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Sonne und Beton (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman | Coming-of-Age Romandebut und SPIEGEL-Bestseller des Stand-up Comedian und Podcaster: Über das Aufwachsen in Neukölln und einen folgenschweren Sommer
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
224 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-1477-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sonne und Beton -  Felix Lobrecht
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Der autobiographisch inspirierte Coming-of-Age Roman Bestseller des bekannten Stand-up Comedian und Podcaster Felix Lobrecht: mitreißend und zum Nachdenken anregend! »Lobrecht schafft es, den Leser mit seinen schnellen Dialogen und der schnörkellosen Story an den Roman zu fesseln.« RBB Radio Fritz Ein heißer Sommer. Vier Jungs in den Hochhausschluchten der Großstadt. Eine folgenschwere Entscheidung. In seinem von der Kritik gefeierten Debütroman erzählt Felix Lobrecht in schnellen Dialogen voller Witz eine Geschichte mitten aus der sozialen Realität der Häuserblocks, wo Gewalt und Langeweile den Alltag prägen. »Dieses Buch ist ein Knaller. Echt, wahrhaftig, authentisch. Eine Aufforderung, genauer hinzusehen - auch für alle, die in diesem Land politische Verantwortung tragen. « Bezirksbürgermeisterin Berlin-Neukölln Ein Roman, »irgendwo zwischen Tschick und Victoria« (Jacqueline Thör, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung) *** Für alle, die Coming-of-Age Romane lesen, die unter die Haut gehen. Dieses Buch ist ein Muss für Fans von Felix Lobrecht Fans. ***

Felix Lobrecht, geboren 1988, wuchs mit zwei Geschwistern bei seinem alleinerziehenden Vater in Berlin-Neukölln auf. Er ist Autor, Stand-Up-Comedian und einer der erfolgreichsten Slampoeten.

Felix Lobrecht, geboren 1988, wuchs mit zwei Geschwistern bei seinem alleinerziehenden Vater in Berlin-Neukölln auf. Er ist Autor, Stand-UpComedian und einer der erfolgreichsten Slampoeten.

KAPITEL 1


»Mann, is dein Ernst? Lass mich doch mal rein jetzt, Alter. Ich bin seit vier Jahren hier auf dieser bekackten Schule. Du kennst mich. Wir haben uns schon tausendmal gesehen, ja. Ohne Spaß …«, sage ich.

Der Security-Typ am Eingang zur Schule reagiert nicht.

»Alter, ich hab nur heute einmal diesen scheiß Ausweis vergessen, wirklich. Sonst hab ich den immer dabei, Mann. Immer. Lass mich doch einfach rein jetzt.«

Der Typ verzieht keine Miene und zieht an seiner Kippe, ohne mich anzugucken. »Kein Schulausweis, dann kommt nicht rein«, sagt er.

Ich gucke auf die Uhr – kurz nach zehn, pünktlich zur dritten Stunde zu kommen wird knapp. Eigentlich egal, aber so oft, wie ich dieses Halbjahr gefehlt habe … Ich hab kein Bock, die Neunte noch ein drittes Mal zu machen, ich muss da jetzt irgendwie reinkommen. Ich sehe mich um. Ist nicht irgendwo ein Lehrer von mir, der dem Typen erklären kann, dass ich hier auf die Schule gehe, oder so? Diese neue Regelung mit diesen Security-Affen hier an den Eingängen und auf dem Schulhof ist so dumm. Es klingelt zur Stunde, der Hof leert sich langsam.

