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Der tiefgekühlte Mittelstürmer -  Carlo Manzoni

Der tiefgekühlte Mittelstürmer (eBook)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
160 Seiten
Herbig (Verlag)
9783784482729 (ISBN)
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Diese brillante Parodie auf den harten amerikanischen Thriller erhält ihren grotesk-komischen Charakter aus einer ganz alltäglichen Erscheinung unseres Daseins: dem Fußballfieber. Wer kennt nicht den Aufruhr, in den eine ganze Stadt gerät, wenn das entscheidende Meisterschaftsspiel ausgerechnet zwischen den beiden Lokalmatadoren ausgetragen werden muß? Und ausgerechnet der Privatdetektiv Chico Pipa, der sich für Fußball so wenig interessiert, wie er vom Whisky viel versteht, wird in die mysteriöse Geschichte hineingezogen, bei der der gegnerische Mittelstürmer ermordet im Kühlschrank in der Wohnung des Trainers der anderen Mannschaft aufgefunden wird. Alles deutet zunächst darauf hin, dass es sich um einen Kollektivmord dieser Mannschaft handelt, und Chico Pipa hat seine liebe Not, die ganze Mannschaft gegen ihren Willen vor dem Zugriff der Polizei zu retten und sie mit List und Tücke zum Spielbeginn ins Stadion zu bringen. Da jagen sich die turbulenten Ereignisse und Verwirrungen, da muss sich Chico Pipa gegen Hunderte von Polizisten durchsetzen, gegen Fußballer, Presse, weibliche Hinterlist und die ganze brodelnde Stadt.

Carlo Manzoni (1909-1975) begann 1936 zu schreiben, zuerst satirische und humoristische Aufsätze für Zeitungen und Zeitschriften, später auch Stücke für Theater und Fernsehen. Er ist Mitbegründer der satirischen Zeitschrift Bertoldo, deren Chefredakteur von 1936-1943 Giovanni Guareschi war. Manzoni, der lange Jahre auch als Gagman für Filmegearbeitet hatte, schrieb und inszenierte 1961 die Filmkomödie Ha Fatto 13! Manzoni wurde Ende der 1960er Jahre außerhalb seines Heimatlandes mit seinen Superthrillern bekannt, einer Reihe humoristischer Kriminalromane, in denen er diese literarische Gattung parodiert, indem er maßvoll übertreibt oder die aus Kriminalromanen gewohnten Stereotype mit witzigen Elementen durchsetzt.

Carlo Manzoni (1909-1975) begann 1936 zu schreiben, zuerst satirische und humoristische Aufsätze für Zeitungen und Zeitschriften, später auch Stücke für Theater und Fernsehen. Er ist Mitbegründer der satirischen Zeitschrift Bertoldo, deren Chefredakteur von 1936-1943 Giovanni Guareschi war. Manzoni, der lange Jahre auch als Gagman für Filmegearbeitet hatte, schrieb und inszenierte 1961 die Filmkomödie Ha Fatto 13! Manzoni wurde Ende der 1960er Jahre außerhalb seines Heimatlandes mit seinen Superthrillern bekannt, einer Reihe humoristischer Kriminalromane, in denen er diese literarische Gattung parodiert, indem er maßvoll übertreibt oder die aus Kriminalromanen gewohnten Stereotype mit witzigen Elementen durchsetzt.

Zweites Kapitel

Es müssen ja nicht alle Fußballfans sein, denken Sie nicht auch? Wenn man sich informiert, lernt man eine Menge nützlicher Dinge. Zurück an den Absender.

Der Strafstoß ist eine Sportzeitung, die sich fast ausschließlich mit Fußball befaßt. Im Strafstoß findet man alles; Kritiken und Voraussagen über die Spiele, die Lebensgeschichte der Spieler, Trainer, Leiter, Masseure, kurzum von allen, die irgendwie mit Fußball zu tun haben. Wahre und unwahre Skandalgeschichten, Fälle, die passiert sind oder in Bälde passieren werden, Verdächtigungen, Verleumdungen und Gegenverleumdungen und einen Haufen anderer Begebenheiten, die mit dem Fußballsport im Zusammenhang stehen und die ich nicht näher aufzuzählen brauche.

Der Chefredakteur ist ein alter Schulkamerad von mir.

Ich erinnere mich, daß wir Lausbuben ihn dauernd hin und her stießen, weil sein Kopf die genaue Kopie eines Fußballes war, mit den Nähten und allem übrigen. Er wird mir eine Menge interessanter Details erzählen können über das Fußballmilieu, von dem ich keine Ahnung habe, und so mache ich mich auf den Weg in seine Redaktion.

Vor dem Wolkenkratzer, in dem der Strafstoß seinen Sitz hat, steige ich aus meinem Wagen, gehe zum Eingang, aber kaum an der Türe, versucht der Portier mit einem Kopfsprung meinen Eintritt zu parieren.

