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Nein! Ich geh nicht zum Seniorenyoga! (eBook)

Das Tagebuch der Marie Sharp 4
eBook Download: EPUB
2017
352 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-21080-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nein! Ich geh nicht zum Seniorenyoga! - Virginia Ironside
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Marie Sharp führt ein ruhiges und sortiertes Leben. Seit einiger Zeit blüht die Beziehung zu ihrem geschiedenen Mann David wieder auf, und ihr neunjähriger Enkel Gene bringt sie stets auf den neuesten Stand der Technik. Doch im Laufe dieses Jahres erwarten Marie einige Turbulenzen. Erst wird sie Opfer eines Einbruchs (aber Marie wäre nicht Marie, wenn sie dem nicht höchstpersönlich auf die Spur gehen würde), dann wird sie von alten Bekannten eingeladen, diese im abenteuerlichen Indien zu besuchen. Und schließlich bekommt Marie auch noch einen Heiratsantrag! Aber für eine zweite Ehe ist sie ja viel zu alt. Oder?

Virginia Ironside begann ihre berufliche Laufbahn als Journalistin und veröffentlichte im Alter von zwanzig Jahren ihr erstes Buch. Ihre Romane um Marie Sharp sind Bestsellererfolge. Die Autorin lebt und arbeitet in London.

FEBRUAR

1. Februar

Habe seit Tagen nichts mehr geschrieben, weil mich der Einbruch so verstört hatte, dass ich mich wie gelähmt fühlte. Jedes Mal wenn ich draußen war und wieder nach Hause kam, brach mir an der Tür der Angstschweiß aus, und ich fing an zu zittern. Und sobald ich im Haus war, wurde ich von merkwürdigem Grauen heimgesucht. So verrückt es auch klingt: Ich überprüfte zwanghaft jede Schublade und jeden Schrank, weil ich mich versichern musste, dass ich nicht irgendwas übersehen hatte, was mir fehlte, und dann eines Tages denken würde, der Einbrecher sei wieder hier gewesen.

Im Grunde wäre es mir erheblich lieber gewesen, der Kerl wäre eines Tages mit einer Liste der begehrten Gegenstände an der Tür erschienen, hätte höflich draußen gewartet, sich dann artig für das ganze Zeug bedankt und wäre auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Das hätte ich vollkommen in Ordnung gefunden. Denn es war vor allem das Gefühl der Machtlosigkeit, das Gefühl, dass jemand in mein Zuhause, in meine Intimsphäre, eingebrochen war, das mich so verstörte.

Robin war natürlich auch total entsetzt. Und obwohl der Einbrecher (vielleicht waren es ja auch mehrere gewesen) nichts von seinen Sachen gestohlen hatte, fühlte sich Robin für das furchtbare Ereignis verantwortlich.

»Ich habe überall geräuchert, Marie«, sagte er, als er, lang und schlaksig, in der Wohnzimmertür stand und die Hände rang. »Aber ich habe die Gartentür ausgelassen. Keine Ahnung, warum. Ich habe nur die Fenster und die Haustür geschützt. Ich bin an allem schuld. Man kann nie genug gegen das Böse gewappnet sein. Heute Abend werde ich den ganzen Vorgang wiederholen, damit wirklich niemand mehr eindringen kann. Und wenn du nichts dagegen hast, würde ich auch später eine kleine Austreibung machen, damit sämtliche schädlichen Energien und bösen Geister, die womöglich von dem Einbrecher zurückgeblieben sind, vertrieben werden.«

Später

Heute Abend brachte Robin eine Spezialessenz mit, die er in seinem Laden verkauft – aus dem Amazonas-Regenwald natürlich – und mixte ein Elixier. Robin meint, sein Ausräuchern sei wegen der Echsen in der Nähe fehlgeschlagen, und natürlich fragte ich ihn jetzt, was für Echsen er denn wohl meine. Dabei erfuhr ich, dass es sich nicht um solche Echsen mit Schlupflidern handelt, die im Zoo stundenlang reglos herumhocken und denen seltsamerweise ein neuer Schwanz wächst, wenn der alte abhandenkommt. Sondern um Echsen, die von dem Fußballer David Icke entdeckt wurden, der auch glaubt, dass die Welt von denen regiert wird. Wenn man der englischen Königin, dem Herzog von Edinburgh oder allen Rothschilds (vor allem Rothschilds) das Gesicht abreißen würde, sähe man darunter angeblich ein außerirdisches Wesen in Gestalt einer riesigen Echse – Mitglied der internationalen Echsenelite, die über die ganze Welt herrscht.

