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Corpus (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
420 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-1603-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Corpus -  Rory Clements
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1936: Eine Mordserie erschüttert Cambridge. Internationale Kräfte kämpfen um Einfluss. Der nächste Weltkrieg steht kurz bevor. Europa ist in Aufruhr. Die Nazis haben das Rheinland besetzt, Stalin entfesselt in Russland den großen Terror, in Spanien ist der Bürgerkrieg ausgebrochen. Eine Studentin aus Cambridge reist nach Berlin, um einem jüdischen Wissenschaftler gefälschte Papiere zu überbringen. Wenige Wochen später wird sie tot aufgefunden. Nur ihre beste Freundin Lydia glaubt nicht an einen Unfall und vertraut ihren Verdacht Thomas Wilde an. Der Geschichtsprofessor ist in der Universitätsstadt ein Außenseiter, allein schon weil er Amerikaner ist. Dann wird ein politisch exponiertes Ehepaar ermordet. Wilde muss all sein Wissen und Können unter Beweis stellen, um weitere Morde zu verhindern und um die Frau zu retten, die er liebt.  

Rory Clements, geboren in Dover, war Redakteur und Herausgeber bei mehreren Tageszeitungen. Seit 2007 lebt er als Schriftsteller mit seiner Familie in Norfolk, England. Seine historischen Romane, allen voran die Serie um John Shakespeare, einen Spion im Tudor-England, machten ihn zu einem erfolgreichen und beliebten Bestsellerautor.

Rory Clements, geboren in Dover, war Redakteur und Herausgeber bei mehreren Tageszeitungen. Seit 2007 lebt er als Schriftsteller mit seiner Familie in Norfolk, England. Seine historischen Romane, allen voran die Serie um John Shakespeare, einen Spion im Tudor-England, machten ihn zu einem erfolgreichen und beliebten Bestsellerautor.

KAPITEL 2

Er fuhr mit seinem kleinen MG-Zweisitzer durch ein Dorf im Süden Cambridgeshires. Er war hungrig, und das Dorfgasthaus machte einen einladenden Eindruck.

Seine Einschätzung war richtig. Das Old Byre war eine ehemalige Poststation mit mehreren Zimmern, gutem Essen, einem Kaminfeuer und einer reichhaltigen Auswahl an Bieren und Ales. Er bestellte eine Steak and Kidney Pie mit Kartoffeln und Erbsen und dazu ein Glas Bitter. Das Essen schlang er gierig hinunter, das Bier rührte er kaum an.

»Ist mit dem Bitter was nicht in Ordnung, Sir?«

»Nein, alles bestens.«

Die Bedienung war Ende dreißig. Sie hatte offenes lockiges Haar und eine Figur, der die Schwerkraft noch nichts hatte anhaben können. Ihre blitzenden Augen strahlten eine Wärme aus, die vom Feuerschein des offenen Kamins noch verstärkt wurde. Sie flirtete mit ihm.

»Ich habe noch eine längere Fahrt vor mir und muss wach bleiben. Könnte ich vielleicht noch einen Kaffee haben?«

»Kaffee haben wir leider keinen mehr, Sir, aber ich frage mal in der Küche.«

»Das wäre nett.« Er setzte sein bestes Hollywoodlächeln auf. »Schwarz und ohne Zucker, bitte.«

Wenige Minuten später kam sie mit einer Tasse Kaffee zurück. Als er sie von ihr entgegennahm, sagte sie: »Entschuldigen Sie meine Neugier, Sir, aber müssen Sie heute Abend noch weit fahren?«

»Ja«, antwortete er. »Und vielen Dank für den Kaffee. Er wird mir bestimmt guttun.«

»Wollen Sie nicht doch lieber hier übernachten, Sir? Es soll sehr neblig werden. Außerdem ist es schon spät, und unsere Zimmer sind sehr gemütlich.«

Sie hatte seine Hand nicht aus Versehen gestreift, als sie ihm die Tasse reichte. Er sah sich in seinem anfänglichen Verdacht bestätigt. Wenn er blieb, käme sie auf sein Zimmer. Unter anderen Umständen hätte er es vielleicht getan, aber an diesem Abend war es indiskutabel. Außerdem wollte er keine zu auffälligen Spuren hinterlassen. Als das Lokal schloss, bezahlte er, verabschiedete sich von ihr und ging zu seinem Auto.

Er fuhr los. Der MG war schnell und lag gut auf der Straße. Trotzdem kam er nicht rasch voran. Es war Ende November, und die dunklen Landstraßen waren eng und von Schlaglöchern übersät.

