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Frauen, die Bärbel heißen (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
368 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-403782-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Frauen, die Bärbel heißen -  Marie Reiners
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»Das Tolle an ?Frauen, die Bärbel heißen? ist, dass es sowohl eine Geschichte über Freundschaft als auch ein Krimi mit ordentlich schwarzem Humor ist.« Katja Riemann »Bärbel Böttcher, diese ledige, melancholische und eigenbrötlerische Frauenfigur von Marie Reiners, nimmt mich mit auf eine skurrile zwerchfelltrainierende Lesereise. Genial überraschend! So wie Bärbels eben sind.« Bärbel Schäfer Bärbel Böttcher, 54, ledig, keine Kinder, von Beruf Tierpräparatorin, lebt mit ihrer Mischlingshündin Frieda im Haus ihrer toten Eltern abgelegen am Rand einer Kleinstadt. Sie hat weder Familie noch Freunde, und das ist gut so, denn Bärbel ist Eigenbrötlerin aus Überzeugung. Als sie eines Morgens mit Frieda spazieren geht, findet sie im Wald einen Toten, dem ein Stock im Auge steckt. Nachdem Bärbel wohl oder übel die Polizei verständigt und ihre Aussage gemacht hat, ist sie froh, wieder zu Haus auf dem Sofa zu sitzen und ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen: Verkaufssendungen im Shoppingkanal schauen. Bis es an der Tür klingt. Was es sonst nie tut. Und vor Bärbel eine Frau steht, die behauptet, die Ehefrau des Opfers zu sein und die Bärbel im nächsten Moment wenig charmant mit einem Elektroschocker außer Gefecht gesetzt hat. Dass das erst der Anfang allerlei sich überschlagender Ereignisse war, wird Bärbel schnell klar. Denn alsbald hat sie eine verletzte Schauspieler-Gattin (die Frau des Toten im Wald) im Keller, einen schnüffelnden Lokalreporter im Garten und unwillkommene Scherereien am Hals. Vorbei ist es mit dem beschaulichen Einsiedlerdasein, und Bärbel bleibt nichts anderes übrig, als sich auf die neue Situation einzulassen. Was Erfahrungen wie Enthüllungen ungeahnten Ausmaßes nach sich ziehen wird ... Wer die Erfolgsserie »Mord mit Aussicht« mochte, wird auch an »Frauen, die Bärbel heißen« großen Spaß haben. Beides stammt aus der Feder von Drehbuchautorin Marie Reiners, ist skurril, frisch, voller Esprit, originell und manchmal ein bisschen böse.

Marie Reiners, aufgewachsen im niederrheinischen Mönchengladbach-Rheydt, deswegen per se intime Kennerin von Tristesse und Tragikomik, schrieb bereits während ihres Studiums fürs Fernsehen. Sie entwickelte Sitcomfolgen für »Lukas« mit Dirk Bach, schrieb Serienbücher u.a. für »Die Sitte«, »Die Rosenheim-Cops«, »Der Ermittler«, »Morden im Norden« und erfand die Krimiserie »Mord mit Aussicht«, die mehrfach ausgezeichnet wurde und 2014 die meistgesehene deutsche Fernsehserie war. »Frauen, die Bärbel heißen« ist ihr erster Roman. Marie Reiners lebt in der Eifel und in Köln.

Marie Reiners, aufgewachsen im niederrheinischen Mönchengladbach-Rheydt, deswegen per se intime Kennerin von Tristesse und Tragikomik, schrieb bereits während ihres Studiums fürs Fernsehen. Sie entwickelte Sitcomfolgen für »Lukas« mit Dirk Bach, schrieb Serienbücher u.a. für »Die Sitte«, »Die Rosenheim-Cops«, »Der Ermittler«, »Morden im Norden« und erfand die Krimiserie »Mord mit Aussicht«, die mehrfach ausgezeichnet wurde und 2014 die meistgesehene deutsche Fernsehserie war. »Frauen, die Bärbel heißen« ist ihr erster Roman. Marie Reiners lebt in der Eifel und in Köln.

Erfrischend anders!

Sehr witzig, sehr schwarz, sehr böse.

