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Die Saphirtür (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2018
496 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-22280-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Saphirtür - Stefanie Lasthaus
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Als die hübsche Isla Hall eine Stelle als Privatlehrerin im exklusiven Silverton House antritt, ahnt sie noch nicht, dass sich ihr Leben für immer verändern wird. Eines Tages nämlich vertraut ihr Schützling, die sechsjährige Ruby, ihr an, dass sie nicht träumen kann, Islas eigene Träume sind dagegen ungeheuer intensiv und verstörend, seit sie bei der Familie lebt. Gemeinsam mit Rubys attraktivem Bruder Jeremy versucht Isla, dem Geheimnis von Silverton House auf die Spur zu kommen und entdeckt dabei ein Portal, das in eine magische Welt führt ...

Stefanie Lasthaus wuchs im Ruhrgebiet auf. Nach dem Studium zog es sie nach Australien, England sowie in die Schweiz. Zurück in Deutschland, widmete sie sich zunächst dem Dokumentationsfilm und schließlich ganz dem Schreiben - ob für Zeitungen, Zeitschriften, Onlinespiele, dem PR-Bereich oder als Autorin ihrer Romane. Da sie nur noch temporär durch die Welt reisen kann, besucht sie in ihren Büchern Gegenden, die sie faszinieren. Stefanie Lasthaus schreibt auch unter dem Pseudonym Hannah Luis und lebt in Essen.

1

Drei Jahre später

Ich will nicht schlafen. Es ist so dunkel und kalt, seitdem sie weg sind.«

Isla ließ das Buch sinken, das sie gerade in das Regal mit den Blumen- und Sternschnitzereien hatte einsortieren wollen, und drehte sich um. »Wer ist weg, Kätzchen?«

Ruby saß aufrecht in ihrem Bett, nur auf den ersten Blick störrisch – die Haltung war Teil ihrer Erziehung. Teil der Gesellschaftsschicht, in der sie lebte und die sie vom Säuglingsalter an in Regeln und Vorschriften gehüllt hatte wie ein Labyrinth aus Stein, das letztlich nur auf eine ganz bestimmte Weise durchquert werden konnte und ansonsten mit Mauern aufwartete, an denen man sich schmerzhaft stieß. Sie war ein folgsames Mädchen, doch manchmal, viel zu selten, schimmerte ihr Dickkopf durch. Sehr zu Islas Erleichterung. Es gab Tage, an denen sie sich bei dem Gedanken erwischte, die Kleine möge doch mehr Kind sein: lauter und widerborstiger, mit Farbspritzern auf den Wangen und von Süßigkeiten verklebten Lippen.

Ruby hatte die Bettdecke mit beiden Fäusten umklammert, als wollte sie mit aller Kraft gegen die Müdigkeit ankämpfen, die ihre Augenlider bereits erreicht hatte. In ihrem weißen Nachthemd und mit dem sorgfältig ausgebürsteten braunen Haar ähnelte sie einer Puppe. Einer Puppe aus viel zu dünnem Porzellan, das brechen würde, wenn man sorglos mit ihr umging.

Jetzt holte sie Luft und riss die Augen noch mal weit auf. »Die Träume.« Sie senkte den Kopf, als würde sie sich schämen. »Ich kann doch nicht mehr träumen«, nuschelte sie und rutschte tiefer, bis sie in einer Wolke aus Weiß zu verschwinden drohte.

Isla überlegte, wie sie auf so eine Idee kam und was sie ihr am besten antworten sollte. Dabei betrachtete sie das Buch in ihrer Hand: Der Korridor ohne Wiederkehr. Die Abbildung auf dem Deckel zeigte eine Holztür, neben der ein Teddy mit nur einem Auge lehnte. Entweder war er sehr groß oder aber die Tür winzig, denn seine Ohren befanden sich auf einer Höhe mit dem oberen Rahmen. Vielleicht sollte sie Rubys Bücher genauer durchsehen und das eine oder andere aussortieren. Bei einem solchen Titel war es kein Wunder, dass ihr Schützling an solch absurde und fast schon gruselige Dinge glaubte.

Sie stellte das Buch an seinen Platz, stand auf und strich ihren Rock glatt. Dann ging sie zu Rubys Bett, zog sich den Korbstuhl heran und ließ sich darauf nieder. Das Licht der Nachttischlampe malte ein Muster auf die Bettdecke und floss über ihre Finger, als sie den Stoff ein Stück nach unten zog.

