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Die schönsten Liebesmärchen der Welt (eBook)

Clara Paul (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
272 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-75321-6 (ISBN)

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Die schönsten Liebesmärchen der Welt -
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In unzähligen Märchen aus aller Welt wird von der Liebe erzählt. Und fast alle laufen nach demselben Muster ab: Eine junge schöne Frau gerät in Not, ein junger schöner Prinz hilft ihr aus der Patsche, und zu guter Letzt heiratet er sie.

Neben diesen gibt es jedoch einige Märchen, die uns wirklich etwas von der Liebe zu erzählen haben: was es heißt, zu lieben und geliebt zu werden, was die Liebe mit uns macht, wie sie uns verwandelt, wie sie das Schönste in uns hervorbringt.

Hier sind sie versammelt: betörend schöne Märchen von klugen, selbstbewussten und tatkräftigen Frauen, die um ihre Liebe kämpfen und sich nicht mit dem ihnen zugedachten Schicksal abfinden; zauberhafte Märchen, die uns erzählen, wie man Schwierigkeiten in der Beziehung zum Guten wendet, Zeiten der Not überwindet und gemeinsam glücklich alt wird - Märchen zum Verlieben eben.

Die kluge Königin


Es war einmal ein junger Königssohn, der so über alle Maßen schön war, daß nie jemand seinesgleichen gesehen hatte. Das wußte er. Und darüber war er froh.

Und alle Leute sagten, daß er ebenso klug wie schön sei, so daß sich keiner an Klugheit mit ihm messen könne. Das glaubte er. Und darauf war er stolz.

Da tat er das Gelübde und schwur einen teuren Eid darauf, daß er niemals ein Mädchen zur Frau nehmen wolle, das nicht mindestens ebenso schön und nahezu ebenso klug wie er selbst wäre. Aber falls er ein solches fände, dann sollte sie auch seine Frau werden.

Es gab viele schöne Mädchen im Lande, aber sie gehörten eben nicht zu den klügsten. Es waren auch manche ganz gescheite junge Mädchen da, aber die gehörten nicht zu den schönsten. Soviel ist gewiß, daß der Königssohn keine fand, die ihm annähernd schön und klug war. Er war übrigens in dem Alter, daß sowohl er selbst wie sein Vater, der König, und ihr getreues Volk der Ansicht waren, er müsse heiraten. Aber nach dem Gelübde, das er abgelegt hatte, war da kein Mädchen im Lande, um die er seiner Meinung nach anhalten konnte.

Da wollte er auf Reisen, hinaus in andere Königreiche, gehen. Aber er wollte unbekannt und ohne Gefolge reisen. Er wollte schon selbst auf sich aufpassen, und da sollte auch keiner sein, der aus der Schule plaudern oder ihm in die Karten gucken könnte.

Er reiste also weit und breit umher, von einem Land in das andere. Aber es ergeht ihm draußen wie daheim: Kein Mädchen ist ihm schön oder klug genug, und noch viel weniger beides zugleich. Und so kann er ja um keine von ihnen anhalten.

Da ritt er eines Tages allein durch einen Wald. Er reitet und reitet, aber der Wald nimmt kein Ende. Es wird Mittag, und es wird Abend, aber immer noch ist er nicht aus dem Wald heraus, und ein Ende ist nicht abzusehen. Er hat sich völlig verirrt und weiß nicht mehr, wo er ist oder wohin der Weg führt oder, wo er für die Nacht Unterkunft finden kann, um sich und sein Pferd auszuruhen und zu erfrischen. Beide sind erschöpft.

Endlich sieht er einen dünnen blauen Rauch über den grünen Bäumen aufsteigen. Er reitet darauf zu und kommt an ein kleines, ärmliches Haus. Hier müssen doch Menschen sein, sagt er sehr erfreut. Er steigt vom Pferd und klopft an. Ein alter, einfacher Mann macht ihm auf, und eine alte, einfache Frau erschien ebenfalls. Sie schienen sehr verwundert zu sein, als sie den schmucken, vornehmen, jungen Reiter erblicken. Der Königssohn begrüßt sie mit einem Guten Abend und sagt ihnen wahrheitsgetreu, daß er sich verirrt habe und den ganzen Tag im Wald umhergeritten sei, ohne zu einem Haus oder einer Herberge gekommen zu sein. Und er bittet sie, ihm für die Nacht Unterkunft zu gewähren. Zuerst sagten sie allerdings, daß sie nicht die Leute seien, einen so vornehmen Herrn, wie er es sei, aufzunehmen, und man merkte ganz gut, daß sie ihn sehr gern wieder los sein wollten. Als er aber sagte, daß weder er noch sein Pferd es länger aushalten könnten, daß sie deshalb Ruhe und ein Nachtquartier brauchten, blieb ihnen nichts anderes übrig, als Ja zu sagen; er müsse dann eben mit dem vorliebnehmen, was er vorfinde.