Was für ein Schwachsinn.

Jedenfalls goss Robin dann das Elixier in ein laternenartiges Gefäß, zündete das Öl an, das er draufgegossen hatte, und schwenkte das Ding zu lauten Gesängen, während er durchs ganze Haus wanderte, um es von »negativen Energien« zu reinigen.

Ganz ehrlich: Danach hätten nicht nur übelwollende Geister hier nicht hausen wollen, sondern gar niemand mehr. Jedes einzelne Zimmer stank nämlich absolut grauenhaft. An sich wollte ich vorschlagen rauszugehen, um frische Luft zu schnappen. Doch ich fürchtete, dass Robin mich dann für einen bösen Geist halten würde, den es aus dem Haus getrieben hatte. Deshalb verkroch ich mich in mein Schlafzimmer, riss das Fenster auf und atmete dort so lange die feuchte Luft ein, bis ich mir einbildete, in Kürze den Kältetod zu sterben.

2. Februar

Muss allerdings sagen, dass ich mich beim Aufwachen heute Morgen um Welten besser fühlte und überhaupt kein Grauen mehr empfand, als ich vom Asia-Supermarkt zurückkam, wo ich für 1,59 ein Glas Granatapfelmelasse erstanden hatte, für das ich im benachbarten Trendviertel Notting Hill 6,50 hätte berappen müssen.

An dieser Austreibungsgeschichte kann doch eigentlich nichts dran sein. Oder etwa doch?

Nach dem Frühstück

Ich hatte mir gerade mein Bad eingelassen, als mir auffiel, dass in der Toilette nebenan das Klopapier ausgegangen war. Holte ein paar Rollen aus dem Schränkchen im Badezimmer, wobei mir eine Rolle in die Wanne fiel. Und sich natürlich sofort vollsaugte.

Was mich vor die unerquickliche Entscheidung stellte, ob ich die tropfnasse Rolle nun wegwerfen und dabei fünfzig Pence einbüßen oder aber sie auf dem Heizkörper deponieren sollte, wo sie im Lauf der nächsten Tage trocknen würde. Die Knickrigkeit siegte, und so thront die Klopapierrolle nun auf dem Heizkörper und gleicht jedes Mal, wenn ich daran vorbeigehe, einem unförmigen Schwamm. Ich hoffe, dass sie sich in einigen Tagen in eine Art Marienstatue verwandelt hat, sodass ich sie auf Facebook stellen kann.

Apropos Facebook: Als ich zuletzt auf Marions Seite schaute, fand ich dort das vollständige Gedicht Spuren im Sand, in dem es darum geht, dass die Verfasserin immer zwei Paar Fußabdrücke im Sand sah – ihre eigenen und die von Jesus –, außer wenn sie verzweifelt war. Als sie Jesus fragte, weshalb er sie ausgerechnet in der Not verlassen habe, antwortete er wohl, dass er sie getragen habe, wenn es ihr schlecht ging. Typisch männliche Ausrede, würde ich mal sagen. Ich denke, er ist einfach abgehauen, weil er wie die meisten Männer beim Anblick von Tränen Schiss bekommen hat.

Nur mein guter alter David macht so was natürlich nicht.

Als ich nach dem Tod meines geliebten Archie so verzweifelt war, fragte ich mich übrigens, ob ich vielleicht in Kirchen Trost finden könnte. Doch ich fand nicht nur keinerlei Trost, sondern kam mir sogar vor wie C. S. Lewis, der schrieb, als er auf Unterstützung von oben hoffte und an die Himmelspforte klopfte, habe keiner geantwortet, sondern er habe deutlich gehört, wie innen jemand den Riegel vorschob.

3. Februar

Haselsträucher ausdünnen, Mahonien zurückschneiden und am allerwichtigsten: Sie sollten mit viel Feuerdorn den Februar heiterer gestalten. Die Gartenexpertin des »Hetzkurier«.

??????

Muss aber erst mal berichten, was sich im Januar noch alles ereignet hat.

