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Der Mensch Martin Luther (eBook)

Spiegel-Bestseller
Die Biographie

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
736 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-490181-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Mensch Martin Luther -  Lyndal Roper
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Ein neues Bild Martin Luthers, eine einfühlsame, mehrfach ausgezeichnete Biographie, die uns Luther so nahe bringt wie nie zuvor. Hier erfahren wir, wer Luther wirklich war und warum gerade er zum großen Reformator wurde, der die Welt aus den Angeln hob. Die renommierte Oxford-Historikerin Lyndal Roper hat sich aufgemacht, Luthers ganze Persönlichkeit zu verstehen, seine innere Welt und die Beziehungen zu seinen Freunden nachzuvollziehen. Dafür hat sie seine Schriften und vor allem seine Briefe noch einmal neu gelesen und zahlreiche Dokumente über Luther und sein Umfeld ausgewertet. Sie schildert den Reformator als Mann, der mit beiden Beinen im Leben stand, als Menschen aus Fleisch und Blut. Für Luther waren der Körper und die Sexualität Teil des Mensch-Seins, er wollte den Körper vom Makel der Sünde befreien. Sein Glaube an die Einheit von Körper und Geist führt zum Kern seiner Theologie, der zu einem der großen Streitpunkte des Christentums werden sollte: Luthers unumstößliche Überzeugung, dass Christus bei der Eucharistie leibhaftig anwesend ist. Erst durch die lebendige Darstellung von Luthers innerer Entwicklung wie auch seiner Beziehungen und Freundschaften wird deutlich, warum und wie es zur Reformation kommen konnte. Eine großartige Lektüre, ein Lesevergnügen für alle, die Luther und die Reformation neu entdecken oder erstmals kennen lernen wollen - eine neue Luther-Biographie für unsere Zeit. Opulent ausgestattet mit mehr als 100 Abbildungen in Schwarzweiß und Farbe. »Ein brillanter Blick auf Luther als Mensch.« Professor Dr. Karl-Heinz Göttert »Lyndal Roper bürstet Luther gegen den Strich und legt neue, bislang unerkannte Facetten des großen Reformators frei.« Professor Dr. Thomas Kaufmann »Lyndal Roper ... zählt zu den prägenden Gestalten der internationalen Geschichtswissenschaft.« Aus der Begründung der Jury zur Verleihung des Gerda Henkel Preises 2016 an Lyndal Roper

Lyndal Roper ist »Regius Professor of History« in Oxford. Sie ist Expertin für die Geschichte der Reformation und der Frühen Neuzeit in Deutschland. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit dem Leben Martin Luthers. Auf Deutsch erschienen von ihr u. a. ?Ödipus und der Teufel. Körper und Psyche in der frühen Neuzeit? (Fischer Taschenbuch Verlag 1995), ?Hexenwahn. Geschichte einer Verfolgung? (2007) und ?Der feiste Doktor. Luther, sein Körper und seine Biographen? (2012). Lyndal Roper wurde mit dem Gerda Henkel Preis 2016 ausgezeichnet.

Lyndal Roper ist »Regius Professor of History« in Oxford. Sie ist Expertin für die Geschichte der Reformation und der Frühen Neuzeit in Deutschland. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit dem Leben Martin Luthers. Auf Deutsch erschienen von ihr u. a. ›Ödipus und der Teufel. Körper und Psyche in der frühen Neuzeit‹ (Fischer Taschenbuch Verlag 1995), ›Hexenwahn. Geschichte einer Verfolgung‹ (2007) und ›Der feiste Doktor. Luther, sein Körper und seine Biographen‹ (2012). Lyndal Roper wurde mit dem Gerda Henkel Preis 2016 ausgezeichnet. Holger Fock und Sabine Müller übersetzen seit drei Jahrzehnten zusammen Belletristik und Sachbücher, neben Lyndal Roper u.a. Patrick Deville, Mathias Enard, Mohamed Mbougar Sarr, Cécile Wajsbrot. Dafür wurden sie u.a. mit dem Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis 2011 und dem Paul-Celan-Preis 2023 ausgezeichnet. Holger Fock und Sabine Müller übersetzen seit drei Jahrzehnten zusammen Belletristik und Sachbücher, neben Lyndal Roper u.a. Patrick Deville, Mathias Enard, Mohamed Mbougar Sarr, Cécile Wajsbrot. Dafür wurden sie u.a. mit dem Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis 2011 und dem Paul-Celan-Preis 2023 ausgezeichnet.

