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Die Tote im Pfarrhaus (eBook)

Ein Inspector-Wexford-Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018
352 Seiten
Blanvalet Verlag
978-3-641-15585-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Tote im Pfarrhaus - Ruth Rendell
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Ein idyllischer Vorort in England, ein schrecklicher Mord und zu viele Verdächtige ...
Eigentlich wollte Inspector Wexford seinen Ruhestand genießen. Doch das Nichtstun erweist sich als ziemlich langweilig. Umso erfreuter ist er, als ihn sein alter Freund Mike Burden um Hilfe bei einem Fall bittet: Reverend Sarah Hussein wurde erwürgt im Pfarrhaus aufgefunden. Eine alleinerziehende Frau mit indischen Wurzeln als Geistliche? Das war vielen Einwohnern von Kingsmarkham ein Dorn im Auge. Doch auch ein brisantes Geheimnis aus ihrer Vergangenheit könnte der Grund für ihren Tod sein ...

Ruth Rendell wurde 1930 in London geboren und lebte dort bis zu ihrem Tod 2015. Zunächst arbeitete sie als Journalistin, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Sie hat über sechzig Bücher veröffentlicht, einige davon unter dem Pseudonym Barbara Vine. Dreimal erhielt sie den Edgar-Allan-Poe-Preis und viermal den Golden Dagger Award. 1997 wurde sie mit dem Grand Master Award der Mystery Writers of America, dem renommiertesten Krimipreis, ausgezeichnet und darüber hinaus von Königin Elizabeth II. in den Adelsstand erhoben.

1

Maxine war stolz darauf, drei Jobs zu haben. Immerhin gab es heutzutage immer mehr Leute, die gar keinen hatten. Für die hatte sie zwar kein Verständnis, beglückwünschte sich jedoch selbst zu ihrem eigenen Tatendrang. Zwei Vormittage in der Woche putzte sie bei Mrs. Wexford, zwei bei Mrs. Crocker und an den Nachmittagen bei zwei weiteren Frauen in Kingsmarkham. Sie erledigte die Gartenarbeit, wusch die Autos von Mr. Wexford und Dr. Crocker und babysittete jeden Abend, wenn sie gebraucht wurde, bei denen, deren Kinder noch so klein waren, dass sie beaufsichtigt werden mussten. Sie putzte für die Frauen und kümmerte sich um die Gärten und Autos der Männer, weil sie nie an diesen feministischen Gleichstellungsmist geglaubt hatte. Immerhin war es eine altbekannte Tatsache, dass Männer sich nicht um die Sauberkeit im Haus scherten, während eine normale Frau sich weder für Autos noch für den Rasen interessierte. Fürs Babysitten verlangte Maxine den Höchstpreis, außer wenn es um ihren eigenen Sohn und seine Lebensgefährtin ging. Ihre Enkelin versorgte sie kostenlos. Was die anderen betraf, mussten sie eben zahlen, wenn sie Kinder hatten. Schließlich hatte sie selbst vier zur Welt gebracht und wusste Bescheid.

Sie war eine gute Angestellte, zuverlässig, pünktlich und verhältnismäßig ehrlich, und stellte nur die Forderung, dass sie in bar bezahlt wurde. Wexford, immerhin ein kürzlich pensionierter Polizeibeamter, hatte sich zunächst quergestellt, aber schließlich genauso nachgegeben wie der Finanzbeamte am Ende der Straße. Immerhin hätten mindestens ein Dutzend anderer Haushalte fast jede Summe hingeblättert, um sich Maxines Dienste zu sichern. Sie hatte nur einen Fehler: Sie redete zu viel. Nicht nur während der Teepause oder wenn sie ging oder die Gartengeräte wegräumte, sondern ständig bei der Arbeit, und zwar mit jedem, der sich zufällig im Raum befand. Die Arbeit selbst wurde ordentlich erledigt, auch wenn sich ein steter Redestrom aus ihrem Mund ergoss.

