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Midnight, Texas - Nachtschicht (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2018
Heyne Verlag
978-3-641-22088-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Midnight, Texas - Nachtschicht - Charlaine Harris
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Mysteriöses ereignet sich in Midnight, in Texas: Aus dem örtlichen Pfandleihhaus verschwinden Waffen, nur um später an den Schauplätzen dramatischer Selbstmorde wieder aufzutauchen. Vampir Lemuel ist sofort klar, dass es hier nicht mit rechten Dingen zu geht. Bei seinen Recherchen findet er heraus, das die rätselhafte Selbstmordserie etwas mit Midnight selbst zu tun hat. Denn es gibt einen Grund, warum sich Hexen, Vampire, Werwölfe und Schattengeschöpfe aller Art in Midnight so wohl fühlen. Einen Grund, der selbst einem gestanden Vampir die Haare zu Berge stehen lässt ...

Charlaine Harris wuchs im Mississippi-Delta auf und begann schon in frühen Jahren mit dem Schreiben. Mit ihren Mystery-Romanen zählt sie zu den New-York-Times-Bestsellerautorinnen, ihre erfolgreiche Buchreihe True Blood wurde als große TV-Serie verfilmt. Charlaine Harris lebt mit ihrer Familie in Arkansas.

1

Am nächsten Abend trafen sich die Bewohner Midnights in Bobo Winthrops Pfandleihhaus, in dem dieser tagsüber selbst auch arbeitete.

Der Laden befand sich in einem sehr alten Gebäude, dessen Holzdielen freundlich knarrten, und bot die seltsamsten Dinge zum Verkauf. Im weitläufigen Eingangsbereich standen zum Beispiel zahllose Stühle jeglichen Alters und in allen erdenklichen Farben und Ausführungen, sodass er sich als gemütlicher Treffpunkt für eine Lagebesprechung der Stadtbewohner geradezu anbot. An der linken Wand neben dem Eingang war ein Ladentisch mit einem Barhocker zu sehen, auf dem Bobo normalerweise saß, wenn Kunden im Laden waren.

Wenn gerade niemand da war, bevorzugte Bobo allerdings seinen mit Samt bezogenen Lieblingslehnstuhl. Der war zwar ziemlich alt und bereits ein wenig durchgesessen, aber Bobo fand ihn trotzdem sehr bequem und nebenbei auch noch hübsch. Er hatte ihn so gedreht, dass er den ganzen Laden im Blick hatte – von den überladenen Regalen, die die seltsamsten Hinterlassenschaften der menschlichen Spezies beherbergten, bis zu den Schaukästen, in denen es glänzte und glitzerte. Es gab zum Beispiel ein ganzes Regal mit verschiedensten Schleifmaschinen, während sich in einem anderen unzählige Kaugummiautomaten aneinanderdrängten. Und natürlich war da auch noch der Schmuck – egal ob echt oder eindeutig unecht.

In einer etwas abgelegenen Ecke im hinteren Teil des Ladens lagerten schließlich die Gegenstände, die möglicherweise magische Fähigkeiten besaßen. Fiji Cavanaugh, die Hexe, die gleich auf der anderen Seite der Witch Light Road wohnte, hatte ihm vor einiger Zeit vorgeschlagen, sich jedes Objekt genauer anzusehen, bevor Bobo es zum Verkauf anbot.

Heute Abend war Fiji die Erste, die den Laden betrat. Sie lächelte, als sie Bobo sah, und nahm in einem Stuhl Platz, von dem aus sie die anderen Gäste im Blick haben würde. Die Hexe war Ende zwanzig, hatte braune Augen, einen herrlich kurvigen Körper und golden schimmernde Haut – zumindest an den Stellen, die sie nicht ständig vor der texanischen Sonne schützte.

Der Rev und sein Schützling Diederik kamen als Nächstes und ließen sich direkt neben Fiji nieder. Der Rev war ein kleiner, knochiger Mann, der selten sprach und irgendwie ausgedörrt wirkte. Seine schütteren schwarzen Haare waren sorgfältig nach hinten gekämmt, und er trug jeden Tag dasselbe: ein weißes Hemd, schwarze Hosen, einen schwarzen Mantel, einen schwarzen Cowboyhut, Cowboystiefel und eine Schnürsenkelkrawatte mit einem türkisfarbenen Stein. Er hatte scheinbar irgendwann beschlossen, dass sein Leben um einiges einfacher werden würde, wenn er sich keine Gedanken über seine Kleidung machen musste.

