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Miss Daisy und der Tote im Chelsea Hotel (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
288 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-1505-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Miss Daisy und der Tote im Chelsea Hotel - Carola Dunn
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Miss Daisy in New York. Daisy Dalrymple reist mit ihrem frischgebackenen Ehemann Alec Fletcher von Scotland Yard nach Amerika. Im berühmten Chelsea Hotel in New York freundet Daisy sich mit einigen skurrilen Hotelgästen an. Bei einem Treffen mit dem Herausgeber des Magazins, für das sie schreibt, hört sie plötzlich einen Schuss - ein Reporter ist tot, doch der Täter kann entkommen. Mit ihren neuen Freunden mischt Daisy sich in die Ermittlungen ein. Eine Spur zum Mörder führt sie quer durch das Amerika der Roaring Twenties. Ein Kriminalfall aus den Goldenen Zwanzigern voll skurriler Figuren.

Carola Dunn wurde in England geboren und lebt heute in Eugene, Oregon. Sie veröffentlichte mehrere historische Romane, bevor sie die »Miss Daisy«-Serie zu schreiben begann.

Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Kriminalromane »Miss Daisy und der Tote auf dem Eis«, »Miss Daisy und der Tod im Wintergarten«, »Miss Daisy und die tote Sopranistin«, »Miss Daisy und der Mord im Flying Scotsman«, »Miss Daisy und die Entführung der Millionärin«, »Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser«, »Miss Daisy und der tote Professor«, »Miss Daisy und der Mord im Museum«, »Miss Daisy und der Tote auf dem Luxusliner«, »Miss Daisy und der Tote im Chelsea Hotel« und »Miss Daisy und der Mord unter dem Mistelzweig« lieferbar

Kapitel 1


Ärgerlich erhobene Stimmen: Als Daisy das Ende der Seite erreichte und das Klappern der Tasten ihrer Schreibmaschine aufhörte, drangen sie als undeutliches Geräusch in die plötzliche Stille durch die Wand aus dem Zimmer nebenan.

Es war nicht das erste Mal. Offensichtlich war ihr Zimmernachbar kein versöhnlicher Mensch. Diesmal waren es zwei Männer und eine Frau, da war sich Daisy ziemlich sicher, aber sosehr sie sich auch anstrengte, sie konnte nichts verstehen. Ging sie ja auch nichts an, ermahnte sie sich und wendete sich wieder ihrer Arbeit zu.

Quietschend und unwillig gab die Remington zwei Bögen samt Kohlepapier frei. Daisy fächelte sich damit Luft zu. Da sie sich noch nicht an die Innentemperaturen gewöhnt hatte, die die New Yorker bevorzugten, und sie selbst mit prasselnden Kaminfeuern aufgewachsen war, durchmischt mit eisiger Zugluft, fand sie das Hotelzimmer erstickend heiß. Ihr Kampf mit dem störrischen Heizkörper war erfolgloser gewesen als der mit der Schreibmaschine, die sie vom Hotelmanagement zur Verfügung gestellt bekommen hatte.

Sehnsüchtig blickte sie zu den Balkonfenstern mit ihren verzierten Rosenholzrahmen, dann starrte sie ihre Schreibmaschine finster an. Das Chelsea Hotel war ein beliebter Zufluchtsort für Schriftsteller und auf ihre Bedürfnisse eingerichtet, doch die Remington pfiff auf dem letzten Loch. Daisy hatte den Verdacht, dass sie schon seit vierzig Jahren auf diesem Schreibtisch stand, nämlich seit 1883, als das Hotel erbaut worden war, und dass sie seitdem tagtäglich von mehr oder weniger geübten Fingern bearbeitet worden war. Sie knarrte und ächzte bei jeder Berührung und sperrte sich vehement gegen Großbuchstaben. Die Aussicht, den Kampf mit der garstigen Maschine erneut aufnehmen zu müssen, ließ sie in Schweiß ausbrechen.

Die Papierstapel neben der Schreibmaschine wurden immer höher. Mr. Thorwald hatte nur wenige Änderungen in ihrem Artikel über die Atlantiküberquerung gewünscht. Der Text war fertig getippt und konnte morgen abgeliefert werden. Mit dem Artikel über ihre ersten Eindrücke von Amerika kam sie gut voran. Sie hatte noch etwas Zeit.

Sie trat auf den Balkon. Die scharfe Kälte einer winterlichen Brise ließ sie frösteln. Der gelblich graue Himmel drohte Regen oder gar Schnee an, obwohl es noch nicht einmal ganz November war. Benzinschwaden, vermischt mit Staub, stiegen aus der West 23rd Street herauf, allerdings war der scharfe Geruch nach rußigem Kohlenrauch nicht so übermächtig wie im fernen London.

