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Wolkenschloss (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
464 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-490583-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wolkenschloss -  Kerstin Gier
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Ein magischer Ort in den Wolken. Eine Heldin, die ein bisschen zu neugierig ist. Und das Abenteuer ihres Lebens. Der neue Roman von Bestsellerautorin Kerstin Gier. Hoch oben in den Schweizer Bergen liegt das Wolkenschloss, ein altehrwürdiges Grandhotel, das seine Glanzzeiten längst hinter sich hat. Aber wenn zum Jahreswechsel der berühmte Silvesterball stattfindet und Gäste aus aller Welt anreisen, knistert es unter den prächtigen Kronleuchtern und in den weitläufigen Fluren nur so vor Aufregung. Die siebzehnjährige Fanny hat wie der Rest des Personals alle Hände voll zu tun, den Gästen einen luxuriösen Aufenthalt zu bereiten, aber es entgeht ihr nicht, dass viele hier nicht das sind, was sie vorgeben zu sein. Welche geheimen Pläne werden hinter bestickten Samtvorhängen geschmiedet? Ist die russische Oligarchengattin wirklich im Besitz des legendären Nadjeschda-Diamanten? Und warum klettert der gutaussehende Tristan lieber die Fassade hoch, als die Treppe zu nehmen? Schon bald steckt Fanny mittendrin in einem lebensgefährlichen Abenteuer, bei dem sie nicht nur ihren Job zu verlieren droht, sondern auch ihr Herz.

Kerstin Gier, Jahrgang 1966, hat 1995 ihr erstes Buch veröffentlicht und schreibt seither überaus erfolgreich für Jugendliche und Erwachsene. Ihre Edelstein-Trilogie, die Silber-Reihe und ihre Vergissmeinnicht-Bände wurden zu internationalen Bestsellern, mehrere Romane von ihr sind verfilmt worden. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln.

Kerstin Gier, Jahrgang 1966, hat 1995 ihr erstes Buch veröffentlicht und schreibt seither überaus erfolgreich für Jugendliche und Erwachsene. Ihre Edelstein-Trilogie, die Silber-Reihe und ihre Vergissmeinnicht-Bände wurden zu internationalen Bestsellern, mehrere Romane von ihr sind verfilmt worden. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln. Eva Schöffmann-Davidov, Jahrgang 1973, ist eine der renommiertesten Kinder- und Jugendbuchillustratorinnen Deutschlands. Nach ihrem Studium an der Fachhochschule für Gestaltung in Augsburg machte sie sich in der Kinder- und Jugendliteratur schnell einen Namen und gewann im Lauf ihrer Karriere zahlreiche Preise für ihre Gestaltungen. Als Fachhochschuldozentin gab sie ihr Wissen und ihre Erfahrung auch an junge Künstler*innen weiter. Heute illustriert sie Kinderbuchserien und Jugendbücher unter anderem von Bestsellerautor*innen wie Kerstin Gier oder Tanya Stewner. Die Illustratorin lebt mit ihrer Familie in Augsburg.

Das ›Wolkenschloss‹ ist ein kuscheliges Wohlfühlbuch für stürmische Herbsttage und kalte Winterabende, das sich auch zum Verschenken bestens eignet.

…charmante und sehr liebevoll gezeichnete Figuren, eine ebenso rasante wie unterhaltsame Handlung und ganz viel Herz und Schmerz versprechen Lesegenuss pur - für Jung und Alt

Magisch!

Die Gier ist wieder mal groß.

es ist […] der ganz eigene Stil von Kerstin Gier, der ihre Bücher zu 'was Besonderem macht.

eine wohldosierte Mischung aus Spannung, Herz und Humor

Liebenswert, romantisch und voller schrulliger Charaktere: Die deutsche Autorin Kerstin Gier hat wieder ein richtig nettes, flott zu lesendes Buch geschrieben.

