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Das Fenster (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
560 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-43181-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Fenster -  Pauliina Susi
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»Da ist es wieder. Dieses Gefühl, dass jemand sie beobachtet.« »Da ist es wieder. Dieses Gefühl, dass jemand sie beobachtet.« Leia Laine (35) soll Leiterin einer Helsinkier Beratungsstelle für sexsüchtige Männer werden. Nach einem Talkshowauftritt geht ein hasserfüllter Shitstorm auf sie nieder, sie bekommt Drohungen per SMS, kurz darauf werden ihre Konten gesperrt. Doch von wem? Der abgedrehte Hacker »Land-0, der größten Spaß daran hat, virtuelle Grenzen zu überschreiten, hat es auf sie abgesehen. Doch nicht nur er ... Leia ahnt nicht, dass es letztlich um ein hochbrisantes Skype-Video geht, auf dem der Justizminister zu sehen ist und das sie selbst im Besitz haben soll - bis es fast zu spät ist: Ihre 16-jährige Tochter Vivii gerät ins Fadenkreuz der Verfolger ...

Pauliina Susi wurde 1968 geboren, hat Politikwissenschaft studiert und bei verschiedenen finnischen Magazinen als Journalistin gearbeitet. Ihr Debütroman >Ruuhkavuosi< (2005) wurde für den angesehenen >Helsingin Sanomat<-Literaturpreis nominiert. >Das Fenster< hat den Finnischen Krimipreis 2016 gewonnen und wurde von Lesern und Presse gleichermaßen enthusiastisch aufgenommen.

Pauliina Susi wurde 1968 geboren, hat Politikwissenschaft studiert und bei verschiedenen finnischen Magazinen als Journalistin gearbeitet. Ihr Debütroman ›Ruuhkavuosi‹ (2005) wurde für den angesehenen ›Helsingin Sanomat‹-Literaturpreis nominiert. ›Das Fenster‹ hat den Finnischen Krimipreis 2016 gewonnen und wurde von Lesern und Presse gleichermaßen enthusiastisch aufgenommen.

1


Er bemerkt das schwache Signal sofort. Allerdings ist es unangemessen, von schwach zu sprechen, wenn der Pferdescheiße-Index Alarm schlägt. In mehreren ernst zu nehmenden Foren, in die er seinen Algorithmus eingeschleust hat, um die Häufung bestimmter Schlagworte in den Kommentaren dort zu beobachten, sind die Regler voll aufgedreht, und jetzt wird auch der vertraute Hobbit wach.

Check das mal, linkt Frodo.

Bilbo dankt, quittiert er.

Da entwickelt sich eindeutig etwas Außergewöhnliches.

Neuerdings kommt er nur noch selten dazu, das TV-Programm in Echtzeit zu verfolgen, aber Die Woche mit Tähtimö kennt er. Die halbstündige Talkshow zu aktuellen Themen am Freitagabend zur besten Sendezeit ist ein Erfolgsformat.

Sanni Tähtimö gibt das Gesprächsthema der folgenden Woche vor.

So simpel das Konzept auch ist – es funktioniert. Sie trifft im Studio einen Gast und redet eine halbe Stunde lang mit ihm, minus Werbepausen. Als Kulisse genügen zwei schlichte graue Sessel und ein kleiner Couchtisch aus Hartplastik. Man sieht die beiden, die dort sitzen, vom Scheitel bis zur Sohle.

Nichts bleibt verborgen. Nichts kann verheimlicht werden. Transparenz ist das Markenzeichen von Die Woche mit Tähtimö.

Die heutige Sendung nähert sich gerade dem Ende.

»Paragraf 7 des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung: ›Das Anbieten sexueller Dienstleistungen und ihre Inanspruchnahme an öffentlichen Orten ist verboten.‹ Sie wollen also kriminelle Handlungen fördern. Warum?«

Die Tähtimö ist eine Meisterin der Provokation, darin liegt eines der Geheimnisse für die Beliebtheit des Formats. Sie kombiniert flink Feminismus mit Rechtsliberalismus. Und wenn ihrem wöchentlichen Gast vor dem Abspann nicht noch etwas herausrutscht, was ihm selbst oder seiner Sache schadet, sind die Zuschauer und Schlagzeilenmacher enttäuscht. Wenn sich die Kommentarspalte auf der Homepage der Sendung nicht jeden Freitag binnen weniger Stunden mit wütendem Geschrei dafür und dagegen füllt, dann hat die Starjournalistin Tähtimö versagt. Aber eine Sanni Tähtimö versagt nicht. Auch das ist eines ihrer Markenzeichen, genauso unübersehbar wie ihre gewaltige blonde Mähne, wie die aus dem großzügigen Dekolleté hervorlugenden Spitzen ihres BHs, der jeden Freitag eine andere Farbe hat, und wie ihr puppenhaft bemalter Kussmund, der Fragen abfeuert wie ein Maschinengewehr.

