Girton Klumpfuß ist kurz davor, einer der besten Auftragsmörder des Landes zu werden, schließlich geht er bei Meister Karn in die Lehre, einer lebenden Legende im Geschäft mit dem Tod. Eines Nachts werden Girton und sein Meister jedoch an den Königshof gerufen: Innerhalb der dicken Steinmauern von Burg Maniyadoc wispert man hinter vorgehaltener Hand von einem geplanten Attentat auf den Kronprinzen. Getreu dem Motto 'Um einen Mörder zu fangen, musst du einen Mörder schicken' heuert die Königin die beiden Assassinen an, um das Attentat zu verhindern. Weder Girton noch Meister Karn ahnen, dass der Anschlag auf den Prinzen erst der Beginn einer Reihe von Verschwörungen und Intrigen ist, die das gesamte Königreich in einen grauenhaften Krieg stürzen könnten, der auch vor loyalen Assassinen nicht haltmacht ...
R. J. Barker war schon als kleiner Junge eine absolute Leseratte und hatte stets ein Buch in der Tasche. Er war Mitglied in einer Rockband, bevor er beschloss, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Das Fantasy-Epos Die Stunde des Assassinen ist sein erster Roman. Der Autor lebt mit seiner Familie in Leeds.
Prolog
Darik, der Schmied, war der Letzte der Trostlosen. Der Landjunker brachte ihn mit einem Tritt in die Kniekehle zu Boden und riss seinen Kopf nach unten, sodass er kniete und die Linie zwischen dem saftigen grünen Gras und der verrotteten gelben Wüste der Fäulnis anstarrte. Nichts wuchs in dieser Fäulnis. Zugunsten seiner Magie hatte ein Zauberer vor vielen Jahren, noch bevor Dariks Eltern geboren worden waren, dem Land jegliches Leben ausgesaugt, und heute fand sich dort nichts als … Tod. Ein widerlich stinkender Wind blies Darik die langen braunen Haare ins Gesicht, und zehn Schritte von ihm entfernt weinte die erste Trostlose, während sie auf die Klinge wartete – Kina, das Hirtenmädchen, kaum älter als ein Kind und die einzige andere aus seinem Dorf. Die Stimme des Landjunkers, der sich riesig und stark in seiner grasgrünen Rüstung vor ihnen aufbaute, klang überraschend sanft, als er zu ihr sprach, mit einem Flüstern, das kaum lauter war als das Messer, das aus seiner Scheide glitt.
»Schsch, mein Kind. Gleich ist’s vorbei«, wisperte er, dann zog er das Messer durch ihren Hals, und ihre Tränen versiegten für immer. Darik spähte zwischen seinen zerzausten Haarsträhnen hindurch und sah Kinas Körper zucken, während schwallartig das Blut aus ihrer Kehle spritzte und dunkle, sich windende rote Muster auf dem stinkenden gelben Boden zeichnete – Silhouetten des Todes und des Lebens.
Er hatte gehofft, Kina zu heiraten, sobald sie mündig war.
Darik fror, aber es war nicht der Wind, der ihn zittern ließ. Ihm war kalt gewesen, seit die Zaubererjäger ihn geholt hatten. Es war das erste Mal seit fünfzehn Jahren gewesen, dass der Schweiß auf seiner Haut nicht von der unerbittlichen Hitze des Schmiedens stammte. Die Feuchtigkeit, die nun an ihm haftete, gehörte einer anderen Sorte Schweiß an, einem neuen Schweiß, einem kalten, verängstigten, animalischen Schweiß, der unaufhaltsam geflossen war, seit sie seine Handgelenke in Ketten gelegt hatten. So viel Zeit schien seitdem vergangen zu sein. Die Wochen, in denen sie durch das Müde Land marschiert waren, hatten sich wie ein einziger Traum angefühlt, aber im Nachhinein war der traumähnlichste Augenblick derjenige gewesen, als sie seinen Namen aufgerufen hatten. Es hatte ihn nicht überrascht – es war, als hätte er sich vor langer Zeit an einen Heckengeist verkauft und sein ganzes Leben lang nur darauf gewartet, dass jemand kam und seine Schuld eintrieb.