»Mann, weißt du eigentlich, warum du hier stehst?«, sage ich. Er schnipst den Stummel seiner Zigarette weg. »Du sollst darauf achten, dass keine Fremden irgendwen von hier zusammenschlagen oder Leute mit Waffen in die Schule kommen. Nicht Schüler, die hier normal auf die Schule gehen, aussperren, Alter!« Er reagiert nicht. »Ihr kontrolliert mich doch sonst auch nicht … Lass mich doch mal rein jetzt, bitte …« Er stellt sich direkt vor das Tor, holt sein Handy aus der Tasche und tippt irgendwas. So ein Spast. Ich schaue mich noch mal um, immer noch kein Lehrer in Sicht, den ich kenne. Scheiß drauf, ich gehe. Vielleicht schwänzt Gino ja zufällig, ich schreib ihm mal.

»Halbe Stunde Wutzkyallee vor Videothek«, antwortet er. Ich stecke mein Handy wieder ein und laufe los.

Beim Döner hinter dem U-Bahnhof Zwicke kaufe ich mir von meinem letzten Geld eine Cherry Coke, fummel die Kopfhörer aus meinem Rucksack und mache Musik an. Ich laufe durch die Unterführung neben dem DeGeWo-Hochhaus, zu den Blocks dahinter. Wer kam eigentlich auf die Idee, eine Hälfte der Häuser in so einem hässlichen Braun und die andere Hälfte weiß zu bauen? Warum nicht wenigstens dieselbe Farbe?

Die Alkis auf der Bank neben dem Spielplatz unterhalten sich so laut, dass ich sie trotz meiner Musik höre. Ihr Geschrei passt gerade voll gut zu dem Intro von »Elektrofaust«. Ich drücke kurz auf Pause, um zu hören, was sie brüllen. So wie die lallen, verstehe ich aber nichts. Die meisten kenne ich vom Sehen, der eine wohnt sogar bei mir im Haus, glaube ich. Ich gucke ihn an, er sieht mich, grüßt aber nicht.

Hoffentlich sitze ich in zehn Jahren nicht auch auf irgendeinem gammligen Spielplatz hier zwischen den Hochhäusern und saufe. Glücklich sehen die nämlich nicht aus. Die meisten Erwachsenen, die mir entgegenkommen, sehen nicht glücklich aus. Egal, ich laufe weiter, skippe zwei Lieder vor auf »Heavy Metal Payback« von Bushido und Fler und rappe leise mit. Ich kenne alle Texte auswendig. Alle.

Vor der Videothek steht Gino schon. Er hat die Hände in den Hosentaschen und lässt die Schultern hängen. Er guckt hektisch nach links und rechts, wahrscheinlich hat er Angst, dass ihn irgendwer beim Schwänzen erwischt. Ich habe mich eh gewundert, dass er sich ausgerechnet auf dem großen Platz treffen will. Wenn man irgendwo gesehen wird, dann hier, außerdem wohnt er direkt um die Ecke. Seine Eltern haben beide keinen Job, nicht unwahrscheinlich, dass die hier vorbeikommen. Vor allem seine Mutter. Die geht einkaufen, ab und zu irgendwo putzen oder erledigt irgendwas für Ginos kranken Bruder. Sein Alkoholikervater kriegt ja gar nichts mehr auf die Reihe, außer saufen und Novoline zocken.

»Lukas, wie geht’s!? Auch kein Bock auf Schule heute, oder wie?«, fragt Gino leise. Ich nehme einen Kopfhörer aus dem Ohr raus und gebe ihm die Hand. »Ach, frag nicht! Scheiß mal auf Schule heute.«

Gino nickt.

»Sollen wir bisschen rumlaufen und später zu mir gehen? Mein Vater arbeitet heute ab zwölf irgendwas«, sage ich.

»Ja, aber lass mal noch kurz warten hier. Julius wollte noch vorbeikommen, ja«, sagt er.

Julius kommt auch? Hätte er mal vorher sagen sollen, dann wäre ich lieber direkt zu mir gegangen … Ich hab eigentlich kein Bock, dass er mit zu mir kommt. Er labert immer so viel. »Da kommt er schon«, sagt Gino und zeigt in Richtung U-Bahnhof. Julius läuft immer, als wäre er der breiteste Mensch auf der Welt, dabei ist er genauso dünn wie Gino und ich. Er hat so oft Stress, weil er rumrennt wie Tony Montana, als Blonder in einem Bezirk voller Ausländer. Irgendwas hat er an sich, dass ihm Leute permanent auf die Fresse hauen wollen, und wenn man mit ihm zusammen unterwegs ist, wird man genauso zur Zielscheibe.