Eine Biografie, deren Stil viele literarische Neuerscheinungen zu ›500 Jahre Reformation‹ überstrahlen wird.

Das Standardwerk für die kommenden Jahre.

Wir kennen Martin Luther durch Lyndal Ropers aufschlussreiches Werk jetzt besser.

Man liest mit Spannung, Erkenntnisgewinn und Vergnügen.

Kaum je zuvor ist Luther bei aller gebotenen Sachlichkeit so präzise geschildert und so deutlich erklärt worden

signifikant und souverän

Es gibt keinen interessanteren Menschen von historischer Bedeutung als ihn und keine bessere Darstellung, warum das so ist.

eine Biografie […], die das Zeug hat, das ins Haus stehende Reformationsjubiläum zu prägen

Einleitung


Für Protestanten ist es fast ein Glaubensartikel: Die Reformation soll damit begonnen haben, dass der schüchterne Mönch Martin Luther am 31. Oktober 1517, dem Vorabend von Allerheiligen, 95 Thesen an das Portal der Wittenberger Schlosskirche nagelte und damit eine religiöse Revolution in Gang setzte, die das christliche Europa für immer erschütterte. Für Luthers nächsten Mitarbeiter Philipp Melanchthon war Luther derjenige, »der uns (…) das Licht des H. Evangeliums neu entzündet hat«, und ihm verdanken wir die knappe Beschreibung des Ereignisses vom 31. Oktober.[1] In seinem späteren Leben feierte Luther selbst diesen Augenblick als den Beginn der Reformation und stieß gerne mit Freunden darauf an.[2]

Ein klein wenig historische Entzauberung ist immer heilsam, besonders bei Ereignissen von solcher Tragweite. Wie der katholische Kirchenhistoriker Erwin Iserloh 1962 darlegte, hat Luther selbst das Ereignis nie erwähnt, sondern lediglich gesagt, er habe an Erzbischof Albrecht von Mainz und den Bischof von Brandenburg, Hieronymus Scultetus, Briefe geschickt, in denen er den missbräuchlichen Verkauf von päpstlichen Ablassbriefen offen verurteilte, und seine Thesen beigelegt.[3] Die Geschichte, er habe sie an das Portal der Schlosskirche genagelt, ist uns von Melanchthon und Luthers Sekretär Georg Rörer überliefert, doch keiner von beiden war zu der Zeit in Wittenberg und hatte das Geschehen als Augenzeuge erlebt.[4] Andere haben vermutet, die Thesen seien, weit weniger dramatisch, nicht an die Tür genagelt, sondern geklebt worden.[5]

Ob Luther einen Nagel oder den Leimtopf verwendete, wird man wahrscheinlich nie mit Sicherheit wissen. Gesichert ist jedoch, dass er die Thesen am 31. Oktober an Erzbischof Albrecht sandte, den ranghöchsten Kirchenfürsten in Deutschland. Das Begleitschreiben hatte einen bemerkenswert selbstsicheren, sogar arroganten Beiklang. Nach einer unterwürfigen Eröffnung verurteilt Luther in seinem Brief unverblümt die mangelnde Fürsorge des Bischofs für seine Herde und fordert Albrecht auf einzuschreiten. Andernfalls könne am Ende vielleicht einer auftreten, der mit öffentlichen Schriften die Ablassprediger zum Schweigen bringe, die den Käufern versprechen, dass ihnen die Zeit im Fegefeuer erlassen wird.[6] Einen ähnlichen Brief schrieb Luther an seinen direkten Vorgesetzten, den Bischof von Brandenburg. Diese Briefe stellten eine weit größere Provokation dar als der Aushang der Thesen im Provinzstädtchen Wittenberg, und sie mussten eine Antwort nach sich ziehen. Schon damals wurde eines von Luthers Talenten sichtbar: seine Fähigkeit, ein Ereignis zu inszenieren, etwas Spektakuläres zu tun, das ihm Aufmerksamkeit verschaffte.