Ich schlage einen Haken wie bei einer Strafstoßbombe und bin auch schon drinnen.

»Eintritt verboten!« brüllt der Portier, während er mühsam wieder auf die Beine kommt.

»So sorry!« sage ich, »aber Tor ist Tor, und ich muß jetzt mit dem Chefredakteur palavern!«

Ich steige ungefähr zehn Stufen hinauf und gelange in einen großen Saal, voll von Menschen mit Papieren in den Händen. Laufburschen, Journalisten, Drucker, die hin und her rennen.

Einer versucht, mich zu dribbeln, aber ich weiche aus und gehe weiter. Ich gelange tatsächlich bis zur Mitte des Saales, aber dort stellt mir einer ein Bein, und meine ganzen Ein-Meter-Neunzig liegen am Boden. Als ich mich wieder aufrapple, höre ich einen Pfiff.

Ein Kerl in einer schwarzen Jacke mit weißen Rändern und einem am Hals offenen Hemd kommt dahergestürmt. Er hat das Pfeifchen im Mund. Er nimmt es heraus und zeigt mit ausgestrecktem Arm auf die Eingangstüre.

»Hinaus!« schreit er.

»Sie Witzbold«, sage ich, »erst stellt man mir ein Bein, und jetzt will man mich hinauswerfen?«

»Keine Volksreden«, sagt er, »hinaus!« und hört nicht auf, mit dem Zeigefinger des ausgestreckten Armes auf die Türe zu weisen.

Ich nehme eine meiner Fäuste zur Hand und setze sie ihm unter das Kinn. Der Kerl in der schwarzen Jacke legt sich auf den Boden, und ich durchschreite nunmehr unangefochten den Raum und einen anschließenden Korridor. Ich komme zu einer Türe, auf der geschrieben steht: »Chefredakteur Dr. Squagliati«.

Ich klopfe an und trete ein.

Mein alter Schulkamerad sitzt an seinem Schreibtisch und hat eine Schere in der Hand. Er schneidet gerade ein Foto aus einer Zeitung.

Sein Kopf sitzt unter einem Hut, und auf der Nase hat er eine Brille. Als ich hereinkomme, hebt er den Hut samt Kopf und schiebt mit der Scherenspitze den Hut etwas höher.

»Oh, der Pipa«, sagt er, »Salve!«

»Salve«, antworte ich, »einfach ist es gerade nicht, bis zu dir vorzudringen, vor allem für einen Nicht-Fußballer wie mich.«

Er grinst, und die Brille fällt ihm wieder auf die Nasenspitze.

»Ich wundere mich, daß du es geschafft hast«, sagt er und schiebt die Brille wieder mit der Scherenspitze in die Höhe. »Heut ist Großkampftag. Sehr ungeeignet für Besuche. Was willst du? Leichen haben wir keine hier, wir sind alle recht lebendig.«

»Habe ich bereits bemerkt«, sage ich.

Ich hebe seinen Hut hoch, betrachte mir seinen Kopf und setze ihn dann wieder zurecht, wie gehabt.

»Ich sehe, dein Fußball ist noch in bester Kondition«, sage ich, »kein bißchen ist ihm die Luft ausgegangen in all diesen Jahren.«

»Danke für die Blumen«, sagt er, »aber für Komplimente habe ich wirklich keine Zeit. Sag mir, was du willst, und dann hau wieder ab.«

Ich setze mich nieder und zünde mir ein Stäbchen an.

»Ich brauche eine Eintrittskarte für das morgige Spiel«, sage ich, »die ganze Stadt ist restlos ausverkauft.«

»Von mir aus laß dir nur alle Knochen brechen«, sagt er, »das morgige Spiel wird kein Spaziergang, die Krankenhausbetten sind schon alle vorbestellt. Ich würde dir meinen Ausweis borgen, wenn ich wüßte, in welchem Hospital ich ihn morgen abholen kann.«

»Übertreibe doch nicht so«, sage ich, »mir ist eine Mannschaft so wurscht wie die andere, und wenn‘s hart auf hart geht, verdrücke ich mich schon rechtzeitig.«

Nicht sehr überzeugt schaut er mich an, nimmt aber dann doch seine Brieftasche in die Hand.

»Mein Name steht ja drauf«, sagt er und kramt in seiner Brieftasche, »irgendwer wird ihn mir schon zurückbringen.«

Er gibt mir eine grüne Karte. Ich nehme sie und stecke sie ein.

»Gehst du denn nicht hin?« frage ich.

»Verrückt müßte ich sein«, sagt er. »Ich rühre mich nie aus der Redaktion.«

»Kannst du mir einiges sagen über die zwei Mannschaften von morgen?«

Er schiebt wieder seine Brille mit der Scherenspitze in die Höhe.