»Schsch, mein Kind. Gleich ist’s vorbei.« An einem weiteren Trostlosen tat das Messer seine Arbeit, und ein zweites Gewirr aus blutigen Sigillen spritzte auf den dreckigen gelben Boden. War dort ein Zeichen versteckt? Gab es eine Botschaft an ihn? An diesem Ort zwischen Leben und Tod, kurz bevor er die wässrige Dunkelheit umarmen würde, die die toten Götter verschluckt hatte, sprachen sie da nun mit ihm?
Oder war es einfach nur Blut?
Und Tod.
Und Angst.
»Schsch, mein Kind. Gleich ist’s vorbei.« Der Nächste flehte um sein Leben, genau in der Sekunde, bevor die Klinge zustach. Darik kannte seinen Namen nicht, hatte ihn nie danach gefragt, nie einen Sinn darin gesehen, denn sobald du einer der Trostlosen bist, bist du auch schon tot. Es gab keinen Ausweg, es war zwecklos, fliehen zu wollen. Das Brandmal auf deiner Stirn zeigte, was sie von dir hielten – Magienutzer, Zerstörer, Abschaum, Zauberer. Du bist zu nichts weiter zu gebrauchen, als auf der trockenen, toten Erde auszubluten, ein Blutopfer, um das Land zu heilen. Niemand würde dich verstecken, niemand würde dich bemitleiden, wo Magie die Erde so ausgelaugt hatte, dass die Menschen ihre Kinder kaum ernähren konnten. Er hörte ein Keuchen, ein Sich-Wehren, ein Flehen, während das Messer seine Arbeit vollführte und der durstige Boden sich das Leben einverleibte, das ihm geraubt worden war.
Fühlte Darik etwas – in diesem Augenblick des Todes? Spürte er ein Vibrieren? Ein Kitzeln, das von seinen Knien ausstrahlte, sich einen Weg sein Bein hinauf durch sein Blut bahnte und sich in seinem Magen zusammenzog? Oder war es nur Angst?
»Schsch, mein Kind. Gleich ist’s vorbei.«
Das Aufschlitzen, das Röcheln, das Blut auf dem Boden, und diesmal war es unverkennbar – etwas, das durch seinen Körper peitschte. Es ließ seine Zähne klappern, pulsierte schmerzend in seinen Haarwurzeln. Alles um ihn herum fing an, sich zu verändern: Das Land wurde zu einer Linse und er zu ihrem Brennpunkt, sein Geist war ein hell flackernder Lichtfleck. Was war dieses Gefühl? Was war es denn? Hatten sie recht?
Haben sie recht?
Eine Hand auf seiner Stirn.
Dunkle Würmer, die sich durch sein Fleisch winden.
Das Zischen einer Klinge, die aus ihrer Scheide gezogen wurde.
Er schwitzt, heiß wie in seiner Schmiede.
Sein Kopf wurde zurückgerissen, sein Hals überdehnt.
Als er die Augen schließt, sieht er eine Welt voller silberner Linien und Schatten.
Die kalte Berührung der Klinge an seiner Kehle.
Eine Pause, wie das Zischen von heißem Metall in Wasser, wie der Augenblick, bevor der Geysir von versengendem Dampf um seine Haut faucht und die Klinge angelegt wird.
Das Brennen eines scharfen Gegenstands auf seiner Haut.
Und das Gras flüstert und das Land redet und die Bäume sprechen und alle in einer Sprache, die er nicht versteht. Doch gleichzeitig weiß er genau, was gesagt wird. Hört sich so ein Heckenlord an?
Das Ächzen einer Lederrüstung.
»Ich werde dich retten.« Ist das die Stimme von Fitchgras auf den Feldern?
»Nein!«
»Hör nur zu …« So nah an der Fäulnis, ist es Coil der Gelbling?
»Schsch, mein Kind.« Die Stimme des Landjunkers, beruhigend, versöhnlich. »Gleich ist’s vorbei.«
»Ich kann dich retten.« Zu fern von den Flüssen für den Blauen Watta.
»Nein.« Doch Dariks Wort war ein Flüstern, übertönt von der Angst vor der Leere, die sich näherte. Die Zeit verlangsamte sich noch mehr, als sich das Messer durch seine Haut zog, eine Schicht nach der anderen durchtrennte auf der Suche nach den schwarzen Gefäßen seines Lebens.
»Lass mich dich retten.« Oder ist es der Schlimmste von allen? Höre ich dort den Dunklen Ungar?