Eine halbe Stunde später, eine Meile außerhalb eines weiteren typisch englischen Dorfs – mit Pub, Kirche, Anger und Ententeich –, bog er links auf einen Feldweg und machte Motor und Lichter aus. Ein Fremder hätte die Stelle nie gefunden, aber er war bestens damit vertraut. Er zündete die letzte seiner Schweizer Parisiennes an, dann stieg er aus und vertrat sich die Beine. Die Nachtluft war frisch, aber nicht kalt; es stank nach Fuchs. Zwischen den Hecken hing dichter Bodennebel über den Wiesen. In der Ferne konnte er hinter einem Fenster im Obergeschoss eines Gutshauses Licht brennen sehen. Wenig später wurde das Licht gelöscht, und das Haus versank in tiefes Dunkel.

Er stieg wieder ins Auto, deckte sich mit seinem Wintermantel zu und saß einfach nur da. Das einzige Licht war die rot glühende Spitze seiner Zigarette. Von jetzt an würde er Player’s Navy Cut rauchen. Außer dem leisen Geräusch seines Atems, wenn er an der Zigarette zog, war nur das ferne Rufen einer Eule zu hören. Nach einer Weile öffnete er die Wagentür, drückte mit der Schuhsohle die Kippe aus und bedeckte sie mit etwas Erde. Dann ließ er sich in den Fahrersitz zurücksinken, schloss die Augen und schlief ein.

Als er aufwachte, war er zunächst nicht sicher, wie lang er geschlafen hatte. Er zog einen kleinen Lederkoffer auf den Beifahrersitz hoch und öffnete ihn. Er knipste die Taschenlampe an, die auf ein paar Hemden lag, dann zog er eine Wasserflasche heraus und nahm einen kräftigen Schluck daraus, bevor er mit einem Seufzer etwas Wasser in seine Handfläche träufelte und es sich ins Gesicht spritzte. Er sah auf die Uhr. Halb eins.

Unter den Hemden war seine Ausrüstung versteckt: eine Pistole, zwei Bergsteigerseile, ein großer Pinsel und ein extrem scharfes gekrümmtes Jagdmesser. Er stieg aus, steckte Messer und Pistole in seinen Gürtel und schlang sich die Seile wie Patronengurte um die Brust. Dann griff er nach der Taschenlampe. Es konnte losgehen.

Ins Haus zu kommen war einfach. Er hatte sich darauf gefasst gemacht, ein Fenster einschlagen zu müssen, aber er fand eine unverschlossene Hintertür und konnte sich lautlos Zutritt verschaffen. Er zog die Schuhe aus und stellte sie neben die Tür, bevor er ins Innere des Hauses schlich. In der Speisekammer fand er einen Blecheimer und nahm ihn mit.

Er ging durch den Salon. Vor Jahren hatte er hier so manchen schönen Abend verbracht, wenn er im College Ausgang erhalten hatte. Er hatte mit Cecil und Penny Langley und ihren etwas spießigen Freunden Wein und Cognac getrunken, aber vor allem natürlich mit ihrer bezaubernden Tochter Margot, die in ihn verliebt war. Da war das alte Klavier an der Tür zum Garten gewesen. Zum Glück war sich Penny Langley, die darauf gern zur Unterhaltung ihrer Gäste Chopin gespielt hatte, nicht bewusst gewesen, wie beschränkt ihre pianistischen Fähigkeiten waren und wie verstimmt das Klavier gewesen war, das inzwischen einem Bechstein-Flügel Platz gemacht hatte.

Langsam ließ er den Lichtstrahl der Taschenlampe über die Einrichtung des Zimmers gleiten. An einer Wand hingen Sportfotos aus vergangenen Zeiten; Bilder eines jungen Mannes in Bergsteigerausrüstung mit steil aufragenden Berggipfeln im Hintergrund, Fotos von jungen Männern mit Cricketschlägern und -bällen. Einige davon waren mit verblichenen Auszeichnungen drapiert, die Cecil Langley in seinen jungen Tagen gewonnen hatte. Der Lichtstrahl wanderte weiter zu einem Beistelltisch mit silbergerahmten Fotografien. Den Ehrenplatz nahm ein persönlich signiertes Bild des Führers ein. Dahinter waren zahlreiche andere bekannte Gesichter zu sehen: Mosley, Ribbentrop, der Marquess of Londonderry. Das Foto des Königs stand direkt hinter dem Hitlers. Der Mann lächelte pikiert. Dem »böhmischen Gefreiten« war gegenüber dem britischen König der Vorzug gegeben worden. Die Welt stand kopf.