Eine Meisterin ihres Fachs, ihr ›Backfischroman‹ ist mitreißend und passt sogar zur Jahreszeit. Spannung und Gefühl halten sich die Waage

1


Mein erster Tag als Kindermädchen drohte, ein totaler Reinfall zu werden.

»Du bist ganz bestimmt das schlechteste Kindermädchen der Welt, Fanny Funke«, meinte auch Don, als ich hektisch an ihm vorbeilief und dabei »Jungs! Das ist nicht komisch! Kommt doch bitte wieder her!« rief.

»Ja, bitte, bitte, bitte!«, äffte Don mich nach. »Sonst werde ich nämlich gefeuert.«

Möglich war das. Und dabei hatte ich nur eine Minute nicht aufgepasst. Zu meiner Verteidigung: Es geht schneller, als man denkt, Kinder im Schnee aus den Augen zu verlieren, wenn sie sich absichtlich wegschleichen und dabei weiße Anoraks, weiße Schneehosen und weiße Mützen tragen. Derartige Kleidung gehörte doch per Gesetz verboten. Weit konnten sie nicht gekommen sein, bergauf war die glitzernde Schneedecke unberührt. Es gab hier auf der Westseite des Hotels allerdings im engeren Umkreis reichlich Verstecke für winzig kleine, schlaue Kinder in Tarnkleidung, sie konnten nicht nur hinter diversen Schneehaufen abgetaucht sein, auch vereinzelt stehende Bäume, Brennholzstapel und Mauervorsprünge boten perfekte Tarnung.

Ich kniff die Augen zusammen, um gegen das Licht anzublinzeln. Für den Abend und über die Weihnachtsfeiertage hatte der Wetterbericht neuen Schneefall angekündigt, aber noch war der Himmel leuchtend blau, und der Schnee funkelte mit den Fenstern und den kupfergedeckten Turm-, Türmchen- und Gaubendächern um die Wette. Unten im Tal hing dagegen schon seit gestern Morgen dichter Nebel. Wetterlagen wie dieser verdankte das Hotel seinen Kosenamen Wolkenschloss.

»Ungewöhnlich still, nicht wahr?« Don Burkhardt junior erinnerte mich daran, dass jetzt keine Zeit war, die Schönheit der Schweizer Berglandschaft zu bewundern. »Nicht, dass die lieben Kleinen schon erfroren sind …«

Don saß auf dem großen Schlitten, mit dem das Feuerholz zum Kellereingang gezogen wurde, baumelte mit den Beinen und leckte an einem Eis in der Waffel, das er sich persönlich in der Küche besorgt haben musste. Das Feuerholz hatte er vor dem »Willkommen im Château Janvier«-Schild einfach in den Schnee gekippt.

Das Eis brachte mich auf eine Idee. »Hey, Jungs! Wollt ihr vielleicht ein leckeres Eis essen?«, rief ich.

Aber es blieb mucksmäuschenstill.

Don kicherte vergnügt. »Du hättest dich nicht durch diesen tschechischen Saisonarbeiter von deinen Pflichten ablenken lassen sollen, Fanny Funke.«

»Heb du lieber das Holz auf, wenn du keinen Ärger bekommen willst«, sagte ich.

Obwohl Don für seine neun Jahre klein und eher schmächtig war und mit seinem Stupsnäschen und den seelenvollen, braunen Augen entzückend harmlos aussah, fürchtete ich mich insgeheim vor ihm. Nichts von dem, was er von sich gab, klang je auch nur ansatzweise altersgemäß, und das war doppelt irritierend, weil er so eine helle Kinderstimme hatte, einen niedlichen Schweizer Akzent und dazu leicht lispelte, und zwar ebenfalls auf die niedliche Art. Seine seltsame Angewohnheit, Menschen grundsätzlich mit Vor- und Nachnamen anzusprechen, manchmal noch ergänzt durch Ortsangaben, Eigenschaftswörter oder das Alter – »Du hast da eine Laufmasche in der Strumpfhose, Fanny Funke, siebzehn Jahre, aus Achim bei Bremen« –, hatte etwas seltsam Bedrohliches an sich, so wie in einem Mafia-Film, wenn jemand »Ich weiß, wo du wohnst«, raunte, um einem dann bei Gelegenheit einen Pferdekopf vor die Tür zu legen. Wenn man Glück hatte.