»Nein«, sagte er. Aber das Wort war schwach, sein Kampfeswille gebrochen.
»Darf ich?«
»Ja!«
Eine Explosion von … von etwas?
Irgendetwas.
Irgendetwas, das er weder kannte noch verstand, das ihm aber dennoch nicht völlig fremd war – es hatte schon immer in ihm geschlummert. Es ist etwas, wogegen er angekämpft und das er verleugnet hatte, wovor er davongelaufen war. Eine vertraute Stimme aus seiner Kindheit, der eingebildete Freund, der seine Mutter geängstigt und den zu vergessen sie ihn genötigt hatte, weshalb er ihn weit weggeschoben hatte, sehr weit weg. Doch nun, da er ihn am meisten brauchte, war er gekommen.
Die Klinge presste sich nicht länger an seinen Hals.
Er öffnete die Augen.
Die Welt war verschwommen – ein Nebel aus Gelb – und ein schrilles Jammern erfüllte seine Ohren, genau wie damals, als sein Vater ihn wegen »gefährlichem Gerede« verprügelt hatte. Das grüne Gras unter Dariks Knien war verschwunden, ersetzt durch gelbes Farnkraut, das bei seiner Berührung zerbröselte wie die morgendliche Asche in der Schmiede. Er starrte auf seine Hände hinab. Sie waren wie immer – dieselben Narben, dieselben nicht ganz verheilten Schnitte, dieselben alten Verbrennungen und Schwielen.
Um ihn herum bemerkte er einen vollendeten Halbkreis aus abgestorbenem Gras, als hätte sich das Faulige Land einen Bissen der saftigen Weide einverleibt.
Seine Handgelenke waren nicht mehr durch kaltes Metall gefesselt.
War er fort, tot? War er einen Handel mit etwas Schrecklichem eingegangen? Doch so fühlte es sich nicht an. Er hatte das Gefühl, als habe es immer in ihm gesteckt, wäre ein Teil von ihm gewesen, der nur auf den richtigen Zeitpunkt gewartet hatte.
Die Fäulnis konnte er wie einen Schmerz spüren.
Vier Landjunker hatten die fünf Trostlosen bewacht. Jetzt glichen die Wachen verschwommenen Flecken aus geborstenem, verbogenem Metall, sie waren rotes Fleisch und scharfe weiße Knochen.
Darik rieb sich die Augen und zwang sich mit Gewalt auf die Beine, wo er taumelnd dastand wie ein Mann, der aus einem viel zu langen Schlaf erwacht war. Eine Bewegung aus dem Augenwinkel bannte seine Aufmerksamkeit. Einer der Landjunker war immer noch am Leben, lag auf dem Rücken und versuchte verzweifelt, auf den Ellbogen vor Darik wegzukrabbeln. Der Schmied kniete sich neben den Junker und legte ihm die großen Hände auf beide Seiten des Kopfes. Es wäre ein Leichtes, ihn zu töten, nur eine einzige, rasche Drehung seiner muskulösen Arme, und der Hals des Junkers würde wie ein verkohlter Stock zerbrechen. Darik bot all seine Willenskraft auf, um seine Arme zu bewegen, stattdessen starrte er aber den Landjunker nur an. Nicht viel älter als er selbst und verängstigt, so schrecklich verängstigt. Die Lippen des Junkers bewegten sich, und zuerst war das Geräusch ein unmenschlich hohes Wimmern, dann folgten die Worte wie nahender Donner von Pferdegetrappel, das auf ihn zugaloppierte.
»EstutmirleidEstutmirleidEstutmirleidEstutmirleid …«
»Das ist falsch«, sagte Darik, »das ist alles falsch.« Doch die Augen des Junkers waren in die Ferne gerichtet, entrückt vor Angst und jenseits...
Erscheint lt. Verlag | 9.1.2018 |
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Reihe/Serie | Assassinen-Reihe | Assassinen-Reihe |
Übersetzer | Beate Brammertz |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Age of Assassins - The Wounded Kingdom Book 1 |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Assassinen • eBooks • Epic Fantasy • epische Schlachten • Fantasy • High Fantasy • höfische Intrigen • Macht • Magie |
ISBN-10 | 3-641-21127-1 / 3641211271 |
ISBN-13 | 978-3-641-21127-1 / 9783641211271 |
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