»Man möchte meinen, daß du eben vom Mars kommst«, sagt er. »Auch der letzte Dorftrottel weiß alles über die Mannschaften vom morgigen Spiel.«

»Ich komme tatsächlich vom Mars«, sage ich, »und weiß gar nichts.«

Diesmal packt er seine Hutkrempe mit der Scherenspitze und schiebt sie noch weiter in die Stirn.

»Alles kann ich dir nicht erzählen, dazu habe ich keine Zeit«, sagt er.

»Nur so viel: Obwohl die Spieler ohne Rücksicht auf Verluste aufeinander losgehen werden, kann der Kampf nur mit einem schäbigen Null zu Null enden. Beim ersten Vorteil würde die Mannschaft von den Anhängern der Gegenseite gelyncht, vorausgesetzt, es gelänge ihnen, die Anhänger der Siegermannschaft zuvor restlos aufzureiben. Der Furioso hat jedenfalls in Del Cavolo einen erstklassigen Mittelstürmer, aber die Verteidiger des Apoplectia sind ganz große Klasse. Außerdem haben sie in Rimbalzo einen Halbrechten, der gar kein Halbrechter ist, sondern ein Mittelstürmer, der das Gehirn in den Beinen hat. Stell dir vor, wenn der einmal Kopfweh hat, muß er es mit einem Fußbad kurieren. Der einzige schwache Punkt des Apoplectia ist, wenn man ihn so nennen kann, sein Mittelläufer. Vierzig Jahre lang war er der beste Mittelläufer der Welt, aber heute ist er achtundsechzig. Kokosnuß wollte ihn aus dem Team nehmen, aber es ist ihm nicht gelungen. Er ist einfach eine Tradition, der Liebling der Spieler und des Publikums, sie nennen ihn Opa. Außerdem ist er noch mit dem Klubpräsidenten verwandt. Vor zwei Jahren wollte ihn ein Altersheim einkaufen für eine Packung Amizigaretten, aber der Präsident hat das Angebot abgelehnt. Im Spielfeld gelingt ihm immer noch ein Dreimeterstoß, wenn er den Ball schußgerecht vor den Füßen hat. Das wenige, was er noch tun kann, macht er noch recht gut für sein Alter. Wegen seiner weißen Haare genießt er als einziger unbegrenzten Respekt. Er heißt Bava und spielt mit dem Überrock unter dem Trikot. Einmal gab es eine heftige Polemik, weil ihm der Verband verbieten wollte, mit einem Senfpflaster auf der Brust zu spielen. Aber auch dieser Streit wurde beigelegt. Das wär‘s.«

Ich trete meine Zigarette aus und setze mich bequemer zurecht.

»Über Kokosnuß möchte ich auch noch einiges wissen«, sage ich.

Er legt die Schere hin und faltet die Hände.

Dann quasselt er so schnell los, daß meine Ohren kaum Schritt halten können. »Kokosnuß ist der jüngste und fähigste Trainer, den wir haben. Er ist erst zweiunddreißig. Seit seiner Kindheit spielte er beim Apoplectia, aber vor zwanzig Jahren hatte er einen Unfall und mußte aufhören. Er trat nämlich, als er den Ball ins Netz schießen wollte, mit aller Gewalt gegen den Pfosten, und das Bein war ab. Der heftige Anprall schleuderte nicht nur den Ball, sondern auch das Bein ins Netz. Der Torwart war so verwirrt, daß er sich auf das Bein warf statt auf den Ball, und so gehörte das Siegestor dem Apoplectia. Alle waren damals überzeugt, daß Kokosnuß es absichtlich getan hatte, um das Siegestor für seine Mannschaft zu machen. Das war sein letztes Spiel. Das Bein haben sie ihm zwar wieder angenäht, aber mit dem Spielen war es vorbei. So ist er Trainer geworden und bis heute geblieben. Er betet seine Mannschaft an und würde alle Konkurrenten am liebsten in der Luft zerreißen, besonders den Furioso, vom Präsidenten angefangen bis zur letzten Reserve. Jetzt reicht‘s mir aber. Servus.«

Ein junger Mensch in Hemdsärmeln kommt herein, und Squagliati gibt ihm das vorher ausgeschnittene Foto.

»Mach den Text dazu und gib‘s dann in die Druckerei«, sagt er.

Dann schaut er mich an.

»Bist du immer noch da?«

»Du hast mir noch nichts über Luca Rumoroso erzählt«, sage ich.

»Der Trainer des Furioso«, sagt er, »war auch ein guter Spieler, hat sich aber auch verhältnismäßig früh zurückgezogen, weil ihm einmal mitten im Spiel die...

Erscheint lt. Verlag 5.11.2016
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bourbon Whisky • Fußballmannschaft • Kühlschrank • Mittelstürmer • Mord • Privatdektektiv Chico Pipa • Retro • Super-Krimi
ISBN-13 9783784482729 / 9783784482729
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