Widerspruch
Transit (Verlag)
978-3-88747-366-2 (ISBN)
Justizgeschichte ist Kulturgeschichte. Ein Blick in die Gerichtssäle zeichnet oft ein schärferes Bild der Gesellschaft als es ein ganzer Zirkel angesehenster Soziologen zustande bringen kann. In diesem Buch schreibe ich über Menschen, die seit dem Ende der 60er Jahre bis heute mit der Justiz aneinandergerieten und zu ›Fällen‹ wurden, die ich vor Gericht ausgefochten habe.Hartmut Wächtler
Wächtler berichtet spannend, fundiert und mit einer gepfefferten Prise Ironie von den ersten Verfahren während der 68er-Studentenproteste, von Prozessen gegen »Rädelsführer« wie Rolf Pohle, gegen Feministinnen wie Ingrid Strobl, Bürgerinitiativen (Wackersdorf), antiautoritäre Zeitschriften (das BLATT), gegen Kollegen, die Berufsverbote bekommen sollten, gegen Studenten, die sich mit der heftig braunen Vergangenheit ihrer Professoren beschäftigten, oder West- und Ostspione nach der Wiedervereinigung.
Manche dieser Prozesse liefen bis zum Bundesverfassungsgericht. In fast allen Fällen waren es »Gesinnungen«, also nicht in erster Linie Taten, um die es ging, sondern um unbequeme oder radikale politische Haltungen, die dem konservativen Gesellschaftsbild von Polizei und/oder Gerichten zuwiderliefen.
Hartmut Wächtler, geboren 1944 in Bayreuth, studierte Jura in Berlin und München und arbeitete schon vor seiner Zulassung als Anwalt in der studentischen Rechtshilfe. Er lebt und arbeitet in München und in Niederbayern. »Pfeifen und Johlen gehört zur Meinungsfreiheit«, sagt er, »und wenn er vor Gericht auftritt, lässt er sich nichts gefallen.« (Süddeutsche Zeitung).
Heribert Prantl Prantls Leseempfehlung – in Prantls Blick, dem wöchentlichen Newsletter der Süddeutschen Zeitung
Ich empfehle Ihnen heute ein Buch, das ich mir am Freitag und Samstag auf eine Dienstreise mitgenommen hatte; ich wollte es eigentlich nur durchblättern – aber ich habe mich festgelesen, es mit wachsender Spannung gelesen, von vorn bis hinten, vom Vorwort, das Christian Ströbele geschrieben hat, bis zur letzten Seite 173.
16.9.2018
Es ist ein soeben erschienenes Buch des Münchner Strafverteidigers Hartmut Wächtler, der, wie sich zeigt, nicht nur gut verteidigen, sondern auch gut erzählen und schreiben kann. Es ist kein eitles, kein geckenhaftes, sondern ein sehr lehrreiches Buch über sogenannte politische Prozesse. Das Buch ist ein Zeit- und Zeitenspiegel, es ist ein Porträt der politischen Geschichte der Bundesrepublik und der lokalen Geschichte von München, wie man es aus dieser Perspektive selten lesen kann. Es ist ein Buch darüber, wie und warum Wächtler politischer Strafverteidiger geworden ist, ein Buch über die außerparlamentarische Opposition, über studentische Rechtshilfe, die Politisierung und Entpolitisierung der Studentenschaft, ein Buch über Achtundsechzig, ein Buch darüber, wie Rechtsanwälte einer, man muss das leider so sagen, verbohrten bayerischen Rechtspflege auf die Sprünge halfen. „Staatsfromme Justiz in München“ ist eines der Kapitel überschrieben.
Das Kapitel über Rolf Pohle gehört zu den besonders eindrucksvollen Kapiteln des Buches. Wächtler, der den RAF-Terroristen verteidigt hat, schildert, wie maßlose Verurteilung des Studentenführers Pohle dazu beigetragen hat, dass dieser den Weg des gewalttätigen Linksextremismus einschlug.
Wächtler schreibt über die Prozesse gegen Feministinnen; gegen Studenten, die sich mit der braunen Vergangenheit ihrer Professoren befassten; gegen Kollegen, die Berufsverbote bekommen sollten. Wächtler ist dabei kein Agitator, er schreibt zwar bissig und gepfeffert, aber manchmal auch mit abgeklärter Nachsicht. Man erfährt viel über die Justiz in diesem Buch; es ist daher ehrlicher und lehrreicher, als es die ziselierten Strafrechts-Moritaten von Ferdinand von Schirach sind.
Seine eigene Familiengeschichte spart Hartmut Wächtler nicht aus: Sein Vater war der Nazi Fritz Wächtler, NSDAP-Gauleiter der Bayerischen Ostmark und SS-Obergruppenführer, der in den letzten Kriegstagen vom Exekutionskommando seines NS-Rivalen Ludwig Ruckdeschel erschossen wurde. Hartmut Wächtler war damals fünf Monate alt. „Es gab in meiner Familie keine Diskussionen über das Dritte Reich“ – schreibt Wächtler; und erzählt, wie er aufgeklärt wurde.
Wenn es um Bürgerrechte geht und dem Staat die Rote Karte gezeigt wird, war und ist Wächtler nicht weit.
Süddeutsche Zeitung
Erscheinungsdatum | 24.08.2018 |
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Vorwort | Christian Ströbele |
Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Gewicht | 350 g |
Einbandart | gebunden |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft | |
Geschichte ► Teilgebiete der Geschichte ► Kulturgeschichte | |
Geisteswissenschaften ► Sprach- / Literaturwissenschaft ► Literaturwissenschaft | |
Recht / Steuern ► Allgemeines / Lexika | |
Recht / Steuern ► Rechtsgeschichte | |
Recht / Steuern ► Strafrecht | |
Schlagworte | Autobiographie • Berufsverbote • Bürgerinitiativen • Bürgerrecht • Bürgerinitiativen • Bürgerrecht • Justizgeschichte • Kulturgeschichte • RAF-Prozesse • Rechtshilfe • Strafrecht • Studentenproteste |
ISBN-10 | 3-88747-366-3 / 3887473663 |
ISBN-13 | 978-3-88747-366-2 / 9783887473662 |
Zustand | Neuware |
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