»Was los, ihr Schwänzer?«, ruft er mit breitem Grinsen. Gino macht große Augen und fuchtelt wild herum, damit Julius ruhig ist. Der fängt an zu lachen und gibt uns die Hand. »Alter, Jungs. Habt ihr Dings, die Story von Marek und sein Leuten, gehört? Die ham sich krass mit den Jungs von Johannisthaler geboxt gestern. Diesen Emre und so. Danach Emre is mit allen da zur Sonne gefahren, hat die Polen gesucht, ja. Katastrophe, alle haben sich geschlagen, zwei wurden abgestochen. Richtiger Film, ja. Ich schwöre …« Er redet, als ob er dabei gewesen wäre. »Egal ja, was wollen wir machen?«, fragt er dann.

»Könn wir erst mal zu dir gehen, Julius?«, sagt Gino.

»Nee, Mann, geht nicht, ja. Dings, mein Bruder ist krank. Wir könn da jetzt nich rumgaunern. Lass Gropius gehen oder so …«

»Is doch viel zu heiß für die scheiß Passagen jetzt. Lass lieber irgendwo draußen in die Sonne setzen, oder so«, sage ich.

Julius guckt Gino an, der zuckt mit den Schultern und nickt. »Euer Ernst? Wisst ihr, was bei den Wetter für Bitches Gropius rumlaufen, Alter!«, sagt Julius und zündet sich eine Zigarette an. »Aber okay, wenn ihr kein Bock auf Frauen habt, ja … Dann lass Dings, Rudower Fließ gehen und uns langweilen. Ich schwöre …«

»Ja, keine Ahnung, was mit Sari ist, Alter. Er geht nicht an sein scheiß Telefon. Vielleicht hat er nix, ja. Außerdem ist mein scheiß Akku gleich leer … Ich fick so was.« Julius steckt sein Handy wieder ein und sieht erst mich, dann Gino an.

»Keine Ahnung, Lipschitz im Park holen einfach?«, sagt Gino. »Cem gibt doch immer ganz gut, und um die Zeit sind da noch nicht so viele, glaub ich.«

»Wollt ihr echt unbedingt kiffen jetz? Is doch chillig hier grad«, sage ich und schmeiß eine leere Glasflasche in das Fließ.

»Dings, ich dachte, wir gehen jetzt eh zu dir? Dann lass doch ausnutzen, dass du sturmfrei hast, und ein buffen, ja …«, sagt Julius und guckt mich an. Wobei, jetzt gemütlich bei mir auf dem Balkon sitzen und einen rauchen wäre schon geil, und so oft ist mein Vater tagsüber auch nicht weg.

»Ja stimmt schon«, sage ich. »Aber sollen wir echt im Park holen? Is doch scheiße da …«

»Was sollen wir sonst machen, wenn Sari nich rangeht?«, sagt Gino.

»Mein Akku is jetz auch komplett leer, wir können eh kein mehr anrufen, ja. Lass hin einfach!«, sagt Julius. Scheiß drauf, geht ja nicht anders.

»Hä, warum willst du hier rein?«, sage ich. »So müssen wir einmal durch den ganzen scheiß Park laufen. Lass doch lieber außen rum gehen, Cem und die andern Türken stehen doch eh immer am anderen Ende. Kein Bock, bei den ganzen scheiß Arabertickern vorbeizukommen die hier vorne immer stehen …« Julius winkt ab und läuft einfach weiter.