»Unsere Klienten operieren in der Regel nicht auf der Straße, sondern im Netz, weshalb auch wir uns darauf konzentrieren. Auf unserer Homepage bieten wir Service und Hilfe an, die anonym in Anspruch genommen werden können, unabhängig von Zeitpunkt und Ort, genau dort, wo sich der Klient gerade befindet.«

Die Frau, die diesmal zu Gast ist, übersteht das Trommelfeuer außergewöhnlich gut. Reizvolle braune Stiefel bedecken ihre schmalen Beine, und auch sonst ist die Kleine eine hübsche Erscheinung. Um die fünfunddreißig, die glatten, ziemlich blonden Haare fallen ihr bis auf die Schultern, ihre spärliche Gestik wirkt steif, vielleicht vor Aufregung oder wegen mangelnder Erfahrung mit Auftritten in der Öffentlichkeit. Kerzengerade hockt sie auf der Sitzkante, die Hände im Schoß, die bloßen Knie unter dem kurzen Rock zusammengepresst.

So behält sie auf dem Weg ins Feuer ihre Nerven im Griff.

»Ich möchte außerdem anmerken, dass wir definitiv keine kriminellen Handlungen unterstützen. Die Legalität unserer Aktivitäten ist in jeder Hinsicht gewährleistet.«

»Genau«, sagt die Tähtimö bedeutungsvoll. »Justizminister Tarmo Häkkilä hat ja fast als erste Amtshandlung eine gemeinsame Arbeitsgruppe aus dem Justiz- und Sozialministerium eingesetzt, um diese Legalität sowie den generellen Nutzen Ihrer Aktivitäten zu überprüfen. Noch steht es auf der Kippe, ob Sie überhaupt anfangen können. Macht Ihnen das Sorgen?«

»Nein. Ich bin davon überzeugt, dass diese Untersuchung zu einem positiven Ergebnis führen wird, und ich bin absolut zuversichtlich, dass wir innerhalb des gesteckten Zeitrahmens beginnen werden. Der Bescheid ist uns für Anfang nächster Woche versprochen worden, spätestens Dienstag.«

Es macht Spaß, den beiden zuzusehen. Sanni Tähtimö hat an einem harten Knochen zu knabbern.

Sie genießt diese Herausforderung allerdings sichtlich.

»Lassen Sie uns weiter im Gesetz lesen. Die Absätze 8 und 8a von Paragraf 20 im Strafgesetzbuch verbieten die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen von unter Achtzehnjährigen und von Personen, die Objekte der Zuhälterei sind, sowie von Opfern von Sex- oder Menschenhandel. Wie können Sie sicher sein, dass Ihre Arbeit nicht auch Männern hilft – Klienten, wie Sie diese Leute nennen –, die sich solcher strafbaren Vergehen schuldig machen?«

»Ich kann mir nicht sicher sein. Natürlich nicht. Aber auch solche Männer sind unsere Klienten oder könnten es sein, und wir haben keinen Grund, sie abzuweisen.«

»Fragen Sie diese Männer nach solchen Dingen? Von wem und unter welchen Umständen sie sich diese Dienstleistungen beschaffen?«

»Das tun wir. Und dabei stehen wir unter vollkommener Schweigepflicht. Nur so kann Vertrauen zwischen uns und den Klienten entstehen. Und Vertrauen ist notwendig, damit sich ein gutes Verhältnis entwickeln kann und der Klient das Gefühl hat, echte Hilfe für sein Problem zu bekommen. Sie dürfen nicht vergessen, dass Sexsucht und der zwanghafte Erwerb sexueller Dienstleistungen nicht weniger schädliche Abhängigkeiten sind als Alkoholismus oder Spielsucht. Unser Ziel ist es, solche Verhaltensmuster aufzulösen oder ihnen gegenzusteuern, oder unsere Klienten zumindest dazu zu bringen, über die Gründe ihres Handelns nachzudenken, und auch über die Folgen für sie selbst, für ihre Angehörigen und die Sexarbeiterinnen.«

Die Tähtimö nimmt intensiven Blickkontakt mit ihrem Gast auf.

