Die Midkemia-Saga 4 (eBook)
672 Seiten
Blanvalet Verlag
978-3-641-18447-6 (ISBN)
Murmandamus, der Anführer der dunklen Elfen der Wälder, musste einen hohen Preis für den Sieg von Armengar zahlen. Unzählige seiner Soldaten sind gefallen. Doch sein Heer ist immer noch größer als jede Streitmacht, die sich ihm in den Weg stellt. Beinahe unangefochten erreicht er Sethanon, die Hauptstadt des einst mächtigen Reiches Rillanon. Prinz Arutha bereitet sich darauf vor, dort die letzte verzweifelte Schlacht zu schlagen. Doch Murmandamus hat ein größeres Ziel als die Eroberung eines Reiches - er will seinen finsteren Gott zurück in die Welt der Sterblichen rufen.
Raymond Feist wurde 1945 in Los Angeles geboren und lebt in San Diego im Süden Kaliforniens. Viele Jahre lang hat er Rollenspiele und Computerspiele entwickelt. Aus dieser Tätigkeit entstand auch die fantastische Welt seiner Romane: Midkemia. Die in den 80er-Jahren begonnene Saga ist ein Klassiker des Fantasy-Genres, und Feist gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Fantasy in der Tradition Tolkiens.
Prolog
Unheilswind
Der Wind kam aus dem Nichts.
Erhoben hatte er sich aus dem Widerhall eines hämmernden Schicksals. Er trug die Hitze eines Schmiedefeuers, das den Krieg anheizte, und damit den versengenden Tod vor sich her, lebte im Herzen eines verlorenen Landes auf, kam von einem fremden Ort, der sich zwischen dem befand, was ist, und dem, was nach Sein strebt. Der Wind wehte aus dem Süden, wo die Schlangen aufrecht gehen und uralte Worte sprechen. Tosend erfüllte er lang vergessene Prophezeiungen und stank nach uraltem Bösen. In wilder Ekstase drehte sich der Wind umher, wirbelte heraus aus der Ödnis, hielt inne, suchte sich eine Richtung und wehte dann nach Norden.
Während die alte Amme nähte, summte sie ein einfaches Lied, ein Lied, das seit Generationen in ihrer Familie von der Mutter zur Tochter weitergegeben worden war. Sie hielt für einen Moment inne und sah von ihrem Nähzeug auf. Ihre beiden Zöglinge lagen mit friedlichen kleinen Gesichtern da und schliefen, träumten ihre kleinen Träume. Gelegentlich zuckten die Fingerchen des einen im Schlaf, oder der andere schmatzte und nuckelte, doch bald fanden die Säuglinge wieder zur Ruhe. Sie waren so hübsche Kinder, und eines Tages würden aus ihnen stattliche Männer werden, dessen war sich die Amme sicher. Als Erwachsene würden sie sich zwar nur noch vage an die Frau erinnern, die in dieser Nacht bei ihnen saß, aber in diesem Moment gehörten sie ihr genauso wie ihrer Mutter, die mit ihrem Gemahl einem festlichen Abendessen vorsaß.
Plötzlich drang durch das Fenster ein seltsamer Wind herein, und trotz seiner Wärme fröstelte die Amme. Der Wind trug den Hauch des Fremden mit sich und sang eine misstönende, böse Melodie, die kaum wahrzunehmen war. Die Amme schauerte und sah zu den Jungen hinüber. Sie wurden unruhig, als wollten sie erwachen und weinen. Die Amme eilte zum Fenster, schloss die Fensterläden und verbannte die seltsame, Unruhe stiftende Nachtluft aus dem Zimmer.
Einen Moment lang schien die Zeit den Atem anzuhalten, und dann, wie mit einem leisen Seufzer, erstarb die Böe, und die Nacht war wieder still. Die Amme zog das Tuch enger um die Schultern, die Säuglinge wälzten sich noch einmal in ihren Wiegen hin und her und fielen wieder in tiefen Schlaf.
In einem anderen Zimmer, ganz in der Nähe, arbeitete ein junger Mann an einer Liste und versuchte angestrengt, seine persönlichen Vorlieben aus dem Spiel zu lassen, während er entschied, wer am nächsten Tag die weniger angenehmen Aufgaben übernehmen sollte. Er hasste diese Arbeit, dessen ungeachtet erledigte er sie dennoch gewissenhaft.
