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Wildrosensommer (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
400 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-43604-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wildrosensommer -  Gabriella Engelmann
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Im Licht der glitzernden Nachmittagssonne sieht es beinahe aus wie ein Schlösschen. Ein verwunschenes Schlösschen mitten auf der Elbe. Tatsächlich aber ist es ein Hausboot, das der allein erziehenden Mutter Aurelia in einem Bildband ins Auge fällt. Nun lässt die Sehnsucht nach einem idyllischen Zuhause wie diesem sie nicht mehr los. Denn seit dem plötzlichen Verschwinden ihres Mannes Nic fühlt Aurelia sich einsam und entwurzelt. Als sich wenig später die Gelegenheit ergibt, dieses Hausboot zu kaufen, sieht sie darin einen Wink des Schicksals - und zieht schon wenige Wochen später mit ihren widerstrebenden Töchtern, Katze Momo ,und vielen Träumen im Gepäck von München vor die Tore Hamburgs. Für die gelernte Floristin sind die Vier- und Marschlande mit ihren Rosenhöfen, alten Bauernkaten, Deichen und zahllosen Gärten ein Paradies. Doch auch Rosen im Paradies haben ihre Dornen ...

 Die gebürtige Münchnerin entdeckte in Hamburg ihre Freude am Schreiben und fühlt sich im Norden pudelwohl. Nach Tätigkeiten als Buchhändlerin und Verlagsleiterin genießt sie die Freiheit des Daseins als Romanautorin. Ihre Liebe gilt Nordfriesland, einer Region, die sie regelmäßig bereist und in der sie gern in einem Häuschen am Deich leben würde.  Mehr zur Autorin: Instagram: gabriellaengelmann Facebook: www.facebook.com/AutorinGabriellaEngelmann

 Die gebürtige Münchnerin entdeckte in Hamburg ihre Freude am Schreiben und fühlt sich im Norden pudelwohl. Nach Tätigkeiten als Buchhändlerin und Verlagsleiterin genießt sie die Freiheit des Daseins als Romanautorin. Ihre Liebe gilt Nordfriesland, einer Region, die sie regelmäßig bereist und in der sie gern in einem Häuschen am Deich leben würde.  Mehr zur Autorin: Instagram: gabriellaengelmann Facebook: www.facebook.com/AutorinGabriellaEngelmann

2.


Der liebe Frühling kommt mit hellem Klange …

Guten Morgen«, begrüßte ich Sandra, die Besitzerin des Friseursalons in der Utzschneiderstraße, die – wie jeden Morgen – ihren Kaffee auf der Straße trank. Egal ob es schneite, stürmte oder die Sonne schien. Ich war gerade auf dem Weg zur Arbeit, blieb jedoch stehen, als ich sie sah.

Bis vor kurzem hatte sie vor ihrem Salon Kette geraucht. Doch seit einiger Zeit achtete die Mittfünfzigerin sehr auf ihre Gesundheit und hatte sich das Rauchen abgewöhnt. Bis auf den morgendlichen Milchkaffee trank sie den ganzen Tag über neben Wasser ausschließlich selbst zubereitete Smoothies aus Früchten und Gemüse vom Viktualienmarkt. Sie hatte eine Abmachung mit einem Marktstandbesitzer: Vitamine im Tausch gegen Haareschneiden. Ein Arrangement, das beide glücklich machte.

»Morgen, Aurelia«, grüßte Sandra fröhlich lächelnd zurück. »Ist das nicht ein herrliches Wetter?«

Ich legte den Kopf in den Nacken und schaute in den tiefblauen Himmel, der sich über München spannte. Kaiserwetter nannte man das in Bayern, auch wenn der Ausdruck ursprünglich vom österreichischen Kaiser Franz Joseph dem Ersten stammte, wie Lenas Mutter mir mal erzählt hatte.

»Für April wirklich genial«, antwortete ich und atmete tief ein. Die Blüten der umstehenden Bäume verströmten ihren intensiven Duft und schenkten unserer grauen, öden Straße einen Hauch von Frühling, auch wenn wir gerade mal neun Grad hatten. »Ich hoffe, das bleibt so. Louisa fährt morgen nämlich mit ihrer Klasse an den Starnberger See.«

»Oh, wie toll, da war ich schon ewig nicht mehr.« Sandra schaute so verträumt in die Ferne, als sähe sie dort weiße Segelboote auf dem See schaukeln.

»Du arbeitest halt zu viel«, entgegnete ich, da Sandra neben ihrer Arbeit im Friseursalon ehrenamtlich Perücken für Krebspatienten herstellte, was sie viel Zeit und Kraft kostete. »Gönn dir hin und wieder eine Pause, gerade jetzt, wo es endlich wieder schön wird.«

»Das sagt grad die Richtige«, entgegnete Sandra lachend. »Wann bist du denn das letzte Mal aus der Stadt herausgekommen?«

Ich dachte nach.

