Ebbelwoijunkie: Kommissar Rauscher 9 (eBook)
248 Seiten
mainbook Verlag
9783946413646 (ISBN)
Gerd Fischer wurde 1970 in Hanau geboren, ist in Altenstadt-Höchst in der Wetterau aufgewachsen, studierte Germanistik, Politologie und Kunstgeschichte in Frankfurt am Main, wo er seit 1991 lebt. Weitere Krimi-Veröffentlichungen im mainbook Verlag: 'Mord auf Ba-li' 2006 (Neuauflage 2011), 'Lauf in den Tod' 2010, 'Der Mann mit den zarten Händen' 2010, 'Robin Tod' 2011, 'Paukersterben' 2012, 'Fliegeralarm' 2013, 'Abgerippt' 2014, 'Bockenheim schreibt ein Buch' (Hrsg.) 2015 und 'Einzige Liebe - Eintracht-Frankfurt-Krimi' 2017.
Gerd Fischer wurde 1970 in Hanau geboren, ist in Altenstadt-Höchst in der Wetterau aufgewachsen, studierte Germanistik, Politologie und Kunstgeschichte in Frankfurt am Main, wo er seit 1991 lebt. Weitere Krimi-Veröffentlichungen im mainbook Verlag: "Mord auf Ba-li" 2006 (Neuauflage 2011), "Lauf in den Tod" 2010, "Der Mann mit den zarten Händen" 2010, "Robin Tod" 2011, "Paukersterben" 2012, "Fliegeralarm" 2013, "Abgerippt" 2014, "Bockenheim schreibt ein Buch" (Hrsg.) 2015 und "Einzige Liebe – Eintracht-Frankfurt-Krimi" 2017.
12
Mittwoch
Sein Sohn. Wie groß er geworden war! Klar, immerhin war er inzwischen etwas mehr als anderthalb Jahre alt. Anderthalb Jahre, in denen Rauscher ihn kaum gesehen hatte. Was ihm, wenn er darüber nachdachte, immer einen Stich im Herzen versetzte. Die Differenzen mit Elke waren im Laufe ihrer Zeit in Hamburg eher noch größer geworden. Und seit sie, was wohl unvermeidlich gewesen war, von seiner Beziehung mit Jana erfahren hatte, war totale Funkstille angesagt. Bis heute. Das war keine Überraschung. Das war ein Überfall erster Güte.
Aber die Sache hatte auch etwas Positives: Janas Reaktion gefiel Rauscher auf Anhieb. Er war ein wenig verwundert, wie eifrig sich Jana auf ihrer beider neue Aufgabe stürzte. Sie hätschelte und tätschelte Mäxchen, spielte mit ihm, machte Fotos mit dem Handy, auch Selfies von sich und ihm. Sie las ihm vor, sie hörten gemeinsam Musik und wenn er schlafen musste, legte sie sich kurz mit ihm hin, bis er eingeschlafen war. Es dauerte nicht lange, bis Rauscher klar wurde, dass sie die perfekte Mutter war.
Während sich Jana mit Begeisterung Mäxchen widmete, zog er sich phasenweise zurück, weil sich unwillkürlich die Fäden des Schumann-Falles in seinen Kopf schlichen. Er konnte und wollte ihn nicht ganz aus den Augen verlieren. Ziemlich genau drei Tage war sein Absturz aufgrund der Suspendierung inzwischen her. Körperlich war er soweit wieder vollends hergestellt, auch seinem Kopf ging es nie besser. Jedoch hatte er bisher nicht ein Sterbenswörtchen von der Mordkommission oder seinem Team gehört.
Durch die Ablenkung mit Mäxchen fiel es ihm nicht leicht, sich voll und ganz dem Fall zu widmen. Er brauchte eine Weile, bis er sich wieder darauf einlassen konnte. Schließlich knöpfte er sich den Bericht der Spurensicherung und den Obduktionsbericht vor, die sich in seinem privaten Mailaccount befanden, und ging sie langsam, Satz für Satz, mit erhöhter Aufmerksamkeit durch. Was ihm sofort auffiel: Quast hatte die Strangulierung mit dem aufgefundenen Seil eindeutig als Todesursache ausgemacht. Die einzigen Fingerabdrücke, die auf der Spritze gefunden worden waren, stammten tatsächlich von Wöhr. Die Indizien sprachen definitiv gegen ihn.