Ihre Geschichte an diesem Tag handelte davon, wie ihr Sohn Jason, inzwischen Filialleiter des Questo-Supermarkts in Kingsmarkham, einen Kunden zurechtgestutzt hatte, der glaubte, sich über eine seiner Kassiererinnen beschweren zu müssen. Offenbar hatte die Frau ihn als »alten Mann« bezeichnet. Doch Jason hatte die Wogen elegant geglättet, den Mann beruhigt und ihn von der Schichtleiterin nach Hause fahren lassen. »Tja, mein Jason war ein richtiger Rabauke«, ergänzte Maxine, und das nicht zum ersten Mal. »Aber in keiner dieser Banden. Ich will nicht behaupten, dass er nicht ein paar Verwarnungen abgekriegt hätte, ein bisschen Ladendiebstahl, das lag ihm irgendwie im Blut. Und die ganze Nacht auf Achse, obwohl er noch minderjährig war … Getrunken hat er auch, na ja, Komasaufen nennt man das wohl. Und was das Ecstasy betrifft, ach, Designerdrogen heißt das ja inzwischen. Hoffentlich ist Mr. Wexford außer Hörweite und hat das jetzt nicht mitgekriegt. Die Sachen eben, weswegen er eingefahren ist. Doch seit er und Nicky ein Kind haben, hat er sich völlig verändert. Ein Mustervater, ich kann es noch immer kaum fassen.« Von erneutem Tatendrang beseelt, machte sie sich mit einem in Putzmittel getränkten Lappen über das Silber her, schwang anschließend den Staubwedel und widmete sich dann wieder dem Silber. »Inzwischen ist sie über ein Jahr alt, Isabella, aber als sie noch ganz klein war, ist Nicky nie in der Nacht aufgestanden. Das brauchte sie gar nicht, nein, mein Jason hat die Kleine aus ihrem Bettchen geholt, bevor sie nur einen Mucks von sich geben konnte. Er hat sie hin und her getragen und sie angesäuselt, wie ich es noch nie bei einem Kerl gehört habe. Wobei ich hinzufügen muss, dass Nicky ihm dafür nie dankbar war. Ich finde es unnatürlich, wenn eine Mum, die ein kleines Baby hat, die ganze Nacht durchschläft, und das habe ich ihr auch gesagt.«

Sogar Maxine musste ab und zu innehalten, um Luft zu holen. Dora Wexford ergriff die Gelegenheit beim Schopf und verkündete, sie müsse jetzt los. Maxines Geld befände sich in einem Umschlag auf dem Flurtisch. Während sie in den Wintergarten flüchtete, um ihrem Mann mitzuteilen, sie sei in etwa einer Stunde zurück, nahm der Monolog weiter seinen Lauf.

Wexford saß in einem Rattansessel in der Herbstsonne und tat das, was sich viele Männer und Frauen vornehmen, wenn sie erst einmal in Rente sind, aber nur selten wirklich in die Tat umsetzen. Er las Der Verfall und Untergang des römischen Imperiums. Eigentlich hatte er sich in der Erwartung darangemacht, dass es eine schwierige Lektüre werden würde, das Buch aber rasch ziemlich spannend gefunden und jedes Wort genossen. Fast am Ende des ersten Bandes angelangt, freute er sich schon auf die fünf weiteren. Er meinte zu Dora, dies sei der richtige Zeitpunkt, ihn in Ruhe zu lassen.

»Du bist dran,« flüsterte sie.

»Ich wusste nicht, dass wir einen Zeitplan hatten.«

»Jetzt weißt du es. Du bist in der Pflicht.«

Sobald Dora fort war, stürzte Maxine sich auf den Staubsauger und klammerte sich daran fest, während sie zu Wexford hin über die Schulter spähte.

