Geheimakte Odessa (eBook)
512 Seiten
Blanvalet Verlag
978-3-641-20565-2 (ISBN)
Dirk Pitt, der Direktor der NUMA, unterstützt im Schwarzen Meer die Bergung eines Ottomanischen Schiffwracks. Da erreicht ihn der verzweifelte Hilferuf eines Frachters. Dieser wird angegriffen! Aber als Pitt und sein Partner Al Giordino den Schauplatz erreichen, entdecken sie nur noch Leichen. Pitt und Giordino stoßen auf auf einen Zusammenhang mit Schmugglern von radioaktivem Material, einem brillanten Entwickler von Kampfdrohnen und ukrainischen Rebellen. Diese Kombination wird zur größten Bedrohung, der Dirk Pitt jemals gegenüber stand!
Seit er 1973 seinen ersten Helden Dirk Pitt erfand, ist jeder Roman von Clive Cussler ein »New York Times«-Bestseller. Auch auf der deutschen SPIEGEL-Bestsellerliste ist jeder seiner Romane vertreten. 1979 gründete er die reale NUMA, um das maritime Erbe durch die Entdeckung, Erforschung und Konservierung von Schiffswracks zu bewahren. Er lebte bis zu seinem Tod im Jahr 2020 in der Wüste von Arizona und in den Bergen Colorados.
2
»Sir, wir erhalten auf dem Notrufkanal keine Antwort.« Der jugendliche Dritte Offizier schaute von der Konsole der Kommunikationsstation zu dem schlanken Mann hinüber, der den Radarschirm studierte.
Dirk Pitt nickte bestätigend, ohne den Blick auch nur für eine Sekunde vom Radarschirm zu lösen. »In Ordnung, Chavez. Geben Sie ihnen Bescheid, dass wir unterwegs sind. Danach sollten Sie am besten den Kapitän wecken.«
Pitt richtete sich zu seiner vollen Größe auf und wandte sich an den Steuermann. »Der Bosporus liegt hinter uns, deshalb können Sie wieder auf volle Fahrt gehen. So wie es aussieht, beträgt die Entfernung zur Crimean Star etwa dreizehn Meilen. Setzen Sie einen Kurs von fünfundfünfzig Grad, und holen Sie an Tempo alles heraus, was das Schiff hergibt.«
Während der Steuermann den Befehl ordnungsgemäß wiederholte, rief Pitt per schiffsinterner Sprechanlage den Maschinenraum und informierte den Chefingenieur über die Gründe für das überraschende Manöver. Noch während des Gesprächs steigerte sich die Drehzahl der Zwillingsschrauben, und das dumpfe Dröhnen der PS-starken Dieselmotoren ließ das gesamte fünfzig Meter lange ozeanographische Forschungsschiff erzittern. Ein paar Minuten später erschien ein athletischer, rotblonder Mann namens Bill Stenseth auf der Kommandobrücke. Ihm folgte der Dritte Offizier Chavez, der sofort seinen Platz an der Funkstation wieder einnahm.
Stenseth unterdrückte ein Gähnen. »Wir haben ein Mayday-Signal aufgefangen?«
»Einen einzigen Notruf von einem Schiff namens Crimean Star«, bestätigte Pitt. »Ein Massengutfrachter, der unter rumänischer Flagge fährt. Das Schiff befindet sich etwa ein Dutzend Meilen vor uns auf direktem Kurs in Richtung Hafen.«
Stenseth blickte auf den Radarschirm, dann bemerkte er die zunehmende Geschwindigkeit seines eigenen Schiffes. »Wissen wir etwas über die Art ihrer Notlage?«
»Alles, was wir aufgefangen haben, war ein einzelner Notruf. Chavez hat sie wiederholt angefunkt, aber keine Antwort erhalten.« Pitt tippte mit einem Finger auf den Radarschirm. »So wie es aussieht, sind wir das nächste Schiff in der Region.«
»Die türkische Küstenwache unterhält vielleicht in der Nähe einen Stützpunkt, von dem aus ein schnelles Eingreifen möglich ist.« Er wandte sich an den Dritten Offizier. »Versuchen Sie doch mal, sie zu erreichen, Chavez.«
Pitt nahm ein tragbares Sprechfunkgerät aus einer Ladestation und ging zu einer Brückennocktür. »Chavez, könnten Sie anschließend Al Giordino rufen und ihm bestellen, dass ich ihn in zehn Minuten auf dem Achterdeck erwarte? Ich bereite ein Zodiac-Boot vor, nur für den Fall, dass wir an Bord gebraucht werden. Geben Sie mir Bescheid, wenn wir starten können.«
»Wird gemacht«, sagte Chavez.