Auf einem anderen Tisch waren Familienfotos zu sehen. Eltern, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen, aber vor allem Margot, die geliebte Tochter: Margot am Strand, Margot beim Tennis, Margot auf dem Rücken eines Pferds, Margot beim Wandern in den Alpen und Margot im Hochzeitskleid mit ihrem Bräutigam vor einer kleinen Dorfkirche. Und dann noch ein Bild aus Cambridge. Vier Studenten vor dem Universitätsportal in der Trumpington Street: ein junger Mann zwischen Margot und Nancy Hereward und daneben Lydia Morris. Sie hatten die Arme umeinander gelegt, vier Freunde und Geliebte. Kurz blieb sein Blick auf Margot haften. Jemand hatte einmal gesagt, sie sei wie ein rassiges Rennpferd. Überzüchtet. Irgendwann würde sie sich ein Bein brechen. Die arme Margot.

Er wandte sich von den Fotos ab und machte sich an die Arbeit. Er legte alles, was er mitgebracht hatte, auf den Boden, dann zog er sich aus und legte die Kleider ordentlich gefaltet in einen Sessel. Von der Glut eines Kohlenfeuers war es noch relativ warm im Raum. Er warf sich die Seile über die Schulter und nahm die Pistole in die linke Hand, Messer und Taschenlampe in die rechte. Eimer und Pinsel würde er später holen.

Das große herrschaftliche Haus stammte aus dem 17. Jahrhundert und war innen von Grund auf renoviert worden. Trotzdem knarrte die Treppe, als er, barfüßig und nackt, in den ersten Stock schlich. Im Obergeschoss gab es fünf Türen. Er fragte sich, ob sie ein Hausmädchen hatten. Früher war immer eine Frau aus dem Dorf gekommen, aber vielleicht war das inzwischen anders. Damit würde er sich nötigenfalls später befassen.

Durch die Tür auf der Rückseite des Hauses drang ein leises, regelmäßiges Schnarchen. Vorsichtig drehte er den Griff und drückte die Tür langsam auf.

Sie öffnete sich in ein geräumiges Schlafzimmer. Leise schlich er ans Fußende des Betts und ließ den Strahl seiner Taschenlampe darübergleiten. Cecil Langley lag links, auf der Seite, seine Frau Penny rechts, auf dem Rücken.

Er legte die Taschenlampe auf eine Kommode und näherte sich Penny Langley. Als er auf ihr friedliches Gesicht hinabblickte, musste er daran denken, wie angetan sie von ihm gewesen war, wenn Margot ihn nach Hause mitgebracht hatte. Sie hatte alles über ihn und seine Familie wissen wollen. Ihr Mann war nicht so begeistert von ihm gewesen. Wachsam, distanziert, wenig entgegenkommend. Was war schiefgelaufen? Es war natürlich das Picknick am Fluss gewesen. Er grinste. Das war das Ende des langen Sommers gewesen. Ihre Wege hatten sich getrennt, und Margot heiratete ihren anständigen jungen Bauern oder was er sonst eben war.

Ob es nun sein Atem war oder irgendein siebter Sinn, Penny Langley wurde wach und schlug die Augen auf. Er sah Entsetzen in ihnen aufleuchten. Sein Gesicht war nur einen halben Meter von ihrem entfernt. Doch dann erkannte sie ihn, und ihre Panik wich Erleichterung.

»Was machst du denn hier?«, flüsterte sie.

»Pssst.«

»Warum hast du nicht angeruf…«

Weiter kam sie nicht. Seine Klinge fuhr tief in ihre Kehle, und sofort spritzte Blut daraus...

Erscheint lt. Verlag 17.11.2017
Reihe/Serie Ein Thomas-Wilde-Roman
Ein Thomas-Wilde-Roman
Übersetzer Sepp Leeb
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 1936 • Bernard Cornwell • Buch 2017 • Cambridge • CJ Sansom • dictator • Duke of York • Edward VIII • Geheimdienste • Harald Gilbers • Hitler • Jeffrey Archer • Konklave • Neu 2017 • Neuerscheinung 2017 • Neuerscheinungen 2017 • Olympische Spiele Berlin • Orwell 1984 • Philip Kerr • Robert Cecil • Robert Harris • Spanischer Bürgerkrieg • Spionage • Stalin • Stanley Baldwin • Thomas Wilde • Verschwörung • Wallis Simpson • Walsingham
ISBN-10 3-8437-1603-X / 384371603X
ISBN-13 978-3-8437-1603-1 / 9783843716031
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