Magie? Gibt es nicht! Alles lässt sich wissenschaftlich erklären! Das ist Purpurs Standpunkt, als er auf einem rückständigen Planeten landet. Er schert sich nicht um die Gebräuche der Eingeborenen, die ihm mit ihrem Glauben an Magie primitiv erscheinen. Dorfschamane Shoogar macht Purpurs Verhalten so wütend, dass er dessen Landekapsel zerstört. Die Konsequenzen für das Dorf sind fatal, denn die Explosion macht die ganze Gegend unbewohnbar. Allen ist klar, dass es nur eine Lösung für das Problem gibt: Purpur muss zurück zu seinem Raumschiff im Orbit. Aber dafür müssen der Magier und der Wissenschaftler zusammenarbeiten - was erstaunliche und sehr komische Konsequenzen für beide hat ...
David Gerrold wurde am 24. Januar 1944 als Jerrold David Friedmann in Chicago geboren. Er studierte Theaterwissenschaften in Los Angeles und schloss 1967 mit einem B.A. ab. Am 8. September 1966 sah er die erste Folge der TV-Serie Star Trek im Fernsehen und war so begeistert, dass er Produzent Gene L. Coon einen Entwurf für eine Doppelfolge schickte, die dieser allerdings ablehnte. Coon erkannte jedoch Gerrolds Talent und bat ihn um weitere Ideen. Eine davon war 'Kennen Sie Tribbles?', die für den Hugo Award nominiert wurde und heute eine der beliebtesten Star-Trek-Episoden ist. Nachdem er einige Kurzgeschichten in Magazinen veröffentlicht hatte, schrieb Gerrold zusammen mit Larry Niven seinen ersten Roman, die SF-Humoreske 'Die fliegenden Zauberer'. Anfang der Siebzigerjahre folgten die hochgelobten Romane 'Ich bin Harlie' und 'Zeitmaschinen gehen anders', die heute zu den Klassikern des Genres gehören. In den Achtzigern begann Gerrold mit seinem Chtorr-Zyklus, an dem er bis heute arbeitet. Daneben schreibt er weiter Drehbücher, unter anderem zu der für den Nebula-Award nominierten Star-Trek-Fan-Serie 'New Voyages'.
Ich wurde von Pilg, dem Ausrufer, geweckt, der aufgeregt an die Wand meines Nestes hämmerte und keuchte: »Lant! Lant! Jetzt ist es geschehen! Komm schnell!«
Ich steckte den Kopf hinaus. »Was ist geschehen?«
»Das Unglück! Das Unglück!« Pilg hopste vor Aufregung auf und ab. »Ich hab' euch gesagt, dass etwas passieren wird.«
Ich zog den Kopf zurück und griff nach meinen Kleidern. Pilgs Entzücken war beunruhigend. Ich spürte, wie sich mir der Pelz sträubte bei dem Gedanken, was wohl Furchtbares geschehen war …
Pilg, der Ausrufer, hatte schon seit Wochen Unheil prophezeit – wie es seine Gewohnheit war. Zweimal im Jahr pflegte er Katastrophen vorherzusagen, jeweils zu den Äquinoktien. Die Tatsache, dass wir den Einflussbereich der einen Sonne verließen und in den der anderen eintraten, würde die lokalen Zauberformeln fast unwirksam machen. Als wir uns dem Zeitpunkt der Konjunktion näherten – wobei die blaue Sonne vor der Scheibe der roten vorbeiziehen würde –, hatte Pilg seine Warnungen mit immer mehr Nachdruck vorgebracht. Dies war Unheilwitterung: irgendetwas Entsetzliches musste geschehen.
Natürlich trat es meist auch wirklich ein. Danach – und nachdem wir Dorfleute gerettet hatten, was jeweils zu retten war – schüttelte Pilg den schweren Kopf und stöhnte: »Wartet nur auf nächstes Jahr. Wartet nur. Da wird es noch viel schlimmer kommen.«
Manchmal machten wir uns über ihn lustig und sagten im Spaß voraus, dass Pilgs ›nächstes Jahr‹ ganz gewiss das Ende der Welt bringen würde …
Ich ließ die Leiter hinunter, und einen Augenblick später stand ich neben Pilg im Gras. »Was ist los?«
»Oh, ich habe euch gewarnt, Lant, ich habe euch gewarnt! Vielleicht werdet ihr mir jetzt glauben. Aber gewarnt hab' ich euch – keiner kann sagen, dass ich euch nicht gewarnt hätte. Die Vorzeichen waren deutlich genug an den Himmel geschrieben. Was für Beweise hättet ihr noch haben wollen?«
Er meinte die Monde. Sie begannen sich alle auf der einen Seite des Himmels zu versammeln. Shoogar der Magier hatte verkündet, dass bald die Zeit der völligen Finsternis anbrechen würde – vielleicht schon heute Nacht –, und Pilg hatte das sofort als weiteres unheilvolles Omen ausgelegt.