Rubys Gesicht kam wieder zum Vorschein. Die Müdigkeit verwandelte das Bernstein ihrer Augen in mattes Braun.

»Jeder Mensch träumt, Ruby«, sagte Isla und lächelte, während sie die Kissen ordnete. Sie konnte nicht anders, da das Mädchen sie anblickte, als wäre sie in der Lage, sämtliche Monster der Welt mit einer Handbewegung zu beseitigen. In Rubys Leben war sie die Heldin, und manchmal befürchtete sie, diese Rolle nicht ausfüllen zu können oder eine Grenze zu übertreten. Schließlich war sie nicht Rubys Mutter und musste eine gewisse Distanz wahren.

Nicht jedoch, wenn es darum ging, ihr die Angst vor dem Schlaf zu nehmen. »Die meisten Menschen können sich nur nicht mehr an ihre Träume erinnern, wenn sie aufwachen. Und wenn sie es tun, verblassen die Bilder ganz, ganz schnell wieder. Fast so, als hätten wir sie uns nur geliehen, um einen kurzen Blick darauf zu werfen, ehe wir sie zurückgeben müssen. Aber das ist gut so. Überleg mal, was alles in unseren Köpfen herumschwirren würde, wenn wir morgens noch genau wüssten, durch welche Landschaften wir nachts gestreift sind.« Sie lächelte breiter. »Was für ein Chaos wäre das! Da bliebe kein Platz mehr für wichtige Dinge, die wir lernen wollen. Wegen denen du nun übrigens schlafen musst, weil du das sonst morgen im Unterricht tust. Und wie soll ich das dann deinen Eltern erklären?«

»Aber früher hab ich geträumt, und ich wusste auch immer noch ganz viel!« Stolz schimmerte durch ihre Worte, wurde aber schnell von Zweifeln abgelöst. Letztlich waren die Müdigkeit und Islas Argumente zu stark. Ruby drehte sich auf die Seite und kuschelte sich tief in ihr Kissen. »Kannst du nicht hier sitzen bleiben? Neben meinem Bett?«

»Ich weiß genau, was du vorhast. Du willst dir noch eine Geschichte ergaunern, hab ich recht?« Isla tupfte Ruby auf die Nasenspitze, und die Kleine vergrub sich kichernd weiter in den Kissen.

»Du machst aber das kleine Licht an?«

»Natürlich.« Isla löschte die Lampe neben dem Bett, beugte sich vor, zögerte und strich Ruby schließlich über das Haar. Das Mobile über ihr klackte, als sie daran stieß, und die Holzfische schlugen gegeneinander. »Schlaf gut. Wir sehen uns morgen.«

Ruby antwortete etwas Unverständliches, sank weiter in die Daunen und kurz darauf in den Schlaf. Ihre Atemzüge wurden bereits regelmäßiger, ehe Isla das Zimmer verlassen hatte.

Sie betätigte die Lampe neben der Tür. Sanftes, orangefarbenes Licht schimmerte, zu zart, um die Dunkelheit zu vertreiben, aber trotzdem warm inmitten der Ansammlung von Schatten, in die sich das Zimmer verwandelt hatte.

Isla trat auf den Gang und zog die Tür ins Schloss. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie den Atem angehalten hatte.

Noch wusste sie nicht so recht, ob sie sich Sorgen um Ruby machen sollte. Die Kleine war bereits blass und schmal gewesen, als Isla ihre Stelle im Haushalt der Austins angetreten hatte, mit für Kinder ihres Alters ungewöhnlichen Violettschatten unter den Augen. Isla argwöhnte, dass die sich in den vergangenen Wochen kontinuierlich weiter vertieft hatten, doch sicher war sie nicht. Vor allem, da Alan und Victoria Austin, die Besitzer von Silverton House und Rubys Eltern, nichts zu bemerken schienen und sich erst recht nicht darum sorgten. Isla hatte Rubys Blässe vor einigen Tagen bei Victoria angesprochen, doch lediglich zur Antwort erhalten, dass Ruby die zarte Haut ihrer Großmutter Isabell geerbt hatte, die von Natur aus schmal gebaut und bei bester Gesundheit sei.

»Sie isst und schläft doch vollkommen normal, nicht wahr?«, hatte Victoria gefragt, in jenem Tonfall, der andeutete, dass jede weitere Nachfrage als Kritik aufgefasst und entsprechende Konsequenzen mit sich bringen würde.