Während Pitt sich bereits anschickte, die Kommandobrücke zu verlassen, warf Stenseth einen Blick auf einen Chronometer am Brückenschott neben dem Steuerstand. Die Zeiger standen auf zwei Uhr morgens. »Was hatten Sie eigentlich um diese Zeit auf der Kommandobrücke zu suchen?«
»Ein loser Davit schlug ständig gegen mein Kabinenschott und weckte mich. Nachdem ich ihn fixiert hatte, bin ich heraufgekommen, um nachzusehen, wo wir sind.«
»Da hat sich wohl Ihr sechster Sinn gemeldet, würde ich sagen.«
Pitt lächelte versonnen, während er die Kommandobrücke verließ. Im Laufe der Jahre hatte er offenbar eine besondere Fähigkeit entwickelt, Probleme in seiner Umgebung aufzuspüren. Vielleicht war es aber auch so, dass er die Probleme magisch anzog.
Der Direktor der National Underwater and Marine Agency stieg zwei Stockwerke abwärts, dann eilte er über das Hauptdeck zum Heckabschnitt des ozeanographischen Forschungsschiffes. Der Motorenlärm, der aus dem Maschinenraum heraufdrang, verriet, dass der türkisfarbene Rumpf der Macedonia mit siebzehn Knoten Höchstgeschwindigkeit durch die Wellen pflügte und eine schnurgerade schäumende Kiellinie in die schwarzen Fluten des Bosporus zeichnete. Die Macedonia war eins von mehreren Dutzend Forschungsschiffen der NUMA-Flotte, die in ständigem Einsatz auf den Weltmeeren kreuzten und vielfältige wissenschaftliche Untersuchungen durchführten.
Auf dem Achterdeck löste Pitt die Leinen des Zodiac-Schlauchboots, mit denen es in einem Tragegerüst festgezurrt war, und schlug die Persenning zurück, die das Bootsinnere zwischen den Einsätzen vor Regen schützte. Er überprüfte noch den Inhalt des Treibstofftanks, und dann klinkte er ein Kranseil in die dafür vorgesehenen Ösen auf den Seitenwülsten des Bootes ein. Da einem sofortigen Einsatz des Zodiac nichts mehr im Wege stand, trat er an die Heckreling des Forschungsschiffes und hielt nach den fernen Lichtern der Crimean Star Ausschau.
Eigentlich sollte er gar nicht an diesem Ort sein, dachte Pitt. Er war am Tag zuvor in Istanbul an Bord der Macedonia gegangen, nachdem er ziemlich überstürzt sein Büro in der NUMA-Zentrale in Washington D.C. verlassen hatte. Eine dringende, kurzfristig geäußerte Bitte des bulgarischen Kultusministeriums, bei der Suche nach einem verschollenen osmanischen Schiff behilflich zu sein, hatte ihn um den halben Erdball hierhergelockt.
Zwanzig Minuten später stoppte das NUMA-Forschungsschiff in sicherer Entfernung neben dem schwarzen Frachter, der trotz eingeschalteter Positionslampen und Decksbeleuchtung stumm und ohne Lebenszeichen wie ein Geisterschiff in den Wellen der Meerenge trieb. Kapitän Stenseth stand auf der Kommandobrücke der Macedonia und inspizierte das Handelsschiff durch ein Nachtfernglas.
»Noch immer keine Antwort von dem Frachter«, sagte Chavez. »Die türkischen Behörden melden, dass ein Kutter unterwegs ist und in Istanbul ein Hubschrauber in Marsch gesetzt wurde, der in sechsundzwanzig Minuten hier eintreffen soll.«
Stenseth nickte, ohne das Fernglas abzusetzen. Nichts rührte sich an Bord des fremden Schiffes. Er warf einen Blick auf den Radarschirm. In einer halben Meile Entfernung bewegte sich ein Lichtpunkt von dem Frachter weg. Als er wieder durchs Fernglas blickte, gewahrte er die vagen Umrisse eines kleinen Schiffes mit gelöschten Positionslampen. Er schaltete ein Sprechfunkgerät ein. »Brücke an Pitt.«
»Pitt hier.«
»Der Frachter ist wie ausgestorben und macht keine Fahrt. Von einer Schlagseite oder irgendwelchen Beschädigungen ist nichts zu sehen. Ein Kommando der türkischen Küstenwache ist im Anmarsch, falls Sie noch warten wollen, das Schiff zu betreten.«
»Das möchte ich eigentlich nicht. Auf dem Schiff könnten Leben in Gefahr sein. Al und ich werden versuchen, an Bord zu gelangen. Pitt Ende.«
Er drehte sich zu einem untersetzten Mann mit schläfrigen Augen um, der neben dem Zodiac stand. Er hatte eine breite, muskulöse Statur, die aussah, als sei sie aus solidem Fels herausgemeißelt worden.