»Sie haben ja einen Reiseführer für Rom hier, wie ich sehe. Wollen Sie dort Ihren Urlaub verbringen? Meine Schwester und ich waren auf unserer Pauschalreise in fünf italienische Städte dort. Oh, es war wundervoll, aber so heiß, dass man es kaum glauben möchte. Zu meinem Jason habe ich gesagt, dass er und Nicky unbedingt ihre Flitterwochen dort verbringen müssten, falls sie es jemals zum Standesamt schaffen, um ihre Verbindung unauflöslich zu machen. Nur, dass Heiraten heutzutage zwecklos ist, wenn Sie mich fragen. Ich habe es nie getan, und ich schäme mich auch nicht dafür.« Sie schaltete zwar den Staubsauger ein, redete aber weiter. »Nicky bildet sich unbedingt eine große Hochzeit in Weiß ein, wie alle anderen heutzutage. Nur, dass das Tausende kostet. Sie wirft eben gern mit dem Geld um sich. Mein Jason hat zwar, anders als so viele, einen guten Job.« Ihre Stimme wurde vom Dröhnen des Staubsaugers übertönt, weshalb sie lauter sprach. »Wie ich es mir denke, wird mein Jason weder in die Flitterwochen noch sonst wohin fahren, ohne Isabella mitzunehmen. Er hält es nicht aus, das Kind mehr als die acht Stunden, die er arbeiten muss, aus den Augen zu lassen, geschweige denn eine ganze Woche. Er betet förmlich den Boden an, über den sie schreitet, nur, dass sie noch nicht schreitet, sondern eher krabbelt.« Eine Pause, um den Aufsatz am Rohr des Staubsaugers zu wechseln. Dann: »Haben Sie von der armen Vikarin gehört, die ermordet wurde? Und ich habe die Leiche gefunden! Es kam überall in den Zeitungen und im Fernsehen. Ich habe mir gedacht, dass Sie das interessiert, obwohl Sie nicht mehr im Geschäft sind. Bis vor ein paar Wochen habe ich bei ihr geputzt, aber da gab es ein paar Sachen, in denen wir uns einfach nicht einig wurden. Abgesehen davon, dass sie nie in bar bezahlen wollte, sondern nur online – ich muss schon bitten, so etwas lasse ich mir nicht bieten. Sie hat immer die Hintertür offen gelassen, und ich bin vorbeigekommen, um das Geld abzuholen, das sie mir schuldete. Ich habe einen Mordsschrecken gekriegt. Natürlich war da kein Blut, denn sie war ja erwürgt worden, doch ein Schock war es trotzdem. So was mag man sich doch nicht einmal ausmalen! Aber Sie mussten sich früher bestimmt über solche Sachen Gedanken machen, denn es war ja Ihr Job. Sicher sind Sie erleichtert, das alles hinter sich zu haben …«

Wexford stand auf, sein Buch fest in der Hand. »Ich nehme jetzt ein Bad!«, überschrie er das Dröhnen des Staubsaugers.

Erschrocken hielt Maxine in ihrem Monolog inne. »Es ist halb elf.«

»Ein ausgezeichneter Zeitpunkt, um ein Bad zu nehmen«, entgegnete Wexford auf dem Weg zur Treppe, während er die letzten Zeilen des ersten Bandes las, die einen ganz anderen Mord schilderten, nämlich den an Julius Cäsar … zur prächtigsten Zeit des Jahres, der Sonnenball wirkte bleich und glanzlos. Diese dunstige Jahreszeit, die man gewiss nicht mit der zu früh hereingebrochenen Finsternis der Passionsnacht vergleichen kann, wurde bereits von den meisten Dichtern und Historikern dieser denkenswerten Jahre besungen …

Sein Mobiltelefon läutete. Detective Superintendent Burden, auf der Kontaktliste als Mike verzeichnet.

»Ich mache mich gleich auf den Weg zum Pfarrhaus von St Peter’s und nehme Lynn mit. Ich dachte, du möchtest vielleicht auch dabei sein.«

Wexford hatte heute schon geduscht. Ein Bad um halb elf war wirklich nicht nötig, außer um Reißaus vor Maxine zu nehmen. »Sehr gerne.« Er versuchte, sich die Begeisterung nicht anmerken zu lassen, leider vergeblich.

»Überschlag dich nicht gleich vor Glückseligkeit. Keine große Sache«, erwiderte Burden überrascht.

»Für mich schon.«

Er schloss die Badezimmertür. Maxine würde sie vermutlich nicht öffnen, aber wahrscheinlich annehmen, dass er sich ein besonders ausgiebiges Bad gönnte. Der Staubsauger dröhnte immer noch, als er zur Haustür hinausschlüpfte und sie beinahe lautlos hinter sich zuzog, indem er den Schlüssel im Schloss umdrehte. Einen interessierten Zivilisten – und das war er ja wohl inzwischen – zu einem Einsatz in einem Mordfall hinzuzubitten, hatte Wexford nur selten getan, als er noch selbst Polizeibeamter gewesen war. Und dass er Superintendent Ede von der Londoner Polizei zu den Gruftermittlungen begleitet hatte, war eine völlig andere Angelegenheit, denn immerhin hatte er als Edes Assistent eine, wenn auch unbezahlte, Position innegehabt. Dieser Ausflug, diese willkommene Gelegenheit, Maxine zu entrinnen, fand nur deshalb statt, weil Vorgesetzter und Untergebener im Laufe der...

Erscheint lt. Verlag 23.4.2018
Übersetzer Karin Dufner
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel No Man's Nightingale
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Barbara Vine • Cosy Crime • eBooks • England • Familiengeheimnis • Grand Master Award • Inspector Wexford • Kirche • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Religion • Ruhestand • Spannung
ISBN-10 3-641-15585-1 / 3641155851
ISBN-13 978-3-641-15585-8 / 9783641155858
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