Daisy lehnte sich an das verschnörkelte gusseiserne Geländer und beobachtete eine Tram, die sieben Etagen unter ihr vorbeiratterte. Nicht eine Tram, eine Straßenbahn. Warum behaupteten die Amerikaner immer, sie würden Englisch sprechen, wo sie ihre Sprache doch genauso gut Amerikanisch hätten nennen können. Am seltsamsten war, dass ihr, einer Engländerin, die reinstes Oxfordenglisch sprach, immer gesagt wurde, sie habe einen drolligen Akzent!

Eine unmissverständlich amerikanische Stimme mischte sich in Daisys Überlegungen. Das Fenster des angrenzenden Zimmers stand einen Spalt offen. Die Stimme der Frau, die Daisy vorhin schon undeutlich gehört hatte, war jetzt glockenklar – nicht weich wie eine Kirchenglocke, nicht klingelnd wie die eines Pferdegeschirrs, sondern schriller als eine elektrische Hausklingel.

»Du Mistkerl!«, schrie sie giftig. »Nicht für eine Million Dollar würde ich zu dir zurückkommen.«

»Selbst wenn ich eine Million Dollar hätte«, erwiderte eine bissige männliche Stimme, eher sarkastisch als erzürnt, »würdest du keinen einzigen roten Heller aus mir herausquetschen.«

Ein anderer Mann sagte mit beruhigender, ziemlich nervöser Stimme etwas Unverständliches. Einen Augenblick später wurde eine Tür zugeschlagen.

Schuldbewusst gestand sich Daisy ein, dass nicht nur die überheizte Luft, sondern auch die Neugier sie nach draußen getrieben hatte. Rasch verschwand sie wieder in ihrem Zimmer. Hoffentlich hatte man nicht gesehen, wie sie vom Balkon aus gelauscht hatte. Da sie nicht herumsitzen und auf ein empörtes Klopfen an ihrer Tür warten wollte, beschloss sie, sich auf die Suche nach einer Tasse Tee zu machen. Schließlich war es schon nach vier Uhr. Die Prohibition hatte es mit sich gebracht, dass einige Amerikaner die Boston Tea Party inzwischen in anderem Licht sahen und fanden, dass sie die britische Sitte des Nachmittagstees durchaus übernehmen könnten. Es stimmte zwar, dass einige Amerikaner ohne die geringsten Schwierigkeiten an alkoholische Getränke kamen. Doch trotz seiner bohemehaften Gäste war das Chelsea ein respektables Etablissement, nicht zu vergleichen mit irgendwelchen Speakeasys, wie man die illegalen Lokale hier nannte, in denen heimlich Alkohol ausgeschenkt wurde. Mit ein wenig Glück waren unten eine Kanne Tee und vielleicht sogar ein paar Kekse – Cookies, wie es hier hieß – zu haben.

Als sie bei den Fahrstühlen ankam, ging das äußere Gitter der übernächsten Kabine gerade rasselnd zu. Sie beeilte sich, doch als sie ankam, war das innere Gitter ebenfalls geschlossen, und die Kabine fuhr bereits den Schacht hinunter, unter lautem Rattern und Jammern des betagten Motors. Ein Hauch von Haarwasserduft, teurem Zigarrenrauch und noch teurerem Parfüm blieb zurück. Daisy sah die Oberseite der Livreemütze des Fahrstuhlführers und hinter ihm den Kopf eines Mannes mit schütterem Haar sowie einen scharlachroten Glockenhut mit weißen Reiherfedern.

»Zu spät!«, rief sie. »Mist!« Andererseits, wenn das das Paar gewesen war, das sich im Zimmer nebenan gestritten hatte, war sie ganz froh, nicht mit ihnen eingesperrt zu sein.

Sie ging zu dem anderen Fahrstuhl zurück und drückte auf den Knopf, um ihn anzufordern.

Ein junges Zimmermädchen kam mit einem Arm voller Handtücher aus der Wäschekammer am Ende des Ganges. »Da müssen Sie ganz schön lange warten, denke ich mal, Miss«, bemerkte sie mit starkem irischen Akzent. Ihr karottenfarbenes Haar und ihre Sommersprossen erinnerten Daisy an ihre Stieftochter Belinda. Unerwartet heftig überfiel sie eine Welle Heimweh.

Sie lächelte dem Mädchen zu, das wahrscheinlich genauso großes Heimweh hatte, aus weit verständlicherem Grund. »Ist dieser hier denn außer Betrieb?«, fragte sie.