Als wir durch das Dorf eilten, versuchte ich aus Pilg herauszubringen, was nun eigentlich geschehen war. Hatte der Fluss seinen Lauf geändert? War einem der Dorfleute das Nest vom Baum gefallen? War unser Vieh unvermutet zugrunde gegangen? Pilg war jedoch so aufgeregt darüber, schließlich doch recht behalten zu haben, dass er sich selbst nicht genauer erkundigt hatte, was überhaupt geschehen war.
Einer der Hirten aus den Bergen war anscheinend voll Entsetzen ins Dorf gerannt gekommen und hatte etwas von einem neuen Zauberer geschrien. Bis ich Pilg jedoch so weit hatte, dass er diese Information hervorstotterte, waren wir bereits auf dem Dorfplatz angelangt, wo der erschreckte Hirte, an einen der großen Wohnbäume gestützt, vor einer beunruhigten Menge seine Geschichte herauskeuchte. Die Leute drängten sich um ihn und bestürmten ihn mit Fragen. Selbst die Frauen hatten in ihrer Arbeit innegehalten und lauschten aus respektvoller Entfernung ängstlich den Worten des Hirten.
»Ein neuer Zauberer«, schnaufte er. »Ein roter Magier! Ich hab' ihn gesehen!« Jemand reichte ihm einen Schlauch; geräuschvoll sog er einige Schlucke Saft heraus und fuhr schweratmend fort: »Beim Steinmal des Windgottes. Er schleuderte rotes Feuer über die Berge.«
»Rotes Feuer. Rotes Feuer.« Die Männer des Dorfes murmelten aufgeregt durcheinander. »Wenn er rotes Feuer schleudert, muss er ein roter Magier sein.« Plötzlich hörte ich das Wort ›Duell‹. Auch die Frauen mussten es mitbekommen haben, denn sie stöhnten auf und zogen sich ängstlich von der durcheinanderdrängenden Menge der Männer zurück.
Ich schob mich in die Mitte der Versammlung. »Ah, Lant«, sagte einer der Männer. »Hast du gehört? Es soll ein Duell geben.«
»Soll es?«, erkundigte ich mich. »Hast du etwa die Runen des Duells an Shoogars Nest gesehen?«
»Nein, aber …«
»Woher willst du dann wissen, dass es ein Duell geben wird?«
»Ein roter Zauberer …«, keuchte der Hirte. »Ein roter Magier …«
»Unsinn. Kein roter Zauberer könnte die Kräfte haben, die du beschreibst. Warum wartest du nicht ab, bis du etwas Genaues weißt, bevor du närrische Gerüchte verbreitest, die nur die Frauen und Kinder erschrecken?«
»Du kennst Shoogar so gut wie wir alle! Sobald er entdeckt, dass ein neuer Zauberer in die Gegend gekommen ist, wird er …«
»Willst du damit sagen, dass es Shoogar noch nicht weiß?«
Der Mann schaute mich betroffen an.
Ich hob die Stimme. »Hat irgendjemand daran gedacht, Shoogar zu benachrichtigen?«
Schweigen. Niemand hatte daran gedacht. Meine Pflicht war klar. Ich musste Shoogar hindern, etwas Voreiliges zu unternehmen. Ich eilte durch die Bäume zum Nest des Magiers.
Shoogars Nest war für einen Zauberer genau das Passende, eine verbeulte Kürbisform in einem unheimlichen, gewaltigen schwarzen Baum, der ein gutes Stück außerhalb des Dorfes stand. (Die Ratsgilde wagte nicht, ihn seinen Wohnsitz näher wählen zu lassen: Er experimentierte andauernd mit neuen Zaubersprüchen.)
Ich traf Shoogar bereits beim Zusammenstellen seiner Reiseausrüstung an. Seine heftigen Bewegungen verrieten mir, dass er beunruhigt war. Dann entdeckte ich, was er da zusammenpackte; nun war ich beunruhigt. Das letzte Mal, als er dieses reichverzierte, aus Knochen geschnitzte tarinele verwendet hatte, war Hamel der Nichtsnutz von ihm mit einem Fluch der juckenden roten Beulen bedacht worden.
Ich sah, was er nach dem tarinele einpackte, und zuckte zusammen.
»Ich glaube, das verstößt gegen die Gildenregeln«, sagte ich.
