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Plädoyer für Poesie -  Klaus Wohlschak

Plädoyer für Poesie (eBook)

Aus dem Leben eines Romantikers
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
Morawa Lesezirkel (Verlag)
978-3-99057-367-9 (ISBN)
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'Die Sprache war meine lebenslange Geliebte. Ich habe sie nie betrogen. Viele Jahre habe ich sie missbraucht und mit ihrer Hilfe die Neugier der Massen befriedigt. Das nannte sich Journalismus. Jetzt, im Alter, kehre ich liebevoll zu der Sprache zurück, die mir immer wichtig war, die mich mein Leben hindurch beglückt und getragen hat: zur Sprache der Poesie.'

Klaus Wohlschak, geboren 1947 in Wiener Neustadt, hat nach außen hin, so scheint es, ein zwar durchaus interessantes, aber doch im Grunde eher bürgerliches Leben geführt. Auf die Kindheit in der großväterlichen Familie folgte die schulische Laufbahn in Wien und die Matura 1965. Noch im selben Jahr begann er als Reporter für eine Zeitung zu schreiben, daneben studierte er Zeitungswissenschaft, musste das aber abbrechen, als er 1968 im ORF angestellt wurde. Es folgte, nur unterbrochen vom Militärdienst, eine 35 Jahre lange Tätigkeit als Redakteur und Reporter im ORF-Landesstudio Niederösterreich, die vom Chronik-Ressort über die Kultur bis zur Politik führte. 1981 erhielt Wohlschak den Österreichischen Staatspreis für publizistische Verdienste um die Geistige Landesverteidigung, 2000 wurde ihm vom Bundespräsidenten der Professorentitel verliehen.

KINDHEIT UND JUGEND


Die Sonnenblume

 

Dieser Stern

Leuchtende Fenster. Schwarze Fassaden.

Dunkelnder Mond. Sternenschwaden.

Vorhang aus Blumen. Dämmerlicht.

Mittendrin seh´ ich dein Gesicht.

Mattblauer Himmel. Kühle Luft.

Das ist die Freiheit, die mich ruft.

Fenster erlöschen. Mond verdunkelt.

Klar sich lösend ein Stern karfunkelt.

Dieser Stern soll mein Führer sein.

Weit entfernt, ist er dennoch mein.

In der Bedrängnis an ihn sich wenden.

Freie Gedanken der Freiheit senden.

 

Traurige Stunde

Über dem Strom liegt Dunst.

Autos parken am verwachsenen Ufer,

es ist schon Abend, nur wenige Menschen

sitzen noch auf den Steinen.

Sie sehen den jungen Leuten zu,

die, von einem schnellen Boot gezogen,

spitze Fächer empor werfend,

das Wasser zerschneiden.

Ein Schlepperzug

weckt mich vom Träumen auf – leider.

Denn ich kann nicht jung sein,

nicht froh – ich bin einsam.

 

Abend

Heut ist es Abend geworden.

Einer mehr in der Reihe der Abende,

die ich liebe und doch hassen müsste.

Liebe, weil sie mir Gedankenfreiheit

und Besinnung, Erinnerung schenken.

Der Abend hat Raum für Melancholie.

Für Wehmut. Für den Schmerz der Seele.

Es ist ein heißer Sommertag gewesen,

heiß auch der Abend. Nur leichter Wind

kühlt den, der am offnen Fenster sitzt

und in der mondeshellen Stille

bessere Zeit zu finden glaubt.

Wiewohl ich fernen Idealen den Mond

zum Paten setze: Hassen kann ich ihn nicht.

Wenn die Erinnerung mich mit Tränen erfüllt,

schlucke ich den Schmerz und will ruhen.

 

Herbst

Zitternd neigt sich,

kaum schwankend, schlank der Baum.

Federnd streckt er leere, welke Äste,

ein wenig Gelb dabei, ein wenig Braun.

Leuchtender Herbst von Westen,

kaum mehr hell, mehr fern,

ohne Sonne grau

und ohne Gestalt

braust das Wasser heran.

Leise kräuseln sich weiße Wellen,

Krone hell, ohne Horizont.

Gern möchte ich Meer malen,

weiße Inseln finden,

immer im Winde segeln.

Schwarz zuckt im lichten Blitz

der kahle Ast. Er sinkt

zum Grund hinab,

ins Dunkel zurück.

Ein Zweig wird im Frühjahr herangespült,

ein toter Zweig auf einer toten Welle

und ein toter Specht.

Und ein Maler war da, der Meer malen mochte,

und den toten Baum und die See.

Das Grab ist alt und kahl und fremd

und leer zu schauen,

und manchmal leuchtet es fahl

in einem traurigen Morgengrauen,

wenn die Sonne schüchtern aufgeht

und ein weicher Wind weht.

 

Hoffnung

Atme in tiefen Zügen den blauen Nachthimmel.

Sauge der Sterne Schein taumelnd ein.

Siehe die Schatten der hohen Helle sein.

Blaue Unendlichkeiten leuchten, goldene Weiten.

Kerzen tauchen braune Räume in Samt und Seide.

Strauch und Baum zittern, feines Gewebe

zarter Äste erbebt, kaum zu schauen.

In weißem Hauch leuchten seidene Leiber.

Weit dehnt sich blitzend die matte Nacht.

Entfernungen werden klein.

Gern werde ich einst in jenem Stern sein.

Ahne, dass du an fernen Rätseln gerührt.

Fürchte die Ahnung nicht, die in die Ferne führt.

Wisse, du bist, den glückhaft die Nacht küsst.

Wisse, wie weit die Zeit ist, da du auf Wacht bist.

Sieh nicht, wie diese Welt

aus den Gelenken fällt.