Zuerst sorgte er nun für sein gutes Pferd. Einen Stall gab es nicht. Aber da war ein kleiner Schuppen für ihre einzige Kuh. Und die ging jetzt draußen auf der Weide; denn es war Sommerzeit. Und so konnte er sein Pferd dort hineinbringen, ihm Wasser geben und ein Bund Heu. Da war es sehr froh. Er selbst ging darauf in die Stube. In dem Hause gab es nur die eine, und die war klein und niedrig. Er setzte sich auf die Holzbank und begann mit den Leuten zu plaudern. Ob sie hier so ganz allein in dem wilden Wald wohnten? Ja, das täten sie, sagten sie, es seien keine anderen Menschen hier im Haus und keine anderen Häuser im Umkreis vieler Meilen. Sie lebten hier, wie es eben ginge, und schlügen sich durch mit einer Ziege und einer Kuh. Er bekommt also sein Abendessen, so gut wie es das Haus vermochte, nämlich ein Stück trocknes Brot und eine Schale Milch. Und dann holen die alten Leute ein Bund Stroh und breiten es in der Stube auf dem Fußboden aus. Darauf wollten sie selbst liegen; denn der fremde Herr sollte in ihrem Bett schlafen. Sie hatten nur das eine. Das wollte der Prinz jedoch nicht annehmen: Sie sollten ihr Bett behalten, und er wolle auf dem Fußboden auf dem Strohbündel liegen.

Es wurde also alles so gemacht, wie er es haben wollte, und alle drei gingen zur Ruhe. Das war nun allerdings ein anderes Lager, als er es gewohnt war. Da er aber so richtig müde war, schlief er bald ein und träumte von all den schönen Mädchen, die nicht klug genug, und all den klugen Mädchen, die nicht schön genug waren. Und er schlief süß, bis der Tag zu dämmern begann. Aber dann wachte er auf, und steif in den Gliedern war er von dem harten Lager ja. Und wie er sich auch drehte und wendete, einschlafen konnte er nicht mehr.

Da hörte er, wie sich über seinem Kopf, oben auf dem Boden, etwas bewegte. Da konnten ja Ratten und Mäuse oder auch eine Katze sein. Ja, es war sicherlich eine Katze, die da oben herumsprang. Aber bald darauf hörte er von da oben einen schnurrenden Ton wie von einem Spinnrad. Aber eine Katze konnte doch nicht spinnen. Und gleich darauf hörte er Gesang. Der kam weder von der Katze noch den Vögeln da draußen, sondern es war eine liebliche Frauenstimme, die im Takt mit dem schnurrenden Spinnrad sang. Einen so wunderschönen Gesang hatte er noch niemals gehört. Er sprang sofort von dem Lager auf, rieb sich die Augen und spitzte die Ohren. Und im selben Augenblick wachen die beiden alten Leute auf und kommen aus den Federn.

Da fragt der Königssohn sie sofort, wen sie da oben auf dem Boden versteckt halten und bereits in der frühen Morgenstunde zu spinnen und dazu zu singen beginne. Nun war es da oben wieder still geworden, und sie versichern dasselbe, was sie schon gestern gesagt hatten, nämlich, daß da keine anderen Menschen als sie selber im Hause seien.

»Nein«, sagt der Prinz, »es hat keinen Zweck, daß ihr mir das länger weiszumachen sucht. Ich glaube fest daran, was ich mit meinen eigenen Ohren gehört habe. Und jetzt könnt ihr mir ebensogut die volle Wahrheit sagen; denn ich werde schon dahinterkommen.«

Da mußte der Mann schließlich gestehen, es sei tatsächlich noch ein Mensch hier im Hause, und das sei ihre Tochter, die ihre Kammer da oben habe. Aber sie hätten solche Angst, daß jemand sie sehen könnte und vielleicht Lust auf sie bekäme und sie ihnen fortnehme. Und sie könnten sie doch gar nicht missen, so alt und gebrechlich wie sie waren. Sie verdiente für sie ja auch ein paar Schillinge mit Spinnen und Weben. Und wer sollte sie sonst pflegen, wenn sie nun bald nicht mehr selbst für sich sorgen könnten?