Don und seine Eltern waren Stammgäste im Hotel, und Don kannte sich hier bestens aus. Den ganzen Tag pflegte er durch das Haus zu stromern, Gespräche zu belauschen und Unheil zu stiften, und dabei benahm er sich, als würde das Hotel mitsamt den Menschen darin ihm gehören. Egal ob Gast oder Personal – Don wusste auf geradezu unheimliche Art und Weise über alles und jeden Bescheid. Selbst wenn er verbotenerweise die Personalakten studiert hatte, wovon ich ausging, war es gruselig, dass er sich das alles bis ins Detail merken konnte. Lastenaufzüge, Büros oder Keller – Don lungerte bevorzugt dort herum, wo Gäste keinen Zutritt hatten, und weil er so klein und süß war, hatte es selten Konsequenzen. Wen er mit seinem unschuldigen Rehblick nicht bezirzen konnte, den schüchterte er ein, indem er ihn beim vollen Namen nannte und wie nebenbei auf seinen schwerreichen Vater, Don Burkhardt senior, und dessen freundschaftliche Beziehungen zu einem der beiden Montfort-Brüder verwies, denen das Hotel gehörte. Jedenfalls machte er das mit mir so. Und auch wenn ich versuchte, es mir nicht anmerken zu lassen, so zeigten seine Mafia-Methoden doch irgendwie Wirkung. Vorgestern erst hatte ich ihn dabei erwischt, wie er seine schokoladenverschmierten Hände an den bestickten Samtportieren im kleinen Vestibül im zweiten Stock abgewischt hatte, ganz bewusst und bedächtig. Meine Empörung darüber hatte er mit einem überlegenen Lächeln quittiert. »Oh, Schulabbrecherin Fanny Funke aus Achim bei Bremen hat offenbar ein Faible für scheußliche Vorhänge!«

Das hatte mich erst recht empört: Alle Vorhänge und Kissen im gesamten Stockwerk waren aus demselben Stoff genäht, wunderschön, tiefrot, bestickt mit Vögeln und Blumenranken in mattem Gold. Man musste kein Fachmann sein, um zu erkennen, wie kostbar sie waren, auch wenn das Rot im Laufe der Jahre vielleicht ein wenig verblasst war. Wenn man vorsichtig mit den Fingern über den Samt strich, dann war es fast so, als würde der Samt einen zurückstreicheln.

»Und überhaupt: Ist es nicht deine Aufgabe, hier alles sauber zu halten, Aushilfszimmermädchen Fanny Funke mit den komischen Sommersprossen?«, hatte Don gefragt. Vorgestern war ich nämlich noch nicht der Kinderbetreuung, sondern dem Housekeeping zugeteilt gewesen. »Was glaubst du eigentlich, wie viel Geld mein Vater jedes Jahr in diesem Hotel lässt? Und was glaubst du, wen sie hier eher rausschmeißen – dich oder mich? An deiner Stelle wäre ich froh, dass es sich nur um Schokolade handelt, und würde mal ganz schnell versuchen, die Flecken rauszukriegen, bevor Fräulein Müller dir wieder die Leviten liest.« (Woher kannte er nur solche Ausdrücke? Nicht mal meine Oma sprach so.)

»Und an deiner Stelle würde ich mal ganz schnell abhauen, bevor ich dir mit dem Staubwedel den Hintern verhaue!«, hatte ich zwar erwidert, aber Don war grinsend davongeschlendert, wohl wissend, dass er gewonnen hatte. Vor Fräulein Müller, der Hausdame, fürchtete ich mich nämlich noch mehr als vor ihm. Und während ich den Schokoladenfleck aus den Samtportieren bürstete, hatte ich tatsächlich ein wenig Dankbarkeit darüber empfunden, dass es sich nur um Schokolade handelte.

