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Die Kinder der Zeit (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2018
672 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-21685-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Kinder der Zeit - Adrian Tchaikovsky
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Die letzten Menschen haben eine sterbende Erde verlassen, um in den Tiefen des Alls ein neues Zuhause zu finden. Als sie auf den Planeten Eden stoßen, scheint ihnen das Glück sicher: ideale Konditionen und eine florierende Ökosphäre. Doch was sie nicht wissen - es waren bereits Menschen hier gewesen, vor langer Zeit. Menschen, die Eden als Versuchsplaneten für ein vermessenes Projekt künstlicher Evolution ausersehen hatten. Doch ihr Experiment damals hat ungeahnte Spuren hinterlassen, und nun treffen ihre Nachfahren auf die vergessenen Kinder ihres Versuchs. Wer von ihnen wird das Erbe von Eden antreten?

Adrian Tchaikovsky wurde in Woodhall Spa, Lincolnshire, geboren, studierte Psychologie und Zoologie, schloss sein Studium schließlich in Rechtswissenschaften ab und war als Jurist in Reading und Leeds tätig. Für seinen Roman »Die Kinder der Zeit« wurde er mit dem Arthur C. Clarke Award ausgezeichnet. Er lebt mit seiner Familie in Leeds.

1.3

DIE LICHTER ERLÖSCHEN

Beim Erwachen wurde Doktor Avrana Kern von einem Dutzend komplizierter Informationsfeeds bombardiert. Keiner davon war sonderlich hilfreich bei der Erinnerung daran, was passiert war oder warum sie völlig erledigt in einer Kälteschlaf-Einheit wach wurde. Die Augen vermochte sie nicht zu öffnen, ihr ganzer Körper war verkrampft, die Gedanken völlig leer, bis auf den Overkill an Informationen, als sämtliche Systeme der Wächterkapsel zugleich zeternd Bericht erstatten wollten.

Eliza-Modus!, befahl sie in Gedanken. Ihr war übel, und sie fühlte sich aufgebläht, verstopft und überstimuliert zugleich, während sich die Maschinerie des Sargs damit abmühte, wieder etwas aus ihr zu machen, das Ähnlichkeit mit aktivem Leben hatte.

»Guten Morgen, Doktor Kern«, begrüßte die Wächterkapsel sie in ihrem Hörzentrum. Sie hatte eine weibliche Stimme angenommen, kraftvoll und beruhigend. Kern war nicht beruhigt. Sie hätte gern gefragt, warum sie sich hier befand, fühlte aber schon die Antwort heraufdämmern.

Gib mir einfach etwas, das meine Erinnerungen zurückbringt!, ordnete sie an.

»Das ist nicht empfehlenswert«, warnte die Kapsel.

Wenn du willst, dass ich irgendeine Entscheidung treffe … Stück für Stück kehrte nun alles zurück, unter der Flut der grausigen Erkenntnis brachen die Dämme. Brin 2 war zerstört. Ihre Kollegen tot. Die Affen ebenso. Alles war verloren, außer sie selbst.

Und sie hatte der Kapsel befohlen, sie zu wecken, wenn Funksignale eintrafen.

Sie wollte tief Luft holen, doch ihre Brust gehorchte ihr nicht, sie brachte nur ein rasselndes Keuchen zustande. Wurde auch Zeit, sagte sie zur Kapsel, auch wenn das gegenüber einem Computer reichlich sinnlos war. Jetzt, da die Kapsel mit ihr sprach, hatte sie instinktiv den Drang, mit ihr zu sprechen wie mit einem Menschen. Das war schon immer die irritierende Nebenwirkung des Eliza-Modus gewesen. Wie viel Zeit ist vergangen, nach irdischem Standard?