Das war lange her – viel zu lange.

»Du, ich muss leider …«, sagte ich, weil ich sonst zu spät zur Arbeit kommen würde. »Hab einen schönen Tag. Bis später.«

Nachdenklich ging ich an einem Zeitschriftenkiosk vorbei, dem ein kleiner Cupcake-Laden, ein Secondhandshop und schließlich ein Schmuckladen folgte, der ganz untypisch für diese eher konservative, bürgerliche Wohngegend war. Ich beschloss, gar nicht erst ins Fenster zu schauen, um nicht in Versuchung zu kommen, mich in eine der wunderhübschen filigranen Ketten oder Ohrringe zu verlieben. Für solchen Schnickschnack fehlte mir das Geld.

Als ich an Cocos Stand ankam, war die gerade dabei, die frischen Blumen, die sie frühmorgens auf dem Großmarkt gekauft hatte, in Kübel zu stellen. Ich war Coco sehr dankbar dafür, dass ich erst da sein musste, nachdem Molly und Louisa pünktlich – und mit Pausenbroten versorgt – zur Schule gegangen waren. Wie immer begrüßten wir beide uns mit einem Küsschen auf die Wange. Coco duftete jeden Tag anders und immer nach Blüten. Heute waren es Veilchen.

»Und? Alles klar bei euch daheim?«, wollte Coco wissen und stemmte die Hände in die Hüften. »Was für eine Note hat Louisa für die Mathearbeit bekommen?« Als gute Freundin und Ersatz-Oma meiner beiden Mädchen war Coco stets auf dem neuesten Stand, was Molly und Louisa betraf.

»Eine Fünf«, antwortete ich düster. »Ich versuche, heute Nachmittag ihren Lehrer zu erreichen, um ihn zu fragen, wie es jetzt weitergeht und ob er einen guten Tipp für Nachhilfe hat. Ich mag gar nicht daran denken, was das wieder alles kostet.«

Coco nickte mitfühlend, ihr Doppelkinn ruhte dabei gemütlich auf ihrem Brustbein. Heute trug sie ein nachtblaues, relativ enges Kleid, das ihren mehr als üppigen Busen und ihre mollige Figur geradezu dramatisch betonte. Ihre Haare – rabenschwarz gefärbt – waren zu einem klassischen Pagenkopf frisiert. Coco war das, was man gemeinhin ein Vollweib nannte. Eigentlich hieß sie Cornelia Müller, aber dieser Name war ihr immer schon zu spießig und profan gewesen. Die nur knapp einen Meter sechzig große Coco war zu Höherem bestimmt, hatte lange Jahre mit einem reichen Liebhaber in Paris gelebt und war vor fünf Jahren wieder zu ihren bayerischen Wurzeln zurückgekehrt. Der Mann ihres Herzens hatte die im Laufe der Jahre immer rundlicher und natürlich älter werdende Coco gegen eine blonde, hohlwangige Gazelle ausgetauscht, die an der Sorbonne studierte. Wenn man die sechzigjährige Coco fragte, was sie gelernt oder wo sie studiert hatte, antwortete sie stets: »An der Schule des Lebens.« Zum Verkauf von Blumen war sie durch einen reinen Zufall gekommen, im Gegensatz zu mir, die den Beruf der Floristin von der Pike auf gelernt hatte.

Ich hatte Coco zum ersten Mal vor drei Jahren auf dem Viktualienmarkt getroffen, als ich an ihrem Stand einen Blumenstrauß kaufte. Und ich war heilfroh, als sie mir wenig später einen Job anbot, als ich dringend einen brauchte. Seit dieser Zeit waren wir beide nahezu unzertrennlich, obwohl wir nicht unterschiedlicher hätten sein können. Sie hatte eine angenehm mütterliche Art und verströmte Optimismus und gute Laune in Momenten, in denen andere sich am liebsten die Kugel gegeben hätten. Auch ihren Abstieg von Paris nach München nahm sie mit der ihr wesenseigenen Grandezza.

Dein Kerl hat dich wegen einer anderen verlassen?

Wein ihm keine Träne nach, das macht nur hässlich.

Deine finanzielle Zukunft liegt gerade in Trümmern?

Ach was, keine Panik. Es kommt immer was Neues!

A bisserl was geht immer, lautete ihre Devise, gemäß dem Motto von Monaco Franze, der Kultfigur aus der Feder Helmut Dietls, mit der ich groß geworden war.

»Wenn du eine kleine Finanzspritze für Louisa brauchst, ist das kein Problem«, bot Coco an.

»Danke, das ist total lieb, aber ich versuche erst mal, so klarzukommen. Bestimmt gibt es irgendeinen Zuschuss für Nachhilfe, ich muss mich einfach nur drum kümmern.«

In diesem Moment näherte sich eine wunderschöne, hochschwangere Frau dem Stand. Meinem Gefühl nach stand sie kurz vor der Entbindung.

