunächst als Model, Telefonistin und Schreibkraft, ehe sie 1947 Joseph Wilhelm heiratete. Sie begann 1956 mit dem Schreiben von Science-Fiction-Kurzgeschichten; noch im selben Jahr erschien 'The Pint-Size-Genie' im Magazin Fantastic. 1963 erschien ihr Debütroman 'More Bitter Than Death'. Zwei Jahre später - Wilhelm hatte sich inzwischen von ihrem Mann scheiden lassen und den Schriftsteller Damon Knight geheiratet - veröffentlichte sie ihren ersten Science-Fiction-Roman, 'Der Klon, Wesen aus Zufall', der für den Nebula Award nominiert wurde. Sie etablierte sich als Vertreterin einer weniger technisch, sondern mehr psychologisch orientierten Science-Fiction: für ihren Roman 'Hier sangen früher Vögel' wurde sie 1977 mit dem Hugo und dem Locus Award ausgezeichnet; ein Erfolg, den sie 2006 mit ihrem Sachbuch 'Storyteller' wiederholte. Zudem gewann sie mehrfach den Nebula Award. Zusammen mit Damon Knight und Robin Scott Wilson gründete sie den Clarion Workshop für angehende Phantastik-Autoren, der im Laufe der Jahrzehnte Schriftsteller wie Octavia Butler, Monica Byrne, Cory Doctorow, Kim Stanley Robinson oder Jeff VanderMeer prägte. Sie starb am 8. März 2018 in Eugene, Oregon.

2


 

Gegen neun Uhr regnete es gleichmäßig, und der Regen begann auf den kalten Oberflächen – auf Leitungen, Baumstämmen und Brücken – zu gefrieren. Bob Klugman stand am Fenster von Edward Helversons Büro und sah hinaus. Hinter ihm blätterte Jack Newell den Report der Produktionsabteilung durch, murmelte ab und zu etwas vor sich hin und machte sich Notizen. Er hatte den Rechenschaftsbericht das ganze Wochenende über zu Hause gehabt, aber nicht die Zeit gefunden, ihn sich zu Gemüte zu führen. Er war furchterregend, dachte Bob Klugman, der nicht zusehen konnte, wie der junge Mann den Text fast so schnell überflog, wie er blättern konnte. Ein Erfolg des Schnelllesekurses natürlich. Er sollte auch einen solchen Kurs belegen. Er brauchte es ja gar nicht zu erwähnen, es einfach tun und die Ergebnisse für sich sprechen lassen. Er nippte schwarzen Kaffee und wusste, dass er überhaupt keinen Kurs mehr besuchen würde. Die Schiffsuhr an der Wand schlug neun, und er überprüfte seine Armbanduhr. Helverson würde innerhalb von dreißig Sekunden zur Stelle sein. Keine Verspätung über eine halbe Minute lautete sein Motto. Also bestell die anderen zehn Minuten zu früh. Bob nahm noch einen Schluck. Er hatte nicht gefrühstückt und empfand einen sauren Geschmack im Mund; der Kaffee war bitter. Ich darf keinen Zucker mehr nehmen, nicht mehr rauchen, nicht lange aufbleiben und wozu das alles, fragte er sich und beobachtete, wie das Wasser die Scheiben hinablief. Wozu, zum Teufel? Sechzig. Noch fünf Jahre, dann war es vorbei. Und wozu? Selbst in dem Bewusstsein, dass diese Gedanken nur eine Montagmorgen-Stimmung waren, konnte er sie nicht abschütteln. Es lag an dieser verdammten Blätterei von Newell, der irgendetwas Idiotisches beweisen, eine Schau abziehen wollte. Wenn er tatsächlich so penibel wäre, hätte er diese Fleißarbeit zu Hause oder in seinem eigenen Büro gemacht und nicht hier. Die Tür ging auf, und Edward Helverson trat ein. Er war 1,80 m groß, mit vorzeitig ergrautem Haar und sah aus, als sei er aus dem Stoff, aus dem man Direktoren macht. Er wirkte vertrauenswürdig und offen, verband Freundlichkeit mit Zurückhaltung, und wies die Gesundheit und schlanke Statur auf, die dem Stress, Direktor einer Gesellschaft oder zweiter Direktor eines Konzerns zu sein, standhalten konnte, mit einem Auge auf den Generaldirektorsstuhl innerhalb weiterer zehn Jahre. Mit fünfundvierzig war er auf dem Wege zum höchsten Gipfel.