In dem schwarzhumorigen Krimi nutzt Reiners ihre Figur, um eine ironische, treffende Interpretation der Wirklichkeit zu zeichnen, die [...] eine irrwitzige Komik entfaltet.

Der originelle Roman hat das Potenzial für eine neue Kult-Serie

Wer ein Herz für sperrige Außenseiter hat, wird Bärbel lieben!

Es ist tatsächlich eine Kunst, […] einen Roman zu schreiben, in dem alle Hauptpersonen unsympathische, unausstehliche Menschen sind und man trotzdem […] wissen will, wie es ausgeht.

Dies ist der erste Roman von ›Mord mit Aussicht‹-Erfinderin Marie Reiners: Kein Wunder, dass Hauptfigur Bärbel herrlich schrullig ist.

Einfach bärbelhaft

Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf dem Boden des Hausflurs. Die Haustür war geschlossen. Frieda saß neben mir und leckte mein Gesicht. Als sie sah, dass meine Augen offen waren, hörte sie auf. Sie wusste genau, dass ich es nicht mochte, abgeleckt zu werden, noch nicht mal von ihr. Ich versuchte aufzustehen, aber meine Gliedmaßen gehorchten mir nicht, außerdem hatte ich schlimme Schmerzen in den Muskeln. Was war geschehen? Das, was ich normalerweise am meisten an Tieren schätzte, nämlich, dass sie nicht sprechen konnten, war jetzt von Nachteil. Frieda hätte mir sicher sagen können, was in der Zwischenzeit passiert war.

Ich horchte. Und hörte neben der Schwammwerbung Poltern aus meiner Werkstatt unten im Keller. War diese Frau etwa in mein Haus eingedrungen? Aber warum? Was wollte sie von mir?

Ich wurde so wütend wie selten in meinem Leben. Wenn diese Frau sich einbildete, einfach so hier einbrechen zu können, dann hatte sie sich getäuscht. Ich schaute auf meinen Arm. Dort, wo mich das seltsame Ding berührt hatte, registrierte ich kleine dunkelrote Flecken, die wie Brandmale aussahen, ganz ähnlich den Stigmata, die vornehmlich mit Marienerscheinungen einhergingen, glaubte man der Presse und den Katholiken.

Mit der mir eigenen Selbstdisziplin rappelte ich mich mühsam hoch und versuchte, die Krämpfe, die immer noch anfallsartig meinen Körper malträtierten, zu ignorieren. Schließlich gelang es mir, mich aufzurichten und einige wankende Schritte Richtung Keller zu tun. Wie lange war ich überhaupt ohnmächtig gewesen?

Aus dem Wohnzimmer drang dumpf die Stimme des Moderators, der sich mittlerweile über orangefarbene Schwämme ausließ. Zehnmal zehn Zentimeter, mit zwei unterschiedlichen Oberflächen. Ideal für Küche und Bad, aber auch fürs Auto. Das sagte mir jetzt wenig über die Zeit, die vergangen war. Auf jeden Fall aber weniger als zwei Stunden, denn sonst wären schon die Steppschuhe mit Luftsohlen dran gewesen, ich hatte den Programmhinweis auf die nächste Sendung gesehen.

Ich hielt inne, als ich federleichte Schritte auf der Kellertreppe hörte, die näher kamen, und richtig, da erschien auch schon Bambi im Rahmen der Kellertür. Aber sie hatte sich verändert. Alles Weiche, Zarte, Anmutige war aus ihrem Gesicht verschwunden, jetzt war es bleich mit eckigen Kanten und roten Flecken. Ich war nicht sicher, ob das durch den Besuch in meiner Werkstatt kam, deren Anblick nichts für schwache Mägen war, oder aber durch meinen unverhofften Anblick, denn vielleicht hatte sie ja nicht damit gerechnet, dass ich so bald wieder aufstehen würde. Ich sah sofort, dass sie in der rechten Hand immer noch dieses Ding hielt, das mir solche Schmerzen zugefügt hatte und es vermutlich wieder tun könnte. Also rührte ich mich nicht und schaute sie nur an.