»Sehen wir zu, dass wir in die Gänge kommen«, sagte Pitt.
Al Giordino gähnte. »Ich kann nur hoffen, dass dies ein echter Notfall ist. Ich hatte grad gemütlich in meiner Koje gelegen und geträumt, ich sei in einem türkischen Harem, und jeden Moment sollten die letzten Schleier fallen.«
Pitt grinste. »Die Frauen im Harem werden mir dankbar sein.«
Sie schwenkten das Zodiac über die Seitenreling und setzten es ins Wasser, kletterten eine Strickleiter hinab und hakten das Kranseil aus den Ösen. Pitt startete den Außenbordmotor, drehte am Gasgriff und nahm Kurs auf den Frachter gegenüber. Als er das Schlauchboot durch die kabbelige See am Frachter entlang lenkte, entdeckte er in der Nähe des Hecks eine heruntergelassene Fallreepstreppe.
»Wie nett von ihnen, dass sie den roten Teppich ausgerollt haben.« Giordino schwang sich auf die Plattform der Treppe und machte mit einer Leine das Zodiac fest. Schnüffelnd sog er die Luft ein und runzelte die Stirn. »Es riecht, als hätte uns der Osterhase ein Nest fauler Eier zurückgelassen.«
»Wahrscheinlich irgendwas in den Laderäumen«, vermutete Pitt. Aber der Geruch hatte seinen Ursprung anscheinend nicht auf oder in dem Schiff.
Die beiden Männer eilten die Treppe hinauf und kletterten an Bord. Dabei stellten sie fest, dass der Geruch nach und nach schwächer wurde. Im grellen Lichtschein der Decklampen erschienen die Laufgänge menschenleer, während sie zum Deckaufbau mit Kommandobrücke und Mannschaftsunterkünften gingen. Die Decksluken waren geschlossen und verriegelt, und das Schiff wies offensichtlich keinerlei Schäden auf, wie Stenseth bereits durch das Fernglas hatte feststellen können.
Als sie sich dem Niedergang zur Kommandobrücke näherten, zögerten sie. Etwas versperrte den Zugang. Es war der Körper eines jungen Mannes mit militärischem Kurzhaarschnitt, bekleidet mit einem dunklen Tarnanzug. Der Ausdruck seines im Tod erstarrten Gesichts entsprach einer Mischung aus Verwirrung und Schmerz. In seinen weit aufgerissenen blauen Augen stand die stumme Frage nach dem Warum. Seine erstarrten Hände umklammerten ein AK-47.
»Er hat sich gegen irgendjemanden gewehrt.« Pitt tippte mit der Schuhspitze auf das Deck: Gleich daneben lag eine Handvoll leerer Patronenhülsen.
Giordino ließ den Lichtstrahl einer Stablampe über den Leichnam wandern. »Rein äußerlich ist keine Todesursache zu erkennen.«
Sie stiegen über den Toten hinweg und betraten den Niedergang, der sie nach oben zur Kommandobrücke im fünften Stock des Deckaufbaus führte. Dort erwartete sie eine weitere gespenstische Szene. Ein bewaffneter Mann in Tarnkleidung lag in der Nähe des...
Erscheint lt. Verlag | 28.8.2017 |
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Reihe/Serie | Die Dirk-Pitt-Abenteuer | Die Dirk-Pitt-Abenteuer |
Übersetzer | Michael Kubiak |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Odessa Sea (Dirk Pitt 24) |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Schlagworte | Abenteuerroman • Atombombe • Dirk Pitt • Drohne • eBooks • Kalter Krieg • Schwarzes Meer • Spiegelbestsellerautor • Thriller • Ukraine • Verschwörung |
ISBN-10 | 3-641-20565-4 / 3641205654 |
ISBN-13 | 978-3-641-20565-2 / 9783641205652 |
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