»Kann ich Ihnen behilflich sein?«, fragte ich, als sie unschlüssig vor den prall gefüllten Blumenkübeln mit farbenfrohem Inhalt auf und ab ging. Was auch immer sie sich jetzt aussuchte, es durfte auf gar keinen Fall so intensiv duften wie Lilien oder Hyazinthen.

»Ich bin zum Kaffee bei einer Freundin eingeladen und möchte ihr einen hübschen Strauß schenken«, antwortete die Kundin. »Irgendetwas im Wert von fünfzehn Euro.«

»Wie wär’s mit einer Mischung aus Ranunkeln, Chrysanthemen und Lupinen?«, schlug ich vor und deutete auf die pastellfarbenen Blumen. »Die halten sich besonders lange und sehen außerdem traumhaft aus.« Da die Kundin zustimmend nickte, nahm ich von allen drei Sorten einige Stengel aus dem Wasser, befreite sie vom unteren Blattgrün und schnitt sie an. Dann umwickelte ich sie mit hellem Blumenbast. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie die Dame sich über den runden Bauch strich.

Und mit einem Mal erblickte ich eine schwarze, elliptische Erscheinung um die Silhouette der Frau, ähnlich wie ein Trauerflor. Ich blinzelte ein paarmal, um das vermeintliche Trugbild zu verscheuchen, doch es blieb.

»Das sieht toll aus«, sagte die Kundin und lächelte zufrieden. Dann nahm sie ihre Sonnenbrille ab, um sie mit einem Taschentuch zu putzen. Unter ihren blauen Augen lagen tiefe, dunkle Schatten – und mir wurde mit einem Mal eiskalt.

»Das freut mich«, antwortete ich mit klopfendem Herzen.

Was um Himmels willen ging hier vor?

Ich überreichte ihr den in cremefarbenes Papier gewickelten Strauß, kassierte und gab mechanisch das Wechselgeld heraus. Nachdem die Kundin sich verabschiedet hatte, war ich kaum fähig, mich zu rühren.

»Was ist los? Hast du ein Gespenst gesehen?«, fragte Coco und schaute mich prüfend an.

Ich murmelte »So ähnlich« und überlegte, ob ich ihr von dieser Erscheinung erzählen sollte.

»Schätzchen, du bist weiß wie die Wand! Was ist los?« Wenn Coco diesen Ton anschlug, war jeder Widerstand zwecklos. Also erzählte ich ihr stammelnd von meiner Beobachtung, obwohl das Ganze vollkommen absurd klang. Coco sagte eine Weile lang gar nichts, legte lediglich ihren Kopf schief.

»Du hältst mich für verrückt, nicht wahr?«, fragte ich.

»Nein, das tue ich nicht«, antwortete sie und tätschelte liebevoll meine Hand. »Komm, wir setzen uns einen Augenblick. Aber vorher koche ich uns noch einen starken Kaffee.«

Während sie in der Miniküche im hinteren Teil des befestigten Standhäuschens herumhantierte, bediente ich weitere Kunden. Zum Glück wollten alle nur vorgebundene Sträuße, so dass ich mich nicht besonders konzentrieren musste. Kurze Zeit später tauchte Coco mit zwei Bechern in der Hand auf und stellte sie auf das wackelige, runde Emaille-Tischchen, an dem wir im Sommer saßen, wenn gerade nichts zu tun war. An sich war es noch zu kühl, um sich hinzusetzen, aber Coco reichte mir eine Fleecedecke und hüllte sich selbst in eine zweite. »Also … ich habe nachgedacht«, sagte sie und pustete in ihren dampfenden Kaffee. »Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass du so etwas wie eine Vision gehabt haben musst. Wahrscheinlich hast du die Aura dieser Kundin gesehen, anders kann ich mir das, was du beschrieben hast, nicht erklären.«

Die Aura?! Eine...

Erscheint lt. Verlag 25.4.2016
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte alleinerziehend • Depression • Düfte • Duftöle • Familiengeschichten • Familiengeschichten Romane • Gabriella Engelmann Bücher • Genau meins • Hausboot • Kosmetik • lebensberaterin • Neubeginn • Romane für Frauen • Romane Hamburg • Romane heiter • Romane Liebe • Romane Nordsee • Romantische Liebesromane • romantische romane • Roman Urlaub • Rosenöl • Rosenzüchter • Sommerromane • Sommerromane für Frauen • Stefan Eggers • Umzug • Urlaubslektüre • Urlaubsromane • Urlaubsromane für Frauen • verschwundener Ehemann • Vierlande • wohlfühlen • Wohlfühlroman
ISBN-10 3-426-43604-3 / 3426436043
ISBN-13 978-3-426-43604-2 / 9783426436042
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