»Man hat mir bei der Polizei gesagt, dass Sie verrückt sind, aber dass Sie derartig irrsinnig sind, war mir nicht klar«, waren die leisen Worte, die sie zu mir sagte, bevor sie mit ihren raschen Bambischritten auf mich zueilte und wieder das Ding an meinen Arm hielt. Ich versuchte zwar, sie abzuwehren, aber ich hatte die Kontrolle über meinen Körper immer noch nicht vollständig wiedergewonnen, und sie war schnell und behände.

 

Als ich zum zweiten Mal aufwachte, saß ich auf meiner Couch, und meine Hände und Füße waren mit dem festen Garn, mit dem ich normalerweise Tierhäute zunähte, festgebunden. Die Schmerzen rasten nur so durch meinen Körper, noch schlimmer als beim ersten Mal, und ich konnte zunächst kaum etwas sehen, weil mir meine Augenlider nicht gehorchten. Minuten vergingen, bis ich wieder meine Umgebung erkennen konnte. Ich stellte fest, dass ich mich erbrochen hatte. Ein Brei aus Milch und Tatar klebte auf meiner guten karierten Bluse, und das, was auf dem Boden gelandet war, schlappte gerade Frieda auf. Frieda schätzte rohes Fleisch fast so sehr wie ich, bekam es aber nur selten von mir, ich hatte noch nie gerne geteilt.

 

Sie saß vor mir auf dem niedrigen gekachelten Couchtisch, den mein Vater vor vielen Jahren im Versandhandel bestellt hatte, weil er nicht gerne in Geschäfte ging. Als der Tisch dann schließlich geliefert wurde, waren meine Eltern enttäuscht; so hatten sie sich ihn nicht vorgestellt, sie hatten auf mehr Holz und weniger Kacheln spekuliert. Aber mit den Jahren gewöhnten sie sich an ihn – mehr als an mich, musste ich ehrlicherweise zugeben. Manchmal war ich fast eifersüchtig auf diesen Tisch gewesen, konnte mich aber nach ihrem Weggang trotzdem nicht entschließen, einen neuen zu kaufen. Vielleicht auch, weil ich ebenso ungern wie mein Vater in einen Laden ging, und wie sehr man sich bei Versandhausbestellungen vertun kann, hatte ich ja damals miterlebt.

Ein gepresstes Keuchen drang aus dem schmalen Brustkasten meines Gegenübers, wie wenn ein Kitz, von einem Hund gehetzt, sich endlich in trügerische Sicherheit gebracht hat und verschnauft. Ich entnahm ihrem Atmen, dass es wohl sehr anstrengend für sie gewesen war, mich von der Diele ins Wohnzimmer zu schleifen und hier zu positionieren. Ich hatte sie definitiv unterschätzt! Ich war nämlich wie erwähnt kein Leichtgewicht, ich würde sogar denken, dass ich beträchtlich schwerer war als sie, auch wenn sie größer war als ich. Da ich in meiner gegenwärtigen Situation sowieso nichts anderes tun konnte, als schweigend dazusitzen, tat ich genau dies, darauf wartend, dass sie wieder das Gespräch eröffnen würde. Doch sie sagte zunächst nichts, und so saßen wir beide eine Weile stumm da. Frieda hatte mittlerweile den Linoleumboden blitzblank geleckt und sprang nun neben mich auf die Couch, um auch meine Bluse abzuschlecken. Erstaunlicherweise hatte meine dumme Hündin begriffen, dass ich sie nicht daran hindern können würde, weil ich gefesselt war. Das würde später auf jeden Fall noch Konsequenzen haben, diesmal war ihr Schwanz wirklich fällig, nahm ich mir vor.

Als sich die Atmung der Frau endlich beruhigt hatte, schaute sie mich an. Ihr Blick wirkte ebenso angewidert wie hart.

»Wo ist sie?«, fragte sie mit schneidender, hoher Stimme. Wovon um alles in der Welt redete sie? Offenbar sprach mein ahnungsloser Gesichtsausdruck Bände, denn sie fügte unaufgefordert hinzu: »Die Kette? Die silberne Kette?«

Ein erneuter Krampf zuckte jäh durch meinen Körper, der mir aber immerhin Zeit gab, über ihre Frage nachzudenken. Silberne Kette? Meinte sie etwa das geschmacklose kleine Ding, das ich in der Nähe des toten Mannes gefunden und danach ein paar Dutzend Meter weiter wieder sorgfältig verscharrt hatte? Das war jedenfalls die einzige silberne Kette, die ich in letzter Zeit gesehen hatte.