Jack Newell stand abseits, während Helverson Bob Klugmans plumpe Hand ergriff und herzlich schüttelte. Jack Newell war schlank, dunkelhaarig und so unauffällig, wie ein Assistent es sein sollte. Er und Helverson reichten sich nicht die Hand. Als Helverson sich ihm zuwandte, neigte er fast unmerklich den Kopf, und Bob fühlte sich unbehaglich bei der Erkenntnis, dass eine Nachricht ausgetauscht worden war.

»Bob, wie geht's? Was gibt's Neues?«

Bob zuckte die Achseln, da er nie genau wusste, was man auf eine solche Frage antworten sollte. Wollte er wirklich wissen, was bei R & D vorging, oder machte er Konversation, um sich für den tatsächlichen Anlass dieser Vorbesprechung einzustimmen?

»Setz dich, Bob. Noch Kaffee da? Ist er noch warm?« Helverson goss sich eine Tasse dampfenden Kaffee ein und setzte sich; er ging nicht hinter seinen riesigen leeren Schreibtisch, sondern entschied sich stattdessen für einen von zwei Ledersesseln, zwischen denen ein Tischchen stand. Bob nahm in dem anderen Sessel Platz, ihm war unbehaglich, und er spürte das Verlangen nach einer Zigarette. Auf dem Tisch stand ein Aschenbecher, doch der polierte Onyx sah aus, als sei er noch nie benutzt worden.

»Wir haben Schwein gehabt, Bob«, sagte Helverson. »Einen unglaublichen Glücksfall. Wie schnell kannst du alles für die Schwangerschaftstests und die Teratologieversuche mit Clewistons Serum auf die Beine stellen?«

Bob blinzelte rasch. »Ende März haben wir eine Zusammenkunft, damit unsere Pläne sofort umgesetzt werden können, sowie der IND bestätigt ist.«

»Den IND bekommen wir diese Woche zurück, Bob«, entgegnete Helverson und lehnte sich lächelnd zurück.

»Diese Woche?« Bobs Blick wanderte verwirrt von Helverson zu Jack Newell.

»Wir stoßen vor, sowie ihr das Zeug fertig habt. Heute Nachmittag habe ich einen Termin mit Dr. Grove, wo wir alles für die Schwangerschaftstests vorbereiten wollen. Er kann seine Daten in ein, zwei Tagen erstellen, und dann halten wir eine Plenarsitzung ab.«

»Aber unser Arbeitsplan … Es bestehen noch einige Probleme mit der Computerzeit. Wir müssen Blutproben nehmen, die Analysen durchführen …«

Helverson erhob sich und streckte die Hand aus. Das Gespräch war beendet. »Ich weiß, dass du das schaffen kannst, Bob. Die Sache hat Vorrang vor allem anderen. Setzt Überstunden fest, veranlasse alles, was du brauchst. Dies geht vor. Wie es sich gehört«, sagte er nun mit einem Stirnrunzeln. »Denk an das Leiden, Bob, all das unnötige Leiden. Mein Gott, wenn wir für so einen armen Teufel da draußen eine Woche herausschlagen können; einen Tag früher, an dem das Leben für ihn wieder lebenswert wird, ist das die besondere Anstrengung, die es uns hier vielleicht kostet, nicht wert? Wir können das schaffen, Bob. Ich werde auf der Sitzung heute ankündigen, dass wir am fünfzehnten weitermachen. Und das schaffen wir, Bob! Das schaffen wir!«

Bob Klugman wurde zur Tür dirigiert. Einen Augenblick lang setzte er dem sanften Druck Widerstand entgegen. »Aber Anne Clewiston, Mrs. Symons, ist noch nicht zurück.«

»Deshalb zähle ich darauf, dass du sie über jeden Schritt auf dem laufenden hältst. Mein Gott, wenn ich an diese brillante junge Frau denke! Ein Genie, Bob! Eine von den wenigen Gottbegnadeten. Ich verharre vor ihrem Können in Ehrfurcht, Bob! Sie muss in den Aufsichtsrat, so wie es von Anfang an geplant war, und sobald es ihre Genesung gestattet, wird sie das auch.«

Bob Klugman stand schon jenseits des Türrahmens und blinzelte verständnislos. Er dachte an die Flasche in seinem Schreibtisch, zuckte die Achseln und stapfte davon. Neun Uhr, und er hatte schon wieder die Flasche im Kopf! Annie würde ihm den Hals umdrehen, sich zu Helverson durcharbeiten und dem ebenso den Hals umdrehen. Er dachte mit Bedauern an Clark, der es ihr würde beibringen müssen; wieder stand das Bild der Flasche vor ihm, und diesmal beschleunigte er seinen Schritt ein wenig.

