Chronik der Sternenkrieger: Der Anfang der Saga (eBook)
700 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-0004-0 (ISBN)
3
Ich weiß noch, wie ich das erste Mal bei Naomi zu Hause war. Ihr Vater war nämlich ein wichtiges Tier bei Far Galaxy. Zumindest wichtig für Maldena, vielleicht nicht ganz so wichtig für den Far Galaxy Konzern als ganzen.
Jedenfalls wohnten sie in einem Habitat-Ressort am Rande von Far Galaxy City, in dem durch Antigrav-Aggregate Erdschwere herrschte. Natürlich auch Erdatmosphäre und der Luftdruck der Erdnorm. So wie es Standard für alle Raumschiffe war und man es auch in zahllosen Habitaten finden konnte, die Menschen der Alt-Erde oder ihre Abkömmlinge errichtet hatten, um dort zu siedeln.
Ich gestehe, dass mein Körper erst Mühe hatte, sich mit diesen Bedingungen anzufreunden. Mit einer harmlosen Bewegung landete ich bereits schmerzhaft an der niedrigen Decke des Ressorts. Ich war es schließlich gewohnt, sehr viel mehr Kraft aufzuwenden. Und da ich unter der normalen mittleren Fallgeschwindigkeit auf Maldena 22b das Fünffache wog, hatte das natürlich die entsprechenden Folgen.
Die Luft erschien mir dünn und ich dachte für einige Augenblicke, dass mein Brustkorb auseinandergerissen würde. Für mich war die Atmosphäre im Ressort Unterdruck.
Dass ich später als Space Marine an Bord von Schiffen des Space Army Corps andauernd unter solchen Bedingungen leben würde und eigentlich auch keine Probleme damit verbunden sind, konnte ich mir in diesem Augenblick noch nicht vorstellen.
“Das muss doch schrecklich hier für dich sein, Naomi”, meinte ich.
“Wieso?”
Sie sah mich verständnislos an. “Wieso sollte es schrecklich auf Maldena für mich sein?”
“Naja, hier tobt nicht gerade der Bär, oder?”
“Nein, das ist richtig.”
Die Redewendung hat sich immer noch erhalten. Aber sie zeigt auch, wie sehr die Menschen selbst jetzt, da sie sich in der Weite des Kosmos ausgebreitet haben, immer noch am Standard der Erde hängen. Selbst jemand wie ich, auf den das in anderer Hinsicht doch gar nicht zutrifft.
“Genau genommen tobt hier gar nichts”, sagte ich. “Es gibt noch nichtmal Tiere hier auf Maldena.”
“Da, von wo ich herkomme, gibt es noch weniger als nichts”, sagte sie.
“Wo kommst du denn her?”
“Von Merkur.”
“Ist das nicht im Sol-System?”
“Richtig.”
Ich war nie im Sol-System gewesen.
Die Erde war für mich eine ferne Welt.
Der Ursprung der Menschheit und so weiter, Sie wissen ja.
Genau genommen ist die Erde ja nichtmal das Zentrum des Bundes der Humanen Welten, denn der Humane Rat tagt ja auf dem Mars.
Aber ich glaube, das ist nur eine kosmetische Maßnahme, die das Übergewicht der Erde gegenüber ihren Kolonien etwas abdämpfen und auf ein erträgliches Maß zurückstutzen soll.
Egal.
Von Merkur hatte ich noch nichts gehört.
Schien trotz seiner Nähe zur Erde auch nicht wirklich ein wichtiger Planet zu sein. Auf jeden Fall nicht wichtig genug, dass sich ein umfangreiches Terraforming gelohnt hätte.
Aber Naomi erzählte mir einiges über den Merkur.
Und dann verstand ich auch besser, was sie mit ihrer Bemerkung gemeint hatte.
Ich erfuhr, dass der Merkur so langsam rotiert, dass drei seiner Jahre zwei seiner Tage entsprechen. Und dass es auf der einen Seite dieser Welt sehr heiß und auf der anderen sehr kalt ist.
“Wir wohnten in einem Krater in der Nähe des Pols”, sagte Naomi mir. “Da war es minus 170 Grad kalt, weil nie ein Sonnenstrahl dort hinfiel. Das muss man sich vorstellen! Ein paar Kilometer weiter konnten während des Tages über 400 Grad erreicht werden. Aber in dem Krater gab es sogar dauerhaft gefrorenes Eis. Deswegen sind die ersten Siedler überhaupt zum Merkur gekommen, weil man dort genug Wasser hatte!”
“Klingt ja auch nicht unbedingt, wie ein Ort, an dem es sich gut gehen lässt!”