Der Krampf ebbte langsam ab, aber ich entschied, dass ich durchaus noch ein paar Sekunden weiter so tun könnte, als hielte er an. Woher wusste sie, dass eine Kette im näheren Umfeld der Leiche gelegen hatte? Sollte sie etwa ihr gehört haben? Wie hieß sie noch, Valerie? Das geschwungene V des Anhängers stand mir plötzlich wieder deutlich vor Augen. Aber das würde ja bedeuten … Während ich meine Augen weiter wild herumrollen ließ und das Weiße zeigte, zudem ächzende Schmerzlaute von mir gab, begriff ich endlich, dass Bambi höchstpersönlich das Stöckchen in das Auge ihres Ehemanns gestoßen haben musste. Und jetzt wunderte sie sich folgerichtig, dass die Polizei die Kette nicht gefunden hatte, die ihr Mann ihr vielleicht im Todeskampf abgerissen haben mochte. Also hatte sie vermutlich gefolgert, dass nur ich sie eingesteckt haben könnte.

Ich hatte mich mittlerweile so in meine Darbietung hineingesteigert, dass ich ehrlich verwundert war, als ich plötzlich kaltes Wasser ins Gesicht geschüttet bekam. Sie hatte Friedas Wassernapf entdeckt und versprach sich davon wohl ein Abklingen des Anfalls. Aber jetzt wusste ich wenigstens, was sie von mir wollte. Frieda neben mir schüttelte sich kurz, auch sie hatte einen Spritzer Wasser abgekriegt, aber dann schleckte sie hingebungsvoll den Stoff meiner Bluse weiter ab, denn so was Gutes wie Tatar ließ sie sich natürlich nicht entgehen.

»Die Kette, ja«, stotterte ich mühsam.

»Also haben Sie sie?«, fragte sie ungeduldig.

Was sollte ich jetzt nur antworten? Mir war es herzlich egal, was sie mit ihrem Mann angestellt hatte, schließlich waren die beiden verheiratet gewesen, und meine Eltern hatten mir beigebracht, dass Eheleute Streitigkeiten unter sich selbst ausmachen mussten, da sollte sich niemals ein Dritter einmischen. Obwohl sie es bei ihren seltenen Differenzen durchaus begrüßt hätten, wenn ich Partei bezogen hätte, aber dafür war ich zu schlau. Andererseits hatte die Rehfrau nicht nur mit meinem perfekten Stöckchen Schindluder getrieben und mir damit einen unschönen Vormittag bereitet, sondern sie war auch in mein Haus eingedrungen und hatte mir arge Schmerzen zugefügt, und das gehörte eindeutig auf das schärfste bestraft.

Plötzlich merkte ich, dass die Angelegenheit anfing, mir Spaß zu machen, eine Empfindung, die ich sonst nur beim Präparieren verspürte, und auch da immer seltener. Als sie mein unwillkürliches Grinsen sah, schlug sie mir heftig ins Gesicht. Ich nahm es gelassen hin.

»Du sagst mir jetzt sofort, wo die Kette ist, oder ich jage dir so lange Strom durch den Körper, bis du elendig krepierst und deine Überreste von deinem Köter aufgefressen werden!«, zischte sie.

Diese Drohung war ernst zu nehmen, das spürte ich, und zutrauen würde ich Frieda auch, dass sie nach ein, zwei Tagen ohne Futter Appetit auf mich bekäme. Besser, ich riss mich jetzt zusammen. Ich schaute also so ängstlich wie irgend möglich und schlug dann scheinbar resigniert die Augen nieder,...

Erscheint lt. Verlag 2.3.2018
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Anislikör • Bärbel • Eigenbrötlerin • Humor • Hund • Krimi • Mord • Mord mit Aussicht • shoppingkanal • Stöckchen • Tartar • Tierpräparatorin • Witz
ISBN-10 3-10-403782-5 / 3104037825
ISBN-13 978-3-10-403782-0 / 9783104037820
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