Diederik war das genaue Gegenteil seines älteren Begleiters, denn er wirkte kerngesund und strotzte geradezu vor Lebensfreude. Der Junge sah aus wie neunzehn, und man mochte glauben, dass er wie Marina Desoto das erste Jahr aufs College ging – doch das war ein Trugschluss. Diederik hatte ein breites, olivfarbenes Gesicht, leicht schräg stehende, violette Augen und dichte, dunkle Haare. Er hatte die Statur eines Wrestlers, doch er bewegte sich unerwartet anmutig.

Bevor er sich setzte, drückte er Fiji einen Kuss auf die Wange. Sie lächelte und hoffte, dass es möglichst mütterlich wirkte. Als sie Diederik vor ein paar Monaten kennengelernt hatte, war er noch ein kleiner Junge gewesen, doch mittlerweile war ein erwachsener Mann mit einem großen Interesse am weiblichen Geschlecht aus ihm geworden.

Fijis Blick wanderte zu Olivia Charity, die außer ihr die einzige Frau in der Runde war. Hatte Olivia ebenfalls gemischte Gefühle, was Diederik betraf? Nein. Sie spürte, dass Olivia nichts dergleichen empfand. Diederik war bloß ein kleiner, unbedeutender Punkt auf Olivias Radar.

Kurz darauf wandte sich Olivia an Fiji und erzählte ihr, über wen sie gerade wirklich nachgedacht hatte. »Lemuel arbeitet noch immer an der Übersetzung der Bücher«, seufzte sie, obwohl Fiji gar nicht danach gefragt hatte. »Ich habe das Gefühl, als hätte er nichts anderes mehr im Sinn als diese verdammten alten Schinken.«

»Ach du meine Güte«, erwiderte Fiji, weil ihr einfach nichts Besseres einfiel. Sie wusste zwar, dass Lemuel so hoch konzentriert arbeiten konnte, aber auch sie hatte ihn noch nie so erlebt. Die Bücher, von denen die Rede war, waren jahrzehntelang im Pfandleihhaus versteckt gewesen – und genauso lange hatte Lemuel nach ihnen gesucht. Irgendwann hatte Lemuel das Pfandleihhaus an Bobo verkauft, wobei er weiterhin die Nachtschicht im Laden übernahm. Bobo hatte die Bücher zwar durch Zufall gefunden, doch er hatte nichts von ihrer Wichtigkeit geahnt und sie mit in seine Wohnung genommen, um sie sich eines Tages genauer anzusehen. Inzwischen hatte Lemuel erkannt, dass er die Sprache, in der eines der Bücher verfasst war, nicht beherrschte, und natürlich war ausgerechnet dieses Buch das Wichtigste von allen, obwohl Fiji keine Ahnung hatte, warum eigentlich.

Chuy Villegas und Joe Strong, die gemeinsam die Antique Gallery und das angeschlossene Nagelstudio führten, nickten Bobo freundlich zu, als sie den Laden betraten. Chuy klopfte Fiji auf die Schulter, und Diederik erhob sich und umarmte die beiden, bevor er ihren Hund am Kopf kraulte. Chuy und Joe ließen sich nebeneinander nieder, und Rasta, ihr kleiner Pekinese, wanderte schnuppernd umher, begrüßte alle Anwesenden und legte sich schließlich vor Chuys Füße.

Manfred Bernardo, ein Hellseher, der das Haus nebenan von Bobo gemietet hatte, eilte herein, wählte einen Stuhl neben seinem Vermieter und begrüßte die anderen mit einem Handzeichen oder einem kurzen Hallo. Manfred war fast genauso klein und dürr wie der Rev, und seine zahllosen Piercings erzielten einen durchaus dramatischen Effekt. Vor Kurzem hatte er außerdem begonnen, sich tätowieren zu lassen, und nun schob er den Ärmel seines T-Shirts hoch, um Fiji sein neuestes Tattoo zu zeigen. Es war ein Uroboros. Fiji schüttelte lächelnd den Kopf.

»Warum setzt du dich freiwillig solchen Schmerzen aus?«, fragte sie.

»Weil es meine Kunst von mir verlangt«, erwiderte Manfred übertrieben dramatisch, und alle lachten. Er betrachtete sein Tattoo bewundernd und meinte dann: »Außerdem finde ich, dass ich damit wie ein richtig harter Kerl aussehe.«

Keiner der Anwesenden brachte zur Sprache, warum sie heute hier zusammengekommen waren.

