Terra 5500 #3 - Sturz auf den Wasserplaneten (eBook)
130 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-1573-0 (ISBN)
...es werden Tage kommen, da wird man schreien und heulen auf Aqualung. Es werden die Tage sein, von denen ICH gesprochen habe, seit ICH euch schuf, damit ihr euch ausbreitet in den Wäldern, an den Küsten und auf den Bergen von Aqualung, Tage des Schmerzes, Tage der Hoffnungslosigkeit. Gleich zu Beginn dieser dunklen Tage wird der Anderstöter aus dem Himmel steigen, der schreckliche Ungott in seiner schwarzen Festung. Er wird Feuer und Erdbeben in eure Mitte werfen, er wird seine Diener aussenden, damit sie euch und eure Schätze verschlingen. So wahr ICH Erztöter bin von Anbeginn: Sie werden sich anschicken Aqualung und euch zu fressen. Und dann erst werden die Herren der Lebendigen innehalten und einander erkennen, und keiner wird mehr das Schwert gegen den anderen erheben, und endlich wird der Heilige Sohn des Erztöters erscheinen, um den Weltenbaum zu besteigen und den Willen des Erztöters zu vollbringen für alle Zeiten, und alle Krieger aller Herren der Lebendigen aus allen Ländern und Königreichen werden ihm huldigen, groß und klein, nackt und pelzig, schwarz und gelb, fett und mager, und sie werden hinter ihm, dem Heiligen König des Erztöters herziehen...
Aus dem Buch der Erzherren der Lebendigen
GETÖTET HATTE VERON noch nie. Schon gar nicht jemanden, dem er Auge in Auge gegenüberstand.
An Bord des Flaggschiffs eines Pionierkampfverbandes konnte es geschehen, dass man Ohrenzeuge eines Befehls wurde, der den Tod über fühlende und denkende Kreaturen brachte; oder Augenzeuge eines Manövers, das keinem anderen Zweck diente, als den Tod über fühlende und denkende Kreaturen zu bringen. Schlimmstenfalls sah man dann ein feindliches Schiff im Viquafeld unter Laserkaskadenbeschuss verglühen; oder infolge von Gravitonbeschuss im Hyperuniversum verschwinden. Schlimmstenfalls fühlte man sich in solchen Fällen als kleines Rädchen einer Maschinerie, die exakt funktionierte und daher auf Todesbedrohung mit todbringenden Waffen reagierte. Wie denn sonst?
Doch selbst in diese Verlegenheit war Veron noch nie geraten. Er zählte erst dreiunddreißig Jahre, war erst zwei Jahre lang Suboberst der Flotte, und die Galaktische Republik Terra galt zurecht als relativ sicherer Ort in jener Zeit, von der hier die Rede ist.
Nun ja – und dann geschah es eben; dann stand Calibo Veron von jetzt auf nun eben doch vor der Alternative sterben zu müssen, oder sterben zu lassen.
Die Zeitangabe in der Fußzeile seines Arbeitssichtfeldes zeigte 54-02-13 18:12:35. Noch war es nicht soweit. Noch dachte der zierliche Schwarze mit keiner Faser seines Nervenkostüms daran zu töten, töten zu müssen; noch dazu jemanden, dem er Auge in Auge gegenüberstand.
In eine halbwegs chronologische Ordnung gebracht, spielten sich die letzten wirklich ruhigen dreiundzwanzig Minuten seines Lebens als Erster Offizier der Johann Sebastian Bach folgendermaßen ab: Zuerst informierte er Bergen, seinen Kommandanten, über den Notfall auf der Brüssel – Blinddarmreizung an Bord des Aufklärers. Ausgerechnet die Frau des Kommandanten Robinson hatte es erwischt. Wie nicht anders zu erwarten, erteilte Bergen die Erlaubnis, Leutnant Zeelia Peer-Robinson in der Klinikabteilung seines Flaggschiffs zu operieren. Veron forderte ärztliches Personal an, um die Kranke im Gasthangar abzuholen. Alles noch kein Problem.
Anschließend klärte er seinen Kommandanten Merican Bergen darüber auf, dass ein Beiboot der Brüssel mit ein paar Männern zur Troja aufgebrochen war, um in der Sporthalle des Schlachtschiffs ein Fußballmatch gegen seine Auswahl der Troja auszutragen.
Er selbst, wäre er Kommandant der Brüssel oder der Troja gewesen, hätte seinen Leuten ein solches Ansinnen rundweg abgeschlagen. Sie waren Geächtete, sie waren auf der Flucht, man suchte sie als Fahnenflüchtige – und dann ein Fußballmatch? Ausgeschlossen! Bergen jedoch, unterwegs in seinem Sparklancer Johann Sebastian Bach 01, sah das anders. Der Kommandant gab sein Okay; nachträglich allerdings.
Veron wunderte sich nicht lange darüber – schließlich war auch Bergen zu einer Art Spiel unterwegs. Jeder an Bord der Johann Sebastian Bach wusste mittlerweile von den schönen Augen der Frau, deren Schiff Bergens Beiboot gerade ansteuerte.
Schließlich unterrichtete er den Kommandanten noch über eine Parafunknachricht auf Flottenfrequenz, die der Kommunikator der Johann Sebastian Bach abgefangen hatte. Es ging um die Rebellen von Genna und jenen Reeder von Doxa IV, der mit ihnen an Bord eines Frachters vor seinem amtlich beschlossenen Tod geflohen war. Bergen wollte seinen Namen wissen – Yakubar Tellim – und die Koordinaten, an denen Einheiten der Flotte die Flüchtlinge zuletzt geortet hatten. Auch das kein Problem.