»Der Liftboy ist so ein kleiner, wilder Teufelskerl, Miss. Um diese Zeit scharwenzelt er wahrscheinlich herum, statt seinen Pflichten nachzukommen.«

»Na ja, ich nehme an, dass gerade nicht viel los ist und dass es schrecklich langweilig ist, den ganzen Tag in diesem Käfig rauf- und runterzufahren.«

Das Mädchen strahlte sie an. »Es ist mein kleiner Bruder, Miss. Er hat seit sechs Uhr früh Dienst. Ja, das ist hart für so einen quicklebendigen Jungen, aber er muss ja seinen Unterhalt verdienen und hat Glück, ’ne Arbeit zu haben.«

»Ich verrate nichts«, versprach ihr Daisy. »Ich hab’s ja nicht direkt eilig. Vielleicht könnte ich auch die Treppe nehmen.«

»Lieber nicht, Miss, der Weg nach unten ist elend lang. Der zweite Lift kommt sicher gleich zurück, falls unser Kevin nicht doch noch auftaucht.«

Und tatsächlich, das Ächzen und Klappern von Seilen und Zahnrädern kündigte die bevorstehende Ankunft des geschmähten Kevin an. Daisy musste nur noch warten, bis sich die Kabine nach oben gekämpft hatte. Ein Mann kam den Gang entlang, um ebenfalls zu warten.

Das Zimmermädchen errötete, als es ihn sah, und verschwand eilig in der Wäschekammer.

Er wirkte kein bisschen wie ein Künstler. Er war so um die vierzig, trug einen hellgrauen Tweedanzug, einen schwarzen Homburg, in der einen Hand braune Lederhandschuhe und ein Aktenköfferchen in der anderen. Er war untersetzt, leicht o-beinig, und sein Gang war wichtigtuerisch. Er hatte das Kinn entschlossen vorgeschoben, und über seinem schmalen Schnurrbart saß eine lange Nase. Er sah Daisy so herausfordernd an, fast unverschämt, ja, zynisch abschätzig, dass sich ihr die Nackenhaare sträubten.

Sie fragte sich, ob er wohl der Mann von nebenan war, ob er sie auf dem Balkon gesehen hatte und ob sie womöglich rot wurde wie das irische Mädchen. Hoffentlich nicht. Erröten war so schrecklich viktorianisch. Sie warf ihm einen hochmütigen und vernichtenden Blick zu, der ihrer Mutter, der Dowager Viscountess Dalrymple alle Ehre gemacht hätte, aber da hatte sich der unverschämte Kerl bereits abgewandt.

Er drückte auf die Ruftaste, unnötigerweise, denn das lärmende Nahen der Kabine war nicht zu überhören. Ungeduldig schob er das Gitter zum leeren Schacht auf, in dem lange Kabelschlaufen ihren trigonometrischen Aufgaben nachkamen. Oder anderen Aufgaben – auf Daisys Mädchenschule waren derlei mathematische Feinheiten nicht ernst genommen worden, aber sie erinnerte sich, Gervaise über die Schulter geschaut zu haben, wenn er stöhnend an seinen Hausaufgaben saß.

Das ganze Lernen war vergebens gewesen, dachte sie traurig. Ihr Bruder war in den Krieg gezogen statt auf die Universität, und die ganze Mathematik hatte ihn nicht vor dem Tod in den Schützengräben Flanderns bewahren können.

Mathematik würde auch diesem Hotelgast nichts nützen, wenn er in die Tiefe des Liftschachts stürzte, was nicht ganz unwahrscheinlich schien. Doch da zog er schnell den Kopf zurück. Der Lift kam an, geführt von einem Jungen, der vielleicht vierzehn Jahre alt war. Seine karottenfarbenen Haare und seine Sommersprossen ließen darauf schließen, dass es sich um Kevin handelte, seine tränenden Augen und ein rotes Ohr hingegen...

Erscheint lt. Verlag 18.5.2018
Reihe/Serie Miss Daisy ermittelt
Miss Daisy ermittelt
Übersetzer Eva Riekert
Sprache deutsch
Original-Titel The Case Of The Murdered Muckraker
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 1920er • 1920er Jahre • Agatha Christie • Cosy Crime • Cozy Crime • Daisy Dalrymple • Downton Abbey • Goldene Zwanziger • Hercule Poirot • Jazz Age • Jean G. Goodhind • London • Mary L. Longworth • Miss Daisy • Miss Marple • New York • Prohibition • Roaring Twenties • Scotland Yard • Spannung
ISBN-10 3-8412-1505-X / 384121505X
ISBN-13 978-3-8412-1505-5 / 9783841215055
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