»Vierzehn Jahre und zweiundsiebzig Tage, Doktor.«

Das ist … Sie spürte, wie sich ihre Kehle ein wenig öffnete. »Das kann nicht …« Es war sinnlos, einem Computer zu sagen, dass etwas nicht sein konnte, aber da stimmte wirklich etwas nicht. Das war nicht lange genug. In dieser Zeit konnte die Nachricht noch nicht die Erde erreicht haben, und schon gar nicht hätte ein Rettungsschiff eintreffen können. Dann aber stieg jähe Hoffnung in ihr auf. Natürlich, ein Schiff war zu ihr aufgebrochen, noch bevor Sering Brin 2 zerstört hatte. Bestimmt war die NUN-Identität des Mannes aufgeflogen, als diese Leute mit ihrem albernen Aufstand gescheitert waren. Sie war gerettet. Ganz bestimmt war sie gerettet.

Kontakt einleiten, befahl sie der Kapsel.

»Ich fürchte, das ist nicht möglich, Doktor.«

Mit verächtlichem Schnauben rief sie die System-Feeds wieder auf, schon besser in der Lage, sie auszulesen. Jedes Modul der Kapsel öffnete bereitwillig einen Kanal und bestätigte seine Funktionsbereitschaft. Sie überprüfte die Kommunikation. Der Empfänger arbeitete im Toleranzbereich. Auch die Transmitter funktionierten – sie sandten das Notsignal und außerdem, entsprechend ihrer ursprünglichen Aufgabe, einen komplexen Satz aus Botschaften an den Planeten unter ihr. Denn eigentlich hatte der Planet ja die Wiege einer neuen Spezies sein sollen, die eines Tages die Botschaften empfangen und dekodiert hätte. Das konnte sie vergessen.

»Ist alles …« Ihre krächzende Stimme machte sie rasend. Erläutere. Was ist das Problem?

»Ich fürchte, da ist nichts, mit dem man Kontakt aufnehmen könnte, Doktor«, erklärte ihr die Kapsel im höflichen Eliza-Modus und präsentierte ihr dann eine Simulation des umgebenden Raums: Planet, Wächterkapsel. Kein Schiff von der Erde.

Erkläre.

»Es gab eine Veränderung in den Funksignalen, Doktor. Ich fürchte, ich benötige eine Autorisierung, um deren Signifikanz zu beurteilen.«

»Hör auf mit diesem ›Ich fürchte‹!«, blaffte sie gereizt.

»Selbstverständlich, Doktor.« Und sie würde damit aufhören, wie Kern wusste. Ab sofort war dieser spezielle Manierismus aus ihrer Sprache getilgt. »Seit Sie in den Kälteschlaf gefallen sind, habe ich die Signale von der Erde überwacht.«

»Und?« Kerns Stimme zitterte ein wenig. Sering hat einen Krieg erwähnt. Hat es Nachrichten über einen Krieg gegeben? Und der nächste Gedanke: Würde die Kapsel überhaupt wissen, ob sie mich wecken muss? Auf solche Inhalte würde sie die Nachrichten nicht filtern können. Also was …?

Eines war inmitten der Fülle an Informationen die ganze Zeit offensichtlich gewesen, doch jetzt lenkte die Kapsel ihre Aufmerksamkeit darauf: nicht auf ein Signal, sondern auf die Abwesenheit davon.

Was soll das?, wollte sie fragen. Wollte der Kapsel wieder einen Irrtum vorwerfen und sie anweisen, die Sache erneut zu prüfen, obwohl die Kontrolle doch kontinuierlich lief.

Es gab keine Funksignale von der Erde mehr. Die letzten erlöschenden Spuren hatten die Kapsel passiert und waren, mit Lichtgeschwindigkeit von der Erde ausgesandt, bereits um zwanzig Jahre veraltet gewesen, als sie an ihr vorbei in die Leere geschossen waren.

Ich möchte die letzten zwölf Stunden der Signale anhören.

Sie hatte gedacht, es würden zu viele sein, doch es kamen nur noch ein paar versprengte verschlüsselte Botschaften. Bei denen, die sie zu deuten wusste, handelte es sich um Hilferufe. Sie ging die Nachrichten weitere achtundvierzig Stunden rückwärts durch, versuchte, aus den Fragmenten schlau zu werden. Mehr hatte die laufende Aufnahme der Kapsel nicht gespeichert. Die genauen Einzelheiten waren bereits verloren, entfernten sich so schnell von ihr, dass sie sie nie hätte einholen können. Auf jeden Fall aber war Serings Krieg ausgebrochen, und das war alles, woran sie denken konnte. Er war über die Menschheit gekommen und hatte eine Kolonie nach der anderen ausgelöscht. Im ganzen Sonnensystem waren die Lichter ausgegangen, als die NUNs und ihre Verbündeten sich erhoben und mit ihren Feinden um das Schicksal der Menschheit gerungen hatten.