“Wieso nicht? Wir hatten ein Habitat nach Erdnorm.”
“Also genau wie hier.”
“Exakt.”
“Dann kann man sagen, für dich hat sich nichts verändert.”
Naomi nickte. “Könnte man so sagen - bis auf eine Sache.”
“Und die wäre?”
“Hier brauche ich keinen Raumanzug, wenn ich rausgehe. Und ich kann auch den Krater verlassen, ohne befürchten zu müssen, lebendig gekocht zu werden.”
“Den Krater?”
“Naja, wir lebten doch in einem Krater. Crator Town, Merkur. Allerdings war das kulturelle Angebot dort trotz der ungemütlichen Lage deutlich besser, als hier auf Maldena. Das muss ich schon sagen.”
“Ich nehme an, das wird noch besser. Mit der Zeit.”
“Glaube ich nicht.”
“Wieso nicht?”
“Mein Vater meint, Far Galaxy würde da in nächster Zeit nicht weiter investieren. Und wer sollte das hier auf Maldena denn sonst machen? Die kleine Company, für die dein Vater arbeitet ja wohl nicht.”
“Stimmt auch wieder.”
Deuterium und Schweres Wasser ernährten uns alle. Aber so richtig reich hatten sie weder uns noch unsere Company noch die planetare Kolonie insgesamt gemacht. Diese Welt hatte einfach einen Makel, den ich gar nicht als solchen empfand: Die hohe Fallgeschwindigkeit. Fast 5 g sind einfach kein Pappenstiel und nicht jeder Normal-Erdmensch hat Lust, andauernd mit einem Antigrav-Pak herumzulaufen.
Naomi war in dieser Hinsicht ja nicht gefragt worden.
Sie war einfach mit ihren Eltern mitgezogen.
Und jetzt war sie nunmal hier.
Aber wie gesagt, ich begrüßte das.
Als einziger Teenager in einem Camp wie diesem, das sich City nennt, wäre es vielleicht doch am Ende etwas arg langweilig geworden.
Ein ganzes Stück von Far Galaxy City entfernt lag die Siedlung der Adaptionisten.
Oder besser gesagt: Die nächste Siedlung der Adaptionisten, denn es gab mehrere davon und irgendwie betrachteten sie sich wohl auch als eine Art Ureinwohner des Planeten. Es gibt ja grundsätzlich zwei Ansatzpunkte, wie man die Besiedlung fremder Planeten durch die menschliche Spezies angehen kann. Möglichkeit eins ist, man passt den Planeten dem Menschen an. Man errichtet habitable Zonen, künstliche Lebensräume oder betreibt sogar Terraforming.
Die andere Möglichkeit ist, dass sich der Mensch dem Planeten anpasst.
Durch genetische Manipulationen ist das innerhalb einer Generation möglich. Ein paar DNA-Schalter werden umgelegt und schon hat man unter Umständen eine sehr große Wirkung. Schließlich ist in unserem Erbmaterial alles drin, was uns unsere Vorfahren so hinterlassen haben: Vom Einzeller über Fische, Reptilien, Säugetiere bis zu unserer heutigen Ausstattung.
Terraforming ist langwierig.
Habitate zu errichten ist kostenaufwändig und erfordert sehr viel technischen Aufwand, wenn die Lebensbedingungen auf der betreffenden Welt extrem sind.
Die Adaptionisten sind deswegen immer den Weg der Anpassung gegangen.
Sie stammen meistens von den frühen menschlichen Auswanderern ab.
Die umweltangepassten Real Martians auf dem Mars kann man dazuzählen, auch wenn sie nie eine Ideologie daraus gemacht haben, dass sich ihre Körper an die geringere Marsschwerkraft anpassten.
Den Siedlern der ersten Auswanderungswellen ins All fehlten häufig die technischen Mittel, um ihre Umgebung den eigenen Bedürfnissen anzupassen.
Schon ihre Raumschiffe waren in aller Regel primitiv. Sie haben schlicht aus der Not eine Tugend gemacht - und selbst die einfache Gen-Technik des 21. Jahrhundert war schon zu erstaunlichen Anpassungen des Menschen an seine Umgebung fähig.
Spätere Adaptionisten-Generationen machten daraus so etwas wie eine Ideologie.
Die Anpassung sei ein Prinzip des Lebens überhaupt und so....
Erscheint lt. Verlag | 9.6.2019 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction | |
ISBN-10 | 3-7389-0004-7 / 3738900047 |
ISBN-13 | 978-3-7389-0004-0 / 9783738900040 |
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