Trotz Robins Ankündigung weiterer Räucherrituale fand ich qualmenden Salbei nicht ausreichend, um mein Haus zu schützen, und rief deshalb eine Firma für Alarmanlagen an. Kurz darauf stand ein Angestellter vor meiner Tür, ein Schlüsselband mit einem Ausweis um den Hals. Wie üblich wies das Foto nicht das geringste bisschen Ähnlichkeit mit der vor mir stehenden Person auf.

Diese Bänder sind mir alles andere als geheuer. Ich habe immer Angst, dass man mir – sobald ich mich vorbeuge, um das Foto zu überprüfen – das Ding um den Hals schlingt und droht, mich zu erdrosseln, wenn ich nicht sofort den Code zum Haussafe preisgebe. Ganz im Stil dieses grauenhaften Stammes, der im Indien des neunzehnten Jahrhunderts auf Schritt und Tritt Menschen mit einer Garotte meuchelte; darüber wird in dem Buch berichtet, das David mir geschenkt hat.

Zurück zu dem Alarmanlagenmann, dessen Bericht mich das Fürchten lehrte. Mit Spezialschlössern, Gittern an sämtlichen Fenstern, Wärmesensoren in jedem Zimmer und der Entfernung sämtlicher Sträucher vor dem Haus (»Perfektes Versteck für Einbrecher«, bemerkte der Experte. »In Häuser mit Sträuchern im Garten wird fünfundzwanzig Prozent öfter eingebrochen als in Häuser mit frei übersehbaren Rasenflächen«) würde ich an die zweitausend Pfund berappen müssen. Zum Glück erwähnte ich Pouncer, und als der Mann sagte, der Kater müsse jedes Mal in einen Raum ohne Sensoren gesperrt werden, wenn ich das Haus verließe, war diese Option vom Tisch. Darauf reduzierte sich auch gleich der Preis, und der Mann meinte, einige Zimmer könne man auslassen. Als ich noch erwähnte, die Sträucher würde ich eigenhändig abhacken, belief sich die geschätzte Summe nur noch auf 1000 Pfund. Wobei »nur« der falsche Ausdruck ist, denn mir standen angesichts dieser Kosten immer noch die Haare zu Berge. Aber ich glaube dennoch, dass mir wesentlich wohler sein wird, wenn ich mich elektronisch verbarrikadieren kann.

»Hat hier in der Gegend eine Einbruchserie gegeben in letzter Zeit«, berichtete der Mann, als er aufbrach. »Der Bursche hat überall genau solche Sachen mitgehen lassen wie bei Ihnen – die keinen großen materiellen Wert besitzen, den Besitzern aber viel bedeutet haben. Neulich hat er das einzige Foto von einem kleinen Mädchen gestohlen, das nur einen Tag alt wurde, bloß wegen dem Rahmen. Das Paar hatte kein anderes Andenken an die Kleine. Oder bei einer alten Dame ist ihr schlichter goldener Ehering verschwunden, die einzige Erinnerung an …«

»Danke, mehr möchte ich nicht hören«, erwiderte ich. »Ehrlich gesagt bedaure ich mich selbst grade schon genug und muss jetzt nicht noch andere bemitleiden.«

Später

Fühlte mich furchtbar, als ich dem Alarmmann Robins Zimmer zeigte – um zu checken, ob man da einsteigen kann – und dabei auf einen säuberlich ausgelegten Kreis getrockneter Blätter trat, in dessen Mitte ein Häufchen Asche lag. Ich kann nur hoffen, dass es sich dabei nicht um die Überreste irgendeines unglückseligen Geists handelt, dem Robin nach einer nächtlichen Beschwörung den Garaus gemacht hat.

Es stank fürchterlich nach Räucherstäbchen in dem Zimmer, und ich bekam auf der Stelle Kopfschmerzen. Auf der Kommode schien Robin eine Art Schrein eingerichtet zu haben, mit einem Teelicht auf einer Untertasse mit Wasser vor einem Marmeladenglas, in...

Erscheint lt. Verlag 13.11.2017
Reihe/Serie Das Tagebuch der Marie Sharp
Das Tagebuch der Marie Sharp
Übersetzer Sibylle Schmidt
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel No Thanks! I'm Quite Happy Standing
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Alter • Älterwerden • eBooks • Indien • Marie Sharp • Roman • Romane • Seniorenteller • Seniorin • Tagebuch
ISBN-10 3-641-21080-1 / 3641210801
ISBN-13 978-3-641-21080-9 / 9783641210809
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