»Ja, da ich sie nun einmal gehört habe, möchte ich sie auch sehen«, sagte der Königssohn. »Ich bin doch kein Menschenfresser, also könnt ihr mich doch wohl das Mädchen sehen lassen.« Da mußten die Alten sie ja herunterrufen. Und herunter kam sie gesprungen, das junge Blut, in ihren ärmlichen Kleidern. Sie wußte ja nicht, daß sie Besuch hatten; denn sie hatte fest geschlafen, als der Königssohn spät am Abend gekommen war.

Als sie den schönen jungen Mann sah, wurde sie puterrot. Und dem Prinzen verschlug's auch die Sprache, als er sie zu Gesicht bekam; denn nie zuvor hatte er etwas halb so Schönes wie sie gesehen. Ihm wurde ganz sonderbar dabei zumute. So weit er gewandert war, hatte er keine gesehen, die sich an Schönheit mit ihr messen konnte. Die Tochter dieses armen Mannes war weit schöner als irgendeine von all den Prinzessinnen und Fräulein, die er in der Fremde oder daheim gesehen hatte. Er konnte sich gar nichts Schöneres denken. Aber er konnte doch nie daran denken, ein solches Bettlerkind zur Frau zu nehmen.

Er wandte daher seine Augen wieder von ihr ab und beeilte sich, sein Pferd zu satteln und fortzukommen. Und er wollte sie gar nicht mehr ansehen. Aber als er sich in den Sattel geschwungen hatte, und den Alten, denen er ein großes Goldstück für das Nachtlager gegeben, und die jetzt einen Kratzfuß nach dem anderen vor ihm machten, Lebewohl zunickte, konnte er doch nicht umhin, nach der Seite zu schielen, wo sie stand und ihn mit ihren großen Augen anblickte. Und dann konnte er es nicht unterlassen, seinen Hut zu ziehen und sie zum Abschied zu grüßen. Und ebensowenig konnte er sich eines Gefühls erwehren, als säße ihm das Herz im Halse, als sie mit niedergeschlagenen Augen errötend ihren Kopf zum Gruße neigte. Die großen Augen aber schlug sie wieder auf, und die folgten ihm, als er von dannen sprengte, bis er außer Sicht war. Sie sahen ihm nicht nur nach, sondern standen noch lange da, nachdem Haus und Wald schon weit hinter ihm lagen. Aber unterwegs, während er so dahinritt, sagte er zu sich selbst: ›Ja, gewiß ist sie lieblich und mehr als schön genug für mich, aber ich gelobte ja auch, daß die, welche ich haben wollte, klug sein müßte, fast ebenso klug, wie ich es bin, und das ist sie natürlich nicht.‹

Er merkte sich jedoch gut, wo die Waldhütte lag, und bald war er auch auf bekannten Wegen; denn der große Wald lag an der Grenze seines eigenen Heimatlandes. Er ritt nun geradewegs zum Königsschloß seines Vaters und sagte, er habe noch keine gefunden, die ihm ebenbürtig sei. Das tat dem alten König natürlich sehr leid; denn er war so überzeugt von der großen Klugheit seines Sohnes, daß er glaubte, es müsse schon so gewesen sein, wie er es erzählte. Aber er wollte ihn doch so gern bei seinen Lebzeiten versorgt sehen. Und wenn sich der Sohn nun eine Braut wählen würde, war er im voraus davon überzeugt, daß es die richtige...

Erscheint lt. Verlag 11.9.2017
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Anthologien
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Amor • Anthologie • Beste Freundin • buch-geschenk • Erste Liebe • Freundschaft • Geburtstagsgeschenk • Geschenk • Geschenkbuch • Geschenke für Frauen • Geschenk für beste Freundin • Geschenk für Freundin • Geschenk-Ideen • Glück • insel taschenbuch 4600 • IT 4600 • IT4600 • Kurzgeschichten • Liebe • Liebeserzählungen • Liebesgeschichten • Märchen • Psyche • Romantik • Sammlung • Sehnsucht • Verliebstsein • Verliebtheit • Volksmärchen • Wunder
ISBN-10 3-458-75321-4 / 3458753214
ISBN-13 978-3-458-75321-6 / 9783458753216
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