Rauscher seufzte. Wie sollte er weiter vorgehen? Während er die Tat und die anschließenden Ermittlungen noch einmal rekapitulierte, fiel ihm eine entscheidende Frage ein: Wer wusste überhaupt, dass Schumann an dem Tag in Frankfurt gewesen war? Damit zusammen hing die Frage nach den potenziellen Verdächtigen. Denn nur, wer von Schumanns Aufenthalt in Frankfurt gewusst hatte, konnte zu diesem Kreis gehören und mutmaßlich der Täter oder die Täterin sein. Er begann, eine Liste mit Namen zu erstellen. Zuoberst schrieb er Karl Wöhr. Darunter Schumanns engste Mitarbeiter – Herrn Friedrichs und Frau Thies, die Sekretärin. Wahrscheinlich wusste auch seine Frau davon, aber das konnte er nicht überprüfen. Eine Tochter hatte Schumann laut Krauses Aussage auch. Nicole Schumann war jedoch rasch aus dem Fokus der Ermittlungen gerutscht, weil mit Wöhr sofort ein Hauptverdächtiger gefunden war. Konnte die Tochter von seinem Aufenthalt in Frankfurt gewusst haben? Schon. Aber selbst wenn: Was konnte sie mit dem Mord an ihrem Vater zu tun haben? Ihm wollte keine plausible Antwort einfallen. Bislang deutete nichts auf sie hin. Sollte er sie trotzdem ins Visier nehmen? Vorläufig nicht, entschied Rauscher, und schloss sie aus.
Er dachte noch einen Augenblick nach, aber ihm wollten nur noch die Politiker einfallen, mit denen sich Schumann treffen wollte. Der hessische Innen- und der Justizminister, deren Staatssekretäre und der Frankfurter Oberbürgermeister. Das bereitete ihm Kopfzerbrechen. Wenn er dort weiterforschen wollte, würde er sicher in ein Wespennest stechen und sich keine Freunde schaffen. Im Gegenteil. War das die Sache wert?
Ja, entschied er.
Trotzdem wollte er diskret vorgehen. Eine Menge Staub aufzuwirbeln war momentan eher hinderlich. Den Ball flachzuhalten war zwar nicht unbedingt seine Stärke, aber er musste es versuchen. Frau Thies in Schumanns Brüsseler Büro schien ihm eine geeignete Adresse für eine solche Strategie zu sein. Er wählte ihre Nummer und hatte sie keine fünf Sekunden später am Apparat.
„Hallo Frau Thies. Hier ist noch mal Kommissar Rauscher aus Frankfurt. Wie geht es Ihnen?“
„Fragen Sie nicht!“, seufzte die Dame. „Tausend Telefonate sind wahrscheinlich noch untertrieben. Alle wollen wissen, was mit Schumann los ist. Seit gestern bricht die Hölle über mich herein. Dies und das und jenes. Furchtbar! Niemand weiß, wie es weitergehen soll. Ich kenne mich doch auch nicht mit allem aus. Und Herr Friedrichs ist auch nicht greifbar. Und jetzt kommen Sie … Wollen Sie etwa auch was von mir?“
„Nun ja, ich hätte nur eine Frage, die mich brennend interessiert.“
„Also gut. Bringen wir es hinter uns, damit ich irgendwann mal zum Luftholen komme.“
„Wer wusste, dass Herr Schumann am letzten Samstag in Frankfurt einen Termin wahrnehmen würde?“
„Wer … wer …? Wie meinen Sie das?“
„Also, welche Personen hatten von seiner Dienstreise Kenntnis?“
„Na, in allererster Linie natürlich Herr Friedrichs und … Lassen Sie mich mal überlegen … Seine Frau und seine Tochter natürlich … und darüber hinaus … Also, tut mir leid, aber mir fällt niemand mehr ein.“
„Vielleicht noch Kollegen von ihm? Andere Politiker aus Brüssel?“
„Könnte durchaus sein, aber vielleicht auch nicht. Er tat immer sehr geheimnisvoll und ist mit den wichtigen Terminen nicht hausieren gegangen.“
Bei Rauscher schwand die Hoffnung, etwas Substanzielles von Frau Thies zu erfahren. Aber ihm fiel auf, dass sie das Wort ‚wichtig‘ lauter ausgesprochen hatte als den Rest des Satzes. „Eine letzte Frage hätte ich noch …“
„Gut, ich müsste dann nämlich …“
„Hatte Schumann Feinde?“, fragte er schnell, bevor sie es sich anders überlegen konnte.
„Feinde? Na klar! Viele. Sehr viele sogar. Hat ja auch alles dafür getan.“
„Und wer, meinen Sie, hat ihn am meisten gehasst?“
„Das ist einfach zu beantworten: Herr Friedrichs! Eindeutig. Er hat sicher am meisten unter seinen Launen, seiner Herrschsucht, seinen Marotten und seinem Machogehabe à la Chef gelitten.“
„Aha!“ Das war bemerkenswert. Dementsprechend erstaunt klang Rauscher, der für kurze Zeit perplex schien, denn mit dieser Antwort hatte er nicht gerechnet.