Luthers Reformation spaltete die Einheit der katholischen Kirche für immer, und man kann ihr sogar den Beginn des Säkularisierungsprozesses im Westen zuschreiben, denn durch sie verlor der Katholizismus seine Monopolstellung in weiten Teilen Europas. Dabei begann alles an einem ziemlich unwahrscheinlichen Ort. Die winzige neue Universität von Wittenberg kämpfte darum, sich einen Namen zu machen; die Stadt selbst war ein Baugelände mit »verdreckten Häusern, unreinen Gassen, alle Wege und Straßen voller Unrat«. Sie lag am Ende der Welt, wie Humanisten aus dem Süden spotteten, weit weg von großen Reichsstädten wie Straßburg, Nürnberg oder Augsburg mit ihren Verbindungen zum mondänen Italien. Sogar Luther merkte an, sie sei so fernab der Zivilisation, dass nur ein kleines Wegstück fehle, und sie hätte in einem barbarischen Land gelegen.[7] Auch Luther selbst war ein Revolutionär, wie ihn niemand erwarten würde. Kurz nach seinem 34. Geburtstag war er bereits seit zwölf Jahren Mönch, hatte sich im Augustinerorden hochgearbeitet und war zu einem bewährten Provinzialvikar und Universitätsprofessor geworden. Er hatte so gut wie nichts veröffentlicht, und seine Erfahrung als Verfasser von Schriften, die sich an die Öffentlichkeit wandten, beschränkte sich weitgehend auf Thesen für Disputationen, Beiträge zur Bibelauslegung und Predigten, die er als Ghostwriter für faule Kollegen verfasste. Obwohl die Kirche sehr zögerlich reagierte, verbreiteten sich die 95 Thesen in Deutschland wie im Fluge. Ihre Leserschaft war groß, sowohl unter Laien als auch unter Klerikern. In nur zwei Monaten waren sie in allen deutschen Ländern bekannt und bald auch weit über deren Grenzen hinaus.

Was immer am 31. Oktober 1517 tatsächlich geschehen ist, an der Bedeutung der Thesen selbst gibt es keinen Zweifel: Ein einziger Text wurde zum Zündfunken für die Reformation. Thesen waren Listen mit durchnummerierten, für die akademische Debatte bestimmten Behauptungen, wenngleich eine Debatte in diesem Fall nie stattfand und Luther wahrscheinlich nie die Absicht hatte, eine solche zu initiieren. Thesen wurden nicht in zusammenhängender Prosa verfasst, und sie beanspruchten auch nicht, die Wahrheit wiederzugeben: Thesen waren hypothetische Behauptungen, die durch eine anschließende Beweisführung überprüft werden sollten, und sie waren so knapp und zugespitzt formuliert, dass es schwer war, sie zu verstehen. Nur wenige zeitgenössische Drucke von Luthers Text haben überdauert, darunter keiner aus Wittenberg selbst.[8] Einseitig auf ein großes Blatt Papier gedruckt, waren sie dazu bestimmt, an einer Wand angeschlagen zu werden – was darauf hindeutet, dass an der Geschichte mit der Kirchentür etwas dran ist –, wenngleich es bei der Größe des Schriftbilds schwer gewesen wäre, Luthers Thesen zu lesen. Darüber aber befand sich in größeren Buchstaben eine Einladung im Namen Luthers, über diese Thesen in Wittenberg zu diskutieren.[9]

Die erste These beginnt mit den Worten »Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht ›Tut Buße‹ usw. (Matth. 4,17), hat er gewollt, dass das ganze Leben des Gläubigen Buße sein soll.« Das Lateinische legt die Betonung auf das Hauptverb voluit (»wollte er«), also darauf, was das Leben der Gläubigen nach Gottes Willen sein soll. Diesen Gedanken führt Luther ohne Umschweife weiter, indem er meint, man könne dies nicht so auslegen, als müsse man lediglich die frommen Bußübungen vollziehen, die einem der Priester auferlegte, etwa beten oder Ablassbriefe kaufen. Die scheinbare Schlichtheit dieser Aussage ist trügerisch; sie ist in Wirklichkeit eine Generalkritik am gesamten Gebäude der spätmittelalterlichen Kirche.[10]