 

Clark stand im offenen Türrahmen zu Emory Durands Büro und besah sich die Szenerie, während Emory von dem Mangel an Beachtung erzählte, den alle seiner Abteilung ihm gegenüber an den Tag legten.

Das Tierlaboratorium war der größte Einzelraum im Prather Pharmazie-Komplex. Größer sogar als die Produktionssäle im zweiten und dritten Stockwerk. Der Teil, in dem sie sich befanden, war den Kleintieren gewidmet, den Mäusen, Meerschweinchen, Ratten, sogar einigen Schlangen in Glasbehältern. Am anderen Ende außerhalb von Clarks Blickfeld befanden sich die Katzen- und Hundekäfige. Er hörte das aufgeregte Kläffen der Hunde, die gerade gefüttert wurden, und das gelegentliche Miauen der Katzen. Noch weiter entfernt standen die Primaten, Klammeraffen, Gibbons und Schimpansen, mit denen er und Anne gearbeitet hatten. Zu dieser Tageszeit wimmelte es im Labor von Geschäftigkeit, nun wurden die Tiere gefüttert, Stuhl- und Urinproben gesammelt, Blutproben entnommen. Tiere wurden von den Nachtkäfigen zu den Tagesbeobachtungen in verschiedene Gemeinschaftsanlagen verlegt. Gestalten in weißen Mänteln liefen zwischen den Tieren herum und schoben Wägelchen mit Futter, Untersuchungsgeräten und Transportkäfigen vor sich her. Das Labor glänzte fleckenlos und wies praktisch keinerlei Geruch auf.

Emory Durand war der Abteilungsleiter hier. Er war Tierarzt, und es kursierte das Gerücht, er habe diesen Posten nur übernommen, um nicht selbst Tiere umbringen zu müssen. Er selbst wohnte niemals einer Tötung oder Autopsie bei. Das ganze Laborpersonal hatte ihm im geheimen den Spitznamen Noah gegeben. Die Sauberkeit seines Labors spiegelte sich in seinem Büro und seiner Person wider. Er trug auf Hochglanz polierte, weiße Schuhe. Seine weißen Hosen hatten korrekte Bügelfalten. Sein Laborkittel wies kein Fleckchen auf. Man behauptete, Noah staube jedes Mal seinen Stuhl ab, ehe er Platz nahm. Er hatte dünnes, kurzgeschnittenes aschblondes Haar und bleiche, ungesund wirkende Haut; nichtsdestotrotz fehlte er keinen Tag und klagte niemals über irgendwelche Beschwerden. Er war Vegetarier und pflegte keinerlei Laster. Insgesamt ein jämmerlicher Typ, den jeder automatisch ablehnen müsste, dachte Clark. Doch niemand lehnte Emory Durand ab. Er war einer der beliebtesten Leute in der Erdgeschosssektion. Seine eigenen Leute fürchteten und achteten ihn und vertrauten ihm, wenn notwendig, ihre Schwierigkeiten an, und auch außerhalb seiner Abteilung wurde er bewundert und geschätzt. Anne hatte einmal gesagt, dies läge daran, weil er die Menschen mit der gleichen ernsten Höflichkeit behandle, die er seinen Tieren entgegenbrachte. Clark hatte es schlichter formuliert: er war vertrauenswürdig. Das sagte für ihn alles über Emory Durand. Emory hob seine Stimme ein wenig, was für Clark ein Zeichen war, dass er seine Aufmerksamkeit und seine Betroffenheit erregen wollte. Er hörte ihm zu.

»Ich rechne fest damit, dass eines Tages hier eine Elefantenherde auftauchen wird. ›Kümmern Sie sich darum!‹, wird irgendeiner sagen und verduften. Und ich frage dich, Clark, wie viele Tiere, meinen die eigentlich, kann man auf einem begrenzten Raum unterbringen? Wie viele?«

Noahs Arche war vollgepackt, gab Clark im Stillen zu. Keiner wagte ihn aufzumuntern, da sich alle in gewissem Maß mitschuldig fühlten. Emory...

Erscheint lt. Verlag 25.6.2018
Übersetzer Sylvia Pukallus
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Clewiston Test
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte diezukunft.de • eBooks • mad scientist • Medizin • Nahe Zukunft • Near future • science thriller
ISBN-10 3-641-23140-X / 364123140X
ISBN-13 978-3-641-23140-8 / 9783641231408
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