Plötzlich bauschte der Wind die Gardinen auf und drückte sie ins Zimmer. Ohne nachzudenken, war er schon halb auf den Beinen, als ihm sein erprobter sechster Sinn Gefahr signalisierte. Er zögerte einen Moment lang mit klopfendem Herzen und war sich so sicher wie nie zuvor in seinem Leben, dass ihm ein Kampf auf Leben und Tod bevorstand.
Als er niemanden entdecken konnte, entspannte sich der junge Mann langsam wieder. Der Moment war vergangen. Verwirrt schüttelte er den Kopf. In seinem Magen machte sich eine eigenartige Übelkeit breit, und er ging hinüber zum Fenster. Die Minuten verstrichen, während er hinaus in die Nacht schaute, in den Norden, wo, wie er wusste, die hohen Berge lagen, hinter denen ein Feind, ein böser Feind, wartete.
Der junge Mann kniff die Augen zusammen und starrte in die Dunkelheit, als könnte er so die Gefahren entdecken, die dort draußen lauerten. Dann, als die letzte Anspannung von ihm abgefallen war, kehrte er wieder zu seiner Aufgabe zurück.
In den verbliebenen Stunden der Nacht trat er immer wieder ans Fenster und sah hinaus.
Draußen in der Stadt bummelte eine Gruppe von Nachtschwärmern durch die Straßen und suchte nach der nächsten Schenke und weiteren fröhlichen Zechkumpanen. Der Wind wehte ihnen entgegen, und sie blieben stehen und sahen sich an. Ein erfahrener Soldat ging zunächst weiter, blieb dann jedoch ebenfalls stehen und dachte nach. Offenbar hatte er plötzlich das Interesse am Feiern verloren, denn er wünschte seinen Zechkumpanen eine gute Nacht und kehrte ins Schloss zurück, wo er seit fast einem Jahr zu Gast war.
Der Wind fuhr hinaus aufs Meer, wo ein Schiff nach einer langen Patrouillenfahrt eilig seinen Heimathafen ansteuerte. Der Kapitän, ein hochgewachsener alter Mann mit einer langen Narbe, die sich auf der einen Gesichtshälfte von der Stirn durch das weiße Auge bis zum Kinn zog, hielt inne, als er von der frischen Brise erfasst wurde.
Er wollte schon den Befehl erteilen, die Segel einzuholen, als es ihn mit einem Mal seltsam fröstelte. Der Kapitän sah hinüber zu seinem Ersten Maat, einem pockennarbigen Mann, der schon seit Jahren zu seiner Mannschaft gehörte. Sie blickten sich an – dann war der Wind vorbeigezogen.
Der Kapitän verharrte noch. Schließlich aber schickte er Männer in die Takelage, und nach einem weiteren Augenblick, in dem alles still geblieben war, ließ er zusätzliche Laternen anzünden, die die plötzlich bedrückende Dunkelheit erhellen sollten.
Weiter im Norden blies der Wind durch die Straßen einer Stadt und trieb kleine Staubwirbel auf, die wie ein ausgelassener Hofnarr über das Straßenpflaster tanzten. In dieser Stadt lebten Männer aus einer anderen Welt neben solchen, die hier geboren waren. In der Garnisonsmesse der Soldaten rang einer der Männer aus der anderen Welt gerade mit einem, der nur eine Meile vom Kampfplatz entfernt aufgewachsen war. Rund um die beiden herum wurden währenddessen von den Zuschauern eifrig Wetten abgeschlossen. Jeder Mann hatte den anderen bereits einmal auf den Rücken gelegt, und beim nächsten Mal würde der Sieger feststehen.
Plötzlich erhob sich der Wind, und die beiden Kontrahenten blieben voreinander stehen und sahen sich um. Staub wehte den Umstehenden in die Augen, und einige der erfahrenen Veteranen mussten einen Schauer unterdrücken.
Schweigend verließen die Kämpfer den Ring, und diejenigen, die gewettet hatten, holten sich ohne Widerspruch ihre Einsätze zurück.
Still kehrten die Männer in ihre Quartiere zurück. Der bitterkalte Wind hatte die ausgelassene Stimmung hinweggeweht.
Der Wind setzte seinen Weg nach Norden fort, bis in einen Wald, in dem kleine affenähnliche Wesen freundlich und schüchtern in den Ästen hockten. Sie drängten sich aneinander, denn nur in der gegenseitigen Nähe der Körper wurde es so warm, wie sie es mochten.