Ich hasse diesen Park, es ist dumm, hier unnötig herumzulaufen. Die Bierdeckel und Glassplitter, die überall auf der Wiese liegen, reflektieren das Sonnenlicht und blenden mich. Ich kneife die Augen zusammen und laufe Gino und Julius hinterher.

»Jungs, was los? Amphe, Koka, Gras? Ich geb euch beste Kurs«, zischt uns ein Typ zu, einer von den Arabern. Er sitzt mit vier Freunden auf einer Bank, spuckt vor sich auf den Boden und starrt uns an. Genau deswegen wollte ich außen lang laufen …

»Jungs, was braucht ihr?«, fragt er.

Ich gucke wieder nach vorne und antworte nicht. Einfach schnell zu Cem und nach Hause. Nicht auf ein Gespräch einlassen, das gibt nur Ärger.

»Ey, nich einfach weiterlaufen, ja! Wallah, ich mach guten Preis.« Gino guckt auf den Boden und geht stur weiter, ich laufe hinterher. Julius bleibt plötzlich stehen. »Nein, danke, ja. Wir brauchen nix«, sagt er.

Wieso antwortet er denn jetzt? Und wieso bleibt er stehen, ist er behindert?!

»Lak, was ihr braucht nich?! Ich geb euch zwei Dinger für Zehner, ja. Wallah, sag mir ein hier, der besser gebt!«

»Dings, danke ja. Aber wir brauchen echt nicht«, sagt Julius. Der Typ schnipst seine Kippe weg und steht auf.

»Was macht ihr dann hier, ja? Sonnen könnt ihr euch Lipschitzbad, ihr Opfer.« Er zeigt in Richtung Schwimmbad und läuft auf uns zu. Er hat recht, in den Park geht man nur, um Gras oder was zum Ziehen zu kaufen, keiner hängt hier einfach so rum. Irgendwelche Penner höchstens.

»Geht ihr zu den Niggan oder Cem, diesen Hurensohn, oder wie?« Seine Freunde stehen jetzt.

»Nein. Dings, ja, wir nehmen gar nix. Und wenn, gehen wir bestimmt nicht bei den scheiß Türken holen, ja …«, sagt Julius leise und versucht zu lächeln.

Er soll mal jetzt die Fresse halten und einfach weiterlaufen. Ich ziehe ihn an seinem Kapuzenpullover zu...

Erscheint lt. Verlag 10.3.2017
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Aaron Maldonado Morales • Abhängen • Alkohol • Alter • Araber • Armut • Autobiografisch • Belletristik • Berlin • Beton • Bruder • Buch 2017 • Center • Chillen • Comedian • Coming of Age • Computer • David Wnendt • Debut • Debüt • Debütroman • Der Fänger im Roggen • deutschsprachige Belletristik • Diebstahl • Digger • Dings • Dope • Drogen • Einbruch • Energy Drink • Feiern • Freunde • Gangster • Gegenwartsliteratur • Gewalt • Gropiusstadt • Großstadt • Hip Hop • Hochhaus • Hochhäuser • J. D. Salinger • Jugendkultur • Jugendliche • Jungen • Jungs • Kampf • Kartoffel • Kiez • Kiffen • Kinofilm • Klauen • labern • Laut • Leben • Lesebühne • Levy Rico Arcos • Musik • Nacht • Neu 2017 • Neuerscheinung 2017 • Neuerscheinungen 2017 • Neukölln • Party • Poetry Slam • prolet • Proll • Rafael Luis Klein-Hessling • Rap • Red Bull • Rennen • Roman • Romane Erzählungen • Salinger • Saufen • schnell • Schule • Sommer • Sonne • soziale Brennpunkte • Soziale Ungleichheit • Stadt • Stress • The Catcher in the Rye • Trinken • tschick • Türken • U-Bahn • Unterschicht • Verfilmung • Vincent Wiemer • Wallah • Wolfgang Herrndorf
ISBN-10 3-8437-1477-0 / 3843714770
ISBN-13 978-3-8437-1477-8 / 9783843714778
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