Wie konnte eine so einfache Botschaft solche Auswirkungen haben und einen solchen Tumult auslösen? Luther war nicht einmal der Erste oder der Einzige, der die Ablassbriefe kritisierte. Luthers Beichtvater etwa, der Augustiner Johann von Staupitz, hatte dies in Predigten im Jahr 1516 ebenfalls getan. Wie dieser formulierte Luther lediglich einen alten Standpunkt in Bezug auf die Natur der Gnade, der auf Augustinus zurückging: die Vorstellung, dass wir unser Heil nie durch unsere eigenen guten Taten sichern können und dass wir ganz auf Gottes Gnade vertrauen müssen. Luther jedoch klagte darüber hinaus an, das Bußsakrament sei pervertiert und von einer geistigen Übung zu einem Geldgeschäft geworden. Auslöser seiner Wut waren, wie er sich später erinnerte, die Predigten des Dominikanermönchs Johannes Tetzel in der nahe gelegenen Stadt Jüterbog, der behauptete, seine Ablässe seien so wirksam, dass sie selbst jemandem, der der Jungfrau Maria Gewalt angetan habe, vollständige Vergebung und Begnadigung vom Fegefeuer garantierten. Das Problem der Ablässe war ein vieldiskutiertes Thema in theologischen und politischen Debatten, und ursprünglich sahen manche im Streit um den Ablass kaum mehr als einen der häufigen Schlagabtausche zwischen den Mönchsorden, eine Episode in der seit langem bestehenden Rivalität zwischen den Dominikanern und den Augustinern, zu denen Luther gehörte.

Doch es war weit mehr als das. Mit dem Argument, Christen könnten sich weder durch gute Werke noch durch den Anblick von Reliquien oder den Erwerb von Ablassbriefen vom Fegefeuer befreien, griff Luther die Behauptung der mittelalterlichen Kirche an, sie sei durch das Spenden der Sakramente imstande, Vergebung zu gewähren und die Erlösung zu erleichtern. Für Luther zeigten diese Praktiken, dass die Natur der Sünde, der Buße und der Erlösung grundlegend missverstanden wurde. Der Chronist der Protestanten Friedrich Myconius berichtete später, einige von Luthers Gemeindemitgliedern hätten sich beschwert über Luther und seine Weigerung, ihnen die Sünden zu erlassen – »da wollt sie, weil kein rechte Buss noch Besserung da angegeben wurd, der Doctor nicht absolvieren« –, und sie seien mit Ablassbriefen von Tetzel angekommen, da »sie weder von Ehebruch, Hurerei, Wucherei, unrechtem Gut und dergleichen Sünd und Bosheit nicht ablassen wollten«.[11]

Mit seinem Angriff auf das Verständnis von Buße traf Luther unausgesprochen das Herz der Papstkirche und ihr gesamtes ökonomisches und soziales Gefüge, das auf der systematischen Vermarktung einer Methode zur kollektiven Seelenerlösung beruhte, die es ermöglichte, dass Menschen für andere beteten und damit deren Zeit im Fegefeuer verkürzten. Dieses System finanzierte die Heerschar des klerikalen Proletariats aus Priestern, die dafür bezahlt wurden, dass sie für die Seelen der Verstorbenen jährlich am Todestag Messen lasen. Es finanzierte...

Erscheint lt. Verlag 22.9.2016
Übersetzer Holger Fock, Sabine Müller
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte 16. Jahrhundert • Buchdruck • Christentum • Christus • Deutschland • Eisenach • Erfurt • Eucharistie • Frühe Neuzeit • Geist • Gewissen • Katharina von Bora • Kirche • Körper • Leib • Leipzig • Lucas Cranach • Mansfeld • Martin Luther • Melanchthon • Papst • Papsttum • Protestantismus • Reformation • Religion • Sachsen • Seele • Sexualität • Spalatin • Sünde • Theologie • Wittenberg
ISBN-10 3-10-490181-3 / 3104901813
ISBN-13 978-3-10-490181-7 / 9783104901817
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