Frei lockt ein Reich, neu und rein.

Wenn ein Stern

an seiner Hitze verglühend flieht

und in weitem Schweif über den Himmel eilt,

der ohne Sonne droht,

wo nur ein runder Mond ruhig thront,

wenn ein Licht über den Himmel zieht,

das samtene Kissen aus reinem Blau,

ein feines Kleid, eingestickt Edelsteine

glitzern in hellem Scheine,

wenn ein Stern seine ganze Kraft verglüht

und zum letzten Mal aufflammt und aufwallt

und aufwühlt und dann erstirbt und verblüht

und im weiten wehenden Blau aufgeht

und sein letztes Licht ausweht, dann

dürfen wir einen Wunsch wählen.

Wir dürfen anflehen,

auch wenn wir nicht wissen, wen.

Ich habe am Himmel großes Weh gesehen

und dennoch muss ich meiner Wege gehen.

Freudig will ich alles tragen und Neues wagen.

Unbekanntes will ich kennen lernen.

Den Sternen will ich Verwandtes werden.

Den Pfad will ich gehen,

der mich zum Sterne führt.

In ihm und mit ihm sein, in ihm glühen

und meine Bahn durchs Universum ziehen.

Am schnellsten den Glanz verglänzen,

das letzte Licht, mein höchstes Glück,

mein schönes Leben in den Himmel malen.

Im Erlöschen über das Blau hin ziehen

und an der Hitze verglühend

fliehen.

 

Kindheit

Warum starb meine Märchenfee

wie eine Möwe in der See ?

Mir ist so kalt, mir ist so weh

wie rotes Blut im weißen Schnee.

Das Wunderland ist abgebrannt,

die Asche glüht, es weht der Sand.

Mein Zauberreich ist unbekannt

und keiner gibt mir seine Hand.

 

Sterne

Findest du`s nicht ungeheuer,

dass sich Tag für Tag ein neuer

Himmel über Bergen hebt,

Winde wirft und Wolken webt ?

Das Kaleidoskop der Sterne,

ist`s nicht ein Symbol der Ferne,

die uns voneinander trennt,

die in uns friert und in uns brennt ?

 

Lotterie

Wir alle spielen Lotterie

und investieren täglich.

Den ersten Preis macht man fast nie,

doch ist es nicht unmöglich.

Jeder gewinnt ein bisschen Glück,

ein Pfund, vielleicht auch mehr.

Man muss gut achten auf sein Stück,

verlieren ist nicht schwer.

Man muss es hüten wie ein Kind,

denn es soll lange reichen.

Gewitter, Wolken, Regen, Wind

sollen es nicht verscheuchen.

Verschleuderst du das große Los,

dann gleichst du über ´s Jahr

dem Lottokönig, der einst groß,

doch bald ein Bettler war.

 

In einer Gasse

Hinter diesem Kirchturm in einer Gasse

ist meine Großmutter zu Hause.

Sie hatte unlängst ihren 80. Geburtstag,

aber ich habe sie nicht besucht.

Mein Vater lebt

fünf Autostunden weg von hier.

Er ist ein Angestellter und hat eine Frau.

Mein Halbbruder heißt Karl und ist vierzehn.

Ich hab keine Lust, die drei nochmals zu sehen.

Meine Mutter hat einen Mann

und der einen Sohn

und der eine Frau und die eine Tochter, Elisabeth.

Sie ist gerade fünfzehn und bezaubernd.

Sie ist der positive Teil

meiner Verwandtschaft.

Ich habe Kollegen,

mit denen ich gut auskomme,

und Sekretärinnen, die mir gefallen.

Wirkliche Freunde habe ich zwei, drei, vier.

Einer davon hat eine Frau, die ich gerne mag.

Doch meine Frau lieb ich mehr als alle andern,

und mein Beruf ist auch nicht mehr so wichtig.

Meist lasse ich ihn im Schreibtisch im Büro.

Man könnte sagen,

ich bin fast ein bisschen glücklich.

 

Lied vom ärmlichen Leben

Mein Vater hatte mich gezeugt

und war dann bald verschwunden.

Die Mutter aber, lastgebeugt,

hat sich für mich geschunden.

Es half ihr keiner, damals war

das Leben allgemein ärmlich.

Und als ich im 47 er Jahr

zur Welt kam, war es erbärmlich.

Es gab ein bisschen Gemüse und Brot

und Pulvermilch dazu,

und viele Leute waren tot

und hatten ihre Ruh.

So nahm sich denn die junge Frau

ein schmuddeliges Zimmer

und hatte vor Kälte die Hände blau.

Ringsum lagen noch Trümmer.

Doch war in diesem miesen Loch

kein Platz mehr für ein Kind.

Als Fensterscheiben Pappe noch.

Vom Ofen pfiff der Wind.

Und da war ich und war nicht satt.

Ich schrie und wollte leben.

Da hat sie mich fort aus der Stadt

aufs Land zu den Tanten gegeben.

Dort blieb ich bis zum sechsten Jahr

und wurde wohl behütet,

doch dass ich ohne Eltern war,

hat niemand mir vergütet.

Anmerkung: Dieses wie auch das folgende Gedicht waren ursprünglich gedacht für den sehr autobiografischen Band „vorsicht die gitarre schießt“, 1977. Sie blieben aus persönlichen Gründen unveröffentlicht. Heute ist aber die Geschichte über alle Konflikte hinweg gegangen.

 

Lied vom...

Erscheint lt. Verlag 5.7.2017
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Lyrik / Gedichte
ISBN-10 3-99057-367-5 / 3990573675
ISBN-13 978-3-99057-367-9 / 9783990573679
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