Sie warteten auf Lemuel, der jedoch erst kommen würde, nachdem die Sonne untergegangen war, was Anfang Oktober kurz vor halb acht geschah.

Eine der zahllosen Uhren im Pfandleihhaus schlug zur halben Stunde, und eine Minute später stieg Lemuel die Treppe von seiner Kellerwohnung zum Laden hoch. Er nahm zu Bobos Linken Platz, und mit seiner Anwesenheit hatten alle das Gefühl, dass sie vollständig waren.

Die beiden Männer waren genauso verschieden wie der Rev und Diederik. Bobo wirkte eigentlich immer entspannt, und obwohl er mittlerweile in den Dreißigern war, seine Haare langsam heller wurden und sein Blick irgendwie traurig wirkte, hätte er immer noch eine gute Figur als Model für ein zwangloses, aber teures Produkt – wie etwa eine Sonnenbrille – gemacht. Lemuel wäre hingegen niemals als Mensch durchgegangen. Dafür war seine Haut viel zu weiß, und seine Augen waren seltsam grau. Außerdem bewegte er sich nicht einmal wie ein Mensch.

»Kannte jemand von euch den Mann, der sich gestern Abend umgebracht hat?«, fragte Fiji in die kleine Runde. »Er hieß Joshua Allen, oder?«

»Das stand zumindest in den Nachrichten.«

»Also ich kannte ihn nicht«, erwiderte Lemuel, und seine raue Stimme schien überhaupt nicht zu seiner strahlend weißen Erscheinung zu passen. »Aber ich kannte die Erste.«

Einen Moment lang herrschte absolute Stille.

»Die Erste? Was meinst du damit?«, fragte Olivia.

»Die Erste, die sich dort umgebracht hat.« Lemuels blassgraue Augen wanderten von einem zum anderen. Falls er darauf wartete, dass jemand zustimmend nickte, wurde er enttäuscht.

Fiji sah ihn verblüfft an. »Wann war denn das? Vor zehn Jahren?« Manchmal verloren Vampire jegliches Zeitgefühl.

»Nein, vor einer Woche«, erwiderte Lemuel ausdruckslos. »Es geschah letzten Dienstag um drei Uhr morgens. Eine Obdachlose hat sich direkt unter der Ampel an der Kreuzung erstochen. Ich kannte sie flüchtig. Ihr Name war Tabby Ann Masterson.«

Sogar Olivia hatte nicht mit diesem Paukenschlag gerechnet. »Davon hast du mir ja gar nichts erzählt«, meinte sie.

»Ich bin nicht davon ausgegangen, dass es etwas mit Midnight zu tun hat«, erwiderte er. »Und außer mir war niemand wach.«

Lemuel schlief am Tag und arbeitete die Nacht über im Pfandleihhaus, das sich direkt an der Kreuzung zwischen der Witch Light Road und dem Davy Highway befand, die beide durch Midnight verliefen. Obwohl er die meiste Zeit hinter dem Ladentisch saß, hatte er die Kreuzung mehr oder weniger immer im Blick, und wenn er näher ans Fenster trat, sah er sie noch besser.

Fiji brachte das Schweigen der anderen ein wenig zum Schmunzeln. Selbst wenn Lemuel der Kreuzung den Rücken zugewandt hätte, als der Selbstmord passiert war, hätte ihn niemand infrage gestellt. Lemuel war der älteste Bewohner der Stadt, den mehr als hundert Jahre von den anderen trennten, und er war nicht dafür bekannt, Scherze zu machen oder sich etwas einzubilden.

»Ich kannte Tabby Ann auch«, meinte sie schließlich. »Sie kam einmal zu mir und war scheinbar auf der Suche nach meiner Großtante. Offensichtlich hat Tante...

Erscheint lt. Verlag 8.10.2018
Reihe/Serie Midnight, Texas-Serie
Midnight, Texas-Serie
Übersetzer Sonja Rebernik-Heidegger
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Night Shift - Midnight, Texas Book 3
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Bestsellerautorin • eBooks • Fantasy • Hexen • Horror • Sookie Stackhouse • True Blood • TV-Serie • Urban Fantasy • Vampire • Werwölfe
ISBN-10 3-641-22088-2 / 3641220882
ISBN-13 978-3-641-22088-4 / 9783641220884
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