Unter ihnen, auf dem Boden des Waldes, saß ein Mann in meditativer Haltung. Er kauerte im Schneidersitz, seine Handgelenke ruhten auf den Knien, und Daumen und Zeigefinger bildeten einen Kreis, der das Rad des Lebens symbolisierte, dem alle Lebewesen unterworfen sind.
Als ihn der dunkle Wind berührte, schlug er die Augen auf und sah das Wesen an, das ihm gegenübersaß. Es war ein alter Elb – seine Betagtheit ließ sich lediglich an den schwachen Altersmerkmalen seiner Art erkennen –, der den Menschen einen Moment lang betrachtete und die unausgesprochene Frage vom Gesicht des anderen ablas. Er nickte kaum merklich.
Der Mensch hob die beiden Waffen an seiner Seite auf. Er schob sowohl das lange als auch das kurze Schwert in die Schärpe, die ihm als Gürtel diente, und verabschiedete sich wortlos mit einer Geste. Dann ging er los, verschwand zwischen den Bäumen des Waldes und begann seine Reise zum Meer.
Dort würde er einen anderen Mann suchen, der den Titel Elbenfreund trug. Und dort würde er sich auch auf die letzte Schlacht vorbereiten, die bald ihren Anfang nehmen würde.
Das Laub raschelte über seinem Kopf, während sich der Krieger auf seinen Weg zum Meer machte.
In einem anderen Wald rauschte ebenfalls das Laub, allerdings eher aus Mitgefühl für diejenigen, die der vorbeistreichende Unheilswind beunruhigte. In einer riesigen Sternenwolke zog ein heißer Planet seine Bahn um eine grüngelbe Sonne. Auf dieser Welt gab es einen Zwillingswald von jenem, in dem der Krieger gerade aufgebrochen war. Tief in diesem zweiten Wald saßen Lebewesen im Kreis und wurden von zeitlosem Wissen eingehüllt. Sie wirkten einen Zauber. Um sie herum bildete ein warmes, sanftes Glühen eine Sphäre, und jedes der Wesen saß auf der nackten Erde, doch ihre überaus bunten Roben blieben vom Schmutz des Bodens unberührt. Alle hatten die Augen geschlossen und sahen dennoch, was sie sehen mussten.
Einer, so uralt, dass sich die anderen nicht an seine Anfänge erinnern konnten, saß über dem Kreis. Er schwebte durch die Kraft des Zaubers, den alle gemeinsam wirkten, in der Luft. Das weiße Haar hing ihm bis auf die Schultern und wurde nur von einem einfachen kupfernen Stirnreif gehalten, dessen einzige Verzierung in einem Jadestein auf der Stirn bestand. Er hatte die Hände in die Höhe gehoben und die Handflächen nach vorn gerichtet.
Seine Augen fixierten einen Menschen in schwarzer Robe, der ihm gegenüber schwebte. Dieser andere wurde von geheimnisvollen Energieströmen getragen, die ein Gitter um ihn herum bildeten. Er schickte sein Bewusstsein an den Linien des Gitters entlang und meisterte die fremde Magie.
Der in der schwarzen Robe saß da wie ein Spiegelbild des anderen, hatte ebenfalls die Handflächen nach außen gerichtet, doch seine Augen waren geschlossen. Er lernte. Nur mit dem Geist berührte er das Gebilde dieses alten Elbenzaubers, und er fühlte die miteinander verwobenen Kräfte jedes einzelnen Lebewesens im Wald, die vorsichtig aufgenommen und ausgerichtet, doch niemals gezwungen wurden, um die Bedürfnisse dieser Gemeinschaft zu erfüllen. So benutzten die Magier ihre Kräfte: Behutsam, doch beständig, spannen sie...
Erscheint lt. Verlag | 20.2.2017 |
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Reihe/Serie | Die Midkemia-Saga |
Die Midkemia-Saga | |
DIE MIDKEMIA-SAGA | |
Übersetzer | Andreas Helweg |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Riftwar Saga 4: A Darkness at Sethanon |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction | |
Schlagworte | Crydee • eBooks • Fantasy • Heroische Fantasy • High Fantasy • Kelewan • Krondor • Pug • Rillannon • Rollenspiele • Schlangenkrieg • Thomas |
ISBN-10 | 3-641-18447-9 / 3641184479 |
ISBN-13 | 978-3-641-18447-6 / 9783641184476 |
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