Einen Augenblick lang glaubte ich, er würde mir eine Verwünschung entgegenschleudern. Ich duckte mich und machte instinktiv eine zauberabwehrende Geste – momentan nicht daran denkend, dass Shoogar selbst die Schutzamulette verfertigt hatte, die ich trug; er konnte unmöglich seinen eigenen Schutz durchbrechen, zumindest nicht während der nächsten paar Tage – seine Schutzsprüche würden ihre Kraft verlieren, wenn die Zeit der Blauen Morgen begann.
»Du!«, fauchte er. »Was weißt du schon von Zauberei? Du nennst dich meinen Freund? Du hattest nicht einmal die Freundlichkeit, mich über diesen Störenfried zu informieren!«
»Ich habe bis vor wenigen Augenblicken selber noch nichts von ihm gewusst. Vielleicht ist er erst heute gekommen.«
»Heute gekommen? Und hat sofort begonnen, rotes Feuer herumzuwerfen? Ohne sich erst über die lokalen Götter, Gezeitenmuster, bereits bestehende Zaubermaßnahmen und ihre Nebenwirkungen zu informieren? Lächerlich! Lant, du bist ein Narr. Du bist ein Idiot erster Ordnung, was Zauberei betrifft. Weshalb störst du mich?«
»Weil du ein Idiot bist, was Diplomatie betrifft!«, fauchte ich zurück, mit gesträubtem Pelz. (Ich bin einer der wenigen Männer im Dorf, die vor Shoogar die Haare aufstellen können und es überleben.) »Wenn ich dich in die Berge stürmen lasse, wann immer du dir einbildest, jemand hätte deine Rechte beschnitten, dann würdest du so oft Duelle ausfechten, wie die blaue Sonne aufgeht.«
Shoogar blickte mich an, und ich erkannte aus seinem Gesichtsausdruck, dass meine Feststellung ihn getroffen hatte. »Beruhige dich, Lant. Ich habe nicht gesagt, dass du in allem ein Narr bist. Ich meinte nur, dass du eben kein Zauberer bist.«
»Freut mich, dass du meine Fähigkeiten als Diplomat anerkennst«, sagte ich und entspannte mich. »Wir müssen einander ergänzen, Shoogar. Wenn wir Erfolg haben wollen, sollten wir den Fähigkeiten des anderen gebührenden Respekt zollen. Nur so können wir unser Dorf beschützen.«
»Du und deine verdammten Reden«, knurrte er. »Eines Tages werde ich deine Zunge zur Größe einer sauren Melone anschwellen lassen – nur um ein bisschen Ruhe und Frieden vor dir zu haben.«
Ich ignorierte diese Bemerkung. In Anbetracht der Umstände hatte Shoogar durchaus das Recht, ein wenig gereizt zu sein. Er schloss sein Bündel und zerrte ärgerlich an den Riemen.
»Bist du fertig?«, fragte ich. »Ich lasse Orbur benachrichtigen, er soll zwei Fahrräder bereithalten.«
»Frechheit«, knurrte Shoogar, aber ich wusste, dass er insgeheim dankbar für meine Fürsorge war. Wilville und Orbur, die beiden ältesten meiner Söhne, schnitzten die besten Fahrräder unserer Gegend.
Wir fanden den neuen Zauberer in der Nähe des Steinmals von Musk-Watz, dem Windgott. Jenseits einer tiefen Schlucht, an der das Mal steht, liegt ein weites, leicht nach Süden geneigtes, mit Gras bewachsenes Hochland. Der neue Zauberer hatte sich die Wiese zu eigen gemacht – seine magischen Geräte und Hilfsmittel lagen überall herum.
Als wir unsere ächzenden Fahrräder zum Stillstand brachten, war er eben dabei, mit Hilfe eines seltsamen Gegenstandes einen Zauber auszuführen. Shoogar und ich blieben in respektvoller Entfernung stehen und warteten gespannt.
Der Fremde war etwas größer als ich und ziemlich viel größer als Shoogar. Seine Haut war heller als die unsere und unbehaart bis auf einen einzelnen Fleck schwarzen Pelzes, der komischerweise eben nur die Oberseite seines Schädels bedeckte. Außerdem trug er noch ein eigenartiges Gestell quer auf der Nase. Mir schien, dass es sich um Quarzlinsen handelte, von einer beinernen Fassung gehalten; offenbar wollte der Fremde seine Augen damit schützen, jedenfalls konnte er ungehindert...
Erscheint lt. Verlag | 26.3.2018 |
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Übersetzer | Yoma Cap |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | The Flying Sorcerers |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | diezukunft.de • eBooks • Ferne Zukunft • Fremde Welten • Magie • Notlandung • Science Fantasy • Wissenschaft |
ISBN-10 | 3-641-23129-9 / 3641231299 |
ISBN-13 | 978-3-641-23129-3 / 9783641231293 |
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