Besser als Bus fahren (eBook)

240 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-40130-3 (ISBN)
Renate Bergmann, geb. Strelemann, 82, lebt in Berlin-Spandau. Sie war Reichsbahnerin, kennt das Leben vor, während und nach der Berliner Mauer und hat vier Ehemänner überlebt. Renate Bergmann ist Haushalts-Profi und Online-Omi. Seit Anfang 2013 erobert sie »das Interweb« mit ihren absolut treffsicheren An- und Einsichten - und mit ihren Büchern die ganze analoge Welt. Torsten Rohde, Jahrgang 1974, hat in Brandenburg/Havel Betriebswirtschaft studiert und als Controller gearbeitet. Sein Social-Media-Account @RenateBergmann entwickelte sich zum Internet-Phänomen. «Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker» unter dem Pseudonym Renate Bergmann war seine erste Buch-Veröffentlichung - und ein sensationeller Erfolg -, auf die zahlreiche weitere, nicht minder erfolgreiche Bände und ausverkaufte Tourneen folgten.
Renate Bergmann, geb. Strelemann, 82, lebt in Berlin-Spandau. Sie war Reichsbahnerin, kennt das Leben vor, während und nach der Berliner Mauer und hat vier Ehemänner überlebt. Renate Bergmann ist Haushalts-Profi und Online-Omi. Seit Anfang 2013 erobert sie »das Interweb« mit ihren absolut treffsicheren An- und Einsichten – und mit ihren Büchern die ganze analoge Welt. Torsten Rohde, Jahrgang 1974, hat in Brandenburg/Havel Betriebswirtschaft studiert und als Controller gearbeitet. Sein Social-Media-Account @RenateBergmann entwickelte sich zum Internet-Phänomen. «Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker» unter dem Pseudonym Renate Bergmann war seine erste Buch-Veröffentlichung – und ein sensationeller Erfolg –, auf die zahlreiche weitere, nicht minder erfolgreiche Bände und ausverkaufte Tourneen folgten.
Guten Tag,
Sie wissen bestimmt schon, wer hier wieder schreibt, oder? Richtig. Renate Bergmann. Ich höre schon das Fräulein vom Verlag: «Immer erst schön vorstellen …»
Jajaja.
Ich lerne das!
Also, hier ist Renate Bergmann aus Berlin. Ich bin vierfach verwitwete Eisenbahnpensionärin und habe jetzt einen neuen Klappcomputer. Ach, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie praktisch die Dinger sind. Ganz klein, wie mein Aktenordner, in den ich die Heirats- und Sterbeurkunden weggeheftet habe und auch die Bedienungsanleitung vom neuen Herd. Man klappt den hoch, und dann schreibt der sogar ohne Strom, nur alle paar Stunden muss man den Stecker einstöpseln. Das Gerät geht ohne Farbband, und man kann es überall mit hinnehmen – sogar in den Urlaub, denken Se sich das mal! Was ist denn jetzt los? Jetzt ist eine ganz andere Schrift! Ich werde noch verrückt. Immer wenn man denkt, jetzt klappt es, jetzt habe ich die Großmachtaste im Griff und es klemmt auch kein Buchstabe, ist wieder was anderes … aber so sieht es auch hübsch aus. Das lasse ich jetzt so und bitte Stefan, was mein Neffe ist, bei Gelegenheit, sich das mal anzugucken. Der hilft mir mit allem, was Strom hat und nicht in der Küche steht. Ach nee, was sagt man dazu, jetzt geht’s doch wieder.
Apropos Urlaub, darum geht es nämlich. Neulich war ich mit meiner Freundin Gertrud in den Ferien. Nicht mit dem Bus wie sonst immer, sondern mit dem Dampfer auf dem großen Meer. Ich habe sie eingeladen. Drei Wochen Mittelmeer. Wissen Se, mitnehmen kann man nichts, wenn es mal so weit ist und man abtreten muss, und in unserem Alter – wir sind beide 82 –, ja, wer weiß denn, wie lange wir noch reisen können ohne Pflegekraft? Man muss das Leben genießen, solange man noch krauchen kann! Also sind wir los mit so einem Kreuzfahrerschiff und sind durch das Mittelmeer getingelt. Die fahren übrigens gar nicht über Kreuz, sondern eigentlich eine große Schleife. Es war ein Erlebnis, aber erholt habe ich mich nicht, dafür ist viel zu viel passiert. Wie sagt man immer? Wenn es ein schöner Urlaub war, braucht man hinterher zwei Wochen zum Ausspannen!