»Wenn hier einer Ärger bekommt, dann bist du das«, sagte Don jetzt und leckte an seinem Eis. »Du hast mit Jaromir Novak, achtunddreißig, Schnurrbartträger, geflirtet, anstatt auf die Kinder aufzupassen. Das kann ich bezeugen.«

»Ich habe nicht geflirtet«, stellte ich sofort richtig. »Ich habe Jaromir nur schnell geholfen, diese Lichterkette zu entwirren. Was durchaus zu meinen Aufgabenbereichen gehört.« Ich war ja nicht ausschließlich Kindermädchen, laut Stellenbeschreibung war die Praktikantin im Hotel »Mädchen für alles« und »stets flexibel einsetzbar«.

Don schüttelte den Kopf. »Du hast gelächelt, dir eine Haarsträhne hinters Ohr gestrichen und deine Kehle präsentiert – das alles sind körpersprachliche Merkmale weiblichen Balzverhaltens.«

»Unsinn!«, sagte ich aufgebracht. »Jaromir ist viel zu alt für mich und hat in Tschechien Frau und Kinder, die er sehr liebt.« Und selbst wenn er zwanzig Jahre jünger und Single gewesen wäre, hätte ich niemals mit ihm geflirtet. Ich flirtete grundsätzlich nicht. Ich fand allein schon das Wort »flirten« fürchterlich. »Im Übri…« Ich brach ab. Dons Gesichtsausdruck verriet deutlich, wie sehr er sich darüber freute, dass ich mich so vehement verteidigte. Es bewies ihm einmal mehr, wie ernst ich ihn nahm. Dabei war das bestimmt das Letzte, das ich ihm vermitteln wollte.

»Also, was ist jetzt? Hast du die Zwillinge gesehen oder nicht?«, fragte ich barsch.

Sofort änderte Don seine Taktik. »Ich weiß sogar, wo sie sich versteckt haben.« Er bedachte mich mit einem zutraulichen Augenaufschlag, um den selbst Bambi ihn beneidet hätte. »Ich verrate es dir, wenn du lieb bitte, bitte sagst.«

»Bitte«, sagte ich wider besseres Wissen.

»Zweimal bitte!«, verlangte Don.

»Bitte, bitte«, sagte ich zähneknirschend.

Don lachte erfreut auf. »Ich verrate dir jetzt mal, warum du so ein schlechtes Kindermädchen bist: Du strahlst einfach keine natürliche Autorität aus. Kinder spüren so was.«

»Und ich verrate dir jetzt mal, warum du keine Freunde hast: Du strahlst einfach keine natürliche Nettigkeit aus.« Es war schon aus mir herausgesprudelt, bevor ich merkte, wie gemein es eigentlich war. Beschämt biss ich mir auf die Lippe. Ich musste wirklich das schlechteste Kindermädchen der Welt sein, wenn ich es erstens schaffte, zwei fliegengewichtige Sechsjährige zu verlieren, nur weil ich mich einmal kurz umgedreht hatte, und zweitens das dringende Bedürfnis verspürte, Bambi höchstpersönlich fertigzumachen. Dabei hatte ich den Praktikumsplatz im Hotel vermutlich überhaupt nur bekommen, weil ich meine Erfahrung im Umgang mit meinen zwei kleinen Brüdern ins Feld geführt und so den Eindruck erweckt hatte, besonders patent und kinderlieb zu sein.

»Aua!« Um ein Haar wäre es Don gelungen, mir von seinem Schlitten aus ein Bein zu stellen, aber ich schaffte es, ohne zu fallen, an ihm vorbei. Von wegen kinderlieb!...

Erscheint lt. Verlag 9.10.2017
Mitarbeit Cover Design: Eva Schöffmann-Davidov
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuer • Berge • Fantasy • Freundschaft • Gier • Grand Hotel • Hotel • Kerstin • Liebe • Roman
ISBN-10 3-10-490583-5 / 3104905835
ISBN-13 978-3-10-490583-9 / 9783104905839
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