»Sexarbeiterinnen. Interessante Wortwahl. Ist Prostitution Ihrer Meinung nach ein Beruf?«

»Der Begriff ist allgemein üblich und neutral, wenn auch nicht unproblematisch. Grundsätzlich verurteilen wir bei ProMen niemanden. Natürlich wollen wir auch diejenigen ermutigen, die gegen ihren Willen in diesem … Beruf gelandet sind und Hilfe brauchen, die für sie passenden Serviceangebote zu nutzen. Der Pro-Stützpunkt e.V. leistet auf diesem Gebiet großartige Arbeit. Unsere Aufgabe wiederum ist es, Menschen zu unterstützen, die gewissermaßen auf der anderen Seite stehen und trotzdem manchmal genauso authentisch das Gefühl haben, Hilfe zu brauchen in ihrer …«

»Jetzt mal im Ernst«, fällt ihr Sanni Tähtimö ins Wort. »Ich bin bestimmt nicht die Einzige, für die dieses übertriebene Verständnis und das Verhätscheln längst viel zu weit gehen. Sollen wir dafür etwa unsere Steuermittel aufwenden? Ich bitte Sie!«

Die Tähtimö spitzt missbilligend die Lippen.

Ihre Kontrahentin lässt sich nicht aus der Fassung bringen.

»Auch wenn man solche Aktivitäten und Hilfsangebote persönlich für unnötig hält oder unsere Klienten für schlichtweg unerwünscht, muss es in dieser immer härter werdenden Welt einen Platz für menschliches Verständnis geben. Ich möchte außerdem betonen, dass 82,7 Prozent unserer Kosten, die, nebenbei bemerkt, in unserem ersten Jahr äußerst bescheiden sind, von EU-Fördergeldern für soziale und gesellschaftliche Projekte und zur Weiterentwicklung der Synergie internationaler Innovationen im Gesundheitsbereich abgedeckt werden.«

Yes! Sie verzieht keine Miene.

Wer ist diese coole Tussi? Seit er bei der Sendung zuschaut, ist ihr Name nicht auf dem Bildschirm aufgetaucht.

Sanni Tähtimö macht auf die unfreundliche Tour weiter.

»Ich sage Ihnen jetzt ganz offen, wofür ich persönlich kein so wahnsinnig menschliches Verständnis aufbringe. Wenn ich abends auf der Straße gehe, neben mir ein Auto anhält und ein mir unbekannter Mann – ein Klient von Ihnen – mich fragt, wie viel. Freuen Sie sich über so etwas?«

»Selbstverständlich nicht.«

»Und ich will auch nicht, dass meine Tochter oder mein Sohn so jemandem auf der Straße oder auf einer Jugendseite im Internet begegnet. Wollen Sie das?«

»Selbstverständlich will ich das nicht.«

Jetzt wird es eng, das sieht man. Mit wohlüberlegten Gebärden wirft die Tähtimö einen Blick auf ihre Notizkarten, beugt sich dann ihrem Studiogast entgegen und lächelt.

»Leia Laine, Geschäftsführerin von ProMen, haben Sie zufällig Kinder?«

Hat er richtig gehört? Ja. Das bestätigt der Textbalken, der endlich am unteren Bildrand erscheint: Leia Laine.

Prinzessin Leia!

Sein Dauertarget, verdammt.

Seine Hand greift nach dem Vorrat an Energydrinks unter dem Dashboard. Sofort frisches Koffein ins Blut, dazu Taurin, Guarana-Extrakt, die Vitamine Niacin, B5, B6 und B12 sowie Glukosesirup.

Die Dose zischt, der Mund füllt sich, die Augen bleiben auf den Bildschirm gerichtet.

Leia Laine. Sein Lieblingsmädchen.

Sein permanentes Objekt. Seine Nummer eins.

Die Energiebrühe schwappt die Kehle hinunter, aber das hier ist schwer zu schlucken: Er hatte geglaubt, Leia Laine durch und durch zu kennen. Im Lauf der Jahre, von Fall zu Fall, während der Intensivierung ihrer langen, ergiebigen Beziehung – so kann man es sicher ausdrücken –, hat er auf Grundlage dessen, was er über diese Frau wusste, was er zu wissen glaubte, ein seiner Meinung nach...

Erscheint lt. Verlag 5.5.2017
Übersetzer Stefan Moster
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Auftragskiller • Cyberkriminalität • Cyberkrimineller • Cybermobbing • Cyberthriller • Data-Mining • finnischer Krimi • Finnland • Hacker • Helsinki • High-Tech-Thriller • Identitätsdiebstahl • Internetthriller • Internetüberwachung • Online-Überwachung • Politiker • Pornografie im Netz • Psychothriller • Rassismus • Sexsucht • Skandinavienkrimi • Skype-Video • Stockholm • Technothriller • Thriller • thriller skandinavien • Verfolgungswahn
ISBN-10 3-423-43181-4 / 3423431814
ISBN-13 978-3-423-43181-1 / 9783423431811
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