Wir hatten extra außerhalb der Schulferien gebucht, damit keine Kinder an Bord sind. Das war ein Schuss in den Ofen, sage ich Ihnen! Statt der Pennäler, die vielleicht sogar parieren würden, wenn man sie ausschimpft, waren Familien mit Kleinkindern auf dem Dampfer. Überall kleine Quengelgeister, wohin das Auge schaute. Und das Auge musste gar nicht schauen, die Ohren hörten es auch so. Himmel, nee! Was habe ich die Herrschaften mit Schwerhörigkeit beneidet in diesen Tagen! In dem Fall ist das kein Leiden, sondern ein Segen. Wir konnten nicht mal in den Schwimmingspool, denken Se sich nur! Da pullerten die kleinen Geister doch rein und machten einen Krach, dass man nicht mal am Rand auf der Liege in Ruhe lesen konnte. Aber da wusste ich mir zu helfen, warten Se es nur ab, ich werde Ihnen berichten. Entschuldigen Se, ich bin schon mitten beim Plaudern, dabei wollte ich doch nur «Guten Tag» sagen. Aber es war so eine herrliche Reise, dass es nur so aus mir heraussprudelt …
Unterm Strich war es schön, da kann man nicht meckern. Mir hat es vom ersten Tag an wunderbar gefallen. Bei Gertrud dauerte es ein bisschen. Wissen Se, sie hatte die ersten Tage ganz schlimm mit der Seekrankheit zu kämpfen. Die meiste Zeit trank sie Kamillentee und aß Zwieback, aber nicht mal das behielt sie bei sich. Sie hat vier Kilo abgenommen in drei Tagen, das flutschte besser als bei einer Kohlsuppendiät, und als wir zum Dinner an den Kapitänstisch eingeladen waren, da hing das neue Abendkleid, was sie sich extra im Katalog bestellt hatte, ganz trostlos an ihr herunter.
Manchmal ging es ein bisschen besser, da konnte sie aufstehen und traute sich sogar an Deck, aber die meiste Zeit hing sie über der Reling und … Sie wissen schon. Aber das Personal war sehr verständnisvoll und wischte alles diskret weg, die haben so was ja öfter. Ich habe auch immer feuchte Reinigungstücher einstecken, und die brauchte ich auch, um Gertrud die Brille und die Mundwinkel sauber zu wischen. Heute haben se sich ja alle dumm, wenn man ins Taschentuch spuckt und abwischt, deshalb habe ich die Tücher angeschafft. Die sind sehr praktisch!
Ab der zweiten Woche war Gertrud wieder ganz auf dem Damm und gockelte mit den Männern rum. Ich muss mir noch überlegen, ob ich DAS alles aufschreibe, was da vorgefallen ist, nicht, dass Gunter Herbst, ihr Lebensgefährte, davon Wind bekommt. Eine Renate Bergmann ist schließlich eine verschwiegene, gute Freundin, die noch weiß, wie Diskräzion geschrieben wird, nicht wahr? (Sie ließ den Bordarzt ihre Brust abtasten, als sie erfahren hat, dass er alleinstehend ist. DIE BRUST ABTASTEN! Denken Se sich das mal! Er hatte aber kein Interesse und gab ihr nur Hustensaft mit, den sie beleidigt in der Toilette runterspülte. Das kann ich aber alles nicht aufschreiben, wundern Se sich also später nicht, wenn ich von einem Fräulein Doktor berichte.)
Und auch sonst lief nicht alles glatt. Wir waren drei Wochen unterwegs und haben wirklich jeden Winkel des riesigen Schiffes abgesucht und an jede Kabinentür geklopft, aber Sascha Hehn – Sie wissen schon: der schmucke Chefkellner von dem «Traumschiff» – war gar nicht an Bord! Das war Betrug, auf dem Prospekt vom Reisebüro war er nämlich drauf. Immerhin war das doch sein Schiff! Gertrud und ich hatten extra die Videobänder von ihm dabei, damit er ein Autogramm draufschreibt. Alles Halunken, man muss so aufpassen, sonst wird man über den Tisch gezogen wie auf einer Kaffeefahrt. Aber die Sache mit Herrn Hehn fand doch noch ein versöhnliches Ende. Mehr verrate ich jetzt noch nicht, da müssen Se schon bis ganz zu Ende lesen.