„War’s das jetzt?“, wollte Frau Thies wissen.
„Äh, ja“, kam Rauscher wieder aus seiner Versunkenheit zurück. „Falls ich noch weitere Fragen haben sollte, melde ich mich wieder.“
„Tun Sie das! Auf Wiederhören.“
„Tschüss“, sagte Rauscher und legte auf. Er war immer noch etwas paralysiert von dieser Antwort. Friedrichs. Was hatte Krause über den Assistenten gesagt? Rauscher versuchte, sich seine Aussagen in Erinnerung zu rufen, aber es wollte ihm nicht recht gelingen. Damals hatte er nur mit halbem Ohr zugehört. Leider, wie er jetzt feststellte. Vielleicht sollte er sich die Mühe machen, Friedrichs zu durchleuchten. Außerdem hatte er vergessen, Frau Thies nach Schumanns Verbindungen in Frankfurt zu fragen. Parteifreunde, Politiker, mit denen er in engem Kontakt stand, wirtschaftliche Verknüpfungen, private Seilschaften. Eigentlich musste er sich Schumanns gesamtes soziales Umfeld vorknöpfen. Aber das war leichter gedacht als getan. Wie konnte er das am besten anstellen? Spontan fiel ihm nur Ingo Thaler ein. Doch auf den konnte er gerade nicht zurückgreifen. Langsam begriff er das ganze Ausmaß seiner Situation: was es bedeutete, ohne seinen Dienstausweis und den gesamten Polizeiapparat auskommen zu müssen und was es hieß, auf sich allein gestellt zu sein. Er kam sich kastriert vor. Bis auf Jana konnte er in diesem Fall auf niemanden zählen. Oder doch? Bei Thaler war er sich unsicher. Der Kollege war ihm gegenüber immer loyal gewesen und seine Launenhaftigkeit hielt sich in Grenzen. Es käme auf einen Versuch an.
13
Bauklötzchen waren Mäxchens Ein und Alles. Er konnte stundenlang damit zubringen, sie aufeinander zu stapeln und sie wieder umzuwerfen, nur um dann wieder neu zu beginnen. Zum Glück hatte Elke welche in die Taschen gepackt und auch noch diverse andere Spielsachen. Den gesamten Vormittag verbrachte Rauscher mit Mäxchen auf dem Wohnzimmerteppich, während Jana zu ihrer Anhörung nach Königstein gefahren war. Elke hatte sich nicht gemeldet und Rauscher würde einen Teufel tun, sich bei ihr zu melden. Es hatte ihn einige Mühe gekostet, Mäxchen von seinen Bauklötzchen zu lösen, um mit ihm auf der Leipziger Straße einzukaufen. Bereits nach zehn Minuten hatte er gemerkt, dass das Unterfangen ohne Kinderwagen keine gute Idee gewesen war. Gar nicht so einfach. Er hatte schließlich nur zwei Hände, musste überlegen, was sie zu essen brauchten, auch der Fall schwirrte ihm hin und wieder im Kopf herum. Es dauerte nicht lange und er fühlte sich überfordert. Es fiel ihm aber nicht schwer, sich dies einzugestehen, und er traf daher rasch eine Entscheidung. Seine Eltern mussten her. Seine Mutter würde ihn ohnehin einen Kopf kürzer machen, falls er sie nicht über Mäxchens Besuch informieren würde. Zudem würde er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: seine Eltern glücklich machen und gleichzeitig für etwas Entlastung sorgen.
Wieder zu Hause, setzte er Mäxchen auf dem Boden bei seinen Bauklötzchen ab, was ihn übers ganze Gesicht strahlen ließ. Er quittierte es mit einem heiteren „Hatsch!“ und klatschte dabei in die Hände.
Rauscher nahm als erstes sein Handy, machte ein Foto seines Sohnes beim Spielen, löschte das aktuelle Hintergrundbild...
| Erscheint lt. Verlag | 29.11.2017 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Kommissar Rauscher | Kommissar Rauscher |
| Verlagsort | Frankfurt am Main |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
| Schlagworte | Apfelwein • Äppelwei • Äppelwoi • Ebbelwoi • Frankfurt • Frankfurt-Krimi • Frau Rauscher • Klappergass • Sachsenhausen • Stöffche |
| ISBN-13 | 9783946413646 / 9783946413646 |
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