Danach verschwand der Sparklancer des Kommandanten im Hangar des Zivilkreuzers jener Schönen, und sein Reflex aus dem Ortungssichtfeld. Ihr Schiff hieß übrigens Pegasus.
Veron übergab das Kommando über die Johann Sebastian Bach an Pazifya Corales, die Zweite Offizierin, und machte sich in Begleitung eines Kugelroboters, eines Arztes namens Lucas, und zweier Sanitäter, die er nur flüchtig kannte, auf den Weg zum Hangar, das er für das Beiboot von der Brüssel freigegeben hatte. Calibo Veron fühlte sich persönlich für die Patientin verantwortlich. Immerhin war sie die Frau eines Primoberst und Schiffskommandanten, und Bergen pflegte Gäste an Bord immer mit ausgesuchter Höflichkeit zu begrüßen.
Durch das Sichtfenster der Innenschleuse beobachteten sie, wie die Brüssel 01 – eines von drei Beibooten des Aufklärers – aus dem All durch das Schott des Unterbodens in den Hangar schwebte. Die Magnetklammern senkten sich Bug und Heck des schlanken, zwölf Meter langen Sparklancers entgegen, während sich unter ihm schon die Lukenflügel des Außenschotts schlossen. Die Magnetklammern hielten das Beiboot fest, das Hangar füllte sich mit Atemluft und die Türen des Innenschotts glitten auseinander. Noch etwa vierzig Sekunden, bis der Vizekommandant der Johann Sebastian Bach zum ersten Mal töten sollte. Noch war Veron ahnungslos, noch gab es nicht einmal eine Waffe in seiner Nähe. Über Bordfunk nahm er die Bereitschaftsmeldung des Operationstraktes entgegen.
Dr. Lucas und die Sanitäter eilten aus der Schleuse zur Brüssel 01, deren Bugluke sich bereits öffnete. Veron wartete auf der Schwelle der Schleuse. Dort wollte er die bedauernswerte Zeelia Peer-Robinson, Leutnant der Flotte und Kommunikatorin der Brüssel, Willkommen heißen. Keine unangenehme Aufgabe, denn die Gattin von Primoberst Ralbur Robinson war eine Augenweide.
Nacheinander sprangen vier oder fünf Personen in Überlebenssystemen und mit geschlossenen Dunkelhelmen aus dem Sparklancer. Lucas und die Sanitäter standen plötzlich wie festgefroren, denn die vier oder fünf bewegten sich äußerst hektisch und waren zudem bewaffnet. Laserkaskaden brannten sich in ihre Körper, bevor sie überhaupt begriffen, was geschah.
Calibo Veron lag schon flach in der Innenschleuse, als die Sterbenden auf dem Boden aufschlugen. Natürlich begriff auch er nichts, doch reflexartig hatte er im Fallen auf den Lukensensor geschlagen. „Schließen!“, rief er. „Zu, die Schleuse...!“ Die typischen Energiekugeln aus Laserkaskadengewehren zischten über ihn hinweg und tauchten die Innenwandluke der Schleuse in einen Feuernebel.
Die Bewaffneten stürmten der Schleuse entgegen. Laserkaskade um Laserkaskade schossen sie auf Veron ab. Der wälzte sich von Seitenwand zu Seitenwand, blieb schließlich hinter der zugleitenden Luke liegen. Ein Treffer hatte ihn erwischt. Er merkte es erst, als er aufspringen wollte – brennender Schmerz lähmte sein linkes Bein. Er schrie.
„Überfall!“, brüllte er. „Veron an alle – Überfall!“ Die Innenluke öffnete sich, er schleppte sich aus der Schleuse, hinkte entlang der Gangwand bis zur nächsten Luke.
„Zweiter an Ersten Offizier!“ Pazifyas ratlose Stimme aus dem Bordfunk. „Was soll das, Calibo? Eine Übung?“
„Alarmstufe Rot!“ Veron presste die Handfläche gegen den Lukensensor. Die Luke schob sich in die Wand, viel zu langsam. „Kampfmaschinen zu Hangar neun!“ Er taumelte ins Magazin, riss ein Laser-Kaskaden-Gewehr aus dem Wandfach, entsicherte es mit seinem ID-Code. „Die Bordsicherheit bewaffnet sich! Hauptschächte und -gänge besetzen!“ Es roch merkwürdig mit einem Mal.
„Was ist passiert Calibo?“ Diesmal klang Pazifya alarmiert.
„Ich weiß es nicht, verdammt...!“ Der Geruch, ihm wurde übel... „Überfall! Leute aus der Brüssel 01 haben das Feuer eröffnet! Hol dir doch Hangar neun ins Sichtfeld...!“
Sie hatten die Sauerstoffleitung angezapft! Plötzlich sah er glasklar – sie pumpten irgendein Gift in die Atemluft! Er taumelte zum nächsten Wandfach, riss es auf, zog ein Überlebenssystem heraus. „Veron an alle!“, schrie er, während er in den Anzug stieg. „Überlebenssysteme anlegen! Sie wollen uns betäuben! Helme schließen! Keine Fragen – Helme schließen, sag ich...!“
Er hatte seinen gerade verriegelt, da tauchte schon ein...
Erscheint lt. Verlag | 11.8.2019 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
ISBN-10 | 3-7389-1573-7 / 3738915737 |
ISBN-13 | 978-3-7389-1573-0 / 9783738915730 |
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