Ach, es war alles sehr aufregend. Wir bekamen Bändchen um das Handgelenk. Unsere Gruppe hatte rot, damit kriegten wir Essen und alle Getränke umsonst – nur Korn hatten se nicht! Ich habe diese bunten Mixgetränke mit Obst drin probiert, aber ich blieb dann doch bei meiner eigenen Kornreserve aus dem Flachmann, den ich immer dabeihabe. Hugo hin oder her – wenn etwas riecht wie Haushaltsreiniger, dann trinkt eine Renate Bergmann das nicht. Die andere Gruppe hatte grün, die durften nur umsonst essen und mussten ihr Bier bezahlen. Erst dachte ich ja, es wäre so ein modernes SOS-Armband, mit dem alte Leute den Pflegedienst alarmieren können, und wollte mich schon entrüsten, aber der nette Kellner, der Herr Pablo, erklärte es uns ganz genau.
Apropos rotes Bändchen: Das Essen hätten Se sehen sollen! Ein Gedicht! Meist gingen wir Büffet essen, weil es so wunderschön angerichtet war. Geschnitzte Melonen und Schinkenröllchen und sogar Schwäne aus Eis. Wir mit den roten Bändern waren Gruppe eins, das hieß zeitig Mittag und Abendbrot. Die Grünen mussten warten, bis wir fertig waren. Die kamen erst danach an die Tröge. Wir durften mit unseren roten Bändchen auch in die Restaurants und dort Menü essen und alles, was auf der Karte stand, aber das dauerte Stunden, und es waren nur so kleine Portionen, dass man immer mehr Hunger bekam. Aber wo Ilse mir doch extra das schöne neue Abendkleid genäht hatte, wollten wir auch mal schick ausgehen, und wenn es im Preis mit drin ist, na, dann lässt man sich das nicht entgehen, oder? Man konnte ja Nachschlag nehmen.
Wir fanden sogar recht bald nette Reisegesellschaft, die Bömmelmanns aus Dresden. Gittl und Herbert, ein wirklich freundliches Pärchen. Ich will ganz ehrlich sein, sie waren eine nette Bekanntschaft, aber ich werde mich nicht wieder bei ihnen melden. Etwas merkwürdige Leute, die ihren Aufschnitt von zu Hause mithatten. Wozu hatten die denn die Bändchen? Man konnte nur den Kopf schütteln.
Gittl war um die 70 und, bis sie pensioniert wurde, Turnlehrerin. Sie hat das nicht ganz abgelegt und wollte uns jeden Morgen zur Gymnastik scheuchen. Ab der zweiten Woche, als Gertrud nicht mehr so oft speien musste, stichelte sie sogar gegen die. Nicht mal meine künstliche Hüfte zählte als Entschuldigung. Gittl wollte mit uns Hampelmann machen, Kniebeugen und Wassertreten – natürlich ganz früh am Morgen, als die Quengelkinder noch schliefen und wir den Schwimmingspool für uns gehabt hätten. Aber weder Gertrud, die sich nur bewegt, wenn die Schips alle sind, noch ich fanden viel Spaß an der Turnerei, sodass die Gittl allein sporteln musste. Sie machte sogar bei der «Passagierolympiade» mit und holte den zweiten Platz beim Minigolfturnier! Man muss dazu sagen, dass es nur zwei Teilnehmer gab, und der Sieger war Herr Knopfler. Er sitzt im Rollstuhl und ist blind, aber das weiß ja keiner, und Gittl ist sehr stolz auf ihren Pokal, den sie bekam.
Ach, die Wochen gingen so schnell rum! Wir machten Landgänge, jeden Abend war irgendwo ein Ball, es sang ein Seemannschor, man konnte Servietten und Handtücher falten lernen und Gesichter in Melonen schnitzen – ein bisschen war es wie im Altenheim. Sie hatten sogar ältere Herren angestellt, die einsame Damen zum Tanz führten und später auf die Kabine begleiteten … Sodom und Gomorrha! Sogar meine Gertrud war sich dafür zu schade, und das hat was zu bedeuten.
Sie merken, wir haben viel erlebt in der schönen Zeit. Ich habe den ganzen Schrank voll mit neuen flauschigen weißen Handtüchern, und im Froster ist Dauerwurst vom Büfett für bis Ostern hin!
Dann werde ich Ihnen jetzt mal ausführlich Bericht erstatten und wünsche viel Vergnügen,
Ihre...
Erscheint lt. Verlag | 21.7.2017 |
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Reihe/Serie | Die Online-Omi |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Berlin-Spandau • Busfahrt • DDR • Fake • Flusskreuzfahrt • fun-fake • Händi • Handy • Humor • humorvolle Bücher • Internet • Internetz • Korn • Kreuzfahrt • Lustige Bücher • Omi • Parodie • Sarah Kuttner • Spandau • Twitter • Twitter-Omi • Urlaub • witzige Bücher |
ISBN-10 | 3-644-40130-6 / 3644401306 |
ISBN-13 | 978-3-644-40130-3 / 9783644401303 |
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