Unbestreitbar schien die Sache eskaliert zu sein. Kern wusste nur zu gut, dass die Regierungen von Erde und Kolonien über Waffen von entsetzlichem Potenzial verfügten und dass die Wissenschaft theoretisch noch weit Schlimmeres hervorbringen konnte.

So richtig war der Krieg erst auf der Erde ausgebrochen, so viel konnte sie sagen. Keine Seite hatte nachgegeben. Unerbittlich hatten beide immer neues Spielzeug aus der Kiste gezogen. Die Anfänge waren in dem zweieinhalbtägigen Fenster aus Funksignalen nicht auszumachen, doch sie hatte die fürchterliche Ahnung, dass der gesamte globale Konflikt weniger als eine Woche gedauert hatte.

Und nun war die zwanzig Lichtjahre entfernte Erde verstummt, schwieg schon seit zwei Jahrzehnten. Wo waren nur alle? Hatte sich die gesamte menschliche Rasse selbst ausgelöscht, oder war sie in ein finsteres Zeitalter zurückgeworfen worden, in dem primitive Wesen stumpf zu den Lichtern am Himmel aufblickten und vergessen hatten, dass ihre Vorfahren sie einst erschaffen hatten?

»Die Stationen, die Kolonien im Sonnensystem … die anderen …«, brachte sie heraus.

»Eine der letzten Transmissionen von der Erde war ein auf allen Frequenzen und in alle Richtungen verbreitetes Virus, Doktor«, berichtete Eliza mit schmerzerfüllter Stimme. »Sein Zweck bestand darin, alle empfangenden Systeme zu infizieren und außer Gefecht zu setzen. Wie es scheint, konnte er die gängigen Sicherheitssysteme überwinden. Ich vermute, dass die Systeme der Kolonien sämtlich ausgeschaltet wurden.«

»Aber das bedeutet ja …« Avrana fröstelte bereits so sehr, wie ein Mensch nur konnte, und so verursachte ihr das Begreifen keine weitere Gänsehaut. Bei den Kolonien innerhalb des Sonnensystems und den wenigen außerhalb war das Terraforming noch längst nicht abgeschlossen. Zwar waren sie früh in der Geschichte der menschlichen Raumfahrt gegründet worden, aber die ausgedehnten Siedlungen hatten die Prozesse verlangsamt: Es gab einfach zu viele Zehen, auf die man dort treten konnte. Bei Planeten, auf denen man erst Tabula rasa machen konnte, war alles so viel einfacher, und Kerns Welt war unter diesen als erste vollendet worden. Außerhalb der Erde waren die Menschen völlig von ihrer Technologie und Computern abhängig.

Wenn ein solches Virus die Systeme auf Mars oder Europa übernommen und gecrasht hatte, dann bedeutete das den Tod. Den schnellen, kalten Tod des Erstickens.

»Wie hast du denn überlebt? Wie haben wir überlebt?«

»Doktor, das Virus war nicht dafür geschaffen, experimentelle Konstrukte hochgeladener menschlicher Persönlichkeiten anzugreifen. Aufgrund Ihrer Präsenz in meinen Systemen war ich kein passender...

Erscheint lt. Verlag 12.2.2018
Reihe/Serie Die Zeit-Saga
Die Zeit-Saga
Übersetzer Birgit Herden
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Children of Time
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Adrian Tchaikovsky • Arthur C. Clarke Award • diezukunft.de • eBooks • Fremde planeten • Raumschiffe • Space Opera • Weltraum-Abenteuer
ISBN-10 3-641-21685-0 / 3641216850
ISBN-13 978-3-641-21685-6 / 9783641216856
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