Isla hatte sich daraufhin in der Hausbibliothek vor das Porträt von Lady Isabell Austin gestellt und die Frau mit dem Spitzenkragen und den eng stehenden Augen betrachtet. Der Greifvogelblick wurde durch die Überlebensgröße noch betont. Sogar der Bilderrahmen wirkte düster.

Isla konnte sich regelrecht vorstellen, wie Isabell durch Silverton geschritten war. Damals hatte es sicher eine ganze Armada von Dienstboten gegeben, die sich um die Herrschaften kümmerten und Ärger bekamen, wenn sie es nicht schafften, ihnen jeden Wunsch vom Gesicht abzulesen. Vielleicht hatte Lady Isabell extra für solche Vorkommnisse einen Damenrevolver im Strumpfband getragen!

Heutzutage gab es lediglich Hannah, das Hausmädchen, und Isla, die sich um den Unterricht und die Erziehung von Ruby kümmerte. Und das, so glaubte sie, nicht ausschließlich, weil die Austins versuchten, an eine Vergangenheit anzuknüpfen, die sich bereits vor Jahren in den Erinnerungen der Menschen verloren hatte, sondern weil Ruby zu jung für sie war. Beziehungsweise sie zu alt für ihre Tochter.

Isla drehte sich um und ging den Gang hinab, der von auf alt getrimmten, jedoch hochmodernen Lampen erhellt wurde. Nach der breiten Treppe durchquerte sie die große Halle im Erdgeschoss und bog links ab.

Am Anfang ihrer Zeit in Silverton hatte sie den Austins Bericht erstattet darüber, wie der Abend mit Ruby gelaufen war, doch mittlerweile schien man ihr zu vertrauen und entließ sie am Abend ohne Kontrolle in ihre vier Wände.

Nach einer Probezeit von einer Woche hatte Isla ihr geräumiges Zimmer samt eigenem Bad in dem Anbau bezogen, der sich hinter dem Haus befand und erst zu sehen war, nachdem man es halb umrundet hatte. Vielleicht hatte sich der Erbauer deshalb kaum Mühe gegeben, sein Erscheinungsbild an das mit Türmen, Balustraden und Erkern verzierte Haupthaus anzugleichen. Wenn die Sonne schien und den Anbau erstrahlen ließ, kam er Isla wie eine Überraschung vor. An trüben Tagen oder in der Dunkelheit schien er sich dagegen verstecken zu wollen. Aber er gehörte ihr, zumindest vorübergehend, und sie war froh über die Privatsphäre. Unter der Woche wohnte sie hier, und jeden zweiten Samstag setzte sie sich in den Zug und fuhr die knappen vier Stunden nach Hause.

Sie seufzte, als sie sich noch einmal umdrehte und die Halle betrachtete, in die das halbe Haus ihrer Eltern gepasst hätte. Dann bog sie in den Westflur ab und verzichtete darauf, das Licht einzuschalten – mittlerweile konnte sie den Gang blind entlanglaufen. Ein Schemen riss sie aus ihren Gedanken. Auf Kopfhöhe glomm etwas Rötliches auf, und sie zuckte zurück.

»Himmel!« Sie stieß den Atem aus. »Du sollst doch nicht im Haus rauchen.«

Allmählich gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit, und Hannahs Gesicht schälte sich heraus. Als die Zigarette ein weiteres Mal aufleuchtete, verlieh die Glut ihren Augen etwas Dämonisches.

»Merkt doch eh niemand.« Das unbekümmerte Schnauben passte nicht zu ihrem Anblick. »Die Einzige, die um diese Zeit hier rumschleicht, bist du.«

»Allerdings bin ich nicht die Einzige, die den Rauch riechen wird, wenn der sich erst mal festgesetzt hat.«

Hannah hob eine Hand und äffte Isla nach, indem sie Daumen und die anderen Finger mehrmals zuschnappen ließ, während sie das Gesicht verzog. In den ersten...

Erscheint lt. Verlag 9.7.2018
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Abenteuer • Das Frostmädchen • eBooks • Fantasy • Liebe • Magie • magische Welten • Romantische Fantasy
ISBN-10 3-641-22280-X / 364122280X
ISBN-13 978-3-641-22280-2 / 9783641222802
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